Liebes Forum, nachdem Du mir schon einiges an Hilfestellung geleistet hast... da ich selber immer jemand war (und bin), der viel von den schriftlich weitergegebenen Erfahrungen anderer gelernt hat, möchte ich nun mal einen Teil davon zurückgeben. Hier kommt der Erfahrungsbericht von einem, der nun endlich, nach ein Paar Wochen voller Fehlschläge und Misserfolge, in der Lage ist, doppelseitige Platinen mit Lötstopp und "inversem Bestückungsaufdruck" herzustellen. 0.) Meine Ausrüstung: "Isel Belichtungserät 1", Belichtungsrahmen vom Glaser (s.u.), Basismaterial von Bungard und von Bürklin (soweit ich weiß Rademacher), Vollhartmetallbohrer aus dem Bürklin-Katalog, Bungard Favorit + Hohlnieten, Bohrmaschine+-ständer von Dremel, "Seno 4006 Spezialentwickler", Eisen-III-Chlorid, Dynamask, Tenting Resist. 1.) Basismaterial: Das Basismaterial von Bungard (gibts bei der C-Apotheke) kann ich nur empfehlen. Ich hab nie Probleme damit gehabt. Das bei Bürklin erhätliche Rademacher-Basismaterial ist bis auf ein paar Fehlerstellen im Positivlack am äußeren Rand der Platine ähnlich unproblematisch. Meine Belichtungszeiten im Isel Belichter 1: Bungard 1min45sec, Rademacher 50sec. 2.) Meine Belichtungsvorlagen drucke ich mit einem Tintenstrahler Canon Pixma iP4600 auf Sigel Folie IF110. Einstellungen: "Photopapier Matt", "höchste Qualität". Um Kosten zu sparen zerschnipple ich die Folien mit einem Tepichmesser auf A6-Format. Einfacher Ausdruck reicht für gefüllte Masseflächen sowie zum Belichten von Dynamask und Tenting Resist. Bei gefüllten Masseflächen entstehen bei mir im Kupfer typischerweise ein paar Fehlstellen, die aber bisher immer absolut unkritisch waren. Meine kleinsten sauber gefertigten Strukturen liegen derzeit bei 8mil und ich hab das gute Gefühl dass da noch Luft nach unten ist. 3.) Nach vielen erfolglosen Versuchen mit doppelseitigen Platinen und dem Problem mangelnder Deckungsgleichheit bin ich zum Glaser gegangen und hab mir zwei Glasplatten zuschneiden und mit übereinanderliegenden Bohrungen versehen lassen. Die Platten sind aus stinknormalem 6mm-Floatglas (Fensterglas), ohne UV-Schutz(!) und lassen sich mit PTFE-Schrauben (und entsprechenden Muttern und Unterlegscheiben) gegeneinander verschrauben. Kostenpunkt für den 14x16cm^2-Belichtungsrahmen (reicht für 100x75mm^2-Platinen): 20€ Glaser + 3€ PTFE-Material. Dafür hab ich für die 23€ was deppensicheres in der Hand :-) Was bringt das Ganze? Ganz einfach: Beim umdrehen von doppelseitig zu belichtenden Platinen verrutscht garantiert nichts mehr, da die Platine zusammen mit den Belichtungsvorlagen fest zwischen den Platten eingeklemmt ist. Dank der Schrauben und Muttern ist die Handhabung des Belichtungsrahmens ein Kinderspiel. Belichten tue ich das ganze in meinem Belichter mit offenem Deckel. Meine Belichtungszeiten musste ich trotz des 6mm-Glases bisher nicht korrigieren. Eine Tasche mit Abstandshalter anfertigen ("Taschenmethode" mit Abstandshalter) halte ich aus einfachen mathematischen Gründen für absolut kontraproduktiv. Die Folien für Ober- und Unterseite lege ich Deckungsgleich aufeinander und tackere diese mit einem Bürotacker *an einer Seite* zusammen, ohne Basismaterial (als Abstandshalter) dazwischen. In der Tat halten die von mir verwendeten Folien nach dem Tackern supergut aufeinander, da verrutscht beim einlegen der Platine nix mehr. (Den Tipp mit dem Tackern von Folien hab ich wie so vieles andere hier aus dem Forum. Anderes Vorlagenmaterial wie z.B. Transparentpapier lässt sich vermutlich besser durch einen langen Tesafilmstreifen fixieren.) [Bem.: Die klassische Tasche ohne Abstandshalter halte ich auch für kontraproduktiv, da ich es absolut schwierig finde, das ganze fürs belichten der zweiten Seite ohne Verrutschen der Platine umzudrehen.) Das Zusammentackern (oder von mir aus festkleben) an einer Seite reicht völlig. Dazu folgende einfache theoretische Überlegung (Satz von Pythagoras): Wenn ich die Vorlagen nur an einer Seite deckungsgleich fixiere und dann die 1.5mm hohe Platine dazwischen lege habe ich bei einem Abstand der Platine von der Fixierung von 1cm einen Versatz zwischen Ober- und Unterseite von weniger als 0.1mm (bei 3cm Abstand zwischen Tackerung und Layout-Rand weniger als 0.04mm!), vorausgesetzt eine der Vorlagenseiten ist "mindestens plan" (das ist aber meines Erachtens nach trivial!). Das Ausrichten der beiden Vorlagen gegeneinander geht super einfach und sehr schnell, da bei dieser Methode die beiden Vorlagen direkt übereinander liegen, ohne störenden Abstandshalter dazwischen. Darüber hinaus könnte man sogar agumentieren, dass bei dieser Methode unter gewissen Umständen der Versatz zwischen Ober- und Unterseite vorhersagbar und damit korrigerbar ist :-) 4.) Ich entwickle mit dem "Seno 4006 Spezialentwickler"-Konzentrat. 1 Liter hat mich damals ca. 14 DM gekostet; das Konzentrat wird 1:14 mit kaltem Wasser verdünnt. 10ml Konzentrat reichen für eine doppelseitige 100x75mm^2-Platine, d.h. 1l Konzentrat reichen für 100 solcher Platinen. Das Zeug ist IMHO deutlich hautfreundlicher als NaOH und lässt sich, wenn man über einen Meßzylinder verfügt, sehr einfach und genau dosieren. (Meinen Meßzylinder [25ml mit 0.5ml Skala] hab ich über die Apotheke meines Vertrauens für ein paar Euro bekomen). Die Entwicklungszeit beträgt bei mir 20-30 Sekunden. Überstreichen der Platine beim Entwickeln mit einem weichen Pinsel hilft ungemein, der Lack der von mir verwendeten Platinen übersteht aber auch das "Drüberschrubbeln" mit einem säure- und chemikalienbeständigen Handschuh mit rauhen Konturen an den Fingerkuppen ohne Probleme. Bei den Bungard-Platinen ist das "Drüberschrubbeln" am Ende der Entwicklungszeit bei mir Pflicht, sonst bleibt teilweise eine hauchdünne Photolackschicht übrig, die den Ätzprozess behindert. 5.) Ätzen mit FeCl3 finde ich deutlich besser als mit Natriumperoxidisulfat: Das Ätzmittel FeCl3 hinterlässt sichtbare Flecken und ist bei Raumtemperatur verwendbar. Unsichtbare Ätzmittelflecken sind meines Erachtens einfach nur ätzend ;-) 6.) Durchkontaktierungen mache ich mit der Bungard Favorit und den entsprechenden Hohlnieten. Nicht ganz preiswert aber unglaublich entspannt. Bisher habe ich (weils immer ging) nie ein Pad als Via verwendet. Zur Hobbyisten-Not macht man halt kurz vor das Pad noch 'n Via und verbindet die beiden aufm Bottom-Layer. So spare ich mir zusätzliches Lötgefummel auf der Oberseite. 7.) Bohren tue ich einseitige Platinen ohne spezielle Anforderungen freihand mit der Baumarkt-Dremel. Im Ernst: Ich habe keine ruhigen Hände, aber bisher nur einen VHM-Bohrer abgebrochen(*). Bohrlöcher mit 0.6mm sind mit dieser Methode für mich kein Problem. Doppelseitige Platinen bohre ich prinzipiell nicht freihand, sondern nur mit Bohrständer, da Freihand-Bohrlöcher nur schwerlich senkrecht zur Platine hinzukriegen sind und man sich so die vorhandene Deckungsgleichheit zwischen Ober- und Unterseite versaut. (*) Ich habe bisher (ca. 500 Bohrlöcher) exakt einen VHM-Bohrer ruiniert, und zwar folgendermassen: Bohrer war in der Platine und ich habe versucht, die Platine zum nächsten Bohrloch zu bewegen. Schön blöd - selber schuld. Bei 3€ Kosten pro Bohrer macht das bisher 6*10^-3 Euro Verschleiss pro Bohrloch, was ich für einen fairen Preis für einen Hobbyisten halte ;-) Des weiterem habe ich bisher keine Probleme damit gehabt, vorhandene kleine Bohrlöcher (auch freihand!) mit größeren VHM-Bohrern aufzubohren. Teilweise habe ich auf meinen Platinen alle Löcher mit 0.6mm vorgebohrt und dann wenn nötig die Löcher mit größeren Bohrern aufgebohrt. Beim Aufbohren war ich allerdings immer sehr vorsichtig im Sinne von "kleinem Vorschub". "Platinen mit speziellen Anforderungen" sind für mich solche, auf denen ich teure Teile ohne Fassung einlöten muss. Da ich beim Freihandbohren nie senkrechte Löcher hinkriege ist dass Auslöten von Bauelementen aus diesen Platinen entweder eine Qual oder nicht möglich, da der Kontaktdraht der Bauelemente durch schiefe Löcher sehr stramm in der Platine sitzt. Also wird bei mir alles was wertvoll ist nur in Platinen mit ständergebohrten Löchern gesetzt. Übrigens finde ich das drill-aid.ulp mit einem Durchmesser von *0.5mm* deutlich brauchbarer als mit dem Standardwert von 0.3mm. Mir fällt mit den größeren 0.5mm-Löchern sowohl mit dem Bohrständer als auch freihand das Zentrieren den Bohrers auf das Lötauge deutlich leichter. Bei freihand Bohren hat der Bohrer durch das größere Loche einen größeren "Fangbereich", was das rumgefräse des Bohrers auf dem Pad bei mir deutlich reduziert. Das mag aber Geschmackssache sein. 8.) Zum Dynamask-Lötstopp kann ich eigentlich nichts weiter sagen als meine Belichtungszeit: 30 Sekunden. Ansonsten funktioniert Dynamask bei mir genau so wie schon oft im Forum berichtet: Absolut problemlos, wenn man mehr oder weniger kleinere Fehlstellen (Luftblasen) in Kauf nimmt. Ich arbeite nach der bei Octamex herunterladbaren Anleitung: zuerst kalt laminieren, dann 1x warmlaminieren im 22€-C*****-Bürolaminator "Silber" reicht völlig. Der Laminator zieht die Platinen auch i.A. ohne gemurre ein. Bei Gemurre des Laminiergerätes helfe ich mir mehr oder weniger sanftem Druck nach. Verarbeiten tue ich das Lötstopplaminat im Schein einer Duka-Leuchte (das rote Pufflicht ;-), da hat man alle Zeit der Welt die Vorlage auszurichten, zu entwickeln, usw. Mit Dynamask auf der Platine habe ich kein Problem, Löstellen mit 0.4mm Abstand zur Massefläche (oder zu was auch immer) ohne Stress sauber und ohne Kurzschlüsse zu löten, trotz zweier linker Hände am Löteisen. Mit dem oben beschriebenen Glasrahmen geht das ausrichten übrigens auch sehr gut, da man das ganze in der Draufsicht ausrichten kann; nach dem Verschrauben des Glasrahmens hälts bomnenfest und kann ohne verrutschen zum Belichten umgedreht werden. Die 23€ für die Glaskonstruktion haben sich echt gelohnt; ich plane daher die Anschaffung eines weiteren Glasrahmens 20x16cm^2 für Eurokarten. Nach dem Belichten gönne ich meinem Dynamask 45-60 Minuten Haltezeit. Entwickeln tue ich Dynamask (und Tenting Resist) in 1%iger Na2CO3-Lösung, mit dem "Wasch-Soda" in der grün-weißen Packung für ca. 1€/500g aus der Drogerie mit dem Tier im Namen. Beim Entwickeln von Dynamask ist wischen mit einem Pinsel IMHO obligat! Meine Entwicklungszeiten liegen bei 5-7 Minuten mit pinselschrubbeln. Nach dem Entwickeln trockne ich meinen Dynamask-Lötstopp einige Minuten unterm heissen Fön. Danach ist das Laminat nicht mehr klebrig. Zur weiteren Aushärtung kommt das ganze bei mir noch 2-5x (je nach Lust/Laune) für je 10 Minuten in den UV-Belichter. 9.) Tenting-Resist verarbeite ich nach dem selben Schema wie Dynamask, bisher aber nur "invers" als kombinierter Lötstop- und Bestückungsaufdruck für die Oberseite :-) Das Ergebnis sind Platinen, die unten grün und oben blau sind. Die im Canon-Tintenstrahler gedruckten Vorlagen sind fürs Tenting Resist anscheinend lichtdicht genug, bei 20sec Belichtungszeit hatte ich bisher sowohl beim Tenting als auch beim Dynamask nur scharfe Kanten. Tenting Resist ist allerdings wohl etwas dünner als der Dynamask-Lötstopp und dementsprechend ist die Luftblasenproblematik deutlich schlimmer. Man (in dem Fall: ich) muss hier wohl je nach Platine und Verarbeitung einiges an Fehlstellen in Kauf nehmen. Im Hobbybereich halte ich das aber für mehr als tolerierbar. --- Ok, zugegebenermassen, ich bin sicherlich, was die Platinenanfertigung angeht, aus Sicht einiger hier eher blutiger Anfänger. Trotzdem war es meine Idee, genau als solcher meine bisherigen Erfahrungen weiterzugeben - ich habe in den letzten Monaten viele Platinen verschlissen und bin nach einigen Denkprozessen und einer Glas-Spezialanfertigung (Belichtungsrahmen) jetzt auf einmal in der Lage, mühelos doppelseitige Platinen anzufertigen. Vielleicht hilft dieser Zusammenschrieb ja ein paar Leuten, die die selbe Geschichte hinter sich haben wie ich. Falls jemand Kritik oder Verbesserunsvorschläge anzubringen hat, wäre ich selber auch sehr dankbar - ich machs mir auch lieber einfacher und besser als kompliziert und unschön. So denne gute Nacht liebes Mikrocontroller.net-Forum, lieben Dank für Deine bisherige Hilfe und allen Lesern, Schreibern und Tips&Tricks-Gebern vielen lieben Dank für Eure Zeit und Mühe, Stephan
na also, ist doch eigentlich gar nicht so schwer. Die angegebenen Zeiten kann ich nur bestätigen. Die nächsten Bohrer kannst Du auch gern bei eB** kaufen. So 50 stk für 10 oder 20 EURO. Dann tuts nicht so weh.
Ich hab auch Glasplatten fuer zweiseitige Belichtung, schraub die aber nicht zusammen, sondern hab Klemmen. Die haben eine Feder und mehrere Kilo Druck. Scheint mir einfacher zu sein. Ich verwende Polyesterfolien ausm Laserdrucker. Die werden deckungsgleich mit Tesafilm auf zwei seiten aufeinander geklebt und dann wird die Leiterplatte dazwischen geschoben. Nicht vergessen die Oberseite der Leiterplatte gespiegelt zu belichten.
Hallo, vielen Dank für deinen ausführlichen Report! Zu Hause stelle ich selbst sehr feine (zweiseitige) Platinen her - nur an die Nachverarbeitung habe ich mich noch nicht gewagt. Würdest du vielleicht Bilder deiner Ergebnisse posten? Das würde mich brennend interessieren - und wahrscheinlich auch motivieren! Gruß Janosch
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