Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Austausch Kondensatoren (Folien, Keramik)


von Maxi M. (Gast)


Lesenswert?

Hallo,

bin gerade dabei eine Bestückungsliste meines Grundigsverstärkers zu 
erstellen, dabei stellt sich mir die Frage:

Könnte man die Keramik- und Folienkondensatoren wie 
"Elektrolytkondensator" bedandeln/austauschen nach dem Motto: "(weitaus) 
höhere Kapazitäten? Wird schon passen"

Besonderst bei den Sonderlinge wie: 39p, 6.8n und 18n

Grüße

von Joe S. (bubblejoe)


Lesenswert?

Nein, würde ich nicht tun. Das sind i.d.R. keine Glättungs- / 
Pufferkondensatoren. Falls die im Signalzweig liegen, verfälscht du den 
Frequenzgang. Weder Keramik- noch Folienkondensatoren sind meines 
Wissens nach kritisch beim Altern. Wenn, dann mit dem gleichen Wert 
ersetzen (bzw nachschauen, wofür der ist --> Schaltplan).

von Michael M. (michaelm)


Lesenswert?

Maxi M. schrieb:
> dabei stellt sich mir die Frage:
>
> Könnte man die Keramik- und Folienkondensatoren wie
> "Elektrolytkondensator" bedandeln/austauschen nach dem Motto: "
> (weitaus) höhere Kapazitäten? Wird schon passen"

1. Hat der Verstärker irgendwelche Probleme/Fehlfunktion?
2. Grundig (allgemein jeder Hersteller) hat sich sicherlich Gedanken 
gemacht, warum gerade DER Kapazitäts-Wert eingebaut wurde. Viel hilft 
eben nicht viel... ^^
3. Elkos im Signalweg könnten natürlich durch altersbedingten 
Kap.-Verlust schon einen Fehler verursachen. Aber bei intaktem Gerät: 
Finger weg. Ansonsten: ERST MESSEN.
4. Nur keramische Kondensatoren haben im direkten Signalweg nichts zu 
suchen (Mikrofonie-Effekte).

Fazit: Never touch running systems. ;-)

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


Lesenswert?

Joe S. schrieb:
> Folienkondensatoren sind meines
> Wissens nach kritisch beim Altern.

Es gibt einige durchaus hygroskopische Folienkondensatoren, die sich im 
Laufe vieler Jahrzehnte vollsaugen und zerbröseln. Auch mit Teer 
vergossene Kondensatoren haben mittlerweile durchaus das Ende ihrer 
Lebensdauer erreicht.

https://www.dampfradioforum.de/viewtopic.php?t=2700

von Maxi M. (Gast)


Lesenswert?

Michael M. schrieb:

> 1. Hat der Verstärker irgendwelche Probleme/Fehlfunktion?
> 2. Grundig (allgemein jeder Hersteller) hat sich sicherlich Gedanken
> gemacht, warum gerade DER Kapazitäts-Wert eingebaut wurde. Viel hilft
> eben nicht viel... ^^
> 3. Elkos im Signalweg könnten natürlich durch altersbedingten
> Kap.-Verlust schon einen Fehler verursachen. Aber bei intaktem Gerät:
> Finger weg. Ansonsten: ERST MESSEN.
> 4. Nur keramische Kondensatoren haben im direkten Signalweg nichts zu
> suchen (Mikrofonie-Effekte).

zu 1.) Ja, Kratzen, egal ob Line oder Phono Input sowie im 
Kopfhöhrerausgang und Line Input viel zu leise :(
zu 2.) bei manch anderen Elko wird, in andere Foren, moniert z.B. 40v 
47u - Halt! Einschaltspannung 58v, lieber gegen 63v 47u auswechseln.
zu 3.) Optik: die meisten sehen aus wie, alsob ein X1 in "Magic Smoke" 
aufgegangen wäre
zu 4.) Keramik wurden gerne als Entstörkondensator verbaut, wie ich 
sehe/herausinterpretiere

Es handelt sich um den Grundig SV-2000

von Axel S. (a-za-z0-9)


Lesenswert?

Maxi M. schrieb:
> bin gerade dabei eine Bestückungsliste meines Grundigsverstärkers zu
> erstellen, dabei stellt sich mir die Frage:
>
> Könnte man die Keramik- und Folienkondensatoren wie
> "Elektrolytkondensator" bedandeln/austauschen nach dem Motto: "(weitaus)
> höhere Kapazitäten? Wird schon passen"

Nein.

Mal ganz abgesehen davon, daß man das auch bei Elkos nicht so 
handhabt.

> Besonderst bei den Sonderlinge wie: 39p, 6.8n und 18n

Gerade diese "krummen" Werte haben sicherlich ihren Grund. Ein 
Kondensator in - sagen wir mal - einem RIAA Entzerrungsnetztwerk muß 
den berechneten Wert haben. Keinen anderen.

Ersetzt werden sollten nur defekte Bauteile. Dann kann es manchmal 
sinnvoll sein, das äquivalente Bauteil im anderen Stereo-Kanal 
mitzutauschen, auch wenn es noch nicht defekt ist. Und in seltenen 
Fällen kann es sein, daß der Hersteller Bauteile granzwertig 
dimensioniert hat. Z.B. Elkos mit knapper Spannungsfestigkeit. Oder 
(Ausnahme) Siebelkos im Netzteil mit knapper Kapazität. An diesen 
Stellen kann man nachbessern, muß aber nicht.

von Michael M. (michaelm)


Lesenswert?

Maxi M. schrieb:
> zu 1.) Ja, Kratzen, egal ob Line oder Phono Input sowie im
> Kopfhöhrerausgang und Line Input viel zu leise :(
> zu 2.) bei manch anderen Elko wird, in andere Foren, moniert z.B. 40v
> 47u - Halt! Einschaltspannung 58v, lieber gegen 63v 47u auswechseln.
> zu 3.) Optik: die meisten sehen aus wie, alsob ein X1 in "Magic Smoke"
> aufgegangen wäre

->1.
Das müsste man dann schon mit Messgeräten ran, wie z.B. Tongenerator + 
Signalverfolger...
Kratzen kann natürlich von verdreckten/verschlissenen Potis (Lautst., 
Klangsteller) oder Umschaltkontakten kommen; genausogut sind kalten 
Lötstellen möglich, die nur noch bei Vollmond+Gewitter ein Bisschen 
Kontakt haben.

->2.
Betriebsspannungen von Elkos dürfen natürlich beim Austausch derselben 
überschritten werden, wenn die Kapazität und Temperaturbereich stimmt.

->3.
(Scharfe) Bilder?

von Maxi M. (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Michael M. schrieb:
> ->1.
> Das müsste man dann schon mit Messgeräten ran, wie z.B. Tongenerator +
> Signalverfolger...
> Kratzen kann natürlich von verdreckten/verschlissenen Potis (Lautst.,
> Klangsteller) oder Umschaltkontakten kommen; genausogut sind kalten
> Lötstellen möglich, die nur noch bei Vollmond+Gewitter ein Bisschen
> Kontakt haben.
>
> ->2.
> Betriebsspannungen von Elkos dürfen natürlich beim Austausch derselben
> überschritten werden, wenn die Kapazität und Temperaturbereich stimmt.
>
> ->3.
> (Scharfe) Bilder?

Zu 1.) Tongenerator ... wenn man sein Telefon dazu nötigt: vorhanden, 
jedoch kein Verfolger (Ozsi?)
Und woher könnte das Leisesein herrühren? Phono scheint normal zu sein, 
sodaß der Lautstärkeregler auf ein minimum zurückgedreht werden muß.

Zu 2.) Alle Arten oder nur explizit Elektrolyt?

zu 3.) wenig bearbeitet, Weißabgleich  -- C303 / C309 finde ich wenig 
seltsam aussehend sowie die auf dem grünen PCB

von Zeno (Gast)


Lesenswert?

Ha ist schon wieder einer auf die Mär des Kondensatortauschens 
reingefallen.
Kondensatoren egal ob Elko, Folie oder Keramik gehen seltener kaputt als 
manche glauben.
Es gibt zwar bestimmte Typen wo einem die Erfahrung sagt das diese zu 
Ausfällen neigen. Im Osten waren das z.B die roten Arbeiterfahnen 
(sowjetische Keramik C's) oder die Schneemänner (Elkos im weißen 
Kunststoffgehäuse). Allerdings wäre auch hierzu zu sagen, das selbst 
wenn diese Typen als anfällig gelten sie nicht unbedingt defekt sein 
müssen. Ich habe hier gerade einen kleinen Mikrofonpreamp (das Teil ist 
mittlerweile knapp 40 Jahre) in der Mache und da sind auch 2 der 
genannten Schneemänner verbaut und die sind definitiv in Ordnung.

Was will ich damit sagen, man sollte erst mal prüfen ob ein Bauteil 
wirklich defekt ist bevor man es austauscht. Dabei sollte man beachten 
das die alten Bauteile oftmals höhere Toleranzen als heute üblich 
hatten. 20% des Nennwerte waren keine Seltenheit. Also ein Kondensator 
mit 100nF kann da durch aus 120nF oder 80nF haben und wäre immer noch in 
Ordnung.
Wenn dann die Bauteile auch noch mechanisch/optisch in Ordnung sind 
werden sie nicht getauscht. Allerdings meine ich bei Deinen geposteten 
Bilder (speziell auf dem 3.) ein paar aufgeplatzte Folien C's zu 
erkennen. Die gehören natürlich ausgetauscht.

Der Fehler mit dem Kratzen wird sehr wahrscheinlich nicht von einem C 
kommen. Da sind oftmals, wie Michael schon richtig bemerkte, die Potis 
verdreckt oder mechanisch defekt. Da kann man reinigen probieren.
Es kann aber auch ein oxydierter Kontakt (Steckverbinder, Schalter) 
sein.

Blindes Tauschen von Bauelementen nur weil man das mal so gehört hat ist 
definitiv nicht der richtige Weg. Und wenn man dann Bauelemente tauschen 
muß, dann macht nimmt man da den gleichen Widerstandswert bzw. den 
gleichen Kapazitätswert.

von Axel S. (a-za-z0-9)


Lesenswert?

Zeno schrieb:
> Allerdings meine ich bei Deinen geposteten
> Bilder (speziell auf dem 3.) ein paar aufgeplatzte Folien C's zu
> erkennen.

Nö. Das sind die typischen Siemens MKH. Die gibt es nackt oder (hier zu 
sehen) mit einer Schrumpfschlauch-Umhüllung. Die sperrt dann an der 
Stirnseite mal mehr, mal weniger weit auf.

von Michael M. (michaelm)


Lesenswert?

Maxi M. schrieb:
> Zu 1.) Tongenerator ... wenn man sein Telefon dazu nötigt: vorhanden,
> jedoch kein Verfolger (Ozsi?)
> Und woher könnte das Leisesein herrühren? Phono scheint normal zu sein,
> sodaß der Lautstärkeregler auf ein minimum zurückgedreht werden muß.

Oszi geht natürlich auch.
Zu wenig Pegel kann durchaus -w.o. gesagt- von kalten Lötstellen kommen 
(das hatte ich mal auf der Eingangsplatine eines Mischpults; um 30-40dB 
zu wenig Signal, schwankend mit Rauschen und Kratzen).
Weitere Hilfsmittel: Kältespray und Fön (max. ca. 50°C). Kälte 
vorsichtig dosieren, nicht dass du eine kompl. Rauhreif-Schicht auf den 
Bauteilen hast. Vorsicht: Bei Erfolg mit Kälte nicht erschrecken; der 
Effekt könnte  dir die Pappen aus den Boxen hauen... :-(
Und eine gute Lupe + viel Licht, um die Lötstellen anzugucken...
Ich habe wohl (schätze ich) über 50% der Fehler im Bereich 
Rundfunk/TV-Reparaturen "optisch" repariert. ;-)

> Zu 2.) Alle Arten oder nur explizit Elektrolyt?
Gilt auch für Folien/Keramik, aber die sind eh spannungsfest genug.

Wenn die roten Roederstein-Töpfchen (EK) irgendwo weiß/gelbliche 
Verkrustungen am/um's Gehäuse zeigen sollten, sind sie meist "fällig".

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.