Hallo HF-Experten Beim Basteln und Experimentieren ist mir immer mal wieder eine Frage über den Weg gelaufen, bei der ich einfach nicht weitergekommen bin: Wenn ich einen Transformator oder einen Übertrager selber dimensionieren (und evtl. wickeln will), wie lege ich dann die Windungszahlen fest. Das Verhältnis der Windungszahlen weiss ich ja quasi sofort anhand meiner Anwendung, je nach dem wie ich transformieren möchte. Die Gesetzte dazu sind bekannt und ja auch hinreichend einfach anwendbar. Wenn ich aber z.B. für die Windungszahlen N1=10*N2 gegeben habe, wie komme ich dann an N1 (oder N2)? Es geht mir hierbei ums Prinzip. Ich würde gerne verstehen, wie man das berechnet oder zumindest vernünftig abschätzt. Deswegen möchte ich jetzt auch nicht den konkreten Fall schildern, bei dem mir das jetzt schon wieder über den Weg gelaufen ist. Ich suche also nicht nach einer Lösung, die mir sagt "schau im Datenblatt zu dem und dem Kern und mach das dann so und so". Hierzu gab es schon am 29.11.2007 einen Beitrag. Habe schon lange im Internet gesucht und natürlich auch einiges gefunden, aber nichts womit ich wirklich was anfangen kann. Das kann natürlich auch an mir liegen ... Hat jemand sich das auch schon mal gefragt bzw. eine schöne Antwort oder einen Literaturhinweis ? MfG Michael
Man muss sich der Lösung ggf. iterativ annähern, z.B. wie im nachfolgenden BEISPIEL: 1. Aus Übertragungsleistung Transformatorgrösse bestimmen 2. Spitzenwert der Flussdichte B bestimmen ( je nach Magnetwerkstoff ) 3. Mit den Daten des magnetischen Kreises die Induktivität L bezogen auf die Windungszahl N bestimmen L = µ mal N² mal A/l ( mit µ=µ(0)*µ(r) A=Querschnitt l=mittlere Magnetlinienlänge ) Manche Spulensätze ( z.B. Schalenkerne ) haben die Angabe AL-Wert: der gibt an, wieviel Nano-Henry die Induktivität bei 1 Windung beträgt. 4. Aus diesem L bestimmt sich mit der Primärspannung und der ( niedrigsten ) Übertragungsfrequenz der Magnetisierungsstrom. Bei dessen Scheitelwert erfährt der Trafo dann B ( unter 2. bestimmt ) 5. Kommt man mit dem sich ergebenden Magnetisierungsstrom zurecht ( z.B. wenn er 1/3 des Nennstroms hat, hat man eine Anfangslösung für das Problem 6. Bestimmung der Windungszahlen UND Querschnitte für alle Wicklungen ( so, dass näherungsweise die gleichen Cu-Verluste bezogen auf den Wickelraum anfallen, bzw. für die "unteren" Wicklungen etwas weniger 7. Feststellen, dass der Wickelraum ausreicht und gut genutzt ist 8. Prozedur solange wiederholen, bis alles passt ...
Hallo, für Netztransformatoren habe ich früher mehrfach folgende Praktikergleichungen verwendet (heute wickele ich nicht mehr :-) 1. Primärleistung aus Sekundärleistung bestimmen: Pp = 1,18 * Ps 2. Eisenquerschnitt bestimmen: Qfe = sqrt(Pp) 3. Windungszahl der Primärwicklung (Up-Primärspannung): Wp = 38 * (Up/Qfe) 4. Windungszahl der Sekundärwicklung(en) (Us-Sekundärspannung): Ws = 42 * (Us/Qfe) 5. Die Drahtstärke aus dem zu erwarteten Stromfluss bestimmen: d = 0,7 * sqrt(I) (für Stromdichte Ia = 2,55A/mm^2) Gruß Holger
Eigentlich sind hier mindestens 2 Fragen: 1.Kern und Wickelraum kann man in Tabellen finden. 2.Bei HF wirds kniffliger, da Kern-Permeabilität und auch Induktivität der Zuleitungen usw. je nach Frequenz die Rechnung wesentlich beeinfussen können. Kurz gesagt: auch wenn die Rechnung bis 20 Stellen hinter dem Komma richtig ist, kann der AUfbau trotzdem noch total falsch sein.
Vielen Dank für diese ausführlichen Antworten @HolgerT: Dein "Kochrezept" ist wirklich sehr schön. Für den Praktiker bestens geeignet. Das werde ich mir gleich irgendwo notieren wo ich es bei Bedarf finde. Leider gibts keine Herleitung oder sowas, aber ich denke beim Netztrafo ist man da einfach auf die Angaben vom Kernhersteller angewiesen. Ob dieses Kochrezept aber auch für einen Audio-Übertrager gut wäre traue ich mich schon nicht mehr zu beurteilen. Ich stimme oszi40 zu, dass es für HF wohl nicht so geeignet ist. @Trafowickler: Sehr schöne Anleitung, aber leider ist mir einiges unklar: "1. Aus Übertragungsleistung Transformatorgrösse bestimmen" Wie man an Schaltnetzteilen sieht, werden die Übertrager dort mit größerer Frequenz immer kleiner. Wie komme ich also bei einem HF-Übertrager/Kern an die Leistung? Steht die auch im Datenblatt? "2. Spitzenwert der Flussdichte B bestimmen ( je nach Magnetwerkstoff )" Wie mache ich das? Du hast ja in 3. auch schon die Formel für eine gerade Kreisspule benutzt. Mit der Näherung bin ich einverstanden, hier wild rumzuintegrieren macht wohl keinen Sinn. Aber dann habe ich trotzdem für den Spitzenwert der Flussdichte: Bspitze = µ mal Ispitze mal N durch l (µ wie unten) woher nehme ich denn den Spitzenstrom ohne die Induktivität zu kennen? Aber gut, Bspitze sollte jedenfalls nicht überschritten werden. Gibts da irgendeine Faustregel? sowas wie Bspitze = 0.9 mal Bmax ? "3. Mit den Daten des magnetischen Kreises die Induktivität L bezogen auf die Windungszahl N bestimmen L = µ mal N² mal A/l ( mit µ=µ(0)*µ(r) A=Querschnitt l=mittlere Magnetlinienlänge ) Manche Spulensätze ( z.B. Schalenkerne ) haben die Angabe AL-Wert: der gibt an, wieviel Nano-Henry die Induktivität bei 1 Windung beträgt." OK, wir haben also L = AL mal N Aber das mit dem magnetischen Kreis versteh ich überhaupt nicht! Woher weiß ich, welche Induktivität ich brauche? Und ist das jetzt die sekundäre oder die primäre? Sorry, da hast du mich leider abgehängt! "4. Aus diesem L bestimmt sich mit der Primärspannung und der ( niedrigsten ) Übertragungsfrequenz der Magnetisierungsstrom. Bei dessen Scheitelwert erfährt der Trafo dann B ( unter 2. bestimmt )" OK, wenn der Magnetisierungsstrom der Strom in der Primärspule ist, dann versteh ich diesen Schritt. "5. Kommt man mit dem sich ergebenden Magnetisierungsstrom zurecht ( z.B. wenn er 1/3 des Nennstroms hat, hat man eine Anfangslösung für das Problem" Leider wieder abgehängt: Woher krieg ich den Nennstrom? "6. Bestimmung der Windungszahlen UND Querschnitte für alle Wicklungen ( so, dass näherungsweise die gleichen Cu-Verluste bezogen auf den Wickelraum anfallen, bzw. für die "unteren" Wicklungen etwas weniger" Ich glaube, ich verstehe was gemeint ist. Könnte man als Abschätzung für den Wicklungsraum Mittlere_Windungslänge mal Drahtquerschnitt mal N benutzen ? Aber für welchen Strom / welche Leistung rechne ich das? Denn es fließt ja nie der reine Gleichstrom durch die Sekundärspule? "7. Feststellen, dass der Wickelraum ausreicht und gut genutzt ist" OK 8. Prozedur solange wiederholen, bis alles passt ... OK Ich fasse zusammen: Man muss weitere Größen betrachten bzw. optimieren, als da wären 1.) Maximale (Verlust- ?) Leistung für den verwendeten Kern 2.) Maxiamle Flussdichte 3.) Induktivität L (primär oder sekundär?) 4.) Magnetisierungsstrom bei niedrigster Frequenz 5.) Nennstrom 6.) Drahtquerschnitte MfG Michael
Sehr schöne Beschreibungen. Leider sind die meisten Berechnungen die angestellt werden können nur als Näherungswerte zu betrachten. Um die "Wiederholungsprozeduren" wie es Michael beschreibt kommt man nicht rum... Gruß, Klaus Richter DSW Elektronik GmbH
Hallo, Michael Weingran , zu 1.) bei Hf-Übertragern steht die Leistung i.d.R. so nicht drin. ( Das geht ja bei Netztrafos nur deswegen, weil man die Netzfrequenz gegeben hat. ) zu 2.) Die Flussdichte hängt leider nicht linear von der Feldstärke H ( = Windungszahl mal Strom / mittlere Feldlinienlänge ) ab, man benötigt also, wenn man's genau wissen will, die Magnetisierungskurve B = f(H). Erst aus dieser erhält man dann für jeden Strom die genaue sich einstellende Flussdichte. zu 3.) L = Al * N² Keinesfalls zwingend notwendig, aber zweckässig betrachtet man die Hauptinduktivität, primärseitig gespeist. Ist die zu gering, wird der Magnetisierungsstrom zu gross ( induktiver Leerlaufstrom und daher zusätzliche Cu-Verluste ). Ist sie zu hoch, geht nicht genug Strom, also Leistung über den Trafo, weil dann der Cu-Widerstand zu gross wird ( viele Windungen, dünner Draht ). zu 5.) Nennstrom ( primär ): Nennleistung des Trafos geteilt durch Primärspannung ergibt Näherung ( wg. Wirkungsgrad, ggf. Streuung muss dieser Strom etwas grösser sein ) zu 6.) Wickel"raum" wird, glaube ich, meist als Querschnitt angegeben, also => Windungszahl mal Drahtquerschnitt So ungefähr, ohne Gewähr ...
Hallo, was auch noch interessant sein könnte, ist für einen Übertrager, der nur als Signalübertrager genutzt wird, also typischerweise annähernd im Leerlauf läuft, die Spannungs-Zeit-Fläche. Damit ist das Flächenintegral der Spannung über der Zeit gemeint. Für eine ganze Periode sollte sie natürlich null sein, da ein Trafo eh nur Wechselspannungen übertragen kann. Aber für eine Halbwelle sollte sie so bemessen sein, daß sie den Trafo nicht in Sättigung treibt. U*t = N B Ae , wobei U=Spannung, t= Zeit, N= Windungszahl, B= magnetische Flußdichte, Ae= effektive Magentischer Querschnitt des Kerns. Für Sinunsspannungen gilt somit: B = U/(2*PI N f * Ae / Wurzel(2)) Somit sollte man sich die Spannungszeitfläche für die niedrigste zu übertragende Frequenz ansehen, damit diese den Kern dann nicht schon in die Sättigung bringt. (bei Ferrit maximal 300 mT, wobei nur bis 200 mT sinnvoll, da sonst die Verzerrungen ziemlich überhand nehmen) Gruß Miro
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