Hallo Freunde, nachdem mein alter Thread wohl missverständlich war hier nochmal ein neuer, hoffentlich eindeutiger Versuch der Eklärung. Ich mochte gerne wissen wie ihr Risikoanalysen von Schaltungen macht. Laut Literatur ist das gängige Werkzeug hierfür die Design FMEA (DFMEA). Wie geht ihr hier vor? Ich bin gerade dabei meine erste zu erstellen; jedoch fehlt mir ein bisschen die Systematik für eine komplexe Leiterplatte. Idealerweise müsste man sich im Leiterplattenbereich sicherlich jedem Bauteil annehmen, was jedoch bei sehr komplexen Leiterplatten seeehr aufwändig ist. Also gibt es hier jemandem aus der Autombilbranche/Medizintechnik/Luft-und Raumfahrt der hier evtl. schon Erfahrungen gesammelt hat? VG, Philipp
Hi Phil FMEA's sind generell meistens sehr aufwendig selbst für einen Kugelschreiber könnte man sicher 100 A4 Seiten füllen. Der Trick beim FMEA ist sich zu allererst einen groben Überblick zu verschaffen und unkritisch bewertete Teile auszugliedern um sich um die wichtigen Teile kümmern zu können. Google mal ein bisschen nach FMEA Tutorial etc da findest du sicher etwas passendes. Jedoch kann ich dir versprechen, dass du bei deinen ersten Bewertungen ziemlich lange sitzen wirst. Auch hier gilt Übung macht den Meister. Grüße Louk
Lukas R. schrieb: > Der Trick beim FMEA ist sich zu allererst einen groben Überblick zu > > verschaffen und unkritisch bewertete Teile auszugliedern um sich um die > > wichtigen Teile kümmern zu können. Hey Lukas, also genau daran scheiter ich momentan. Wie mache ich mir diesen groben Überblick? In der Literatur steht, dass man zu Beginn die Produkt-Struktur mit den jeweiligen Funktionen ermitteln soll. Leider ist mir da noch kein (sinnvoller) Weg eingefallen. Normalerweise würde ich sagen mein Produkt hat die und die Funktion (Lasten- bzw. Pflichtenheft-Ebene) und diese wird so und so durch diese Bauteile umgesetzt. Wie stelle ich das für elektronsiche Schaltungen an? Ein weiteres Problem sind mögliche Fehler. In der Mechanik ist es an sich relativ einfach, da man stehts von fehlerhaften Materialen, Geometrien/Maßen, Oberflächenrauhigkeiten, Shore-Härten etc. sprechen kann.. Aber bei elektronischen Komponenten? Soll man hier das DB einmal von oben nach unten und wieder zurück wälzen? Das erscheint mir etwas übertrieben. Hat hier eventuell einer nen Rat? Danke und Gruß! P.S. Wo sind die Automobiler, Mediziner, und Luft- und Raumfahrer?! :-)
Ich würde es zuerst mit einem Punktesystem versuchen bei dem ich das Risiko der einzelnen Bauteile abschätze. Also was passiert schlimmstenfalls wenn bauteil X kaputtgeht bzw. ausfällt. z.B. a) SEHR KRITISCH :Kommen menschen zu schaden b) KRITISCH : Wird das Messergebnis, das Produkt Fehlerhaft ohne das man es bemerkt c) NICHT SO KRITISCH : Das Messergebnis,Produkt ist Fehlerhaft es wird aber bemerkt d) UNKRITISCH : ??? e) usw. Auch sollte die Häufigkeit bzw. wahrscheinlichkeit mit einfließen Daraus könnte man dann eine Matrix machen ... p.s. Auch kalte Lötstellen bzw. solche sachen wie Bestücker- oder Lieferantenwechsel sollten mit einfließen. Und um dem die Krone aufzusetzen die Firmware bzw. Software, die Kommunikation usw. blabla
Hallo die FMEA kann man bis ins Unendliche betreiben. Man muss da aufpassen, dass man vor lauter Risikomanagment nicht den Blick aufs Ganze verliert und sich nicht "tot-entwickelt". Was die elektronischen Bausteine auf der Leiterplatine angehen, so betrachten wir nur den Ausfall des Mikrocontrollers und sichern dies durch eine Watchdog-Schaltung ab. Das ist aber natürlich bei jedem Risikomanager unterschiedlich. Ansonsten betrachten wir die elektronische Peripherie: z.B. Ventile, Lüfter, Sensoren, Hupe etc. ICs sind mittlerweile so stabil, dass ein Ausfall für uns als zu unwahrscheinlich eingestuft wird und wir den einzelnen Ausfall nicht berücksichtigen. Dabei führen wir eine Risikoanalyse durch, die nur den ersten Fehlerfall betracht, also Folgefehler nicht in die Risikoanalyse miteinbezogen werden, da die Sache sonst zu komplex wird und man sich wie oben erwähnt "tot-entwickelt". Ich hoffe geholfen zu haben.
Man sollte erst eine Ahnung haben wie und wo die Bauteile ausfallen, resp zu Fehlverhalten neigen. Das waeren mal: Physikalisch gestresste Bauelemente, hier durch Uebertemperatur, Ueberspannung, Ueberstrom, Temperaturzyklen, Feuchtigkeit, Kondensation, Staub, .. Mechanisch belastete Bauteile, zB Zyklen bei Schaltern, Relais, Motore,.. Dann Ermuedung, Wackelkontakte, ... Dann... der Benutzer drueckt eine falsche Taste, steckt den Stecker verkehrt rum rein, ...
Als erstes musst du deine Schaltung in Funktionsblöcke aufteilen. z.B. Stabi, Endstufen etc. Dann überlegst du dir, wie groß die Warscheinlichkeit ist, dass eine Gruppe ausfällt, ordne die Warscheinlichkeit in einer Skala von 1(niedrig) bis 10. Dann überlegst du dir, wie warscheinlich ist, dass der Fehler in der Gruppe gefunden wird, bevor das Teil zum Kunden geht. Teile es wieder von 1(hoch) bis 10. Mach das Pro Gruppe. Dann überlegst du dir, was alles schiefgehn kann, und bewertest den Schaden, der dadurch entsteht pro Gruppe.(wieder Tabelle von eins bis 10. z.B 10 ist.wenn der Lipo exodiert und jemanden killt.) Mach das pro Gruppe,pro Fehler. Multipliziere die Zahlen bei jedem Fehler und du hast deine Risikoprioritätszahl. Die gibt dir groben Auskunft über den Risikofaktor pro Fehler in den Gruppe. Je nach deinem Maßstab schmeißt du alles unter einer gewissen Prioritätszahl und unter einer maximalen Einzelbewertung (z.B. Schaden maximal 5 weg) und siesht dir an, wie du den Rest so günstig wie möglich besser machen kannst. Das war dannein sehr grober FMEA. Alleine für sagen wir mal 4 Gruppen wirst du um die 60 bis 70 Seiten locker schreiben. Nach dem selben Prinzip wi oben kannst du bis runter zu jedem einzelnen Bauteil gehn. Die Fmea wird im Prinzip nur durch deine Fantasie begrenzt. Alternativ kann man auch noch eigene Bewertungszahlen hinzufügen, was z.B. einige Autohersteller machen, dann wird das ganze.noch umfangreicher. Erst mit der Zeit (und nach ungefähr 10 Packungen Kopierapier) bekommst du ein Gespür dafür, welche Bauteile Blöcke etc du genauer betrachten musst und welche nicht. Und vergiss nicht das Ganze auch noch auf die Software anzuwenden. Mein Tip ist, fang Mit einem Kuli an, mach weiter über 7805 zu nem einfachen Led blinker mit Uc etc.und werde langsam größer. Wenn du gleich eine richtige große Schaltung stemmen wilst, kannst du auch gleich einen Atomreaktor nehmen. :-) Bezüglich der Fehler: Die darfst du dir überlegen. Was kann in der Gruppe/Bauteil kaputtgehn? Alterung etc. Dieser Teil hängt von deinem Wissen/Fantasie ab, bzw. von den Chipherstellern, die dir die Datenblätter und diverse andere Anhänge zum Bauteil zu Verfügung stellen. Und ja du wirst nicht ums Datenblatt wälzen herumkommen außer du weißt schon alles. PS: Ein Automobiler ist ja eh da ;-)
Lukas R. schrieb: > Dann überlegst du dir, wie groß die Warscheinlichkeit ist, dass eine > Gruppe ausfällt, ordne die Warscheinlichkeit in einer Skala von > 1(niedrig) bis 10. Dafür gibt es in großen Firmen Tabellen mit Ausfallraten aus der Feldbeobachtung (Rückläufer bzw. Austauschteile). z.B. IC Hersteller y hat im z-Gehäuse x ppm/Jahr Ausfallrate. Lukas R. schrieb: > Dann überlegst du dir, wie warscheinlich ist, dass der Fehler in der > Gruppe gefunden wird, bevor das Teil zum Kunden geht. Teile es wieder > von 1(hoch) bis 10. Mach das Pro Gruppe. Ich kenne das anders: 1 gibt es wenn das Gerät/System den Fehler selbst findet und geeignete Ersatzmaßnahmen (Notbetrieb + Fehlerlampe) automatisch während des Betriebs zweifelsfrei feststellt. 10 gibt es wenn der Bediener notwendig ist um einen Fehler festzustellen. Die Werte dazwischen gibt es wenn die Fehler nur in bestimmten Betriebszuständen (POST) feststellbar sind. Lukas R. schrieb: > Dann überlegst du dir, was alles schiefgehn kann, und bewertest den > Schaden, der dadurch entsteht pro Gruppe.(wieder Tabelle von eins bis > 10. z.B 10 ist.wenn der Lipo exodiert und jemanden killt.) Mach das pro > Gruppe,pro Fehler. Gibt noch andere Kriterien in manchen Firmen wie z.B. wie stark kann die Umwelt gefährdet werden (z.B. bei Ölverlust) oder wie stark wird das Firmenimage negativ durch so einen Fehler beeinflußt. Fazit: für die erste FMEA wirst Du wahrscheinlich einen erfahrenen Moderator (möglichst mit Erfahrung aus Deinem Produktumfeld) brauchen. Es gibt Firmen die so was anbieten. Gruß Anja
Phil schrieb: > P.S. Wo sind die Automobiler, Mediziner, und Luft- und Raumfahrer?! :-) Ach so noch was: Dort werden häufig standardisierte Baugruppen (Baukastensystem) verwendet mit bekannten Ausfallraten. Die FMEA fällt dann nur noch bei neuen Baugruppen an. Gruß Anja
@Phil Wenn es um Sicherheitsbauteile geht hilft vielleicht ein Blick in die DIN EN ISO 13849-2 weiter. Dort werden in den Anhängen u.a. für elektrische Bauteile Ausfallarten definiert. Für passive Kurzschluss und Unterbrechung, für aktive zusätzlich noch Drift. Bei einer 100%-FMEA würdest Du jetzt jedes relevante Bauteil der zu realisierenden 'Sicherheitsfunktion' hinsichtlich dieser zwei/drei Ausfallarten hin untersuchen unter der Annahme dass alle anderen Bauteile 'in Ordung' sind. Arbeitet Deine Schaltung noch ordungsgemäss wenn dieses eine betrachtete Bauelement in einer der zwei/drei Arten ausfällt und wenn nein, ist der Ausfall 'gefährlich oder ungefährlich'? So betrachtest Du jedoch nur EINZELfehler in Deiner Schaltung. Ergänzend sieht der Teil 1 der o.g. Norm deshalb noch eine KOMBINATIONSfehleranalyse (z.B. FTA, failure tree analysis) vor. Ausgangspunkt wäre dann das Eintreten des 'unerwünschten Ereignisses' z.B. das Geschlossenseins eines Relaissicherheitskreises OHNE (gewollte) Ansteuerung (Anforderung der Sicherheitsfunktion). Hier 'hangelt' man sich vom verursachenden Bauelement, z.B. Ausgangskontakten des Sicherheitsrelais in die ansteuernde Schaltung rückwärts hinein und sucht die mind. zwei Fehlerursachen (defekte Bauelemente, s.o. Fehlerart) die das verursachen. Schau einfach mal nach den o.g. Stichworten, dann solltest Du weiterkommen. Grüsse
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