Forum: Ausbildung, Studium & Beruf ET-Studium Arbeitsmarkt Wohin?


von Paul (Gast)


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Hallo,
ich studiere derzeit in Berlin Elektrotechnik B.Eng. im 4. Semester. 
Hier musste wir uns nun entscheiden zwischen der "Spezialisierung" 
Automatisierte Antriebssysteme oder Energietechnik. Ich habe mich für 
Automatisierte Antriebssysteme entschieden.
Das 6. Semester ist ein Praxissemester, wo wir (die Studenten) für ein 
halbes Jahr in das Arbeitsleben geschickt werden.

Im Moment weiß ich leider noch nicht so richtig, wo es später (nach dem 
Studium) hingehen soll, doch ich denke so langsam wird es Zeit sich 
darüber ernsthaft Gedanken zu machen.
Mich interessiert schon sehr die Mikrocontroller-Programmierung oder 
generell Elektronik. Diese Themen werden in meinem Studium jedoch fast 
nicht behandelt (es gab aber auch Vorlesungen zu Digitaltechnik und 
Elektronik). Hobbytechnisch stehe ich auch noch sehr weit am Anfang der 
ganzen Sache (lerne hier im Moment Assembler für AVR's).
Irgendwie habe ich im Moment so bedenken, was später meine Aufgaben 
werden könnten und denke manchmal, dass ich vielleicht speziell jetzt 
Programmierung von AVR's/Digitaltechnik  zu spät angefangen habe? Ich 
bin jetzt 21 Jahre alt, aber bis man wirklich behaupten kann, man 
beherrscht dieses Gebiet werden sicherlich noch einige Jahre vergehen. 
Mein Studium wird bis zum Bachelor Abschluss vorraussichtlich noch 1,5 
Jahre dauern. Ich denke aber, dass ich danach vielleicht noch garnicht 
"fit genug" bin um in diese Branche einzusteigen, bzw. habe ich auch ein 
wenig Angst davor, dann zu versagen.
Das Problem ist auch, dass ich mir im Moment noch schwer vorstellen 
kann, wie das in Firmen dann abläuft, wenn man "frisch" eingestellt 
wird.
Wird man ins kalte Wasser geworfen und es heißt "Sie haben 2 Wochen 
Zeit, dann brauchen wir eine funktionsfähige, programmierte Schaltung 
für den Kunden mit Mikrocontroller 'XYZ'". Oder ist es so, dass Firmen 
jemanden Unterstützen und man erstmal kennenlernt, wie dort 
programmiert/entwickelt wird?
Wenn ich also fertig bin mit dem B.Eng. bin ich 23 Jahre alt. Sicherlich 
gibt es hier (bestimmt auch im Forum) einige die mit 17-20 schon 
deutlich fitter sind als ich, nach meinem Studium.

Vielleicht können mir die "älteren" oder aber auch Leute, die ähnliches 
gerade durch haben (vom Studium in den Beruf) einige Sachen dazu 
erläutern.

Vielen Dank!

von Wilhelm F. (Gast)


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Paul schrieb:

> Vielleicht können mir die "älteren" oder aber auch Leute, die ähnliches
> gerade durch haben (vom Studium in den Beruf) einige Sachen dazu
> erläutern.

Ich erlebte einen Praktikanten in einer früheren Firma.

Er bekam eine knifflige Teilaufgabe aus Forschung/Entwicklung, wobei es 
um eine Verbesserung bzw. Weiterentwicklung bisheriger Technik ging. Das 
Ergebnis sollte später vom regulären Team in die Entwicklungen mit 
eingepflegt werden. Die Aufgabe war in sich abgeschlossen, und es war 
auch eine reguläre Praktikumsdauer von 6 Monaten für die Aufgabe 
vorgesehen. Es hatte damit ein wenig Ähnlichkeit mit einer Diplomarbeit, 
oder größeren Hausarbeit.

Aber, da war nichts mit direkter Einspannung in Kundenprojekte, und erst 
recht nichts mit Termindruck. Das fand ich soweit für den Praktikanten 
fair und OK. Und immerhin konnte er ja auch entscheiden, ob er die 
Aufgabe annimmt, oder nicht.

Den Mikrocontroller, auch wenn der im Studium viel zu kurz kam, kannst 
du dir immer noch aneignen. Ich hatte bereits vor dem Studium Kenntnisse 
des 8051 mit Assemblerprogrammierung, und C lernte ich erst im 
Berufseinstieg. Und dann bald auch leistungsfähigere µC-Typen.

von wonderfulworld (Gast)


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Paul schrieb:
> Wenn ich also fertig bin mit dem B.Eng. bin ich 23 Jahre alt. Sicherlich
> gibt es hier (bestimmt auch im Forum) einige die mit 17-20 schon
> deutlich fitter sind als ich, nach meinem Studium.

Ja und auch ein Haufen die es nicht waren/sind. :-)

Du brauchst dir da wirklich nicht den Kopf machen. Ich bin jetzt ca. 1,5 
Jahre fertig mit meinem Studium und als ich in die Firma gekommen bin 
fühlt ich mich als der absolute Anfänger der nichts kann (und so war es 
ja auch). Wurde aber sehr gut von meinen Kollegen/Chef unterstützt. Im 
allgemeinen rechnet man bei uns in der Firma von einer Einarbeitungszeit 
von 1 - 2 Jahren. Und dann geht man davon aus, dass einer nochmal so 1-3 
Jahre braucht um gut zu werden. Wobei da das dann wirklich stark von der 
Begabung und Leistungsbereitschaft der jeweiligen Person abhängt.
Also da brauchst du dir wirklich keinen Kopf machen. Das was du jetzt im 
Hobbybereich so nebenbei machst, ist später vielleicht dein Job (was 
aber eher unwahrscheinlich ist). Das heißt: Jetzt machst du das 
vielleicht 20 Stunden in der Woche. Später 50 und du hast Kollegen (so 
ist das wenigstens bei mir) die sich richtig gut auskennen und die sich 
auch gerne die Zeit nehmen dir mal was zu erklären. Das heißt du lernst 
viel intensiver und schneller, als jetzt im Hobbybereich. Außerdem hast 
du durch dein Studium gelernt dich schnell in ein komplexes Gebiet 
einzuarbeiten.

Dann kommt noch hinzu, dass es dich in 1,5 Jahren vielleicht wo 
hinverschlägt, wo du bis dahin noch überhaupt gar keine Ahnung von hast. 
Automatisierungstechnik ist so ein großer Bereich, dass man als Hobby 
garnicht alles machen kann, was möglich ist (Auch das Studium deckt nur 
einen kleinen Bereich von dem ab, was möglich ist). Vieles geht auch 
finanziell für eine Privatperson auch gar nicht. Obwohl es natürlich 
nicht schlecht ist wenn man schon das ein oder andere gemacht hat. 
Meistens kann man dann wenigstens Teile von seinem Wissen auch in einem 
ganz anderen Gebiet wiederverwenden.

Und was Praktikas angeht. Ich wurde während meinen 
Praktikas/Diplomarbeit immer äußerst anständig behandelt So ein 
Praktikum/Bachelor Thesis/Diplomarbeit ist für viele Firmen auch eine 
Chance neue gute Mitarbeiter anzuwerben. Von einem Praktikanten würde 
ich erwarten, dass er fähig ist sich ein im unbekanntes Gebiet 
selbständig einzuarbeiten (natürlich auch mit Hilfe der Firmeninternen 
Resourcen wie Schulungsmaterialen, evtl. Schulungen, kompetente 
Mitarbeiter etc.) und dann mit diesem Wissen auch eine Aufgabe löst. Was 
gar nicht geht, sind aussagen wie. "So was hab ich noch nie gemacht", 
oder "Das hatten wir aber nicht im Studium und deshalb kann ich das auch 
nicht!" Meine Erfahrung ist eher die, dass wenn man sich reinhängt, kann 
man viel mehr leisten als man sich vorher zugetraut hat.
Ich wünsch dir jedenfalls viel Spaß in deinen Praxisphasen. Gute Firmen 
die dir auch tolle Themen zur Auswahl stellen und natürlich dein auch 
einen guten Einstieg in die Arbeitswelt.

wonderfulworld

von Zonk-8000 (Gast)


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Ich kannte VIELE  >25 jährige die E-Technik studierten und bis auf die 
Pflichtsachen nie was mit Mikrocontrollern gemacht haben. Auch sonst nie 
nen Lötkolben in der Hand gehabt.  Aber Matlab konnten die dafür im 
Schlaf...

von Wilhelm F. (Gast)


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Zonk-8000 schrieb:

> Aber Matlab konnten die dafür im
> Schlaf...

Matlab könnte ich auch noch mal gebrauchen.

Ich bereue es aber nicht, wenn ich auch "ohne" mal sterbe. Es steht auf 
meinem Grabstein dann eben nicht: Matlab-Spezialist.

Der Fachkräftebereich besteht aus tausenden verschiedener 
Qualifikationen, nicht nur einer.

Auch kenne ich Spezialisten aus meinem Studium, die heute Magneten für 
High-Tech-Motoren entwickeln, von Elektronik, Transistoren, Halbleitern, 
µC, überhaupt keine Ahnung haben. Die Welt ist vielfältig.

von Peee. T. (da-phil)


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Selbst wenn es Leute gibt, die mit 17-20 fitter in 
µControllerprogrammierung oder Programmierung sonstiger Logikschaltungen 
waren, ist es nicht zu spät. Wenn es dich interessiert und du dafür ein 
Händchen hast, ist es genau der richtige Zeitpunkt die Sache zu 
vertiefen. Ich habe das auch erst im dritten Semester entdeckt und 
konnte bei der Bachelorarbeit in meinem Praktikumsbetrieb einen sehr 
guten Eindruck hinterlassen. Falls man es nicht alleine hinbekommt, wird 
einem in einem guten Unternehmen auch sehr viel geholfen. Ich hatte z. 
B. starke Probleme mit Analogschaltungen und konnte da sehr viel lernen 
und verstehen, womit ich im Studium gar nicht klar kam.

von Michael S. (technicans)


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> meinem Grabstein dann eben nicht: Matlab-Spezialist.

Ne, Hartz4-Spezialist
(Entschuldige, aber das konnte ich mir nicht verkneifen)

von Mine Fields (Gast)


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> Matlab könnte ich auch noch mal gebrauchen.
>
> Ich bereue es aber nicht, wenn ich auch "ohne" mal sterbe. Es steht auf
> meinem Grabstein dann eben nicht: Matlab-Spezialist.
>
> Der Fachkräftebereich besteht aus tausenden verschiedener
> Qualifikationen, nicht nur einer.

Man muss ja nicht gleich Spezialist werden. Grundkenntnisse hat aber 
heutzutage fast jeder Elektrotechnikstudent und es wird im Arbeitsleben 
halt doch häufiger vorausgesetzt.

@Threadersteller Paul: Reine Mikrocontrollerprogrammierung auf einem 
8-Bitter (wie der AVR) ist keine herausragende Qualifikation mehr. Das 
macht ein Hardware- oder Softwareentwickler meistens eher noch nebenbei 
mit. Interessant wird reine Mikrocontrollerprogrammierung erst auf 
größeren Systemen. Zusätzliches Spezialwissen kann dazu auch nicht 
schaden - wenn du schon Antriebstechnik studierst ist das natürlich ein 
spannender und auch gefragter Bereich.

Außerdem: Assembler ist zwar sicherlich interessant und hilfreich um 
Mikroprozessorsysteme zu verstehen, aber später wird es dir nicht mehr 
viel bringen. Du solltest schon irgendwann den Sprung auf C schaffen.

Paul schrieb:
> Wird man ins kalte Wasser geworfen und es heißt "Sie haben 2 Wochen
> Zeit, dann brauchen wir eine funktionsfähige, programmierte Schaltung
> für den Kunden mit Mikrocontroller 'XYZ'". Oder ist es so, dass Firmen
> jemanden Unterstützen und man erstmal kennenlernt, wie dort
> programmiert/entwickelt wird?

Beides kann dir passieren. Dafür gibt es aber ja die Praxissemester. 
Dort wird erst einmal in der Regel nicht viel von dir erwartet; du 
bekommst die Zeit dich einzuarbeiten. Mit der Bachelorthesis kannst du 
dann deine Praxistauglichkeit noch weiter ausbauen. Deshalb wäre es für 
dich wichtig, bei der Wahl der Praktikumsstelle und der Bachelorthesis 
die richtigen Weichen zu stellen. Man kann natürlich danach immer noch 
sein Arbeitsgebiet wechseln, aber die Einarbeitung wird schwerer.

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