Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 190V Spannung an Audiokabel, Ursache ?


von Pumping A. (pumping_a)


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Hallo,

ich bekomme im privaten Tonstudio kleine, britzelige Stromschläge, wenn 
ich an die Masse eines Instrumenten-Audiokabels fasse.

Multimeter zwischen Ring des verdächtigen Kables (an Synhesizer A) und 
Ring eines unverdächtigen Kabels (an Synthesizer B).

U DC: 2 Volt

U AC: 190 Volt

I: Hab ich mich nicht getraut zu messen (Multimeter kann nur niederomig)

Die Steckerleiste, an der alles hängt ist dabei ausgeschaltet 
(Vermutung: Nulleiter getrennt, Phase liegt an). Wenn ich die 
Steckerleiste ausstecke geht alles auf 0 Volt.

Mein Hauselektriker sagt mir, um alles was hinter der Wandsteckdose ist, 
muss ich mich selber kümmern. Er wird morgen die Wandsteckdose 
durchmessen, und er vermutet die ca. 14 Steckernetzteile die ich 
verwende als Ursache.

Austausch der Steckerleiste hat es nicht verbessert (außer dass ich nun 
die Phase abschalten kann, aber das hilft nicht gegen die 190V wenn 
eingeschaltet).

Wenn ich einzeln ca. 14 Netzteile testweise stecke, geht die Spannung 
schrittweise hoch, es gibt nicht das eine Netzteil dass es verursacht. 
Eines macht 30V, ein anderes addiert noch mehr etc.

Es sind dort Geräte verbunden über: Netzkabel, Audiokabel, Midikabel, 
USB-Kabel, Thunderbolt-Kabel (das war auch "brizzelig" am Stecker 
außen).

Frage 1: Sind solche 180 Volt Spannugnen tendenziell gefährlich, oder 
ist das Netzteil-Noise und bricht ein, wenn ich im Loop bin ?

Frage 2: Wenn tendenziell ungefährlich, kann ich etwas einbauen 
(Entstörkondensator ? Wie ?) ?

Frage 3: Wenn tendenziell ungefährtlich, kann ich messen ob es wirklich 
ungefährlich ist ? Oder doch gefährliche 190V anliegen ("gefährlich" = 
niederohmig aus Stromnetz).

Ziel: Elektrische Sicherheit.

Vielen Dank !

Viele Grüße,
P.A.

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Meine bisherige Suche:

- Beitrag "Stromschlag über audiokabel" klingt passend, mit 
fehlt die Kenntnis das Wissen zu übertragen. Reicht es, einen 
Entstörkondensator zu kaufen ?

- Ich habe zuerst auf tonstudio-forum.de um Unterstützung gebeten, das 
ist ggf. zu technisch, deswegen hier semi-cross-posing-haft an die 
Elektronik-Cracks. 
https://www.tonstudio-forum.de/forum/thread/5332-180v-ac-an-meinem-audiokabel/?postID=32814#post32814

Sorry, ich wusste nicht weiter, gerne bescheid sagen, welches Forum 
besser geeignet ist, oder wie ich die Suchfunktion besser füttern kann. 
Vielen Dank.

: Verschoben durch Moderator
von Harald K. (kirnbichler)


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Y-Kondensator im Eingangsfilter des Netzteil des Gerätes gegen Gehäuse 
und damit gegen Masse Deiner Audiokontakte.

Altbekanntes Phänomen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Netzfilter#Geh%C3%A4usepotential

von Michael B. (laberkopp)


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Pumping A. schrieb:
> Sind solche 180 Volt Spannugnen tendenziell gefährlich,

Nein  aber es knackt beim Einstöpfsel und man erschrickt. Die Spannung 
bricht aber sofort zudammen.

Pumping A. schrieb:
> kann ich etwas einbauen (Entstörkondensator ?

Die Entstörkondensatoren sind gerade die Ursache.

Viele Audiogeräte haben keinen Schutzleiter, sondern nur einen 
Eurostecker. Das ist vernünftig und gewünscht zur Vermeidung von 
Brummschleifen. Nur ein Gerät der ganzen zusammenhängenden Anlage sollte 
einen Schuko haben, oder eine Erdungsschelle an die ein Erdungskabel zum 
Schutzleiter einer Steckdose geht.
Alle anderen Geräte sind dann über die Abschirmung der Signalkabel auch 
mit diesem einen Erdungspunkt verbunden. Dann gibt es auch deine 
gemessenen Spannungen nicht sondern alles hat 0V.
Nur wenn du ein Gerät ausgesteckt hast, kann sich die Spannung aufbauen, 
und dann beim einstecken wieder sofort zusammenbrechen.

Blöder ist es, wenn 2 oder mehr Geräte eine Etdungsverbindung über 
Schuko ohne Ground Lift Schalter oder ein Antennenkabel, Sat-Kabel 
haben. Dann muss man teilweise Mantelstromfilter zur Vermeidung von 
Brummschleifen einbauen.

Denn es darf nur Einen geben. Einen Erdungspunkt.

von Rainer W. (rawi)


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Pumping A. schrieb:
> Multimeter zwischen Ring des verdächtigen Kables (an Synhesizer A) und
> Ring eines unverdächtigen Kabels (an Synthesizer B).

Unter wieviel Last hast du gemessen. Unbelastet sind das nur 
Hausnummern.

von Bruno V. (bruno_v)


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Pumping A. schrieb:
> Die Steckerleiste, an der alles hängt ist dabei ausgeschaltet
> (Vermutung: Nulleiter getrennt, Phase liegt an). Wenn ich die
> Steckerleiste ausstecke geht alles auf 0 Volt.

Den Schukostecker der Leiste mal um 180° drehen (rausziehen und anders 
rum erneut einstecken).

Nur teure (seltene) Leisten schalten beide Adern, normale mit 50% 
Wahrscheinlichkeit "die falsche".

: Bearbeitet durch User
von Pumping A. (pumping_a)


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Vielen Dank für die Antworten.

Weitere Infos:

- Zu den aufgeladenen Kondensatoren: Wenn die Netzphase verbunden ist 
und der Nullleiter getrennt, messe ich 190V Wechselspannung. Das nur als 
Info, falls beim Querlesen meines Posts übersehen wurde, dass es 
Wechselspannung ist. Passt das immer noch zur Hypothese der aufgeladenen 
Kondensatoren, wenn es Wechselspannung ist ?

- Zum zentralen Massepunkt: Vielen Dank. Die Audiokabel sind gerade alle 
nur auf einer Seite eingesteckt. Das einzige, was Geräte miteinander 
verbindet ist MIDI (galvanisch getrennt) und USB (und ggf. 
Schutzleiter). Ich stöpsele mal den USB-Hub ab zum Prüfen und finde 
heraus, welches Gerät zwei/dreiadrig ist.

- Zur Frage nach der Last: Ich habe mit einem Voltmeter hochohmig zwei 
Potenzialpunkte gemessen. Das System war ausgeschaltet (Phase lag an, 
Nullleiter war getrennt). Ich traue mich nicht, Strom durch die 
Potenzialpunkte fließen zu lassen. Soll ich ? (i.e. Amperemeter in 
Reihe)

- Zum Drehen des Steckers: Ich habe die Steckerleiste gegen eine 
getauscht, die beide Adern trennt. Jetzt ist die Störspannung nur 
vorhanden, wenn ich einschalte. Das ist schon mal ein Fortschritt :D 
Ideal wäre es, wenn auch im eingeschalteten Zustand keine 190V 
Wechselspannung zwischen den Audiokabeln anliegen.

Vielen lieben Dank und viele Grüße,
P.A.

von Bruno V. (bruno_v)


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Beide trennen ist nicht ganz so gut wie drehen. Das ist aber nur 
marginal.

Du kannst hochohmig erden: 1k gegen schutzleiter. Das erzeugt noch keine 
Brumschleifen.  Alternativ noch 2 LEDs antiparallel in Reihe.

von Marci W. (marci_w)


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Pumping A. schrieb:

> Passt das immer noch zur Hypothese der aufgeladenen
> Kondensatoren, wenn es Wechselspannung ist ?

Ja. die Kondensatoren sind nicht "aufgeladen" im Sinne von anliegender 
Gleichspannung, sondern haben einen kapazitiven Widerstand, der sowohl 
von der Frequenz als auch von der Kapazität abhängt. Da das Ende des 
Kondensators, das du indirekt berührst, quasi "in der Luft" hängt, also 
nirgend wo der sehr geringe Strom gegen Erde abgeleitet wird, steht z.B. 
das Gehäuse unter einer Spannung nahe der Netzspannung. Wenn Du nun das 
Gehäuse berührst, spürst du kurz diese Spannung, die dann jedoch sofort 
zusammenbricht bzw. Du auf die selbe Spannung aufgeladen wirst.
Der fließende Strom, der zumeist die eigentliche Gefährlichkeit von 
Stromunfällen ausmacht, ist durch die niedrige Kapazität des 
Kondensators sehr niedrig, so dass absolut keine Gefahr für Leib und 
Leben besteht.

Das war jetzt sehr vereinfacht(*), und ich hoffe, ich konnte ein wenig 
zur Erklärung beitragen.

(*) Alle, die jetzt die vielen Ungenauigkeiten kritisieren wollen: ich 
weiß, dass ich an vielen Stellen stark vereinfacht habe, um auch den 
Laien eine einigermaßen verständliche Erklärung geben zu können.
Eine Grafik wäre sicher noch besser gewesen, aber dazu war ich zu faul. 
;-)

ciao

Marci

von Lu (oszi45)


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Ob evtl. ein Entstörkondensator defekt ist oder eine lose Schraube im 
Gehäuse herumpruzelt???? Messen wäre nicht schädlich.
https://de.wikipedia.org/wiki/Entst%C3%B6rkondensator#/media/Datei:Entst%C3%B6rkondensatoren4.png

Pumping A. schrieb:
> Ideal wäre es, wenn auch im eingeschalteten Zustand keine 190V
> Wechselspannung zwischen den Audiokabeln anliegen.

Wurde oben schon erklärt. EIN Massepunkt ist nötig. Er sollte allerdings 
gescheit gewählt werden (damit es nicht brummt). Im Zweifel, wenn 
möglich alle Geräte über gemeinsame Schuko-Steckerleiste einschalten, 
wenn alle Audiokabel schon gesteckt sind.

von Pumping A. (pumping_a)


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Ok, ich bin hier definitiv im richtigen Forum. Vielen Dank für die 
vielen Informationen.

Ich lese mich gerade in das Thema Y-Kondensator ein. Ist lange her, dass 
ich Prüfungen dazu geschrieben habe. Ich kann mich noch dunkel erinnern, 
dass and vielen uC-Eingängen Trenn-Kondensatoren gegen Masse waren 
(lässt noise ab, tut DC nicht weh, oder so ...), vlt. war das etwas 
ähnliches.

Bottomline: Ich muss verstehen, wie die Masse sich im System verteilt. 
(Also wo überall Massepotential ist). Tatsächlich waren die Kabel nicht 
eingesteckt. Und wären sie eingesteckt, hätte ich vlt. gar kein Problem 
(weil Massen verbunden) ...

Danke auch für den Hinweis, wann ich stecke und wann nicht.

Prüfen werde ich auch, wie oben angeraten, vielen Dank. Dem 
Hauselektriker sage ich dann erst mal ab :)

: Bearbeitet durch User
von Michi S. (mista_s)


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Pumping A. schrieb:
> I: Hab ich mich nicht getraut zu messen
> (Multimeter kann nur niederomig)

Dann machs Dir hochohmig genug, daß der Strom jedenfalls klein genug für 
den jeweiligen Meßbereich bleibt: I = U / R.
Also einfach einen 10k oder was immer Du halt in der Größenordnung zur 
Hand hast in Serie zum Multimeter bei der Strommessung, dann können z.B. 
max. 19mA fließen.

von Peter D. (peda)


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Die alten 50Hz Trafos hatten nur wenige pF Koppelkapazität zwischen 
Primär- und Sekundärwicklung. Besonders störarm sind dabei die Trafos 
mit LL-Kern und getrennten Wicklungen auf beiden Schenkeln. Diese 
Bauform sieht man daher auch bei hochwertigen Trenntrafos.

Mit den Schaltnetzteilen wurden dann Entstörkondensatoren im nF-Bereich 
nötig, also 100-fach mehr Blindstrom und das kribbelt schon ordentlich. 
Und bei mehreren kleinen Wandwarzen addieren die sich dann.
Gefährlich ist das nicht, nur unangenehm. Auch hört man ein kräftiges 
Brummen, wenn man die NF-Leitungen berührt, also aufpassen auf die 
Lautsprecher. Vor dem Stecken erstmal den Lautstärkesteller auf rechts 
(ccw) drehen.

von Klaus (feelfree)


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Peter D. schrieb:
> erstmal den Lautstärkesteller auf rechts (ccw) drehen.

Rechts ist bei meinen Geräten "volle Pulle"...

von Marci W. (marci_w)


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Hallo Peter,

Peter D. schrieb:
> Auch hört man ein kräftiges
> Brummen, wenn man die NF-Leitungen berührt

das ist schon seit ewigen Zeiten so, und hat IMHO nix mit den 
SNT-Übertragern und deren Peripherie zu tun. Da reicht das Wechselfeld 
der in der Wand verlegten Leitungen. Wird z.B. bei Sensordimmern etc. 
genutzt.

ciao

Marci

von Pumping A. (pumping_a)


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Hallo,

vielen Dank für Eure Zeit, mir zu antworten.

Den Tip "Messen ohne Kurzschluss" finde ich klasse :) Ergebnis: 0 mA. 
Auch mit Kurzschluss (am 250 mA Fuse I Anschluss des Multimeters): 0 mA.

Ich gehe dann davon aus, dass der Aufbau elektrisch sicher für Personen 
ist. Und ich passe beim Stecken auf, dass er auch sicher für die Technik 
ist.

Vielen lieben Dank,
P.A.

von Karl B. (gustav)


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Peter D. schrieb:
> Die alten 50Hz Trafos hatten nur wenige pF Koppelkapazität zwischen
> Primär- und Sekundärwicklung. Besonders störarm sind dabei die Trafos
> mit LL-Kern und getrennten Wicklungen auf beiden Schenkeln. Diese
> Bauform sieht man daher auch bei hochwertigen Trenntrafos.

Schirmwicklung zwischen Sek. und Prim. auch eine Standardlösung.
Die geht an PE.
Hab aber ein anderes Problem. Werde deswegen einen neuen Tread 
aufmachen.

ciao
gustav

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Unbelastete Spannungen erreichen schnell hohe Werte.
mit nem Multimeter gemessen sagt das nur einen Teil der Wahrheit aus.
nur wenn da jetzt auch noch ein nennenswerter Strom zustande kommt, 
wirds gefährlich.

Kürzlich hab ich mich auf einem Schwimmsteg, auf dem Weg zu einer 
Stromsäule
so dermassen statisch aufgeladen, dass der Funke aus ca 3cm 
übergesprungen ist.
So'n "Knippser" an einem Kleiderständer im Kaufhaus
war noch garnichts dagegen.
Vor Schreck dann fast nach hinten ins Wasser gekippt.
Aber auch hier wieder: mangels Strom kaum Leistung und ungefährlich.

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