Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Sperrspannung Diode


von Transi (Gast)


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Hallo Analogies
habe in einem SOT 23 Gehäuse 2 Schaltdioden in Reihenschaltung 
vorliegen. Die Sperrspannung der Dioden wird mit 100V angegeben. Darf 
die Sperrspannung beim Betrieb beider Dioden 150V betragen? Da die 
Dioden im gleichen Gehäuse sind, haben sie sicher ähnliche 
Eigenschaften. Bei gleicher Sperrkapazität bekommt die einzelne Diode ja 
nur 75V ab. Nur wie weit differieren diese, so dass ich sicher sein 
kann, die 100V nicht zu überschreiten? Ist das überhaupt zulässig?
(PS. Habe das so in einem Gerät gefunden. Gemacht wird es also.)
Strom fließt über die Dioden in Durchlassrichtung so gut wie keiner 
(<1mA)

Gruß

Tranis

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Selbst wenn die beiden Diode so ungleich wären, dass an der einen 1V und
an der anderen 149V abfallen, würde nichts Schlimmes passieren: Die
Diode mit den 149V wird zwar evtl. durchbrechen, jedoch ist der durch
sie fließende Strom sehr, sehr gering (nämlich gleich dem Sperrstrom der
anderen Diode bei 1V), so dass keine der beiden Dioden Schaden nimmt.

von MaWin (Gast)


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Im Prinzip geht das, 150V sind weit genug voin 200V weg,
die Dioden ähnlich genug.

Aber trotzdem ist es Murks, 150V Dioden wären nun keine Exoten.

Vielleicht hatte der Hersteller noch 100000 von den anderen
Dioden rumliegen.

von mhh (Gast)


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Wenn es die Anwendung zulässt, dann zu jeder Diode einen hochohmigen 
Widerstand parallel (durch den wenigstens der 2 bis 3fache Sperrstrom 
fließt). Wenn das die Anwendung nicht zuläßt - andere Diode mit der 
erforderlichen Sperrspannung nehmen.

von Michael O. (mischu)


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In aller Regel ist die Antwort: Nein - das sollte man besser nicht 
machen.

Denn es ist ja nicht nur die Sperrschichtkapazität sondern auch der 
Leckstrom von Interesse.
Im Prinzip hast Du also einen kapazitiv / resistiven Spannungsteiler. 
Die Verteilung der Spannungen auf die beiden Dioden vorherzusagen ist 
nicht trivial.
Der Sperrstrom ist stark von der anliegenden Sperrspannung, der 
Arbeitstemperatur und dem Bauteil selbst abhängig. Bis zu einem 
bestimmten Punkt kannst Du ruhig einen geringen Rückwärtsstrom erlauben. 
Allerdings macht der auch Verluste, so dass sich deine winzige Diode ab 
einer bestimmten Verlustleistung so stark erwärmt, dass sie thermisch in 
den Selbstmord driftet.

In der Reihenschaltung ist der stationäre Fall (DC-Spannung) nur dann 
ein Problem, wenn die Leckströme sich um mehr als den Faktor zwei 
unterscheiden. Dann hätte eine Diode auf jeden Fall eine höhere Spannung 
als 100V in Rückwärtsrichtung und kann thermisch weglaufen.
Im dynamische Betrieb sind zu den Leckströmem auch die 
Sperrschichtkapazitäten und das Avalanche-Verhalten interessant.

Was man auch mal sieht, ist parallel zu der Reihenschaltung der Diode 
Widerstände zur Symmetrierung. Deren Werte sollten höhere Ströme zur 
Folge haben als aufgrund der Leckströme fließen würden.

(Hatte mal 20x 1N4007 in Reihe ohne Symmetrierung an einem 
7,5kV/300VA/50Hz Trafo...   das war ein Feuerwerk)

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Michael O. schrieb:
> In der Reihenschaltung ist der stationäre Fall (DC-Spannung) nur dann
> ein Problem, wenn die Leckströme sich um mehr als den Faktor zwei
> unterscheiden.

Davon brauchst du bei einer Doppeldiode allerdings nicht ausgehen.
Die Teile haben die gleiche Geometrie und haben den exakt gleichen
Prozess durchgemacht, außerdem haben sie gleiche Temperatur.

von Michael O. (mischu)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Davon brauchst du bei einer Doppeldiode allerdings nicht ausgehen.
> Die Teile haben die gleiche Geometrie und haben den exakt gleichen
> Prozess durchgemacht, außerdem haben sie gleiche Temperatur.

Da hast Du sicher recht. Allerdings muss der Hersteller ja schon ein 
Matching der Parameter garantieren.
Eine leichte Unsymmetrie der Leckströme mit einer exponentiellen 
Temperaturabhängigkeit kann schon ausreichen.

Daher kann es zwar in diesem Fall gut gehen, allgemein würde ich von so 
einem Vorgehen abraten.

von Irina (Gast)


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Sehr wahrscheinlich passiert nichts. Aber ein völlig überflüssiges 
Risiko ist es schon. Tja, eine typische, bewährte Industrieschaltung 
eben...

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Michael O. schrieb:

> Da hast Du sicher recht. Allerdings muss der Hersteller ja schon ein
> Matching der Parameter garantieren.

Wenn man das raumfahrt- und kernkraftwerkssicher haben will: ja.

Wenn's für Konsumgüterelektronik ist: nein.

> Eine leichte Unsymmetrie der Leckströme

Wo sollte die denn her kommen?  Das Leckstromverhalten wird doch
durch die Physik bestimmt.  Die Physik wiederum ergibt sich durch
die Verarbeitung des Halbleiters und dessen Geometrien.  Bei
letzterem ist völlig klar, dass sie identisch sind, und bei ersteren
passt das zumindest, wenn die Chips von der gleichen Scheibe aus
nicht allzu großer Entfernung voneinander stammen.

Es wäre natürlich mal interessant zu wissen, ob diese Doppeldioden
eigentlich zwei Dice enthalten oder zwei Dioden nebeneinander auf
einem sind.  Da müsste man wohl mal ein Gehäuse auflösen ...  Wenn
es zwei Dice sind, wäre wiederum interessant, ob die aus einer
großen Tüte "Schüttgut" kommen beim Montieren oder ob die auch auf
der Scheibe direkt nebeneinander waren.  Das wird wohl nur der
Hersteller sagen können.

Man könnte mal versuchen, sowas zu messen, aber das wird nicht ganz
trivial sein.  Allein die Belastung durch das Messgerät wird bei
Zimmertemperatur schon viel größer als der Leckstrom der Dioden
sein.

von oszi40 (Gast)


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Wirtschaftlich gesehen ist es Murks, wissentlich solche Fehlerquellen 
einzubauen, wenn die richtige Dioden für wenige Cent verfügbar sind.

Eine Arbeitsstunde Anfahrt und Fehlersuche ist teurer.

von Dirk J. (dirk-cebu)


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Michael O. schrieb:
> leichte Unsymmetrie der Leckströme

Bei der Serienschaltung der Dioden ist der Strom immer gleich!

von Irina (Gast)


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>Wo sollte die denn her kommen?

Also erstens ist mal nicht klar, ob der Die wirklich symmetrisch ist.

Dann können die Pins an unterschiedlichen warmen Lötstellen liegen. Da 
braucht ja nur an einer Seite ein Hochlastwiderstand zu hängen, der 
ordentlich vor sich hin brutzelt.

Dann kann die Doppeldiode durch ESD oder Herstellungsfehler 
ungleichmäßig vorgeschädigt sein.

Ob das Ganze schief geht, hängt natürlich auch noch von ganz anderen 
Fakktoren ab, ob beispielsweise der Strom sonst wie begrenzt wird, ob es 
also nur zu einer ungefährlichen Erhöhung des Leckstroms kommt oder zu 
einem katastrophalen Durchbruch.

>Man könnte mal versuchen, sowas zu messen, aber das wird nicht ganz
>trivial sein.  Allein die Belastung durch das Messgerät wird bei
>Zimmertemperatur schon viel größer als der Leckstrom der Dioden
>sein.

Mit einer stromlosen Brücke sollte das gehen.

von Transi (Gast)


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Herzlichen Dank für die vielen Antworten und Infos.

Die Diode ist eine MMBD7000, für meine Verhältnisse eine recht schnelle 
Diode mit 1,5pF und 4ns Reverse Recovery Time (alles max).
Nehme sofort eine andere, wenn es ein 150V Type mit diesen Daten gibt.

Gruß

Transi

von Alexander S. (esko) Benutzerseite


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Transi schrieb:
> Die Diode ist eine MMBD7000, für meine Verhältnisse eine recht schnelle
> Diode mit 1,5pF und 4ns Reverse Recovery Time (alles max).

Das sind in etwa die Werte die eine 1N4148 auch erreicht.

von Irina (Gast)


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>Nehme sofort eine andere, wenn es ein 150V Type mit diesen Daten gibt.

Schalte doch zwei in Reihe.

Duck und wech...

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