Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik [Gedankenexperiment] Wohin geht die Energie, wenn ich einen Elektromotor per Hand antreibe?


von Tina (Gast)


Lesenswert?

Hallo, ich steh gerade ziemlich auf dem Schlauch:

Ich schließe eine Spannung an einen Elektromotor an, es fließt Strom, 
Arbeit W = U  I  t wird verrichtet und der Motor dreht sich.

Wenn ich nun die Spannungsquelle entferne und den Motor per Hand drehe, 
verrichte ich die Arbeit und der Motor wird zum Generator. An den 
Kontakten ist eine Spannung messbar. Aber es fließt ja kein Strom? Wohin 
geht also die Energie?

Kann ich den Motor einfach irgendwann nicht mehr so gut drehen, weil die 
bereits "erzeugte" Spannung meiner Arbeit entgegenwirkt?

Außerdem wäre Wärme ja immer eine gute Idee, wenn man nicht weiß, wo 
Energie hin ist?

Danke, Tina

von Uschi (Gast)


Lesenswert?

Tina schrieb:
> Aber es fließt ja kein Strom?

Aber natürlich fließt ein Strom. Und sobald du herausgefunden hast, wo 
dieser Strom fließt, kannst du deine Frage auch weitgehend selbst 
beantworten. Es mag dabei hilfreich sein, wenn du dir den Aufbau eines 
einfachen DC-Motors skizzierst.

von Mani W. (e-doc)


Lesenswert?

Und wo fließt der wohl hin, wenn keine Last angeschlossen ist?

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


Lesenswert?

Im Leerlauf (unbelasteter Generator) musst Du nur die Leerlaufverluste 
überwinden. Also Lagerreibung, evtl. Kohlebürstenreibung und ein wenig 
Ummagnetisierungsverluste.

Bei Belastung kommt dann ein Drehmoment hinzu, was mit der elektrisch 
abgegebenen Leistung ansteigt. Das bedeutet, daß Du den Generator immer 
schwerer drehen kannst. Außerdem erwärmt sich die Wicklung im Generator 
durch den fließenden Strom.

Deswegen gibts bei größeren Kraftwerken Probleme, wenn sie bei Vollast 
unerwartet vom Stromnetz getrennt werden. Dem Generator fehlt dann 
plötzlich das bremsende Drehmoment. Wenn nicht sofort eine 
Turbinenschnellabschaltung (über Dampf-Schnellschlußventile) 
durchgeführt wird, zerlegt sich der Maschinensatz wegen Überdrehzahl. 
Meistens fängt sich das Kraftwerk im Eigenbedarf (Lastabwurf auf 
Eigenbedarf), in dem es nur noch seinen eigenen Stromverbrauch deckt.

von Mani W. (e-doc)


Lesenswert?

Tina schrieb:
> An den
> Kontakten ist eine Spannung messbar. Aber es fließt ja kein Strom?

Der einzige Strom ohne Belastung fließt nur durch das Messgerät
bei Spannungsmessung - also praktisch fast nichts...


Das Messgerät zeigt in diesem Fall nur die Leerlaufspannung an,
Leistung wird keine produziert, weil ja kein entsprechender
Verbraucher daran hängt...

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

Tina schrieb:
> An den
> Kontakten ist eine Spannung messbar. Aber es fließt ja kein Strom? Wohin
> geht also die Energie?

Nicht anders sind ja  die Verhältnisse bei einer Batterie, die du im 
Laden kaufst.
Auch da gibt es eine Spannung, aber wegen des Fehlen eines Stromkreises 
ist der Strom=0.
Weil gilt
Leistung = Spannung mal Strom
gibt eine solche Vorrichtung immer dann keine Leistung ab (und nimmt 
auch keine auf), wenn einer der beiden Faktoren Null ist.

Das hat keine weiteren Folgen. Weder explodiert die Batterie, noch wird 
sie entladen.

Entsprechendes gilt für einen Generator.
Ohne eine elektrische Belastung brauchts du zum Drehen nur soviel Kraft 
aufzuwenden, wie die Lagerreibung und ein paar andere Verlustmechanismen 
erfordern.
Diese aufgewendete mechanische Energie wird fast ausschliesslich in 
Wärme verwandelt. Ein bischen vielleicht noch als Wind des Kühlgebläses.

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


Lesenswert?

die Energie geht in die Luft, der Motor wird halt warm.

Alles wird durch Antrieb/Anregung irgendwann warm.
Sozusagen Energieschrott

von Sven B. (scummos)


Lesenswert?

Bei einem unbelasteten Motor fließt quasi kein Strom wenn man ihn dreht 
(wie du richtig bemerkt hast). Deshalb gibt es auch keine Energie die 
irgendwo hin muss.

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


Lesenswert?

Die Energie geht in die Luft, weil der Motor warm wird,
Der Körper der den Motor antreibt wird auch warm.

also wirds in die Umgebung abgegeben.

> -2 (...)

Da kann man mal wieder sehen,
wie weit einige Leute nur denken können.

von Sven B. (scummos)


Lesenswert?

Das ist aber bloß die Lagerreibung. Elektrisch passiert da nichts.

von Durchstapler (Gast)


Lesenswert?

Denk mal ein Stück weiter:

a)Motort wird gedreht -> Spannung (Potentialdifferenz) entsteht, oder 
nicht
b)Motor wird nicht mehr gedreht:
            b1)->wenn die zum Zeitpunkt a) gemessene Spannung 
entschwunden ist dann durch Ladungstransport da muss also Strom 
geflossen sein
            b2)-> Ohne Stromfluß muss die zum Zeitpunkt a) gemessene 
Spannung immer noch vorhanden sein.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


Lesenswert?

Ihr labert (fast) alle einen Blödsinn.

Natürlich steht an den Klemmen des drehenden Generators Spannung. 
Theoretisch bilden diese Klemmen einen (aus elektrischer Sicht) winzigen 
Kondensator. Und wenn der Generator stillsteht, wird die Ladung dieses 
Mini-Kondensators über die Wicklung wieder abfließen. Theoretisch gibt 
es auch immer einen Stromfluß, da kein Material absolut nichtleitend 
ist. Material wie Plastik hat einen hohen Widerstand, aber keinen 
unendlich hohen.

Mit einem permanenterregten Gleichstrommotor (Bürsten-kommutiert, kennt 
heute kaum noch jemand) lässt sich mit einem großen Kondensator an den 
Anschlüssen der Effekt demonstrieren, daß der Motor extrem träge wird. 
Also man kann ihn schwer in Drehung versetzen weil dann der Kondensator 
aufgeladen wird und wenn man ihn dann bremst (bzw. auslaufen läßt) 
speist der Kondensator den Motor, der entsprechend länger dreht als 
ohne. Mit genug Kapazität kann man ihn sogar festhalten kurz festhalten 
und er läuft danach wieder los.

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


Lesenswert?

Sven B. schrieb:
> Das ist aber bloß die Lagerreibung. Elektrisch passiert da nichts.

NICHTS? Oha!

Es baut sich auch hier ein elektrisches Feld zwischen den Kontakten auf.

Jede Spannung erzeugt auch ein elektrisches Feld.

Aber das allermeiste der eingesetzten Energie wandelt sich in Wärme um.

Lagerreibung, Wirbelstromverluste etc.

: Bearbeitet durch User
von Sven B. (scummos)


Lesenswert?

▶ J-A von der H. schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> Das ist aber bloß die Lagerreibung. Elektrisch passiert da nichts.
>
> NICHTS? Oha!
>
> Es baut sich auch hier ein elektrisches Feld zwischen den Kontakten auf.
>
> Jede Spannung erzeugt auch ein elektrisches Feld.
>
> Aber das allermeiste der eingesetzten Energie wandelt sich in Wärme um.
>
> Lagerreibung, Wirbelstromverluste etc.

Das stimmt natürlich, aber du setzt quasi keine Energie ein. Der Motor 
dreht sich extrem leicht, wenn er gut gelagert ist.

von Tina (Gast)


Lesenswert?

Danke für eure Antworten! :-) Mein Denkfehler war ganz am Anfang: Ich 
war davon ausgegangen, dass ich Arbeit verrichte und dann gesucht habe, 
wo (wenn doch ohne Verbraucher kein Strom fließt) die Energie hin ist. 
Dabei stecke ich ja gar keine Energie rein! (Reibung etc. ausgenommen.)

Ich hab mich davon verwirren lassen, dass es für mich anstrengend ist, 
wenn ich den Motor per Hand drehe - dabei muss das ja nicht wirklich 
bedeuten, dass ich "im System Motor" Arbeit verrichte. Vergleichbar mit 
potentieller Energie eines Massestücks: wenn ich mit 100 Wiederholungen 
10 kg um 50 cm hoch und wieder runterhebe, komm ich auch ins Schwitzen - 
aber Arbeit am System wurde nicht verrichtet.

Nochmal Danke!

von Migelchen (Gast)


Lesenswert?

Sven B. schrieb:
> Das ist aber bloß die Lagerreibung. Elektrisch passiert da nichts.

Es fließen auch elektrische Ströme bei den augenscheinlich offenen 
Anschlüssen des Motors.
Sofern kein Vakuum vorhanden hat man in einem elektrischen Feld zwischen 
zwei Elektroden unterschiedlichen Potenzials immer einen Stromfluss.

von Sven B. (scummos)


Lesenswert?

Migelchen schrieb:
> Sven B. schrieb:
>> Das ist aber bloß die Lagerreibung. Elektrisch passiert da nichts.
>
> Es fließen auch elektrische Ströme bei den augenscheinlich offenen
> Anschlüssen des Motors.
> Sofern kein Vakuum vorhanden hat man in einem elektrischen Feld zwischen
> zwei Elektroden unterschiedlichen Potenzials immer einen Stromfluss.

Danke für diese unglaublich aufschlussreiche Erklärung, das war mir 
natürlich überhaupt nicht klar. Dieses Erbsenzähler-Argument wurde ja in 
dem Thread auch erst fünf mal genannt.

von Elektrofan (Gast)


Lesenswert?

> Mit einem permanenterregten Gleichstrommotor (Bürsten-kommutiert, kennt
> heute kaum noch jemand) ...

Klar, bis auf die paar Besitzer von Akkuschraubern u.v.m.  ;-)

=> https://de.wikipedia.org/wiki/Mabuchi_Motor

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.