Energieübertragung von LED zu LED für galvanische Trennung ohne Transformator
Gewöhnliche LEDs können auch Licht in Strom wandeln
LEDs sind dafür optimiert, elektrische Energie möglichst effizient in elektromagnetische Wellen zu wandeln - aber sie können auch das Gegenteil: Beleuchtet man eine LED mit elektromagnetischen Wellen geeigneter Wellenlänge, dann entstehen am Halbleiterübergang Elektron-Loch-Paare, die einen Strom treiben und damit an den Anschlüssen der LED eine Spannung aufbauen können, die maximal die Höhe der Vorwärtsspannung der LED erreicht.
Dieser Vorgang ist nicht sonderlich effizient - im unten vorgestellten Schaltungsbeispiel kommen nur knapp 0,1% der auf der "sendenden" Seite verwendeten elektrischen Energie nach Wandlung in Licht und zurück beim "Empfänger" an.
Aber LEDs sind ausgesprochen billige Bauteile, und sofern auf der empfangenden Seite nur sehr kleine Mengen Energie benötigt werden, kann es kosteneffizient sein, anstelle dafür ausgelegter Bauteile (wie photovoltaischer Zellen oder Photo-Dioden) einfach billige LEDs auch für den Empfang zu verwenden.
Warum Licht zur Energieübertragung verwenden?
Für sehr spezielle Einsatzszenarien, bei denen elektrische Isolation eine große Rolle spielt, wurden schon immer mal Strecken zur Energieübertragung mit Licht überbrückt, hier z.B. das Beispiel einer Forschungsarbeit, die auf industrielle Sensorik abzielt.
Aber in diesem Artikel soll es um einen viel weniger exotischen Anwendungsfall gehen: Galvanische Trennung von Bedienelementen vom Haushaltsstromnetz.
Wenn Teile einer elektronischen Schaltung galvanisch vom Haushaltsstromnetz getrennt werden sollen, geschieht dies in den allermeisten Fällen innerhalb eines Transformators - durch Wandlung elektrischer Energie auf der mit dem Stromnetz verbundenen Primärseite in magnetische Energie, die auf der Sekundärseite wieder in elektrische Energie zurückgewandelt wird.
Elektrisch sicher isolierende Transformatoren sind aber relativ teure Bauteile, weshalb es lästig ist, wenn man solche nur deshalb einsetzen muss, weil ein Gerät Bedienelemente haben soll, die selbst keine sichere Isolation eines Benutzers vom Stromnetz gewährleisten können. Außerdem sind Transformatoren, die mit 50Hz Netzfrequenz arbeiten müssen, für sehr kleine Verbraucher nicht sonderlich effizient, weshalb stattdessen eher Schaltnetzteile eingesetzt werden, die dann aber deutlich mehr Bauteile erfordern, mehr Fehlermöglichkeiten haben, und deren Schaltfrequenzen wiederum Maßnahmen für elektromagnetische Verträglichkeit erfordern.
Beispielfall "Netzschalter mit nicht-isolierendem Ein/Aus-Taster"
Angenommen, man möchte einen Stromverbraucher wie z.B. eine Whirl-Pool-Pumpe oder eine Veranda-Beleuchtung an einer Stelle ein/aus-schalten können, an der für den Benutzer keine drahtlose Fernbedienung greifbar ist, an die man aber auch kein dickes und langes Netzstromkabel verlegen möchte, dass der Witterung ausgesetzt wäre. Und das Problem der angemessenen Isolierung des Benutzers würde durch solch ein Netzstromkabel auch nur an eine andere Stelle verlagert, wo es ebenfalls einen gut isolierten und dann auch witterungsfesten Schalter benötigte.
Der primär-seitige Stromkreis, um Netzstrom zu schalten, liesse sich problemlos mit einem ebenso billigen wie robusten Kondensator-Netzteil versorgen - ganz ohne Transformator. Bleibt aber die Frage, wie der Benutzer dann galvanisch vom Haushaltsnetzstrom getrennt werden kann. Genau dafür ist die hier vorgestellte Schaltung ein Beispiel, dass eine billige LED-zu-LED Energieübertragung verwendet, um den mit dem Benutzer in Kontakt kommenden Teil der Schaltung zu isolieren.
Welche LEDs verwenden?
Beleuchtete LEDs können nur solches Licht in elektrische Energie wandeln, das eine ähnliche oder kürzere Wellenlänge aufweist wie jene, zu deren Emission sie gebaut wurden, da die Energie von längerwelligen Photonen nicht ausreichen würde, um Elektron-Loch-Paare an ihrem Halbleiterübergang entstehen zu lassen.
Bei Experimenten mit diversen billig-LEDs aus einem Sortimentkasten stellte der Autor dieses Artikels fest, dass sich aus dem Licht eine UV-A LED, die eine blaue LED beleuchtet, am besten Energie gewinnen lässt. Blaue LEDs als "Empfänger" sind auch deshalb praktisch, weil ihre Vorwärts-Spannung (ca. 2,4 V) deutlich über der Vorwärts-Spannung üblicher Opto-Koppler liegt, was bedeutet, dass man von der isolierten Seite Informationen zurück an die primär-Seite senden kann, ohne dafür Spannungen wandeln zu müssen.
Es versteht sich, dass LEDs mit farbloser Kunststoffhülle eingesetzt werden sollten, und solche mit geringeren Abstrahlwinkeln zu bevorzugen sind.
Die "sendende" LED sollte selbstverständlich deutlich unter ihrem maximalen Vorwärtsstrom betrieben werden, da sie ja "dauer-an" sein muss, um die Schaltung zu versorgen, und die Lebensdauer von LEDs ist stark abhängig vom Betriebsstrom.
Beispielschaltung
Im hier gezeigten Schaltplan wird eine blaue LED durch eine UV-A LED beleuchtet, durch die ca. 18mA fließen, bei einer Vorwärtsspannung von ca. 3,3V. In der Beispielschaltung lädt dies den Kondensator (C6) auf ca. 2,4 Volt auf, und die Energie eines auf diese Spannung geladenen 10µF Kondensators reicht aus, um den Optokoppler für ca. 3ms durchzusteuern, bevor die Spannung zu weit zusammenbricht (die Energiezuvor von primär reicht _nicht_, um den Optokoppler dauerhaft durchzusteuern!).
Der n- und der p-MOSFET Transistor im TSOP-6 Gehäuse des AO6604 ist zu einem Monoflop verschaltet, der im inaktiven Zustand deutlich weniger als 1µA Strom verbraucht, und im aktiven Zustand schon für eine gewisse "Entprellung" des Eingangssignals sorgt. Dank der niedrigen 1V Gate-to-Source Threshold-Spannung des AO6604 bleibt der MOSFET niederohmig bis die Spannung an C6 längst auf einen Wert gefallen ist, der ohnehin keine Aktivierung des Optokopplers mehr erlaubt.
Der Ausgang des Optokopplers dient als Eingang für ein toggle-Flipflop auf der nicht galvanisch isolierten Seite - damit wird das Bedienelement zum Ein-/Aus-Schalter, natürlich könnte man auch zwei Optokoppler verwenden, die dann jeweils explizit "Ein" oder "Aus" Schaltsignale an die Primärseite senden.
Der Ausgang des toggle-Flipflop schaltet dann einen Photo-TRIAC (und eine kleine optionale "An"-Indikator LED), und dieser wiederum einen Leistungs-TRIAC, der die eigentliche Schaltarbeit für den Netzstromverbraucher erledigt. Bitte bei der Auslegung des Kühlkörpers für den Leistungs-TRIAC bedenken, dass dort im An-Zustand ca. 0,5% der Nutzlast als Verlustleistung verheizt werden.
Link zum Schaltplan im Simulator zum selber-rumspielen (zum selbst-ergänzen, da ein "spam"-Filter sonst die Seite nicht mag: tinyurl .com/2o4hhfsd
Mechanischer Aufbau
Der hier gezeigte mechanische Aufbau soll kein Vorbild für produktive Umsetzungen sein - die etwas frühe Festlegung auf eine relativ kleine Verteilerdose als Gehäuse und die Nutzung generischer Experimentier-Platinen führten zu einem gedrängten Aufbau, der allerlei "dreidimensionale Lötkunst" erforderte, die man mit einer schaltungsspezifischen Platine vermeiden könnte und sollte.
Dieses Bild zeigt den Aufbau der Energie "sendenden" und "empfangenden" LED, bevor beide mit einem weißen Schrumpfschlauch umhüllt wurden, um noch etwas mehr mechanische Stabilität und Streulichtnutzung zu ermöglichen:
Die sorgfältige Ausrichtung der beiden LEDs zueinander ist sehr wichtig - schon kleine Abweichungen von der optimalen Position können die Energieausbeute leicht halbieren. Beim gezeigten Aufbau wurden auf der empfangenden Seite ca. 20µA (bei 1kOhm Innenwiderstand des Messgeräts) gemessen, wenn die Ausrichtung optimal war:
Wer zur Ausrichtung kein µA-Meter auf der empfangenden Seite anschließen kann, kann auch direkt eine rote 3mm LED anschliessen, die auch bei wenigen µA schon ein wenig aufleuchtet - dann die mechanische Ausrichtung halt auf "maximale Helligkeit der roten LED" optimieren, bevor diese LED wieder entfernt wird.
Technische Alternativen
Neben der naheliehenden, und in aller Regel auch genutzen Alternative, eben doch einen galvanisch hinreichend sicher trennenden Transformator zu verwenden, seien auf Basis der Reaktionen aus dem Forum noch folgende Möglichkeiten genannt:
- Es gibt "photovoltaic-output optocoupler", die auf einer Seite eine Infrarot-LED enthalten, und davon gut isoliert Infrarot-Fotodionen auf der anderen Seite - mehrere in Reihe geschaltet, so dass sich eine höhere Ausgangsspannung ergibt. Vorteil: Mechanisch stabiler / einfacher aufzubauen. Nachteil: Erheblich teurer (Stand 2023-01). Die Effizienz der Energieübertragung ist ähnlich gering wie bei der LED-zu-LED Beleuchtung, der Hersteller sieht den Einsatzweck vor allem in der sicheren Übertragung einer Spannung an ein MOSFET-Gate zur Steuerung photovoltaischer Anlagen, die mit gefährlich hohen Spannungen arbeiten.
- "Piezo-keramische Transformatoren" wandeln elektrische Energie primärseitig in Ultraschall, der sekundärseitig wieder in eine (hoch-)Spannung gewandelt wird. Vorteil: Hohe Effizienz der Energieübertragung. Nachteile: Erheblich teurer, benötigt primärseitig Wechselspannungsfrequenzen im zwei- bis dreistelligen kHz Bereich, erzeugt sekundärseitig sehr hohe Spannung.
Siehe auch
- Diskussionsfaden im "Analogelektronik"-Forum: https://www.mikrocontroller.net/topic/548474