Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Allpass für Filter


von Sebastian M. (compressed)


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Guten Tag,
Ich beschäftige mich gerade mit der Signalaufbereitung in einer 
Regelschleife.
Ein gemessenes Signal 20Hz-200Hz mit variabler Amplitude 0-2V soll 
linearisiert werden. Die Amplitude halbiert sich pro Oktave. Die höchste 
Amplitude ist bei 20Hz vorhanden.

Mein Lösungsansatz ist es einen Filter in die Rückkopplung eines Opamp 
einzubinden, wie auch im Schaltplan zu sehen. Laut Simulatin geht das 
auch recht ordentlich. (Wie im Anhang/Graph zu sehen ist.)

Wie die Physik ja leider so ist entsteht eine Phasenverschiebung, die 
kompensiert werden soll/muss?

Daher ein weiterer Ansatz:
Entwicklung eines Allpass Filters für das Referenzsignal.
Allpass phasenverschiebung = Filter phasenverschiebung .
Wenn Referenz und Messsignal jeweils die gleichen Phasenfehler besitzen 
müsste nach meiner Vorstellung eine Regelung der Amplitude möglich 
werden.

Bevor ich jetzt wie blöd mit Allpässen simuliere und später feststellen 
muss, dass das gar nicht funktioniert möchte ich doch einmal hier 
fragen, ob es ein richtiger Weg ist, oder alles einfach nur Quatsch?
Und ich bitte darum, nicht über Sinn und Zweck (Wie hier bestimmt schon 
jeder erkannt hat, geht es um Lautsprecher Regelung) dieses Projektes zu 
diskutieren.
Wenn es meine Fähigkeiten im Bereich der Regelungstechnik/ analog 
Technik erweitert, hat es schon einen enormen Nutzen für mich.

In diesem Sinne, danke!
Sebastian

von Ralph B. (rberres)


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Willst du die Membranbewegung des Lautsprechers erfassen und mittels 
Gegenkopplung korrigieren? oder was hast du vor?

Wenn ja , was für eine Art Sensor willst du benutzen, um die 
Membranbewegung zu erfassen?

Ralph Berres

von Sebastian M. (compressed)


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Der Sensor ist ein PSD Sensor Typ: PSD 1L5_CP1
http://www.lasercomponents.com/fileadmin/user_upload/home/Datasheets/lc/kataloge/sitek.pdf

Ist von innen  am Schwingspulenträger angeklebt und wird von einer 
Laserdiode  direkt angestrahlt. Das ganze befindet sich unter der 
Dustcap eines 18" Tieftonchassis. Eine kleine Opamp-Schaltung ermittelt 
die Differenzspannung der beiden Ausgänge des Sensors. Das Signal ist 
entgegen meiner Erwartungen sehr gut, deshalb werde ich auch weiter an 
dem Projekt arbeiten.

Es sollen lediglich die machanischen Fehler des chassis kompensiert 
werden. Wer weiß, wenn sich dadurch eventuell die Präzision der 
Basswiedergabe erhöht wäre es ein riesen Erfolg. Ich erwarte aber keine 
Wunder, es zählt nur der Lerneffekt...

Wenn jemand ähnlich Versuche unternimmt oder Interesse hat, kann er sich 
gerne mit mir außerhalb des Forums in Verbindung setzen.
bastian-acn äet web . de

von Ralph B. (rberres)


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Ich habe vor Jahrzehnten mal bei der Firma Backes&Müller gearbeitet.

Da aber das Patent schon lange ausgelaufen ist, denke ich das es kein 
Geheimnis ist wenn ich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudere.

Dort wurde Anfangs die Membranen der Lautsprecher aus Aluminium 
gefertigt, und mit Hilfe einer gleich geformten Gegenelektrode kapazitiv 
abgetastet.

Es wurde nicht die Ladung des Kondensators konstant gehalten und amit 
die Spannung moduliert, sondern es wurde die Spannung konstant gehalten 
und dadurch den Strom moduliert. Die so gewonnene Größe wurde 
integriert, um so von einer Auslenkungsproportionale Spannung zu einer 
geschwindigkeitsproportionale Spannung zu gelangen. Das Signal von der 
Frequenzweiche muss ebenfalls integriert werden, weil für einen linearen 
Frequenzgang die Beschleunigung abgestrahlt werden muss.

Allerdings nur wenn die Geschwindigkeit gegengekoppelt wird kann man 
sowohl unterhalb als auch oberhalb der Resonanzfrequenz gegenkoppeln 
ohne das das System zu schwingen beginnt.

Später ist man dazu übergegangen dem Lautsprecher eine zweite 
Schwingspule zu spendieren die als flache Spule auf senkrecht in die 
Treiberspule eingebaut wurde. Dadurch wurde das übersprechen zwischen 
den Spulen minimiert. Die zweite Spule liefert von sich aus schon ein 
geschwindigkeitsabhängiges Signal, so das man nur noch dieses Signal von 
dem integrierten Signal aus der Frequenzweiche subtrahieren musste.

Das kapazitiefe Verfahren wird heute noch in den Hochtöner eingesetzt 
und das induktive Verfahren bei Tief und Mitteltöner.

Philips hatte in den 60ger Jahren ein Beschleunigungssensor benutztm, 
was aber nur leidlich funktioniert hatte und nur geringe 
Gegenkopplungsgrade zulies, da die Regelung sonst zu schwingen begann.

Einen Allpassfilter ist bei oben genenannten Verfahren nicht notwendig.

Ralph Berres

von Sebastian M. (compressed)


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Sehr Interessanter Beitrag,

ich werde auch Versuchen die Signale zu integrieren. Ist bislang aber 
schwer vorstellbar, dass es funktionieren könnte. Ein reiner Sinus, wie 
er im Bassbereich durchaus vorkommt ist integriert ja eigentlich nur um 
90° Phasenverschoben.

von Ralph B. (rberres)


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Sebastian

Bedenke bitte , wenn du die Membranbewegung mit einen optischen Sensor 
abtastest, du als Größe die Auslenkung bekommst. Wenn du diese Signal 
gegenkoppeln willst bekommst du ein Dynamikproblem.
Die Auslenkung fällt mit der Frequenz gegenüber der Beschleunigung ( die 
man ja abstrahlen will ) um 12db/ Oktave ab. Die Geschwindigkeit um 6db/ 
Oktave. Also must du dein Auslenkungssignal um es in ein 
Geschwindigkeitssignal zu überführen differenzieren. 6db/ Oktave über 
sagen wir mal 5 Oktaven ( beim Tieftöner ) sind schon 30dB. Hinzu kommt 
die Dynamik deiner Musik ( sagen wir mal 60db ). Dein optischer Sensor 
muß also eine Dynamik von 90db ohne Störungen verarbeiten können um noch 
regeln zu können. Für einen optischen Sensor ist das schon ziemlich 
sportlich. Das ist mit einen induktiv abgenommenen Signal wesentlich 
einfacher, weil der Sensor schon ein Geschwindigkeitsproportionales 
Signal liefert. Somit ist nur die Dynamik der Musik zu beherrchen.
Die Geschwindigkeitsgegenkopplung ist übrigens  die einzige Möglichkeit 
sowohl unterhalb der Lautsprecherresonanz , als auch oberhalb der 
Lautsprecherresonanz zu regeln. Es wir defakto die Resonanzüberhöhung 
bedämpft, während sie bei Beschleunigungs und Auslenkungsgegenkopplung 
nur verschoben wird, und im extremfalle sogar negativ werden kann, und 
somit das System schwingt.

Backes&Müller hat 1974 mal eine theoretische Abhandlung darüber 
geschrieben
und Lösungswege aufgezeigt. Diese finden auch heute noch sowohl in der 
Backes&Müller Klassikline als auch bei der Fa Silbersand ihre Anwendung.

Phillips hatte Ende der 60ger Jahre sich auch mal an eine 
Bewegungsgegenkopplung versucht ( nannte sich MFB ), in dem sie einen 
Beschleunigungssensor verwendet haben. Es waren nur geringe 
Gegenkopplungsfaktoren möglich ohne das das System zu schwingen begann. 
Auch war es nicht möglich Mittel und Hochtöner gegen zu koppeln. Dieses 
Verfahren wurde damals auch von Restek und Jamo eine Zeitlang verwendet.

Ralph Berres

von Sebastian M. (compressed)


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dann wird das wohl der Grund sein, dass kein Hersteller mit dieser 
Methode arbeitet?

Ich hätte hier noch eine Diplomarbeit über ein Optisches System, wie ich 
es machen möchte. Könnte ich bei Interesse schicken...

Falls du noch im Besitz interessanter Schriftstücke bist, hätte ich 
natürlich auch jederzeit Interesse.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Sebastian Möller schrieb:
> Falls du noch im Besitz interessanter Schriftstücke bist, hätte ich
> natürlich auch jederzeit Interesse.

Vielleicht sind diese Links mit Informationen zu den MFB-Lautsprechern
von Philips interessant für dich:

  http://www.mfbfreaks.nl/
  http://www.mfbfreaks.com/

Das meiste ist zwar niederländisch geschrieben, aber trotzdem ganz gut
verständlich. Sehr interessant und mit vielen technischen Details
gespickt ist bspw. dieser Artikel:

  http://www.mfbfreaks.nl/artikel/oorsprong/1/index.html

Hier ist noch ein Test aus der Zeitschrift Audio von 1982 in deutscher
Sprache:

  http://www.mfbfreaks.com/apparatuur/mfb/587/audio-4-82_58xtest.pdf

Man sieht, dass gegengekoppelte Systeme unter den Aktivlautsprechern
damals keine Exoten waren. Neben Philips hatten auch Backes & Müller (s.
Beitrag von Ralph Berres), Restek, Korn & Macway und Kirksaeter solche
Lautsprecher im Programm.

Ich meine, auch Grundig hätte so um 1978 gegengekoppelte Lautsprecher
mit Piezo-Beschleunigungsaufnehmern gebaut und zusammen mit einer Mini-
anlage verkauft. Das Konzept wurde allerdings nicht weiterverfolgt. So
hatten auch die in obigem Artikel getesteten Boxen keine Gegenkopplung.

Ansonsten gibt es unter dem zweiten Link von oben jede Menge weiterer
Testberichte und vor allem auch Service-Manuals mit Schaltplänen.

von Sebastian M. (compressed)


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sehr nett, dankeschön
soweit ich gesehen habe sind die MFB mit einem Piezo 
Beschleunigungsmesser ausgestattet.
Da kann man sich nur Fragen, warum sich selbst auf dem HighEnd Sektor 
soetwas nie wirklich durchgesetzt hat.
Zu teuer...zu wenig Nutzen?
Man hört ja eigentlich nur sehr gutes von Backes&Müller LS, liegt das 
jetzt an der Regelung, oder sind die verwendeten Chassis, Kontruktionen 
ansich schon das Beste auf dem Markt?
(vielleicht kann Ralph da nochmal was zu schreiben?)

von Ralph B. (rberres)


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Sebastian.

Das liegt an der Art der Regelung.
Während Philips mit dem Beschleunigungssensor ( welches zu dem sehr 
unlinear arbeitet ) die Beschleunigung der Membran gegenkoppelt, ( man 
hat die wenigsten Dynamikprobleme ) wird bei Backes&Müller die 
Geschwindigkeit gegengekoppelt. Backes&Müller hatten in den 70ger Jahren 
die tatsächlichen mathematischen Beziehungen als erstes erkannt, und das 
Verfahren patentieren lassen. Somit war es den anderen Firmen verwehrt 
das nachzubauen.

Die Lautsprecherchassis wurden von Anfang an selbst gefertigt, und sind 
eigentlich nicht hochwertiger als handelsübliche Chassis. Nur musste 
halt der Sensor integriert werden, und auf dem kommt es an.

Das Gegengekoppelte Chassis verhält sich übrigens wie ein aperiodischer 
Strahler. Das heist , es hat deFakto keine Resonanzfrequenz mehr die 
stören könnte. Somit feheln die sonst üblichen Ein und 
Ausschwingvorgänge des Lautsprechers.

Auf dem High-End Markt läßt sich nun mal das am besten verkaufen,wo für 
den Händler vor Ort die größte Verdienstspanne liegt. Dann wird eine 
Philosophie für das Produkt entwickelt und dem Kunden verkauft. Es ist 
völlig egal ob die Philosophie jeglicher physikalischer Grundlagen 
entbehrt oder nicht. Dem Kunden ist im Normalfall pardot nicht klar zu 
machen, das man plötzlich auch ein Netzkabel für den Lautsprecher 
braucht, der Endverstärker jetzt brach liegt, und allenfalls für seinen 
elektrostatischen Kopfhörer Verwendung findet.

Auserdem ist an passiven Lautsprecher die 10000 € und mehr das Stück 
kosten, plus den Endverstärker, für den Händler mehr dran verdient als 
an eine Backes&Müller Lautsprecher. Deswegen ist die Verbreitung nicht 
so, wie es die Technik eigentlich verdient. Meiner Meinung ist die 
Technik passive Lautsprecher schon lange nicht mehr zeitgemäß, da es nur 
Nachteile bringt und eigentlich hoffnungslos veraltet ist.

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