Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Multicore per Lan Cat5 etc. realisieren


von Matthias G. (djroxy)


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Hallo Ihrs :)

Ist es irgendwie möglich mit einem Zusatzgerät beim FOH und mit einem 
Gerät auf der Bühne Multicore per Lan Cat5 etc. zu realisieren?

Ausgangssituation:
40Kanal Analogmixer mit Siderack für die FX steht beim FOH normalerweise 
müßte man jetzt ein dickes Multicore Kabel vor zur Bühne verlegen was 
auch nicht so das Problem darstellt nur gibt es Veranstaltungen bzw. 
Locations wo so ein Kabel zu oft zur Stolperfalle wird beispielsweise in 
Kirchen.

Idee:
Eine Art Patchbay 19Zoll wo per kurzen XLR/Klinke usw. Kabeln die 
Eingänge/Ausgänge beim Mixer belegt werden von dem Gerät aus geht es 
dann per Lan-Kabel Cat5 oder so vor zur Bühne/Altarraum wo auch ein 
19Zoll Gerät steht wo dann die Eingänge/Ausgänge sind.

Geht sowas kostengünstig zu realisieren?
Was braucht man dazu?
Wie muß sowas aufgebaut sein?

Gruß,
djroxy

von Felix (Gast)


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Hallo Mathias,
möglich ist grundsätzlich alles, es wird aber eine Kosten- und 
Aufwandsfrage.

Solche Systeme gibt es von verschiedenen Herstellern, die ganzen 
bekannten Pro-Audio-Firmen sind dabei: Allen&Heath, Roland, Yamaha, 
Soundcraft. Die wollen natürlich ordentlich Geld für ihre Systeme.


Das Problem ist, dass man mit einer Eigenentwicklung vielleicht 
günstiger kommt, aber eben doch auch eine gute Stange Geld reinstecken 
muss um überhaupt was zu haben. Außerdem ist der Entwicklungsaufwand 
auch nicht zu vernachlässigen.

Ich hatte für meine Audio-Anwendungen sowas auch mal durchdacht, war mir 
im Endeffekt aber dann recht schnell zu teuer geworden.

Folgende Sachen brauchst du:
- AD- und DA-Wandler entsprechend der benötigten Kanalanzahl in 
gescheiter Qualität
- Eingangs- und Ausgangsbeschaltung für symmetrische Signale
- Falls Mikrofone direkt angeschlossen werden sollen, auch noch 
Mic-Preamps, die am Besten denen im sonst verwendeten FOH-Pult von der 
Qualität nicht nachstehen
- Leitungstreiber für das Multicore-Kabel
- Zentrale Recheneinheit jeweils in Sender und Empfänger für: Daten 
abholen, Codieren, Übertragen, Empfangen, Decodieren, auf Ausgänge 
verteilen. Das ist ein idealer Job für FPGAs, garnichtmal sonderlich 
kompliziert wenn man Erfahrung hat.
- Jede Menge XLR und/oder Klinkebuchsen
- Gescheite Gehäuse die auch einen Live-Einsatz überleben

Da man ja doch mindestens 24 Kanäle Stage->FOH und vielleicht 8 Kanäle 
return braucht, ist man schon bei 32. Macht 16 ADCs und DACs, ne Menge 
OPVs, 64 XLR-Stecker/Buchen, zwei FPGAs und entsprechend große Platinen 
für alles. Die Platinen sollten vom Industriefertiger kommen, selbst 
ätzen wird hier schnell Mist. Da kommt schon was an Kosten zusammen. 
Kannst du ja mal durchrechnen, wie viel günstiger du kommst und ob das 
den Aufwand lohnt.

Dazu verlierst du halt gewisse Funktionalitäten bei dem vorgeschlagenen 
Aufbau. So kannst du z.B. nicht vom FOH-Platz die Eingangsverstärkung 
von Lines/Mics ändern, da das ja auf dem Gerät auf der Bühne schon 
passiert. Richtig gute Systeme können das, da wird dann die Verstärkung 
digital mitübertragen und an der jeweiligen Stelle dann in die 
Analogschaltung eingebracht. Kann man sicher auch so bauen, wird dann 
eben noch aufwändiger.

Gruß, Felix

von Kurt H. (Firma: KHTronik) (kurtharders)


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Hallo Matthias,
Felix hat ja schon viel technisches geschrieben. Eines der Hauptprobleme 
bei der Übertragung und Wandlung ist dann die Latenz. Wenn diese ca. 5ms 
übersteigt, kann man es hören. Und wenn dann noch die Monitorwege erneut 
gewandelt werden, bekommst Du Ärger mit den Musikern :-).
Die einfachste Alternative wäre eine DAW als Mischplatz, bei der der 
Rechner auf der Bühne steht und die Du per VNC o.ä. fernbedienbar 
machst. Allerdings fehlen mir bei einer solchen Lösung immer die Knöpfe, 
da ich gerne intuitiv an den Kanal-EQs einstelle.
Grüße, Kurt

von Greg (Gast)


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Hi Matthias,

das was Du beschrieben hast, gibt es als Umsetzer vom ADAT-Protokoll auf 
Netzwerkkabel. Da sind bis zu 32 Kanäle pro Netzwerkkabel möglich. Man 
braucht aber noch die entsprechenden Wandler A/D und D/A mit ADAT 
Schnittstelle. Ab da wird auch diese Lösung teuer.

Wenn Kabel eine Stolperfalle darstellen, warum dann nicht ganz auf sie 
verzichten?
Pult an einen Rechner mit Remote-Software fürs Pult anschliessen, WLAN 
Netzwerk öffnen und mit einen iPad die Remote-Software steuern.
Die semi-pro Lösung findest Du bei Presonus und die Pro-Lösung bei 
Allen&Heath oder Yamaha.

Ein netter Nebeneffekt: das Side-Rack fällt weg ;-)


Grüße
Greg

von Felix (Gast)


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Hi,
nochmal kurz was zu der Latenz. Also in den Bereich von Millisekunden 
muss man da nicht kommen, das geht wesentlich flotter. Es findet ja in 
den Einheiten keine komplexe Verarbeitung statt. Die Daten müssen nur 
für die Übertragung gepuffert werden. Da ja aber eh genug Kanäle 
vorhanden sind, hat man sowieso mit jedem Audio-Sample von allen 
Konvertern genug Daten für ein Übertragungs-Frame zusammen.

Ich bin jetzt aber von einem eigenen Übertragungsprotokoll ausgegangen, 
was dann über das Ethernet-Kabel übertragen wird. Nimmt man nicht nur 
vom Kabel Ethernet sondern auch vom Protokoll her, muss man schauen wie 
viele Protokollschichten man aufsetzt. Je höher man geht, umso größer 
wird auch die Latenz. Nur Ethernet-Frames, direkt an eine MAC-Adresse 
gesendet, nur zwei Teilnehmer an einem Kabel, keine Switches, das ist 
sicher auch sehr flott. Baut man aber alle Schichten bis TCP/IP rein, 
gibt es sicher große Latenzen, da wäre ich mir nicht sicher ob da denn 
die oben genannten 10ms überhaupt noch reichen.

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Such mal nach Ethersound, das ist ein Protokoll für LAN zur Übertragung 
von Audio. Digigram erreicht mit seinen Geräten eine Latenz von 6 
Samples.

Der Vorteil ist, dass es wirklich normales LAN ist, kann also in 
vorhandene Infrastruktur (incl. Switches usw.) einfach eingesteckt 
werden.

Grüße,

Peter

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