Hallo zusammen, an meinem Ausbildungszeugnis, das ich im Rahmen meines Studiums an der Dualen Hochschule BaWü von meinem "Ausbildungsbetrieb" erhalten habe, sollen ggf. Veränderungen vorgenommen werden. Allerdings stehen zwei Formulierungen im Raum. Der AG behauptet seine Formulierung sei die "notentechnisch" bessere, die Gewerkschaft behauptet dies von ihrem Gegenvorschlag. Und ich muss mich nun entscheiden, welche Formulierung ich haben möchte. Daher wollte ich euch bitten beide Versionen dieses Absatzes zu vergleichen und mir eure Einschätzung zu geben welches die bessere Formulierung ist. Im Vorraus schon vielen Dank für eure Hilfe! 1. Version: "[...] Während der Berufsausbildung hat sich Frau X als sehr interessiert, motiviert und fleißig erwiesen. Sie zeigte stets Eigeninitiative, arbeitete verantwortungsbewusst, zuverlässig und gerne im Team. Sie stand ihrem gewählten Beruf aufgeschlossen gegenüber und brachte dies durch gute Leistungen in der praktischen Ausbildung zum Ausdruck. [...]" 2. Version: „Die Arbeitsweise von Frau X zeichnet sich durch ein hohes Maß an Arbeitsbereitschaft und Eigeninitiative aus. Sie hat alle gestellten Anforderungen sehr verantwortungsbewusst, ausdauernd, umsichtig und zweckmäßig zu unserer vollsten Zufriedenheit bewältigt. Frau X ist sehr belastbar, ihre Arbeitsweise ist planvoll. Hervorzuheben sind der immer sachliche, gezielte Informationsaustausch im Team, das verständliche und anschauliche Ausdrucksvermögen und ihr hohes Maß an Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit.“
Also für mich klingt rein subjektiv im ersten Moment, ohne langes Nachdenken, Version 2 besser.
Variante 2 ist eindeutig besser. Variante 1 erweckt in mir spontan den Eindruck, dass sie eher die Quatsch und Partytante war. "Stand dem Beruf aufgeschlossen gegenüber!" klingt stark nach, "stellte sich dem Ansinnen, sie auszubilden nicht entgegen, wenn Sie nicht gerade im Team feierte" Gruss Axel
neuerGast schrieb: > 1. Version: Durchschnitt. > 2. Version: Gut, aber nur mit zwei Änderungen: > „Die Arbeitsweise von Frau X zeichnet sich durch ein hohes > Maß an Arbeitsbereitschaft und Eigeninitiative aus. Sie hat > alle gestellten Anforderungen (einfügen:) stets > sehr verantwortungsbewusst, ausdauernd, umsichtig und (zweckmäßig weglassen) > zu unserer vollsten Zufriedenheit bewältigt. Frau X ist > sehr belastbar, ihre Arbeitsweise ist planvoll. ... Ohne das "stets" hast Du die Anforderungen nur manchmal wie beschrieben erfüllt. "Zweckmäßig" heißt: nicht gerade toll, hat aber funktioniert. Pats.
Subjektiv: Zweite Version nehmen. Objektiv: dem Vorschlag der Gewerkschaft folgen. Glück: Version zwei ist die gewerkschaflich Bevorzugte. hth, Iwan (katholischer Kommunist)
Mir persönlich gefällt Variante 1 viel besser. Die ist "sinnvoll gestrafft" und lässt mich dich als sehr aufgeschlossen erscheinen. Du hast deinen Job sehr gerne gemacht und hast dich mit allen Kollegen sehr gut verstanden/mit ihnen sehr gut zusammenarbeiten können, warst aber dennoch selbstständig, wenn gefordert. Nur das "gute Leistungen" ließe sich durch "sehr gut" oder "hervorragend" steigern. Folgendes stört mich an Variante 2: > Sie hat alle gestellten Anforderungen sehr verantwortungsbewusst, > ausdauernd, umsichtig und zweckmäßig zu unserer vollsten Zufriedenheit > bewältigt. 1. Man musste dir also alles sagen, du hast keine Aufgaben selbstständig erkannt, sondern nur die "gestellten Anforderungen" erfüllt. Diese hast du dafür sehr gut erledigt, möglicherweise etwas langsam (darüber wird keine Aussage getroffen - "zweckmäßig" = qualitativ - und quantitativ?) 2. Ganz besonders stört mich "bewältigt". Das schreit ja förmlich danach, dass du das nur gerade so unter großen Anstrengungen geschafft hast. > Frau X ist sehr belastbar, ihre Arbeitsweise ist planvoll. Ok, du bist Arbeitstier und berechenbar. Dir kann man die ganzen Aufgaben geben, die sonst keiner machen will und du beschwerst dich nicht. Manche Arbeitgeber suchen vielleicht solche Leute, ich würde hingegen mangelndes Selbstbewusstsein vorwerfen. > sachliche, gezielte Informationsaustausch im Team ...der dennoch unter großer Langeweile und Unmotiviertheit erfolgte... Ok, ich fange an, hineinzuinterpretieren, was vielleicht gar nicht dasteht :-) Naja aber ehrlich - "immer sachlich" würde ich so interpretieren, dass du dabei ständig ein langweiliges Gesicht aufgelegt hattest. Mir fehlt die Begeisterung, die Freude dabei. Naja, und auch, dass du eine eigene Meinung hast. > hohes Maß an Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit Klingt für mich so, als würde derjenige, der das formuliert hat, auf irgendwas aufmerksam machen wollen. Klingt wie, als wollest du überall unnötig sparen. "Benutzen Sie das Toilettenpapier beidseitig - der Erfolg liegt auf der Hand"...oder so... Ohne Garantie - das ist meine persönliche Meinung. Ich bin kein Personaler, aber mit Variante 1 würde ich mich auf dich freuen und dich einstellen. Variante 2 ist mir zu "überladen" und zwanghaft formuliert. Ich würde sagen, Variante 2 ist vom AG und Variante 1 ist von der Gewerkschaft. In Variante 2 wird öfter "sehr" verwendet, das meinte er wahrscheinlich mit dem "notentechnisch besser". Dafür sind in Variante 2 meiner Meinung nach mehr versteckte Hinweise drin. Ganz besonders stört mich das Wort "bewältigt". Ich habe mir beide Texte jetzt mehrfach durchgelesen und muss sagen: Ich finde Variante 1 echt richtig gut. Sehr positiv. Bei dem Wort "erwiesen" geht einem richtig das Herz auf. So, wie man sich dich gewünscht hat, warst du auch. Dich interessiert das alles, du bist motiviert. Wow, was will man mehr. Just my 2 Cents.
Ich bin ja eigentlich ein Gegner von strengen Regelwerken und Vorschriften - bei Arbeitszeugnissen wünsche ich mir jedoch schon lange standardisierte Formulare mit fest vorgegebenen Kategorien und einem Schulnoten-System, so dass niemand in seinem Kopf-Kino-Wahn dubiose Dinge in ein Zeugnis hineininterpretieren kann. Selbst wenn die Mehrheit der Leser hier Variante 2 bevorzugen sollte, kann man auch dort einiges negativ bewerten - ganz wie es beliebt!
schon seltsam wie die Meinungen auseinandergehen. Ich habe die 1 als ungezwungener empfunden.
>Hervorzuheben sind der immer >sachliche, gezielte Informationsaustausch im Team, das verständliche und >anschauliche Ausdrucksvermögen und ihr hohes Maß an Verantwortung für >die Wirtschaftlichkeit.“ ein Mensch, der nur sachlich kommuniziert ist fast schon unmenschlich und wird wahrscheinlich in der Gruppe gemieden
wie ich diese Arbeitszeugnisgeheimsprache hasse.... nur weil kein schlechtes Arbeitszeugnis ausgestellt werden darf, werden in eigentlich positive Formulierungen die Fehler des AN hineininterpretiert. findige Leute haben mit Büchern, die solche Phrasen in einen beurteilungsfähigen Wortlaut übersetzen, (völlig zu Unrecht) Geld verdient. natürlich sind das alles subjektive Schwafelbücher, die natürlich keinerlei Richtlinie sind, da sie sonst ja die Arbeitszeugnisse anfechtbar machen würden. vollste Zufriedenstellung = Befriedigend = Schulnote 3 ?? Ich bin für Version 1 ... aber da ich überhaupt keine Ahnung über die versteckte Bewertung von Arbeitszeugnissen habe und sowieso nix davon halte, würde ich mich nicht nach meiner Meinung richten :)
boah, das ist ja wahnsinn. --> was drin steht, kann immer irgendwie als schlecht gewertet werden --> was nicht drinsteht, wird auch als schlecht gewertet Was soll der Krampf mit den Arbeitszeugnissen? Ist es möglich, ein Arbeitszeugnis so zu formulieren, dass absolut kein Raum mehr für Interpretationen und Spekulationen bleibt? VG, /th.
Mir gefällt Textversion 1 besser, ist kurz und bündig; welcher Personaler liest gerne Romane? Version 2 klingt für mich so richtig nach "wegloben" man rutscht schon fast auf dem Schleim aus. Auch zu gute Formulierungen können eine versteckte Warnung sein. Um das Ganze aber richtig zu deuten müßte man schon den gesamten Text im Zusammenhang kennen. Formulierungen wie "wünschen für die Zukunft alles Gute", oder ähnliches, geben weitere Hinweise.
Hallo Random. > --> was drin steht, kann immer irgendwie als schlecht gewertet werden > --> was nicht drinsteht, wird auch als schlecht gewertet Richtig. > Ist es möglich, ein Arbeitszeugnis so zu formulieren, dass _absolut_ > kein Raum mehr für Interpretationen und Spekulationen bleibt? Das darfst Du ja eben nicht, weil Du nichts nachteiliges über den Beurteilten schreiben darfst. D.h. es laufen Leute herum, die ein gut klingendes Arbeitszeugnis haben, die aber eigentlich ein schlechtes hätten bekommen sollen. Egal, wie viele es sind, es diskreditiert auf jeden Fall diejenigen, die eigentlich ein gutes haben....darum wird eben versucht, das in diesen versteckten Andeutungen zu verschlüsseln. Irgendwann sind diese versteckten Andeutungen dann überall bekannt. Sie gelten so sehr als schlechtes Zeugnis, das gerichtlich dagegen vorgegangen werden kann. Die nächste Generation von vortgeschritten geschraubten Formulierungen wird entwickelt, die irgendwann auch alle bekannt sind..... Auf die Tour setzt sich eine Formulierungsaufrüstungsspirale in Gang.... Hinzu kommt, das die Formulierungen branchenspezifisch, regionalspezifisch und natürlich über die Zeit variieren. Und nun beurteile mal einen Bewerber, der ein 2 Jahre altes Zeugnis vom anderen Ende der Republik aus einer anderen Branche vorzeigt. :0) Letztlich führt das dazu, das Personaler sich auf ihr Bauchgefühl oder "informelle Kontakte" zurückziehen. Eine Zeugnis sagt fast nichts mehr aus, jedenfals nichts positives. Lediglich das Vorhandensein des Zeugnisses und das Fehlen von Eselsohren und Kaffeefleckenn lässt Aussagen über den Bewerber zu. Er nervt seine Personalchefs, bis sie ihm ein Zeugnis geben, womöglich macht er sogar Druck über die Gewerkschaft (sonst hätte er keins), ist übertrieben pedantisch (keine Eselsohren), und hat eine Tendenz zu spät zu kommen (keine Kaffekränze auf dem Zeugnis. der Mann früstückt nicht, womöglich hat er Probleme morgens aufzustehen....) Mit der Forderung, das in Zeugnissen nichts negatives stehen darf, haben die Gewerkschaften diese Absurditäten angestossen. In Zeugnissen sollte "die Wahrheit" stehen. Dummerweise ist die natürlich auch oft Subjektiv. Mit in diesem Zusammenhang ist der Kündigungsschutz zu sehen. Der ist auch sehr zweischneidig, weil er dazu führt, das Du Dir viel mehr Gedanken darüber machen musst, wen Du einstellst, weil Du ihn im Zweifel nicht mehr billig los wirst. Das führt dann auch dazu, das weniger mit Personal probiert wird, und Leute mit schlechtem Zeugnis nicht eingestellt werden. Sonst könnte man sagen: Bevor ich hier noch weiter rumsuche, nehme ich den erstbesten. Die Grundlagen wird er schon können, und wenn er säuft oder zusehr klaut, fliegt er halt wieder.....In dem Falle wäre ein schlechtes Zeugnis nicht wirklich eine Katastrophe, weil du auch mit schlechtem Zeugnis immer irgendwie eine Chance "zur Bewährung" hättest. Zu den beiden Formulierungsvarianten: In 1. fällt mir auf, das zuerst von "interessiert, motiviert und fleißig" die Rede ist, aber nicht von Leistung. Ganz verdächtig. Erst zum Schluss steht: "brachte dies durch gute Leistungen in der praktischen Ausbildung". Das heisst, die Dame ist fleißig und willig, aber nicht besonders fähig. Die Leistung erfolgten lediglich praktisch (also zupacken kann sie, aber was ist mit Theorie und Methodik?), aber menn es um die tatsächliche Aufgaben ausserhalb des (geschützten) Bereiches der Ausbildung geht (sonst wäre die Ausbildung nicht extra Erwähnt), sieht es vermutlich Mau aus. 2. ist absolutes Wischiwaschi. Alles ist enthalten, furchtbar gut und hochgelobt. Ausserdem ist das ganze kompliziert formuliert (Nebelkerzen!) und viel länger. Ließt sich fast wie aus einem Lehrbuch für Personaler abgeschrieben.......obwohl das Zeugnis viel besser ist, wirkt es unehrlich. Keiner ist wirklich so perfekt. Ich persönlich würde auch 1 bevorzugen. Immerhin wird der Proband Kaffee kochen und fegen können, und sich auch nicht weigern....2 ist eigentlich nur ein gemustertes Blatt Papier, da steht in Wirklichkeit nichts, alles, auch schlechtes, ist möglich. Früher hies es zwar mal: Das wirkliche Lob ist so schreiend überformuliert, das es peinlich wirkt, aber das ist nun über 10 Jahre her und hat sich rumgesprochen. Gegen 2 kannst Du vermutlich z.Z. nicht gerichtlich vorgehen.... mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic http://www.dl0dg.de
ohweh ... Danke für die Ausführungen. "Zum Glück" besitze ich derzeit kein Arbeitszeugnis :-) In diesen Umstand könnte man nun ja alles schlechte interpretieren **LOOOL** VG, /th.
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