Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Sinusgenerator aus "Elektronik gar nicht schwer" funktioniert nicht


von Thilo G. (thilo11)



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Hi,

ich habe gerade versucht den Sinusgenerator aus dem 2. Buch der 
"Elektronik gar nicht schwer" Reihe nachzubauen. Den Schaltplan habe ich 
angehängt, wobei der Widerstand R7 eigentlich ein 100Ohm Poti und kein 
fester Widerstand ist.

Nachdem ich bei meinem Versuchsaufbau auf dem Steckbrett gar nichts am 
Ausgang sehen konnte, habe ich die Schaltung in LTSpice nachgebaut 
(siehe Anhang) und dort einmal geschaut was am Ausgang so raukommt und 
siehe da man erhält auch in LTSpice keine Sinuswelle (siehe drittes 
Bild).

Der Widerstand R7 soll übrigens zur Einstellung der Stärke des 
Ausgangssignals sein und wenn ich den z.B. auf 50Ohm setze dann ändert 
sich am Ergebnis der Simulation nichts. Aber setze ich den Widerstand 
auf 10Ohm und stelle die Simulationsdauer auf 1Sekunde so erhält man die 
Ausgabe des zweiten Bilds und wenn man in den rechten Teil des Signals 
reinzoomt so ist eine Sinusschwingung zu erkennen (siehe Bild 4). Ändere 
ich die Zeit oder den Widerstand verschwindet die Sinusschwingung wieder 
und man hat z.B. sowas wie in Bild 5 (10Ohm mit 2Sekunden) oder sowie 
wie in Bild 6 (20Ohm mit 1Sekunde).

Jetzt stellen sich mir natürlich zwei Fragen: funktioniert der 
Sinusgenerator aus dem ersten Bild überhaupt? Und was mache ich in 
LTSpice falsch? Kann doch nicht sein, dass die Simulation so 
unterschiedliche Ergebnisse anzeigt.



Vielen Dank und Grüße

Thilo


P.S. Der Sinusgenerator soll laut Buch ein 1KHz Sinussignal erzeugen.

von MaWin (Gast)


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> funktioniert der Sinusgenerator aus dem ersten Bild überhaupt?

Im Prinzip:

Nein.

Wenn LTSpice mit optimalen Bauteilwerten rechnen würde,
würde er nicht funktionieren, nie anschwingen.

Denn er schwingt nur an, wenn er durch Rauschen angestossen wird.

Du kannst also von Glück sagen, daß er in sinegen-output-2.gif
nach 0.3 Sekunden zu Potte kam, denn LTSpice simuliert sogar ein bischen 
rein zufälliges Rauschen für nicht-perfekte Bauteile.

Natürlich hängt sein Anschwingverhalten und die Amplitude von den 
Bauteilwerten ab, mit den falschen Werten wird er nie schwingen.

Inder Praxis (Bauteilschwankungen) schwingt er zwar besser an als in der 
reinen Theorie (schliesslich streuen 50Hz Netz, Mittelwelle und 
Handynetze ein), aber dafür sind in der Praxis Bauteilschwankungen 
realer Bauteile möglich, so daß die Schaltung ggf. nicht funktioniert - 
obwohl die mit denselben aufgedruckten Werten auf anderen Bauteilen bei 
jemand anderen funktioniert hat.

Daher ist dieser Phasenschieber-Sinusoszillatopr in der Praxis 
unbrauchbar, du findest ihn in kaum einem kommerziellen Gerät, zu 
zufällig ist seine Funktion, zu viel Ausschuss würde man produzieren.

Allerdings: Die 3 Kondensatoren hintereinander bilden einen 
Philbrick-Phasenschieber der tatsächlich MEHR Spannung am Ausgang 
produziert, als reingesteckt wurde, und das alles nur mit passiven 
Bauteilen. Insofern hat die Schaltung ihren theoretischen Reiz.

Zumal analoge Sinussignalerzeugung, egal wie, immer ein Problem ist: Die 
Schaltung darf das Signal nicht verstärken (sonst würde die Amplitude 
immer grösser, wird irgendwann zu gross überschreitet die 
Versorgungsspannung und wird geclippt) und nicht abschwächen (sonst wird 
die Amplitude immer kleiner, bricht die Schwingung zusammen) aber sie 
muß zum anschwingen sehr wohl verstärken. Regelt man jedoch die 
Amplitude, fängt man sich Verzerrungen ein. Eigentlich lassen sich die 
Bedingungen nicht kombinieren, man verstärkt unlinear und akzeptiert den 
Klirrfaktor.

Daher sollte man heute immer DDS zur Sinussignalerzeugung nehmen.

von Ina (Gast)


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>Jetzt stellen sich mir natürlich zwei Fragen: funktioniert der
>Sinusgenerator aus dem ersten Bild überhaupt?

Theoretisch ja, praktisch selten. Phasenschieber-Oszillatoren gelten als 
kritisch, vor allem die mit einem einzelnen Transistor. Und schon 
garnicht kommt da automatisch ein reiner Sinus heraus...

Bau einen Wien-Robinson-Oszillator nach, am besten mit 
FET-Amplitudenstabilisierung. Dann hast du was Gescheites.

>P.S. Der Sinusgenerator soll laut Buch ein 1KHz Sinussignal erzeugen.

Tja, die guten Elektroniker entwickeln für die Inustrie, die schlechten 
schreiben Bücher...

von Ingolf O. (headshotzombie)


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von HildeK (Gast)


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Thilo G. schrieb:
> Der Widerstand R7 soll übrigens zur Einstellung der Stärke des
> Ausgangssignals sein

Er stellt die Verstärkung der Transistorstufe ein. Ist er zu groß, wird 
die Schaltung nicht anschwingen, ist er zu klein, wird der Sinus 
verzerrt.

> funktioniert der
> Sinusgenerator aus dem ersten Bild überhaupt?

Im Prinzip ja. Mit den RC-Gliedern wird das Ausgangssignal wieder auf 
den Eingang gekoppelt und bei einer Frequenz passt dann die 
Phasendrehung, so dass die Anordnung schwingt.

> Und was mache ich in
> LTSpice falsch?
Naja, meist ist das Hauptproblem, dass man die Arbeitspunktberechung vor 
der Simulation ausschalten muss (skip initial operation point solution) 
oder auch: start external DC supply at 0V.
Dieser Generator benötigt eine Störung, damit die Schwingung angeregt 
wird.

Außerdem solltest du einen bestimmten Transistor auswählen, z.B. den 
BC547C.

von Thilo G. (thilo11)


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Schade, aber wenigstens habe ich was über Simulationen mit Spice gelernt 
:-)
Die Tipps zur Simulation werde ich Morgen mal testen, jetzt leg ich mich 
erstmal schlafen.

Ina schrieb:
>>Jetzt stellen sich mir natürlich zwei Fragen: funktioniert der
>>Sinusgenerator aus dem ersten Bild überhaupt?
>
> Theoretisch ja, praktisch selten. Phasenschieber-Oszillatoren gelten als
> kritisch, vor allem die mit einem einzelnen Transistor. Und schon
> garnicht kommt da automatisch ein reiner Sinus heraus...
>
> Bau einen Wien-Robinson-Oszillator nach, am besten mit
> FET-Amplitudenstabilisierung. Dann hast du was Gescheites.
>
Muss man da unbedingt eine Glühlampe zur Stabilisierung verwenden, oder 
geht auch ein echter PTC Widerstand, wenn man gerade einen da hat?



Danke & Gute Nacht

Thilo

von Ina (Gast)


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>Muss man da unbedingt eine Glühlampe zur Stabilisierung verwenden, oder
>geht auch ein echter PTC Widerstand, wenn man gerade einen da hat?

Klar. Probiers aus. Der PTC muß nur genügend träge sein, damit er nicht 
schon während der Schwingungsperiode zurückregelt und den Klirrfaktor in 
die Höhe treibt. Meines Wissens wird das mit der Glühlampe nur bei nicht 
allzu niedrigen Frequenzen gemacht, also so rund 1kHz, beispielsweise 
als Prüfoszillator in einem Mischpult. Größter Nachteil ist der recht 
hohe Stromverbrauch eines solchen Oszillators.

Die FET-Amplitudenstabilisierung ist mein Favorit:

Beitrag "Re: Wien Robinson Oszilator"

von Thilo G. (thilo11)


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Danke nochmal, die Simulation läuft jetzt mit euren Tipps 
(Spannungsquelle bei 0V starten und einen Transistor auswählen, z.B. 
BC547B).



Grüße Thilo

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