Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Eure Erfahrungen mit Agilent hand-Multimetern


von Johannes E. (cpt_nemo)


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Hallo,

ich habe mir ein U1241B bestellt und heute erhalten. Das 
Preis/Leistungsverhältnis erschien mir ziemlich gut bei diesem Gerät, es 
bietet eine relativ hohe Genauigkeit und viele Funktionen zum 
Netto-Preis von ca. 180 Euro. Und da Agilent ein renomierter Hersteller 
ist, habe ich eine ordentliche Qualität erwartet.

Direkt beim ersten mal einschalten hatte ich dann gleich ein Problem, 
dass im Spannungsbereich eine ziemlich hohe Spannung angezeigt wurde, 
obwohl noch gar nichts angeschlossen war.

Der Fehler sieht ganz ähnlich aus wie dieser hier (dort geht es um ein 
wesentlich teureres U1272A):
http://www.eevblog.com/2011/05/19/eevblog-170-agilent-u1272a-multimeter-fail/

Im Ohm-Messbereich war es sogar noch schlimmer.

Durch Druck auf den Drehwahlschalter geht der Fehler relativ zuverlässig 
weg, es ist also nicht die gleiche Ursache wie im EEV-Blog, dort war 
anscheind ein Firmware-Fehler die Ursache.

Mir ist weiterhin aufgefallen, dass der Drehwahlschalter ziemlich 
wackelig ist und beim Drehen ein schabendes und quietschendes Geräusch 
macht.

Ich werde das Gerät jetzt zurückschicken und hoffen, dass das 
Ersatzgerät besser funktioniert. Allerdings habe ich den Eindruck, dass 
dieser Drehschalter ziemlich billig gemacht ist und nicht auf eine hohe 
Lebensdauer optimiert ist.

Ich befürchte jetzt, dass dieses Problem bei dem neuen Gerät nach einer 
bestimmten Benutzungsdauer auch wieder auftritt. Eigentlich hatte ich 
mir aber gerade deshalb ein Marken-Gerät bestellt, weil bei den billigen 
China-Geräten die Drehschalter so schlecht sind.

Deshalb möchte ich fragen, ob hier auch jemand ein Multimeter aus dieser 
Serie hat und wie eure Erfahrungen damit sind. Muss man wirklich ein 
Gerät von Fluke oder Gossen für > 400,- Euro kaufen, damit man eine 
ordentliche Qualität bekommt?

Agilent bietet gerade einige Geräteserien zu ziemlich günstigen Preisen 
an im Vergleich zu anderen Marken-Herstellern; z.B. die DSOs der Serie 
DSOX2000. Wie ist denn hier die Qualität der Bedienelemente (Taster, 
Drehschalter, ...).

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Nachdem sich niemand gemeldet hat, der auch so ein Multimeter hat, 
vermute ich, dass diese Geräte noch nicht so sehr verbreitet sind.

Deshalb werde hier kurz meine Erfahrungen zu diesem Gerät schreiben. 
Vielleicht ist das interessant für alle, die evtl. vorhaben, sich so ein 
Gerät zu kaufen. Mein Gerät ist ein Agilent U1241B, vermutlich ist das 
U1242B ganz ähnlich.

Ich habe mittlerweile das Austauschgerät getestet, hier funktioniert der 
Drehwahlschalter. Er fühlt sich aber nicht wirklich gut an und es ist 
mir jetzt schon ein paar mal passiert, dass ich den Schalter 
versehentlich zwischen zwei Rastpositionen eingestellt habe. Davon bin 
ich wirklich etwas entäuscht.

Irgnedwie habe ich den Eindruck, dass diese Geräte noch nicht so ganz 
ausgereift sind. Das betrifft sowohl das Gehäuse bzw. die Mechanik als 
auch die Elektronik.

Der Standfuß auf der Rückseite rastet mit zwei kleinen Plastiknasen ein, 
wenn man ihn ganz an das Gehäuse drückt. Das funktioniert aber nur, wenn 
keine Batterien im Batteriefach sind. Mit eingelegten Batterien wölbt 
sich der Batteriefachdeckel etwas nach außen und der Standfuß rastet 
nicht mehr richtig.

Dann hat das Gehäuse eine einigermaßen rutschfeste Gummierung, wenn man 
allerdings den Standfuß ausklappt und das Gerät aufstellt, dann rutscht 
der Standfuß, der hat nämlich keine Gummierung. Wenn das Multimeter mit 
eingeklapptem Standfuß auf dem Tisch liegt, dann ist der Standfuß so 
dick, dass die Gummierung des Multimeters nicht den Tisch berührt und 
dadurch rutscht es auch wieder.

Dann wollte ich heute den Ableitstrom bei einem Gerät damit messen; das 
Gerät war ausgeschaltet, es dürften also keine großen Störungen 
vorhanden gewesen sein. Dabei wackelte die Anzeige im 10 mA 
AC-Strommessbereich zwischen 2 und 5 mA. Mit einem Metrahit 24S wurde 
bei gleichem Messaufbau ein stabiler Wert von 1,02 mA angezeigt.

Ich hab dann die Messung mit einem 1kOhm - Shuntwiderstand gemacht und 
den Spannungsabfall am Shunt mit dem Agilent-Multimeter gemessen, das 
hat problemlos funktioniert und es wurden ca. 1,05 V angezeigt.

Weiterhin ist mir noch aufgefallen, dass die Widerstandsmessung bei sehr 
hochohmigen Widerständen (z.B. 10 Meg-Ohm) nicht wirklich zu gebrauchen 
ist; sobald man eine Hand in die Nähe des Multimeters bringt oder das 
Multimeter berührt, schwankt der Messwert um bis zu +/- 1 Meg-Ohm.


Das Gerät hat aber auch positive Eigenschaften:

Das Multimeter wird vom Werk aus mit einem Kalibrationsprotokoll 
ausgeliefert. Im Vergleich mit einem kalibrierten 34401A ist es wirklich 
sehr genau.
Und dann kann man das Gerät relativ einfach selber kalibrieren; die 
komplette Kalibration kann über das Geräte-Menü gemacht werden und es 
ist im Handbuch sehr detailiert beschrieben. Das habe ich bisher noch 
bei keinem anderen Hand-Multimeter gesehen.

Weiterhin hat es einen ziemlich schnellen A/D-Wandler; bei Spannungs- 
und Strommessung ist die Messrate 7 Messungen/s, Bei Widerstand sogar 14 
Messungen/s.

Ansonsten verhält sich das Gerät so wie man es von einem Multimeter 
erwartet; ich bin eigentlich ganz zufrieden. Allerdings hätte ich von 
Agilent einfach etwas mehr erwartet, vor allem was das Gehäuse betrifft.

Aber mit 180,- Euro ist es auch wesentlich günstiger als z.B. ein Fluke 
87 oder Gossen Metrahit; das darf man auch nicht direkt miteinander 
vergleichen.

von Johann (Gast)


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Hallo Johannes,

ich habe seit ein paar Tagen das U1241B. Deine Erfahrungen kann ich 
soweit bestätigen. Auch bei mir ist der Drehschalter ein wenig schwammig 
und die Stütze ist bei mir verbogen, so daß das Gerät nicht sauber auf 
dem Tisch liegt. Etwas verblüfft war ich, als ich gemerkt habe, daß man 
mit automatischer Meßbereichswahl keine AC messen kann, der eine 
Gleichspannung überlagert ist - ist so etwas normal?

Ein Punkt, der mir noch aufgefallen ist: manchmal scheint das Gerät beim 
Umschalten des Meßbereiches abzustürzen.

von MirkoB (Gast)


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Hallo!

Ich habe zwei U1241B zum testen hier. Geht mir auch um den direkten 
Vergleich zum Fluke 87...
Die etwas "billigere" Verarbeitung ist mir auch schon aufgefallen. Das 
Fluke greift sich im direkten Vergleich etwas "wertiger" an. (Wie oben 
geschrieben ist der Drehschalter sehr ungenau). An einem hat bereits 
eine Buchse einen Wackelkontakt.

Beim messen von verrauschten Gleichspannungen/-strömen springt die 
Anzeige. Das Fluke "steht" besser. (Besserer Tiefpass?)

Vom Kalibrierprotokoll war ich auch überrascht: In der Preisklasse war 
mir das neu.

Ich habe bei den Dingern ein gemischtes Gefühl: Teilweise sind bei uns 
noch Fluke 85 im (rauen) Einsatz. Ob da ein Agilent (trotz des halben 
Preises) mithalten kann, ist fraglich... (Verarbeitung!)

Mirko

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Johann schrieb:
> Etwas verblüfft war ich, als ich gemerkt habe, daß man
> mit automatischer Meßbereichswahl keine AC messen kann, der eine
> Gleichspannung überlagert ist - ist so etwas normal?

Ja, das ist mir auch schon aufgefallen, hatte ich schon wieder 
vergessen; aber "normal" ist das eigentlich nicht. Es hängt irgendwie 
damit zusammen, dass bei AC-Messung ein Koppelkondensator drin ist, der 
den DC-Anteil rausfiltert. Dieser Kondensator ist hinter dem 
Spannungsteiler.

Bei Messbereichsumschaltung wird dieser Kondensator auf eine andere 
Spannung umgeladen, dadurch sieht der A/D-Wandler ein relativ großes 
"AC"-Signal und das Gerät schaltet auf den nächst größeren Messbereich. 
Wenn der Kondensator eingeschwungen ist, bekommt der A/D-Wandler wieder 
ein kleines Signal und er schaltet wieder auf einen kleineren 
Messbereich, wodurch der Kondensator wieder umgeladen werden muss. 
Dagegen hilft anscheinend nur die manuelle Bereichswahl.

MirkoB schrieb:
> Ich habe bei den Dingern ein gemischtes Gefühl: Teilweise sind bei uns
> noch Fluke 85 im (rauen) Einsatz. Ob da ein Agilent (trotz des halben
> Preises) mithalten kann, ist fraglich... (Verarbeitung!)

Ich denke nicht, dass die Agilent-Geräte für den "rauen" Einsatz gemacht 
sind, eher fürs Labor.

von Stefan W. (Gast)


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Wir haben bei uns seit 2 Jahren 18 Geräte (U1242B) im Labor im Einsatz. 
Ich kann nur die Erfahrungen bestätigen. Wir haben von den 18 Geräten 
bereits 3 Geräte mit defekten (Wackelkontakt) am Drehschalter 
eingeschickt und repariert bekommen ...
Das ist ziemlich ärgerlichen wenn die Geräte in der Kalibrierüberwachung 
sind und man die neue Seriennummer der Tauschgeräte ändern muss.
Schade ansich sehr gute Geräte ... Fluke-Geräte hatten bei uns seit 10 
Jahren noch nie einen Defekt ...

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