Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik IGBT/MOSFET verliert Gate-Kontakt - was passiert?


von Phil R. (philipp-)


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Was passiert, wenn ein IGBT oder MOSFET, während er leitend ist, 
plötzlich den Kontakt zum Gate- oder zum Emitter-Ausgang des Treibers 
verliert, z.B. durch einen Kabelbruch?
Wird er dann plötzlich nichtleitend oder bleibt er zunächst leitend?

Danke, Phil

von Pink S. (pinkshell)


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Er bleibt zunächst leitend wegen der Ladungen auf dem Gate.

von Phil R. (philipp-)


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Was passiert, wenn nach dem Kabelbruch immernoch ein Collector-Strom als 
Last durch den IGBT/MOSFET fließt? Wird der Laststrom das Gate 
allmählich entladen, so daß der IGBT/MOSFET dann irgendwann nichtleitend 
wird?

von Knut (Gast)


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Der wird nicht alleine ausgehen!


Knut

von ich (Gast)


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>Der wird nicht alleine ausgehen!

Das bezweifel ich. So gut kann ein Gate gar nicht isoliert sein.

von Dr. G. Reed (Gast)


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Ein Mosfet kann durchaus sehr lange leitend bleiben, wenn das Gate 
unbeschaltet ist.
Wenn man davon ausgeht, dass die Spannung am Gate langsam absinkt, wird 
irgendwann der Punkt kommen, dass der DS-Widerstand ansteigt, und die 
Verlustleistung am Mosfet zunimmt. (Man versucht ja Schaltzeiten 
möglichst gering zu halten, und hier hat man den gegenteiligen Zustand).

Je nach Schaltung kann das dann das Ende des Bauteils gewesen sein.....

Einen gewissen Schutz vor sowas kann man erzielen, wenn man eine 
Pulldown Widerstand ans Gate macht, der das Gate schnell genug entlädt, 
wenn kein Treiber mehr dranhängt....

von Fralla (Gast)


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Das Gate wird sich entladen. Doch dies kann einige Sekunden dauern. Der 
lineare Bereich wird langsam durchlaufen, was zur Thermischen zerstörung 
führt. Ein offenes Gate ist daher sehr gefährlich.
Auch wenn der IGBT/FET ausgeschaltet war und das Gate hochohmig wird, 
kann dieses durcheine Kapazitve Kopplung geladen werden, wenn die 
Spannung an D-S hochspringt.
Extrem gefährlich ist dies in Brückenanordnungen. Schaltet der Highside 
Fet ein wird auch das Gate des unteren Fet aufgesteuert was zur 
sofortigen Zerstörung der Leitungselektronik führt, (Shoot-Through).
In diesem Fall (Brücke mit Niederohmigen Fets) nützt auch der Pulldown 
im kOhm Bereich auch einge 100Ohm, absolut nichts. Man muss sorgen, dass 
das Gete nierohmig runtergezogen wird.

MFG Fralla

von Ben _. (burning_silicon)


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Die Dinger bleiben erstaunlich lange leitend wenn das Gate voll geladen 
war... selbst so 0815-FETs wie ein IRFZ34N. Da genügt schon das Gate mit 
dem Diodentest eines Multimeters zu laden, bis der wieder richtig sperrt 
vergehen Minuten.

Problematisch ist, daß es dann mit schnellem Schalten vorbei ist. 
Entweder verursacht das einen kapitalen Kurzschluß durch den 
dauerleitenden FET oder der FET kommt irgendwann in den Bereich wo er 
anfängt linear zu sperren. Dann entsteht an ihm eine nicht 
einkalkulierte Verlustleistung und er raucht ab.

von aaa (Gast)


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Hab auch die Erfahrung gemacht, dass das Gate von Mosfets SEHR gut 
isoliert ist. Da sitzt kaum Ladung drauf aber dennoch ist die Entladung 
sehr langsam.
Eine Hand an 12V, mit der anderen das Gate angefasst => Mosfet geht an. 
(bei GND geht er natürlich wieder aus). Und der Mosfet blieb sehr lange 
an.
Danach durchläuft er den linearen Bereich in dem die Verlustleistung 
stark ansteigt und dabei den Mosfet auch zerstören kann.,

von Klaus Karl (Gast)


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Passiert das während der spannungsflanke schaltet der igbt aufgrund des 
"self-turn-off" effect ab.
grund ist der negative strom durch die millerkapazität durch das 
rückläufige feld. habe dazu mal eine veröffentlichung geschrieben

"negative differential miller capacitance during swiching transients of 
IGBTs"

passiert das während die zwischenkreisspannung angehoben wird (IGBT ist 
aus), dann wird das gate über die miller kapazität aufgeladen und er 
wird leitend.

ist er allerdings auf 15V geladen und der gatekontakt reisst ab bleibt 
er wohl leitend!

Grüße

von Ben _. (burning_silicon)


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Das ist bei FETs wieder anders, die werden durch die Miller Charge 
geöffnet wenn die Spannung am Drain hoch genug steigt und das Gate 
floating ist.

von Markus L. (Gast)


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>Extrem gefährlich ist dies in Brückenanordnungen. Schaltet der Highside
>Fet ein wird auch das Gate des unteren Fet aufgesteuert was zur
>sofortigen Zerstörung der Leitungselektronik führt, (Shoot-Through).

> die werden durch die Miller Charge geöffnet wenn die Spannung am Drain > hoch 
genug steigt und das Gate floating ist.

Wie jetzt?

von Ben _. (burning_silicon)


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Na wenn Du z.B. eine Halbbrücke an 330V betreibst (sehr gerne in 
Schaltnetzteilen gemacht) und der obere FET einschaltet liegen 
schlagartig 330V am Drain des unteren FETs. Ohne einen Treiber der das 
Gate entladen hält lädt die Miller Charge das Gate auf und der untere 
FET leitet dann ebenfalls. Ergebnis ist, daß sich der Zwischenkreis 
zusammen mit der Netzversorgung über beide FETs entlädt, woraufhin beide 
sehr wahrscheinlich ihren Deckel aufmachen und mal richtig durchlüften.

von Markus L. (Gast)


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>Ohne einen Treiber der das Gate entladen hält lädt die Miller Charge das >Gate 
auf und der untere FET leitet dann ebenfalls. Ergebnis ist, daß sich >der 
Zwischenkreis zusammen mit der Netzversorgung über beide FETs entlädt,
Ja das hat Fralla in den vorigen Posts auch schon erklärt.

Aber dies kling, als würde das Gate entladen werden, wenn die Spannung 
steigt:
>Das ist bei FETs wieder anders, die werden durch die Miller Charge
>geöffnet wenn die Spannung am Drain hoch genug steigt und das Gate
>floating ist.
Kann ja dann so nicht sein, oder?

von Ben _. (burning_silicon)


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N-Kanal FETs ...

von Mark (Gast)


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>N-Kanal FETs ...
Ja, die werden leitend wenn die Spannung steigt.

von Fralla (Gast)


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Wichtig ist zu wissen, das in hartgeschalteten Brücken mit zb 400V in 
20ns, auch der obligatorische Pulldownwiderstand im kOhm oder einige 
100Ohm Bereich absolut nicht schützt. Wenn die Treiberverbindung gelöst 
wird knallts eben und meist ist die ganze Ansteuerung auch weg.

MFG Fralla

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