Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensator über Widerstand laden - Wie R dimensionieren bzgl. Verlustleistung?


von Markus M. (adrock)


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Hi,

ursprünglich komme ich auf diese Frage aufgrund der Dimensionierung von 
sog. "Antiblitz" Widerständen bei Modellbau Akkuverbindungen - dort wird 
der Akku zuerst über einen (kleinen) Vorwiderstand mit der Elektronik 
verbunden um den Blitz beim Zusammenstecken der Stecker zu vermeiden.

Die Frage war nun, für welche Verlustleistung ein solcher Widerstand 
eigentlich ausgelegt sein muss?

Vor der Elektronik/Regler sitzt beim Modellbau meistens ein Elko, der 
erstmal geladen werden möchte (daher auch der Blitz). D.h. man müsste 
von der Dimensionierung her ja eigentlich bei leerem C einen Kurzschluss 
annehmen, so dass am Widerstand (für eine kurze Zeit) die maximale 
Leistung

P = U² / R

umgesetzt werden würde. Eine beliebte Größe sind im Modellbau ja z.B. 6S 
Akkus, die Widerstände werden gerne so mit um die 10 Ohm dimensioniert, 
d.h. man hätte dann

P = 26²V / 10 Ohm = 68W

Niemand wird aber einen solchen Widerstand für 68W dimensionieren. Ich 
lese immer wieder von "Trial and Error" bzw. "Der Antiblitzwiderstand 
ist dann nach 50 mal Stecken kaputt".

Auch bei anderen Schaltungen möchte man ja vlt. einen Kondensator über 
einen Widerstand laden, z.B. als Zeitglied o.ä.

Also wie berechnet man sinnvollerweise die Verlustleistung, für die der 
Widerstand ausgelegt sein soll? Die normale Angabe bezieht sich ja auf 
eine Dauerbelastung.

Grüße
Markus

von MaWin (Gast)


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Markus M. schrieb:
> Die Frage war nun, für welche Verlustleistung ein solcher Widerstand
> eigentlich ausgelegt sein muss?

Nur Impulslast (also möglichst Kohlemassewiderstände oder Draht) denn 
einen Bruchteil einer Sekunde später ist der Stecker ja zugeschoben.

Keiner legt die Widerstände beispielsweise auf deine 68W aus.

von qwertzuiopü+ (Gast)


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Mal ne andere Idee: Warum keine Spule? (Z. B. Funkentstörspulen gibts 
bis mehrere 10 A). Die hat dann beim Gleichstrom nur einen sehr geringen 
Widerstand und würde beim Einstecken die Energie erst gar nicht 
durchlassen anstatt diese zu vernichten.

Und was soll bei einem Leistungswiderstand schon kaputtgehen? Der Zement 
zersetzt sich erst wenn das Ding schon anfängt zu glühen. Sonst werden 
halt die Lötstellen irgendwann flüssig.

von Markus M. (adrock)


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Naja :-) Es soll schon KLEIN sein, so dass es noch an den Stecker 
ranpasst.

Eine relativ pfiffige Umsetzung ist, das letzte Ende der Buchse (also 
sagen wir mal 2mm) abzusägen, eine dünne Isolierscheibe 
dazwischenzulegen und das abgesägte Ende über mehrere SMD-Widerstände 
mit dem Rest der Buchse wieder zu verlöten.

So wird beim zusammenstecken zuerst der Teil der Buchse berührt, welcher 
über die Widerstände verbunden ist und beim weiteren Stecken diese dann 
umgangen.

Sowas gibt es fertig auf eBay:

http://www.ebay.de/itm/Antiblitz-Goldstecker-5-5mm-11-Ohm-0-75-W-SMD-Anti-Blitz-anti-flash-anti-spark-/191602844427

Aber die Frage war eben, ob die Widerstände (in diesem Fall 3x 11 Ohm 
oder so) dafür überhaupt ausreichend dimensioniert sind in Bezug auf die 
Leistung.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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qwertzuiopü+ schrieb:

> Mal ne andere Idee: ...

Dein Posting ist leider nicht zielführend, sondern in beiden
Aussagen ganz einfach falsch.

von Noch einer (Gast)


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Graphit hat eine Wärmekapazität von 600 J/Kg*K.
Sagen wir mal, der Graphit im SMD Widerstand wiegt 1/10 Gramm.
Somit erwärmen 0,06 Joule den Widerstand um ein Kelvin. 1 Joule = 1 Ws.
Bei 68 Watt steigt die Temperatur der Kohleschicht etwa 1 Grad pro 
Millisekunde.
Zeitkonstante von 1000uF und 10 Ohm liegt bei 10 Millisekunden.

Ergebnis -- theoretisch sollte es hinhauen, wenn die Annahmen stimmen.
Musst halt ausprobieren :-) oder einen Hersteller suchen, der die 
Wärmekapazität ins Datenblatt schreibt.

von HildeK (Gast)


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Die mittlere Leistung zu bestimmen ist z.B. ohne Rechnerei mit LTSpice 
kein Problem. Fraglich ist nur, welche Peak-Leistung der Widerstand 
aushält. Das sollte eigentlich Inhalt des Datenblattes sein.
Die Wärmekapazität zu kennen und danach zu dimensionieren, reicht meiner 
Ansicht nach nicht aus. Zu große Peak-Leistungen, und seien sie auch 
noch so kurz, könnten das Gefüge des Widerstands bereits zerstören und 
ihn dauerhaft verändern.
Der Faktor zwischen Spitzen- und Dauerleistung dürfte für 
Drahtwiderstände besonders groß sein.

von Mark S. (voltwide)


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Theoretisch wird im Widerstand ebensoviel Energie verbraten wie im 
angschlossenen Kondensator anschließend gespeichert ist.

Ecap = 0,5  C  V²

Mit C = 10.000uF und V = 10V

Ecap = 0,5  10m  100 = 500mJ

Der Widerstand müßte in diesem Fall also Impulse von 0,5J verkraften.

von Stephan H. (Gast)


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Markus M. schrieb:
> Ebay-Artikel Nr. 191602844427
>
> Aber die Frage war eben, ob die Widerstände (in diesem Fall 3x 11 Ohm
> oder so) dafür überhaupt ausreichend dimensioniert sind in Bezug auf die
> Leistung.

Wie MaWin schrieb: Kohlemassewiderstände oder Draht wäre das richtige. 
In der Größe aber rar bis nicht auftreibbar.
Für 11 Ohm Gesamtwiderstand sollten es auch 3x33Ohm sein.

Die gängigen Schichtwiderstände sind bis max. 4-10-facher 
Impulsbelastung spezifiziert. Die Reichelt-Yageo-1206 sind mit 6,25 
angegeben (10.000 cycles). Macht bei 0,25W und großzügigem Faktor 10 so 
2,5W pro Widerstand. Drüber kanns dann schnell gehen, wenn bei jedem 
Stecken ein Stück der Widerstandsschicht wegbrutzelt.

Ich würd aber auch mit dem Widerstandswert experimentieren. Bei 
geschätzten 1000µF am ESC kommt bei 10 Ohm eine Zeitkonstante von 10ms 
raus. Nach 30ms ist der Kondensator praktisch voll. Und auch nach 10ms 
ist der Blitz schon deutlich reduziert (nur noch 37% der 
Spannungsdifferez).
So schnell steckt man die doch nicht, oder?

Mit 4x270Ohm (Gesamtwiderstand 68Ohm) wären es nur 10W Impulslast bei 
68ms Zeitkonstante. Das könnte dann mit 4 1206 Widerständen so langsam 
auch dauerhaft funktionieren.

Stephan

von Stephan H. (Gast)


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HildeK schrieb:
> Die mittlere Leistung zu bestimmen ist z.B. ohne Rechnerei mit LTSpice
> kein Problem. Fraglich ist nur, welche Peak-Leistung der Widerstand
> aushält. Das sollte eigentlich Inhalt des Datenblattes sein.
> Die Wärmekapazität zu kennen und danach zu dimensionieren, reicht meiner
> Ansicht nach nicht aus. Zu große Peak-Leistungen, und seien sie auch
> noch so kurz, könnten das Gefüge des Widerstands bereits zerstören und
> ihn dauerhaft verändern.
> Der Faktor zwischen Spitzen- und Dauerleistung dürfte für
> Drahtwiderstände besonders groß sein.

So ist es. Wärmekapazität ist eine Sache, interne 
Wärmeübergangswiderstände eine andere.

Die in Rede stehenden SMD-Teile sind normalerweise Schichtwiderstände. 
Dünne (µm) Widerstandsschicht mit minimaler Wärmekapazität auf Substrat. 
Da kann ein kurzer starker Puls die Widerstandsschicht verdampfen und 
der Widerstand bleibt dabei kalt.

Am besten verkraften das Kohlemassewiderstände (fast alles was im 
Gehäuse steckt ist auch wirklich Widerstand). Lausige Langzeitdaten aber 
hierfür perfekt. Dann kommen Drahtwiderstände mit noch relativ gutem 
"Füllgrad" an Widerstandsmaterial.
Und als letztes die Schichtwiderstände mit Größenordnung 99% 
Trägermaterial.

Leider sind die Datenblätter zu Widerständen oft dünn. Pauschale Angaben 
zur Überlastbarkeit schon gut - Diagramme nach Tastverhältnis die 
Ausnahme. Und anders als bei Leistungshalbleitern sind die Datenblätter 
für hunderte von Bauteilen. Da gibt's kein sinnvolles abs. max. 
###A/###V auf der ersten Seite... (wobei bei den Halbleitern auch gerne 
auf der letzten Seite noch kommt, dass die 500A nur für den Chip gelten 
und das Gehäuse nur 100A kann).
Aber wie bei den meisten Bauteilen gibt es auch bei Widerständen noch 
andere Ausfallkriterien als die Gehäusetemperatur...

Stephan

von Markus M. (adrock)


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Danke, mir war garnicht bewusst das die Impulsleistung im Datenblatt 
spezifiziert ist - ich glaube ich habe mir tatsächlich noch nie ein 
Widerstandsdatenblatt angeschaut :-)

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