Nabend. Heute bei heise ein Artikel, dessen Titelbild bei mir die reinste Nostalgie und Entschleunigung auslöst. Ich dachte, ich teile das mal hier. https://www.heise.de/news/Hintertueren-in-Auerswald-Telefonanlagen-6304233.html Jaja... damals... an Einfachheit war das Teil kaum zu überbieten. Man musste nichts wissen, um das Telefon zu benutzen, denn es gab für den Nutzer schlicht nichts zu wissen. Von Backdoors, Trojanern und nervenden Apps ganz zu schweigen. Einfach nur telefonieren. Aus irgendwelchen Gründen kann ich mich noch sehr gut an die Geräusche erinnern, die die Drehscheibe und der Impulsgeber generiert haben. Auf die 0 musste man immer ewig warten, bis die gewählt wurde. Die 1 ging am schnellsten. Das erklärt übrigens auch die Wahl der Notrufnummern. Irgendwie bin ich froh, so ein Teil als Kind mal benutzt zu haben, also es zeitlich gerade noch erleben durfte. Die Menschen, die sich an solche Erlebnisse erinnern, werden auch immer weniger.
:
Verschoben durch Moderator
Hans schrieb: > an Einfachheit war das Teil kaum zu überbieten. Hast du mal ausprobiert, eine Wählscheibe zu benutzen? Ich habe das neulich aus Spaß mal gemacht. Hätte nicht gedacht dass es mir so schwer fallen würde, 11 Ziffern richtig zu wählen. Früher als Kind hätte ich es fast blind hinbekommen. Hans schrieb: > es gab für den Nutzer schlicht nichts zu wissen. > Von Backdoors, Trojanern und nervenden > Apps ganz zu schweigen. Einfach nur telefonieren. Ja, manches war an der alten Technik besser. Meinen Kindern fällt es schwer, das zu glauben. Hans schrieb: > Die 1 ging am schnellsten. Das erklärt übrigens auch die > Wahl der Notrufnummern. Da habe ich eine andere Erklärung im Gedächtnis. Die 1 und die 2 kann man notfalls durch antippen der Hörer-Gabel manuell wählen, mit der 0 schafft man das kaum.
Stefan ⛄ F. schrieb: > Da habe ich eine andere Erklärung im Gedächtnis. Die 1 und die 2 kann > man notfalls durch antippen der Hörer-Gabel manuell wählen, mit der 0 > schafft man das kaum. Das passt nicht dazu, dass die zweite, damals wahrscheinlich noch häufiger genutzte, Notrufnummer die 112 war. In heutigen Zeiten dürfte sie allerdings von der 110 überholt worden sein („Hallo, Polizei? Bitte kommen Sie ganz schnell, der Dackel vom Nachbarn defäkiert auf meinen Rasen!“)
Stefan ⛄ F. schrieb: > Die 1 und die 2 kann man notfalls durch antippen der > Hörer-Gabel manuell wählen, mit der 0 schafft man das kaum. Jack V. schrieb: > Das passt nicht dazu, dass die zweite, damals wahrscheinlich noch > häufiger genutzte, Notrufnummer die 112 war. Doch genau diese sollte notfalls ohne Wählscheibe erreichbar sein. Jack V. schrieb: > In heutigen Zeiten dürfte > sie allerdings von der 110 überholt worden sein („Hallo, Polizei? Bitte > kommen Sie ganz schnell, der Dackel vom Nachbarn defäkiert auf meinen > Rasen!“) Ja, wobei ich erlebt habe, dass man höflich aber bestimmt an das Ordnungsamt verwiesen wird. Auch auf Themen wie zugeparkte Garagen und Ruhestörung hat die Polizei bei uns keinen Bock mehr. (Bei uns im Innenhof gibt es ein Gebäude dass sehr häufig für Parties vermietet wird) Dass das Ordnungsamt am Nachts und am Wochenende nicht wirklich erreichbar ist - geschenkt. Dann muss man halt selber die Party crashen gehen - leider.
Hans schrieb: > Jaja... damals... an Einfachheit war das Teil kaum zu überbieten. Man > musste nichts wissen, um das Telefon zu benutzen, denn es gab für den > Nutzer schlicht nichts zu wissen. Totale Fehleinschätzung! Ich habe schon mehrfach gesehen, daß jüngeren Nutzern damit kein Gesprächsaufbau gelingt. Weil, erst Nummer wählen und dann Hörer abnehmen funktioniert halt nicht... Nüchtern betrachtet, ist es ja auch ausgesprochen unpraktisch und unlogisch, während des ohnehin komplizierten Wählvorgangs, bei dem der Apparat ggf. noch auf den Tisch hin und her rutscht, auch noch die zweite Hand mit dem Hörer zu blockieren. Also so einfach und intuitiv ist der olle Apparat auch nicht.... Außerdem hat die fehlende Wahlwiederholung natürlich schon damals genervt...
Stell dir mal vor, das Freizeichen wäre eine Ansage, was würde der Max aus dem aktuellen Jahrhundert tun? "Bitte Ziel wählen" "Herr Scheffel auf der Winkelgasse 14" "Bitte Ziel wählen" "Winkelgasse" ( nicht nuscheln 😀 ) "Bitte Ziel wählen" "Hallo Alexa, Scheffel, Winkelgasse 14 bitte" "Bitte Ziel wählen" Mamaaaaaaa, das Scheißding ignoriert mich!
Da passt das gut: Angeblich soll es wieder Kassettenrecorder geben und sogar Original-Kassetten: https://www.golem.de/news/master-424-tascam-legt-legendaere-kompaktkassette-wieder-auf-2112-161971.html
"Wählscheibe" Da geht mir das Messer in der Tasche auf! Das Ding heißt amtlich Fingerlochscheibe. Das komplette Teil mitsamt Getriebe, Fliehkraftregler, Federhaus, Kontaktsatz und Unterbrecher heißt Nummernschalter.
Hans schrieb: > Nabend. > > Heute bei heise ein Artikel, dessen Titelbild bei mir die reinste > Nostalgie und Entschleunigung auslöst. Ich dachte, ich teile das mal > hier. > Und warum schreibst du jetzt diesen exakten Krampf auch ins Heise Forum? Was soll das?
Hans schrieb: > Jaja... damals... an Einfachheit war das Teil kaum zu überbieten. Und erst Kutschenräder. Man, was waren die einfach. Da gab es für den Nutzer schlicht nichts zu wissen. Kein Auswuchten, kein Reifendruck, kein Wechsel Sommer-/Winterreifen, keine Stickstofffüllung. Keine Reifenplatzer, keine nervenden Glasscherben die das Rad zerstören. Die Menschen, die sich an solche Erlebnisse erinner, werden auch immer weniger. > Irgendwie bin ich froh, so ein Teil als Kind mal benutzt zu haben, also > es zeitlich gerade noch erleben durfte. Irgendwie bin ich froh dass ich so einen Scheiß nicht mehr benutzen muss. Übrigens begann man in Amerika bereist 1963 Tastenwahl eingeführt. Während der Innovationsverhinderer Deutsche Post zusammen mit den fleißig korrumpierenden Amtsbaufirmen uns erst 13 Jahre später mit dieser "modernen" Technik beglückte und den Rattata-Schrott langsam, gaaaanz laaaaangsaaaaam, ersetzte. Man ging sogar drei Jahre später (1979) erst einmal wieder einen Schritt zurück und rüstete den neuen "Fernsprechtischapparat" FeTAp 79 wieder mit Wählscheibe aus. Du hast das also zeitlich nur deshalb erleben können weil man in Deutschland den Arsch nicht hoch bekommen hat. Zum Vergleich, hier ein deutscher FeTAp 79 in Rotkotze http://www.waehlscheibentelefon.info/images/Galeriebilder/FeTAp7-2.jpg und Grünkotze http://www.waehlscheibentelefon.info/images/Galeriebilder/FeTAp7-3.jpg und hier ein Iskra EAT 85 von 1979 aus Jugoslawien https://www.moma.org/collection/works/138921 Letzteres in der Sammlung des im Museum of Modern Art.
Stefan ⛄ F. schrieb: > Doch genau diese sollte notfalls ohne Wählscheibe erreichbar sein. die 112 war auch dann erreichbar, wenn man ein Schloss ab der 3 einbaute. Z.B. bei uns in der Halle. Wer das mit der Wählgabel kannte, der konnte auch beliebige nummern damit wählen. Damals konnten die Kinder noch bis 10 zählen. Ich hatte mir die 0 am Ende so erklärt, dass man die 3 Sekunden etwa sich sammeln sollte, da ein Anruf bei der Polizei in der Regel emotional sehr aufgeladen war. Also in 1s 110 angewählt und dann verschnaufen.
Rente mit 76 schrieb: > Das Ding heißt amtlich Fingerlochscheibe. In A bei Schrack hieß das Nummernscheibe oder Wählscheibe, das war in meiner Lehre als Nachrichtenelektroniker, die Firma stellte Telefone, Anlagen und Relais her... Es gab auch irgendwo die Bezeichnung Fingermuldenscheibe... > Das komplette Teil mitsamt Getriebe, Fliehkraftregler, Federhaus, > Kontaktsatz und Unterbrecher heißt Nummernschalter. Genau, mit nsa/nsi/Gu Kontakten...
Hans schrieb: > Man > musste nichts wissen, um das Telefon zu benutzen, Du musstest sämtliche Nummern im Kopf haben (oder notiert). Hans schrieb: > Jaja... damals... an Einfachheit war das Teil kaum zu überbieten. Du bist aufgrund deiner Prägung biased. Das Teil kommt dir nur einfach vor weil du damit sozialisiert wurdest (ich übrigens auch). Intuitiv ist da garnichts dran.
:
Bearbeitet durch User
Le X. schrieb: > Du musstest sämtliche Nummern im Kopf haben (oder notiert). Heute ist alles im Speicher. Selbst schon mitbekommen, dass das Smartphone komplett bei Mitreisenden ausfiel. Mangels wissen und notieren der Nummer, konnte diese dann nicht einmal mehr zu Hause anrufen. Keiner konnten dieser Person im Zug helfen, weil diese natürlich auch nicht im Telefonbuch stehen wollte.
:
Bearbeitet durch User
Stefan ⛄ F. schrieb: > Da habe ich eine andere Erklärung im Gedächtnis. Die 1 und die 2 kann > man notfalls durch antippen der Hörer-Gabel manuell wählen, mit der 0 > schafft man das kaum. Das ging mit allen Ziffern, nach erzwungener Übung (Schloss in der Scheibe) auch relativ flott und genau. Damals™ waren die Telefonnummern aber auch kürzer.
Früher konnte ich >20 Telefonnummern auswendig, samt der wichtigsten Vorwahlen. Im Zeitalter elektronischer Speicher wird das Gedächtnis etwas müder (oder man trainiert sein Gedächtnis anderweitig, was man tun sollte). Wählen durch Anklopfen der Gabel ging bei Wählscheibentelefonen mit etwas Übung ganz gut, auch die Null. Und das auch bei Telefonen mit Schloß. Ich habe noch ein Telefon aus den 60ern und eine passende Fritzbox. Wenn ich Besuch habe, ist es ein Spaß das vorzuführen. Vielen aus der Handygeneration muß man erstmal erklären wie man wählt.
In dem österreichischen Lied "Schnucki, ach Schnucki" ist die entschleunigte Kommunikation von früher in folgenden Zeilen deutlich gemacht. Eine Indianersquaw, die von einem feurigen Liebhaber bedrängt wird, droht: "Du willst mich wirklich martern? Das sag ich meinem Vatern. Wenn ich dem schreib nach Idaho, dann ist er nächste Wochen scho do. Als Häuptling der Comantschen wird er dir eine pantschen. Das kann ich wirklich nicht riskiern, drum lass ich mich verführn:"
Es gab auch Telefongesellschaften bei denen die Ziffern aus Lizenzgründen anders angeordnet waren: Schweden, Teile Norwegens und Staaten im Pazifik.
Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.