Forum: HF, Funk und Felder praktisches Ersatzschalbild für Übertragungskabel


von J. V. (janvi)


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Über ein Stahl-Drahtseil (mit isoliertem Innenleiter) übertrage ich 
Betriebsspannung (24V) und Daten (50khz Träger, 3,125k 
Phasenmodulation). Die Sendeschaltung besteht aus einem BC107 welcher 
über einen 1k Widerstand gegen GND schaltet. Damit die Betriebsspannung 
nicht "kurzgeschlossen" wird, habe ich eine 1mH Spule zum Spannungsrgler 
bzw. Siebkondensator in Reihe geschaltet. Der Empfänger besteht aus 
einem LM393 Komparator, der mit der aufmodulierten Wechselspannung 
schaltet.

Leider hat das Drahtseil eine erhebliche Auswirkung auf die Funktion. 
Folgende Kabelwerte habe ich vermessen:

Mechanische Länge: ca. 100m
Aussenleiter ohmscher Widerstand ca. 1 Ohm (aufgewickelt)
Aussenleiter ohmscher Widerstand ca. 10 Ohm (abgewickelt)
Innenleiter ohmscher Widerstand ca. 12 Ohm
Impedanz Z = 28 Ohm
Kapazität = ca. 160 pF / m

Der Verkürzungsfaktor passt mit 0,66 etwa nach Schulbuch (unbekannte 
Kunststoffisolation bzw. steht im Datenblatt "Wall EPC" aber ein 
Epsilon. Induktivitäten sind unbekannt und es ist mir auch unklar wie 
die praktisch zu messen wären. Oberhalb von 1Mhz nimmt die Dämpfung 
drastisch zu, (40-60dB) so daß keine sinnvollen Daten mehr übertragen 
werden können. Aus diesem Grund habe ich die Datenübertragung auf einer 
möglichst niedrigen Frequenz versucht.

Der BC107 wird von einem uC mit Rechteckimpulsen angesteuert. Auf dem 
Kabel entsteht dabei ein nahezu sinusförmiges Signal was sogar gut 
symmetrisch ist. Peak/Peak etwa 16-30Volt. D.h. das Kabel arbeitet als 
Filter bzw. Schwingkreis welcher aber mit seinem hohen ohmschen Anteil 
auch ziemlich breitbandig ist. Eine Erhöung des Widerstands um 10 Ohm 
durch Abwickeln hat praktische keine Auswirkung auf die 
Datenübertragung. Frequenzen zwischen 30khz und 80 khz haben etwa das 
gleiche Resultat. Oberhalb 100khz wird die Kabeldämpfung bereits gut 
sichtbar, unterhalb 30khz würden die Induktivitäten zur DC Abkopplung an 
beiden Seiten zu groß werden. Die 50khz Eigenresonanz wurden 
experimentell beobachtet: Ein Einzelimpuls auf der Leitung erzeugt eine 
stark gedämpfte Schwingung mit ca. 50 khz.

Experimente an einem 10 m langen Drahtseilstück machen noch das, was man 
aus dem Schulbuch erwartet. Bei einm 100m Stück ist die Dämpfung aber 
schon so groß, daß Messgeräte von der rücklaufenden Welle nichts mehr 
sehen. Längenmessungen etwa mit VNWA funktionieren deshalb nicht mehr. 
Impedanzrichtige Einspeisung und Abschluss bzw. Leistungsanpassung nach 
Schulbuch kann man auch getrost vergessen.

Für einen Testaufbau möchte ich das mechanisch unhandliche Kabel nun 
durch eine RLC Schalttung ersetzen. Bei einem rein ohmschen Widerstand 
(selbst wenn er bis 100 Ohm ist) als Kabelersatz funktioniert die 
Datenübertragung nicht, weil die 1mH Drossel am Emfpänger in Sättigung 
geht und es kein Sinussignal sondern nur noch schmale Nadelimpulse gibt.

Wie kann ich systematisch vorgehen, um zu einer Schaltung zu kommen, die 
ein 100m Kabel elektrisch nachbildet ? Die Phasendrehung zwischen Anfang 
und Ende beträgt fast 360 Grad, muß aber nicht unbedingt nachgebildet 
werden. Parallelschwingkreis ? R und C als gegeben nehmen und L 
variieren? Amdere Schaltung als Paralellschwingkreis?

von B e r n d W. (smiley46)


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> weil die 1mH Drossel am Emfpänger in Sättigung geht
Wieviel Gleichstrom fließt max. über die Leitung?

> Die 50khz Eigenresonanz wurden experimentell beobachtet
16nF || 1mH ergeben ein Resonanz bei 40kHz.

> Aussenleiter ohmscher Widerstand ca. 10 Ohm (abgewickelt)
Werden beide Seiten irgendwie geerdet oder hängt mindestens eine Seite 
in der "Luft".

> Wie kann ich systematisch vorgehen, um zu einer Schaltung
> zu kommen, die ein 100m Kabel elektrisch nachbildet ?
Ich empfehle zu einer Spice-Simulation mit einer verlustbehafteten 
Transmission-Line.

von J. V. (janvi)


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> Wieviel Gleichstrom fließt max. über die Leitung?

ca 50 mA, hauptsächlich um den uC im Sender zu versorgen

> 16nF || 1mH ergeben ein Resonanz bei 40kHz.

100m x 160pf würden damit schon passen. Die lassen sich aber nicht 
"messen"
weil sie auf dem Kabel "zu weit weg" sind. (Hameg LC-Meter zeigt 1nF)

> Werden beide Seiten irgendwie geerdet oder hängt mindestens eine Seite
> in der "Luft".

Beide Seiten hängen "in der Luft" bzw. ist die Versorgung mit einem SNT 
potentialfrei getrennt. Im späteren Betrieb hängt das Kabel dann aber im 
Wasser, bzw. ist dadurch geerdet. Die Versorgung erfolgt dann aber 
oftmals über (ungeerdete) Notstrom-Verbrennungsmotoren. Querströme auf 
der Masse wo die Spulen sättigen gibt es nicht. Allerdings ziemliche 
Störungen von Pumpen welche mit F/U angesteuert werden. Der kapazitiv 
gekopplte Lagerstrom der Pumpen scheint da tatsächlich über das Wasser 
abzufliessen.

> Ich empfehle zu einer Spice-Simulation mit einer verlustbehafteten
> Transmission-Line.

Mit einem T-Glied aus 6,8 Ohm - 10nF - 6,8 Ohm geht schon mal was. 
Allerdings verdoppelt sich beim Phasensprung für eine Periode die 
Frequenz was dafür spricht, dass die Resonanzfrequenz zu hoch liegt (wie 
auch die Rechnung zeigt). Mit 15nF Styroflex sieht auch der Phasensprung 
ganz ordentlich aus, mit 15nF Keramik habe ich ein Chaos mit wilden 
Schwingungen. Es scheint dass die Kabelinduktivität keine große 
Auswirkung hat...

von B e r n d W. (smiley46)


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Hallo Janvi

Es gibt kleine Unterschiede durch die Laufzeit. Es entsteht immerhin 
eine Phasenverschiebung von 6°. Ansonsten läßt sich das gut simulieren.

Senden würde ich mit einem NF-Verstärker kapazitiv angekoppelt. Dann 
fließt an dieser Stelle kein Gleichstrom durch die Drossel. Mit R1 und 
R2 kann die Schwingkreisbedämpfung eingestellt werden. Auf jeden Fall 
würde ich am Ausgang des Kabels eine Bedämpfung (C2, R2) vorsehen.

Gruß, Bernd

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