Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Dimensionierung Zuleitung zum Gerät


von Michael (verstaerker)


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Hey zusammen,

auf verschiedenen Internetseiten wird vorgeschlagen, Leitungen nach den 
Sicherungen zu dimensionieren (vereinfacht: Bemessungsstrom der 
Sicherung soll kleiner sein als Strombelastbarkeit des Leiters).
Es gab schon verschiedene Diskussionen über Kaltgerätekabel, die oft 
0,75 mm² Querschnitt Ader vorweisen und dadurch weniger Strom vertragen 
als 16 A, welcher auch der Bemessungsstrom üblicher 
Leitungsschutzschalter ist. Auch handelsübliche Lichtschalter vertragen 
nur 10 A.
Mir stellt sich die Frage, wie das sein kann. Kann mir vorstellen, dass 
Dimensionierungen dieser Art häufiger vorkommen (z.B. Schnurschalter 
einer Nachttischlampe verträgt 2 A).

In verschiedenen Foren wird geschrieben, dass ein Lichtschalter ja nur 
eine Leuchte schaltet und ein Kaltgerätekabel nur das Gerät versorgen 
müssen. Es könnte aber doch theoretisch sein, dass ein Gerät oder eine 
Leuchte einen internen Defekt hat, der einen Strom bewirkt, welcher 
größer als die Strombelastbarkeit der Gerätezuleitung und kleiner als 
der Bemessungsstrom der Sicherung ist.

Ich stelle diese Methode der Dimensionierung nicht infrage. Ich würde 
nur gerne wissen, warum das so gemacht wird. Meine Fragen dazu:

Ist diese Dimensionierung erlaubt

- weil z.B. bei der Kaltgeräteleitung ja nur dieses eine Gerät 
angeschlossen werden kann und immer der gleiche Bemessungsstrom im 
Normalfall vorliegt (bei der Steckdose ist es anders. Hier weiß der 
Elektriker nicht, was angeschlossen wird und macht deshalb gleich 1,5 
mm² Leiter in die Wand)?

Und/oder

- weil der Hersteller des Geräts dafür sorgen muss, dass ein Überstrom 
über Strombelastbarkeit der Gerätezuleitung und unter der Sicherung 
nicht entstehen kann?

Und/oder

- weil davon ausgegangen wird, dass ein interner Defekt des Geräts nicht 
zu einem Strom führt, der größer als die Strombelastbarkeit der 
Gerätezuleitung und kleiner als der Bemessungsstrom der Sicherung ist?

Und/oder

- weil es eine andere Begründung gibt?
Welche wäre das?

Sorry für den langen Roman aber in anderen Foren(einträgen) sind mir die 
Gründe nicht klar geworden.

Danke schonmal

von Max M. (jens2001)


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NICHT SCHON WIIEEDER!!!

Was ist daran so schwer zu begreifen?
Der LS sichert die Leitung bis zur Steckdose!
Was du da reinsteckst ist ihm völlig egal!
Über die Gerätezuleitung muss sich der Gerätehersteller Gedanken machen!

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Michael schrieb:
> weil z.B. bei der Kaltgeräteleitung ja nur dieses eine Gerät
> angeschlossen werden kann und immer der gleiche Bemessungsstrom im
> Normalfall vorliegt (bei der Steckdose ist es anders. Hier weiß der
> Elektriker nicht, was angeschlossen wird und macht deshalb gleich 1,5
> mm² Leiter in die Wand)?
>
> Und/oder
>
> weil der Hersteller des Geräts dafür sorgen muss, dass ein Überstrom
> über Strombelastbarkeit der Gerätezuleitung und unter der Sicherung
> nicht entstehen kann?

Ja.

Siehe https://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#M

Nach DIN EN 60335-1 "Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch 
und ähnliche Zwecke - Teil 1: Allgemeine Anforderungen" und Produktnorm 
(Typ C) DIN EN 60335-29 "Sicherheit elektrischer Geräte für den 
Hausgebrauch und ähnliche Zwecke - Teil 2-9: Besondere Anforderungen für 
Grillgeräte, Brotröster und ähnliche ortsveränderliche Kochgeräte" 
gelten für die flexiblen fest mit dem Gerät verbundenen 
Anschlussleitungen folgende Vorgaben:
1
 Bemessungsstrom: maximale Länge Querschnitt
2
 bis 0.2A: 2m 0.1mm2
3
 bis 3A: 2m 0.5mm2
4
 bis 6A: 0.75mm2
5
 bis 10A: 1mm2 (bis 2m 0.75mm2)
6
 bis 16A: 1.5mm2 (bis 2m 1mm2)
7
 bis 25A: 2.5mm2
8
 bis 32A: 4mm2
9
 bis 40A: 6mm2
10
 bis 63A: 10mm2
Daher sind viele Gerätezuleitungen nicht über 2m lang"

Kaltgerätekabel sind nur für 10A.

: Bearbeitet durch User
von Michael (verstaerker)


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Michael B. schrieb:
> bis 10A: 1mm2 (bis 2m 0.75mm2)

Was ist der Grund für diese max. 2 Meter Vorgabe bei z.B. dem 0.75mm2 
Kabel? Warum nicht 3, 4 oder 20 Meter? Wieso dürfen nur 2 Meter mit 
höherem Strom belastet werden?

Sorry wenn ich das Thema nochmal anspreche aber das interessiert mich.

von Steve van de Grens (roehrmond)


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Der Innenwiderstand der Leitung beeinflusst, wie schnell der LS auslöst. 
Er darf nicht zu langsam auslösen.

von Lu (oszi45)


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Michael schrieb:
> Warum nicht 3, 4 oder 20 Meter

Weil ein langes Kabel einen höheren Widerstand hat! Der reicht dann 
nicht im Kurzschlussfall, um den LS zuverlässig auszulösen. Dafür gibt 
es Tabellen.

von Michael (verstaerker)


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Steve van de Grens schrieb:
> Der Innenwiderstand der Leitung beeinflusst, wie schnell der LS auslöst

Ja das ist mir schon klar. Aberjetzt stell dir das wohl sehr untypische 
Szenario vor: Die 1,5mm2 Leiter der Hausinstallation plus vielleicht 
noch eine Kabeltrommel mit 1,5mm2 haben eine sehr große Länge. Wenn 
jetzt ein Kurzschluss im 0,75mm2 Kabel entsteht, welches ganz am Ende 
dieser langen Leitung hängt und dadurch nur 15A Kurzschlussstrom 
entsteht, dann löst der LS ja auch nicht aus. Deshalb frage ich mich, 
warum genau diese 2 Meter vorgegeben sind.
Wenn die Kabellänge insgesamt kürzer ist, könnte theoretisch die dünnere 
Leitung auch länger sein.

von Michael B. (laberkopp)


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Michael schrieb:
> könnte theoretisch die dünnere Leitung auch länger sein.

Ja nun, man könnte die Kurve auch mit 80km/h schaffen, trotzdem steht da 
ein Schild für 60, auf irgendwas muss sich die Vorschrift ja festlegen.

Du darfst längere Kabel nützen, mit dickerem Querschnitt.

von Michael (verstaerker)


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Michael B. schrieb:
> Ja nun, man könnte die Kurve auch mit 80km/h schaffen, trotzdem steht da
> ein Schild für 60, auf irgendwas muss sich die Vorschrift ja festlegen.

Ja das ist schlüssig, danke für den Vergleich.
Steht das auch irgendwo geschrieben, dass die 2 Meter mit dem 
Kurzschlussschutz zu tun haben?

Könnte eine 0,75mm2 dann unabhängig von ihrer Länge 16A Strom führen, 
ohne sich zu beschädigen? Also auch wenn sie länger als die 2 Meter 
sind? Oder könnte eine längere höher belastete Leitung eine Auswirkung 
auf ihre eigene Kühlung haben?

von Manfred P. (pruckelfred)


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Michael schrieb:
> Könnte eine 0,75mm2 dann unabhängig von ihrer Länge 16A Strom führen,
> ohne sich zu beschädigen?

Rechne den Leitungswiderstand aus und damit die Verlustleistung. Bei 16A 
sind das 12,5 Watt pro Meter, das wird schon gut warm.

Macht man nicht, fertig.

von Michi S. (mista_s)


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Michael schrieb:
> Oder könnte eine längere höher belastete Leitung eine
> Auswirkung auf ihre eigene Kühlung haben?

Nachdem Kupfer auch ein exzellenter Wärmeleiter ist, erfolgt sicherlich 
ein signifikanter Teil der Entwärmung längs des Kabels zu den Enden hin. 
Je länger das Kabel, umso mehr Wärme entsteht auf der gesamten Länge; 
für den Teil der Wärme die direkt durch die Isolierung in die 
Umgebungsluft abfließt macht die Länge bei komplett ausgerolltem Kabel 
zwar keinen Unterschied, aber bei dem Teil der längs des Kabels 
abgeführt wird eben sehr wohl.

Dazu kommt in der Praxis noch ein weiterer Effekt: je länger das 
Anschlußkabel, umso seltener braucht man die volle Länge; der Rest 
bleibt aufgerollt, zusammengeknäuelt oder was auch immer, nur ganz 
sicher (jedenfalls bei mehr als max. 'nem Meter Überlänge) nie so 
verteilt zum liegen, daß sich dadurch kein 'Wärmestau' bilden kann.

So scheinen mir 2m im Endeffekt als recht praktischer Kompromiss: im 
Haushalt in den meisten Fällen lang genug und selten um deutlich mehr 
als 'nen Meter zu lang.


Manfred P. schrieb:
> Bei 16A sind das 12,5 Watt pro Meter,
> das wird schon gut warm.

Ist aber bei 2m mit 25W selbst im aufgerollten Zustand noch 
unproblematisch, während bei 10m schon 125W an Wärme entsteht und wer 
noch Glühbirnen kennt, weiß wie warm eine 100W Birne wird, da erreicht 
auch ein Kabelknäuel bald mal Temperaturen, die zwar i.A. noch keinen 
Brand auslösen, aber zumindest mal die Isolation schwächen werden.

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


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Michi S. schrieb:
> da erreicht
> auch ein Kabelknäuel bald mal Temperaturen, die zwar i.A. noch keinen
> Brand auslösen, aber zumindest mal die Isolation schwächen werden.
Erzähl das mal denjenigen, die sich ihren Kabelrollen verschmort haben, 
weil sie sie mit höherer (aber noch zulässiger) Belastung benutzt haben, 
ohne sie vollständig aufzurollen. Da ist schon genug passiert.

Wie von einigen anderen beschrieben ist das Thema mit der Länge eher, 
das im Kurzschlussfall ein genügend hoher Strom fliest sodass eine 
Sicherung auch Zeitnah auslöst. Ansonsten wird durchaus auch mal das 
Kupfer-(Alu-)Kabel zur Schmelzsicherung.

von Uwe (neuexxer)


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>>  Oder könnte eine längere höher belastete Leitung eine
>>  Auswirkung auf ihre eigene Kühlung haben?
> Nachdem Kupfer auch ein exzellenter Wärmeleiter ist, erfolgt
> sicherlich ein signifikanter Teil der Entwärmung längs des Kabels
                 ******************
> zu den Enden hin.

> ... So scheinen mir 2m im Endeffekt ...

Klar, das kennt JEDE(r) Praktiker(ine) aus eigener Erfahrung:
Jede Menge Lötstellen an den Enden solcher Kupfer-Strippen löten sich
kompromisslos aus, wenn die Kühlung an solchen Endpunkten
(wg. Klima, Sonnenstand uvm.) viel zu schwach ist...     SCNR

von Michael (verstaerker)


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Danke für eure Antworten.

Michael schrieb:
> Könnte eine 0,75mm2 dann unabhängig von ihrer Länge 16A Strom führen,
> ohne sich zu beschädigen?

Hab mich hier übrigens vertan. Die 0,75mm2 Leitung darf ja laut obiger 
Tabelle gar nicht mit 16A betrieben werden, sondern nur mit 10A. Sorry 
dafür. Dann macht das Argument der Einhaltung der Kurzschlussbedingungen 
für mich auch mehr Sinn.

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