Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik WIG/TIG Inverter Schweissgerät PISA200AC/DC; defekte IGBT: K50T60


von Martin Z. (koffein)


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Bilder: https://imgur.com/a/ACE1Wfs

Hab ein defektes Schweissgerät vom Hersteller Holzmann mit der 
Bezeichnung PISA 200AC/DC. Beim Versuch zu schweissen kommt zuerst der 
hochfrequente Zündfunke, jedoch bleibt der tatsächliche Schweissstrom 
dannach aus. Ich hab das Gerät mal geöffnet und Thermostat und die 
Relais geprüft.

Der Fehler oder zumindest ein Symptom davon ist beim Leistungsteil 
anhand defekter IGBTs zu finden:
Es gibt eine Platine mit vielen IGBT und Dioden auf einem massiven 
Alukühlkörper montiert. 6 IGBT sind parallel geschalten (jeweils C und E 
verbunden, Gate geht jeweils per 1k auf einen weiteren gemeinsamen 
Kontakt) und offensichtlich defekt. Auf der anderen Seite sind auch 
nochmals 6 IGBTs und scheinbar noch in Ordnung. Die 6 defekten hab ich 
mal ausgelötet.
Auf den IGBT steht die Bezeichnung K50T60 GAF441/GAD441/GAA441 mit 
Infineon Logo.
5€ kostet der Infineon IGBT, der Nachbau ist deutlich günstiger. Wobei 
ich nicht mal sicher bin ob es sich hier bei den verlöteten um Infineon 
Bauteile handelt oder um den Nachbau?

Die Platine vom Leistungsteil ist sogar für 2x 8 IGBT ausgelegt. Macht 
es Sinn gleich die 2x8 zu bestücken?

Wie bereits oben angemerkt können die abgerauchten IGBT auch Symptom 
eines anderen Defektes sein. Was könnte ich zielführender Weise noch 
prüfen?
danke!

von Martin Z. (koffein)


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Ich bestell die 6 Bausteine, verlöte die und dann werde ich beten.

von Georg B. (Firma: privat) (gb97816)


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Hallo,
so wie die IGBT's aussehen gab es schätzungsweise Rückwirkungen in die 
Treiberstufe. Also nur IGBT's tauschen und einschalten wird keine gute 
Lösung sein. Zumindest sind die Treiber auf Funktion zu prüfen und dazu 
wird Messtechnik gebraucht. Ohne Scope und Prüfung der Gatesignale wird 
da wenig Erfolg zu erwarten sein.

Wenn der IGBT stirbt und die Strukturen Gate / Source zerstört werden 
gibt es oft Rückwirkungen vom Drain zum Treiberausgang. Kurz gesagt, die 
Brückenspannung liegt auf dem Treiberausgang und verursacht dort mehr 
oder weniger Spannugsschäden.
Die Widerstände zum Gate liegen ehr im 10 Ohm Bereich, 1k ist da mit 
Sicherheit nicht eingebaut. Der gemeinsame "Kontakt" wird wohl der 
Treiberausgang sein. Widerstände im kOhm Bereich am Gate liegen in der 
Regel zwischen Gate und Source um Aufladungen der Gatekapazität im 
Zustand des abgeschalteten Treibers (er ist nicht aktiv, z.B. wenn die 
Versorgung nicht aufgebaut ist) zu verhindern.

Grüße

von Armin X. (werweiswas)


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Also so wie das aussieht sind die Transistoren infolge ungünstiger 
thermischer Anbindung und evtl gleichzeitig ungünstiger Stromverteilung 
schön nacheinander gestorben.
So viel Energie, dass die alle gleichzeitig so wie fotografiert 
abbrennen bekommt man, meiner Meinung nach, nur mit einem Blitzschlag 
hin.

von Martin Z. (koffein)


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Danke für die kompetente Hilfe! Das klingt natürlich plausibel, dass die 
defekten IGBT das dahinterliegende Ansteuernetzwerk beschädigt haben 
könnten.

Die Ansteuerung der IGBT ist im Bild 9 von oben gezeigt.
Links im Bild die einkommende Wechselspannung, 4x Brückengleichrichter 
LM7815/LM7812. Links die beiden weißen Stecker sind die beiden Gate 
Ansteuerungen, wobei der untere Stecker die 6 defekten IGBT versorgt 
hat. Das Gate Signal wird getrieben von je einem PNP und NPN Transistor.
Die Steckverbinder rechts auf der Platine verlaufen zu den Potis (AC/DC 
Schalter, AC Frequenz, AC Balance) am Bedienfeld. Der Schaltungsteil 
rechts auf der Platine ist also für die Frequenzgenerierung zuständig: 
NE555 unterhalb vom rechten Relais, darunter ein LM393P (Komparator) und 
2 MC14093BCP (Quad Schmitt Trigger).

Ich werde mal ohmsche Lasten an den weißen Stecker hängen und mit dem 
Oszi untersuchen ob da ein Signal daherkommt.
Vermutlich ist es so, dass wenn die HF den Funken zündet, wird auch über 
eins der beiden Relais das Gatesignal aufgeschaltet? Also ohne HF, auch 
kein Gatesignal.

Über die Vorgeschichte vom Gerät weiß ich leider nichts, hat plötzlich 
nicht mehr funktioniert nach längerem Schweißvorgang.

von Martin Z. (koffein)


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Hallo,

die 6 Infineon IGBT Bauteile sind eingetroffen und wurden auch gleich 
verlötet. Danach ist mir aufgefallen dass die Gate Widerstände offenbar 
alle durchgebrannt sind. Oben schon erwähnt dass die nicht mehr 
niederohmig sind, Georg B. hat ebenso darauf hingewiesen. Zum Glück also 
hab ich die nochmals mit der "guten Seite" verglichen. Optisch 
unauffällig, aber die hatten alle einen Wert von 100k Ohm, die "guten" 
5,1 Ohm (5 Farbringe) mit 1%.
Also noch passende Widerstände besorgt und eingelötet.

Nach dem Zusammenbau lief der Schweißer dann wieder :)

danke nochmal!

von hinz (Gast)


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Glückwunsch!


Glück war da definitiv sehr viel im Spiel.

von Armin X. (werweiswas)


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Sind die Dioden im Bereich der Gates auch noch in Ordnung?
Nicht dass es beim nächsten Dauertest wieder scheppert.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Nur weil wir das Thema gerade erst in diesem Forum hatten:
Mit einem dicken 50Hz-Trafo wäre das nicht passiert!

von Thomas (kosmos)


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stimmt, nur hätte er auch einige andere Nachteile

von Martin Z. (koffein)


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Ach hinz, danke fürs Daumenhalten! Ohne, wärs in die Hose gegangen!

Dioden hab ich mit dem MM in der Schaltung kontrolliert, sind soweit in 
Ordnung.

Ich denke nun auch, dass thermische Überlast die Ursache war. 100% vom 
maximal einstellbaren Strom wurde anscheinend über mehrere  Stunden ohne 
Pause gefahren. 80% von I_max sollte bei dieser Zeitspanne eingestellt 
werden, Info von einem, der beruflich schweißt.

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