Forum: HF, Funk und Felder RF-Verstärker Stabilität


von Alex (Gast)


Lesenswert?

Hallo MC,

ich habe vor einigen Wochen einen LNA gebaut mit einem BFP640 von 
Infineon. Infineon veröffentlicht Spice-Modelle, weshalb ich LTSpice zur 
Berechnung mit S-Parametern nehme.

Nun versuche ich einen PA zu bauen mit 4 bis 10 Watt bei 430 MHz. Dafür 
suche ich Transistoren. Meine Favoriten bislang:

BFQ790 als Treiber
AFT05MS004N als Endstufe

Mein Problem ist, dass diese Transistoren nicht stabil sind. Wenn ich 
den Stabilitätsfaktor berechne (sowohl in LTSpice als auch in Matlab mit 
den S-Parameter von den Hersteller-Homepages) sind beide Transistoren 
über weite Teile instabil, insbesondere bei 430 MHz.

Meine Frage:

Wie kann ich Stabilität beider Transistoren herstellen?

von Bernhard (Gast)


Lesenswert?

Sie "sind instabil" bedeutet: Sie schwingen, wenn du bestimmte 
Impedanzen (bzw. Reflektionsfaktoren) an Ein- und Ausgang schaltest. Du 
verhinderst Schwingen, wenn du diese Impedanzen vermeidest. Meist können 
resistive Anteile helfen, diese unerwünschten Impedanzen zu umschiffen. 
Also Serien-R oder Parallel-R an Ein- und Ausgang. Diese verschlechtern 
deine Verstärkereigenschaften (Gain, Pout, Noise...) aber verbessern die 
Stabilität. Die Kunst ist nun, diese Wiederstände so maßvoll 
einzusetzen, dass das Schwingen verhindert wird, die Funktion des 
Verstärkers aber noch hinreichend gegeben ist.

von Alex (Gast)


Lesenswert?

Das mit den Widerständen habe ich beim BFP640 genutzt und es hat 
funktioniert. Beim BFQ790 aber geht das schlichtweg nicht. Er will 
einfach nicht stabil werden.

Beim AFT05MS004N liefert das Datenblatt außerdem Impedanzen für alle 
Frequenzen.

Reicht es da nicht aus, einfach auf diese Impedanzen anzupassen?

So wird es bei Bowick (RF Circuit Design) gemacht, er verrät aber nicht, 
ob der Verstärker dann auch stabil ist.

von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

> So wird es bei Bowick (RF Circuit Design) gemacht, er verrät aber nicht,
ob der Verstärker dann auch stabil ist.

Ein Verstaerker ist natuerlich immer stabil, sonst ist er ja wertlos. 
Bevor man's vergisst... Power Amps muessen eigentlich fast immer 
abgeschlossen sein, sonst sind sie sofort kaputt.

von Bernhard (Gast)


Lesenswert?

>Beim BFQ790 aber geht das schlichtweg nicht. Er will
>einfach nicht stabil werden.

Ja manche sind echt giftig. Meinst du "nicht stabil" in der Simulation 
oder in der Realität? Nicht erfüllte Stabilitätskriterien bedeuten ja 
nicht, dass er tatsächlich schwingt, sondern nur dass man ihn 
prinzipiell durch unpassende Zsource und Zload zum Schwingen bekommen 
kann.

>Beim AFT05MS004N liefert das Datenblatt außerdem Impedanzen für alle
>Frequenzen.

Meinst du Z source und Z load? Die sind nur für einige Frequenzen 
angegeben

>Reicht es da nicht aus, einfach auf diese Impedanzen anzupassen?

Bin ich nicht sicher - wenn du zwischen z.B. 400 MHz - 500 MHz die 
Impedanzen genau getroffen hast, aber bei z.B. 50 MHz ganz wo anders 
bist als im Reference Circuit dann kann das ganze trotzdem schwingen. Am 
sichersten ist, genau den Reference Circuit nachzubauen.

Das Verhindern von Schwingen musst du sonst im gesamten Frequenzbereich 
bis zur Transitfrequenz verhindern. Also von 0 Hz bis zu ein paar GHz.

von Alex (Gast)


Lesenswert?

Ist es richtig, dass ich die Impedanzen aus dem Datenblatt nehmen kann 
und darauf anpasse (Eingang und Ausgang 50 Ohm) und der Verstärker dann 
stabil ist?

Oder muss ich zusätzlich die S-Parameter nehmen und sicherstellen, dass 
die Anpassung nicht zu Instabilitäten sorgt?

Wie stellen sich die Hersteller den Entwurfsprozess beim 
Schaltungsentwickler vor?

von Alex (Gast)


Lesenswert?

> Ja manche sind echt giftig. Meinst du "nicht stabil" in der Simulation
> oder in der Realität? Nicht erfüllte Stabilitätskriterien bedeuten ja
> nicht, dass er tatsächlich schwingt, sondern nur dass man ihn
> prinzipiell durch unpassende Zsource und Zload zum Schwingen bekommen
> kann.

Ich meine, dass der Stabilitätsfaktor unter 1 fällt. Ich habe dann bei 
430 MHz darauf geachtet, dass ich nicht in die Stabilitätskreise falle, 
sprich passende Reflexionsfaktoren. Aber das müsste dann ja für jede 
Frequenz überprüft werden.


> Meinst du Z source und Z load? Die sind nur für einige Frequenzen
> angegeben

Ja, ZS und ZL. Für 400 und 450 ist es ja gegeben, also in etwa mein 
Zeilbereich.

> Bin ich nicht sicher - wenn du zwischen z.B. 400 MHz - 500 MHz die
> Impedanzen genau getroffen hast, aber bei z.B. 50 MHz ganz wo anders
> bist als im Reference Circuit dann kann das ganze trotzdem schwingen. Am
> sichersten ist, genau den Reference Circuit nachzubauen.
>
> Das Verhindern von Schwingen musst du sonst im gesamten Frequenzbereich
> bis zur Transitfrequenz verhindern. Also von 0 Hz bis zu ein paar GHz.

Ja, ganz genau das ist mein Problem. Selbst wenn ich bei 430 MHz alles 
sauber entwerfe, muss es ja nicht bei 50 oder 1050 MHz passen.

von Bernhard (Gast)


Lesenswert?

>Oder muss ich zusätzlich die S-Parameter nehmen und sicherstellen, dass
>die Anpassung nicht zu Instabilitäten sorgt?

Ich denke genau das

>Wie stellen sich die Hersteller den Entwurfsprozess beim
>Schaltungsentwickler vor?

Komplette S-Parameter von 0 bis X GHz in Simulationssoftware - basierend 
auf den S-Parametern kann man das ganze Matching passend bestimmen dass 
alles stabil ist.

Es ist auf jeden Fall nicht ganz einfach, einen Verstärker sicher stabil 
zu bekommen. Im Nutzfrequenzbereich matchen reicht sicher nicht aus.

von Alex (Gast)


Lesenswert?

Was ist von diesem Vorgehen zu halten?

1) Stabilitätsfaktor für alle Frequenzen berechnen

1.1) Wenn überall stabil, dann im Nutzfrequenzbereich anpassen. Fertig.

1.2) Wenn instabil, Stabilität durch Widerstände herstellen.

1.2.1) Wenn nun überall stabil, wieder im Nutzfrequenzbereich anpassen. 
Fertig.

1.2.2) Wenn trotzdem instabil, dann für alle Frequenzen 
Stabilitätskreise plotten. Eingangs- und Reflexionsfaktor aussuchen, der 
für alle Frequenzen im stabilen Bereich liegt. Mit diesen Faktoren 
anpassen im Nutzfrequenzbereich. Fertig.

von Gerhard H. (ghf)


Lesenswert?

Es tunt sich angenehmer wenn man den Transistor erst
überall stabil macht und dann für die Wunschfrequenzen
anpasst. In Leistungstufen wird man ohne Widerstände
auskommen müssen weil man sie kaum so gross machen kann
dass sie eventuelles Schwingen überleben. Also L, C
und transmission lines.

Manchmal geht es einfach nicht. Wir haben mal versucht,
einen PHEMT von Agilent/Avago für 144 MHz EME passend zu
machen. Verführerische Rauschzahl, gigantischer IP3.
Keine Chance. Wenn man wollte dass er dort unten
funktioniert, dann war er immer irgendwo instabil.

Das passiert vor allem wenn man schnelle Transistoren
bei tiefen Frequenzen missbrauchen will, oder wenn
sie für eine andere Frequenz vorangepasst sind.

Im DUBUS waren mal Artikel über den Gebrauch von
Surplus-Handynetz-Transistoren für Amateurfunkzwecke, WIMRE.
< www.dubus.org >

Es gibt ein exzellentes Buch von einem Herrn Cripps zum
Thema Endverstärker. Ich hatte es nur geliehen & musste
es leider wieder zurückgeben.

< 
https://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&url=search-alias%3Daps&field-keywords=Cripps+amplifiers+microwave+design 
>

Ich glaube, es war das orangene. Ich hab's aber schon
als .pdf gesehen.

Gruß, Gerhard

: Bearbeitet durch User
von Codix (Gast)


Lesenswert?

Sehr schön zu diesem Thema passt das Dokument von Philips:

philips_rf_manual_4th_edition_appendix.pdf

Wollte das hier jetzt nicht hochladen, da es etwas groß ist.
Findet man aber im Internet problemlos.

Sehr lesenswert!

von Sascha (Gast)


Lesenswert?

Hallo,
ja das Problem habe ich mit einem BFP405 auch schon festgestellt, bei 
145MHz hat der eine so giftige Verstärkung, dass er völlig instabil 
wird.
Als einfachste Lösung kann man an der Basis einen Vorwiderstand setzen, 
damit  nimmt man seine Verstärkung für höhere Frequenzen etwas zurück.
Oder eine kleine Emitter Degeneration (L).
Übrigens habe ich bei 145MHz schon aus einem BFP450 ca.40dB Verstärkung 
herausgeholt.
Die Datenblätter bzw. das Silizium fällt auch unterschiedlich aus. 
Zumindest habe ich das schon feststellen müssen.

@ Gerhard Hoffmann, welchen Typ habt ihr da von Agilent/Avago PHEMT 
genommen?
Weil solche Teile bei mir auch schon liegen.

Gruß Sascha

von Gerhard H. (ghf)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

atf541m4

von Alex (Gast)


Lesenswert?

Okay, dann lasse ich den BFQ790 fallen. Stattdessen nehme ich den 
BFU590Q als Treiber. Es gibt von NXP bereits eine Application Note für 
433 MHz, da kann ich mich bedienen.

Kann jemand einen guten Endstufen-Transistor für 430 MHz empfehlen?

Am besten mit 5 bis 12 Volt Versorgungsspannung und mindestens 2 Watt 
Ausgangsleistung (aber nicht mehr als 10).

von Sascha (Gast)


Lesenswert?

Hallo,

@ Gerhard Hoffmann, O.K. danke für die Ausführung, jetzt sehe ich auch 
wo es hebt. Ist klar das Teil ist am Eingang vermutlich nur mit einem 
Baluntransformator in den Griff zu bekommen. Der Ausgang sieht ja nicht 
ganz schlecht aus. Der Scheinwiderstand am Eingang muss dennoch 
kompensiert werden.

@Alex, warum kein kleines Modul von Mitshubishi? Den AFT05MS004N finde 
ich aber gar nicht so schlecht. Aber schau mal auch da bei Mitshubishi 
nach. Ich meine die haben auch kleine Mosfets für PAs.

Gruß Sascha

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.