Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu Differenz-Eingangsstufe


von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Hallo,

Angehängt eine Differenzeingangsstufe. Es handelt sich dabei nicht um 
eine Eigenentwicklung. Die Schaltung stammt so aus dem Buch von Douglas 
Self "Power Amplifier Design Handbook" auf Seite 319.

Naja...auf jeden Fall, wollte ich diese Schaltung also mal in LT-Spice 
zusammenklicken. Zur Simulation speise ich über C4 einen 10mV 1kHz Sinus 
in das ding ein. Der invertierende Eingang an Q7 liegt dabei zunächst 
auf Masse. Das Ausgangssignal greife ich an C5 (out2) ab.

Zu meiner Überraschung musste ich dann aber feststellen, dass das Signal 
an out2 nur noch eine Amplitude von ca. 3mV hat. Hä was ist denn hier 
los. Soll der Diffamp nicht verstärken?

Würde mich über erklärende Worte von euch freuen.

Gruß

von Helmut S. (helmuts)


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Da ist doch garantiert Q9 voll in Sättigung(durchgesteuert). Du musst 
durch Gegenkopplung vom Verstärkerausgang auf den Eingang(Basis Q7) 
dafür sorgen, dass sich ein brauchbarer Arbeitspunkt(genügen Uce für Q9) 
einstellt.

von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Hmmm...danke, aber kann damit jetzt erstmal nichst anfangen. Grund:
Bei integrierten OpAmps ist es ja auch durchaus üblich den 
nichtinvertierenden Eingang auf Masse zu legen. Ich korrigiere mein 
ersten Post: An der Basis von Q7 is der nichtinvertierende Eingang.

von ArnoR (Gast)


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> Hmmm...danke, aber kann damit jetzt erstmal nichst anfangen. Grund:

Helmut hat den Grund doch schon genannt: Durch R17 liegt die Basis von 
Q6 höher als die von Q7, daher fließt durch Q7 ein größerer Strom als 
durch Q6. Dieser Strom wird durch Q10 und Q9 gespiegelt und daher ist 
der Strom durch Q9 deutlich größer als der durch Q6. Deshalb ist Q9 
gesättigt und die Schaltung kann nicht arbeiten.

von Christian L. (cyan)


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Markus M. schrieb:
> Bei integrierten OpAmps ist es ja auch durchaus üblich den
> nichtinvertierenden Eingang auf Masse zu legen.

Bei einem invertierenden Verstärker ist das richtig. Aber bedenke auch, 
dass dort auch eine Rückkopplung besteht, die am invertierenden Eingang 
die Spannung wieder auf nahezu 0V zurückführt. Erst dadurch wird die 
Differenzeingangsstufe in ihren, für einen invertierenden Verstärker, 
normalen Arbeitspunkt betrieben.

LG Christian

von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Ok, ich danke euch für die Antworten. Nach etwas Nachdenken und 
Simulieren, konnte ich dann auch eure Antworten nachvollziehen.

Aber nun mal was ganz praktisches: Wie geht man dann bei der 
Dimensionierung/Simulation der Diff-Stufe vor, wenn man eigentlich 
zuerst den gesamten Verstärker braucht, um dann die Diff-Stufe richtig 
simulieren/testen zu können? Wie macht ihr das?

von ArnoR (Gast)


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Für deine Schaltung hier geht es so: C4 und R17 raus und die 
Signalquelle direkt an die Basis von Q6. Damit ist der Offset weg. Dann 
R11 oder R12 ein wenig verändern, so daß sich am Kollektor von Q9 eine 
brauchbare Spannung einstellt. Jetzt kannst du die Eigenschaften des 
Diff anschauen.
Für den endgültigen Verstärker muss das aber keine brauchbare Aussage 
sein, denn durch folgende Stufen kann sich ein ganz anderes Verhalten 
ergeben.

von Jens G. (jensig)


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>Aber nun mal was ganz praktisches: Wie geht man dann bei der
>Dimensionierung/Simulation der Diff-Stufe vor, wenn man eigentlich
>zuerst den gesamten Verstärker braucht, um dann die Diff-Stufe richtig
>simulieren/testen zu können? Wie macht ihr das?

Bei dieser Stufe gibt's eigentlich gar nicht viel zu dimensionieren, 
wenn es erstmal nur um die grundsätzliche Funktione geht (die 
Arbeitspunkte also erstmal sinnvoll liegen).
Oben haste ja eine Konstantstromquelle (KSQ), die so um die 7mA liefert. 
Die teilen sich dann in beide Zweige weiter unten auf. Also links/rechts 
je 3,5mA). Damit ergeben sich über R11/12 rund 200mV Spannungsabfall 
(zum Ausgleich/Linearisierung unterschiedlicher Ube von Q9/10).
Q9/10 bilden einen Stromspiegel, bei dem sich an beiden Kollektoren 
theoretisch die gleiche Uce und Ice einstellt, also rund 0,7V (wegen 
kurzgeschlossenem C und B bei Q10). Theoretisch deswegen, weil 
(abgesehen von Bauteilestreuungen in der Praxis) der Q10 nicht die 
vollen 3,5mA als Ic sieht, sondern davon noch zweimal Ib abgezweigt 
wird. Q9 sieht also einen leicht höheren eingeprägten Ic, womit dessen 
Uce höher ausfallen wird (also nicht mehr ganz im Gleichgewicht).
Sinn des Stromspiegels ist es, am C von Q6 einen "unendlich" hohen 
Arbeitswiderstand zu haben, damit sehr große Verstärkung.
Man könnte theoretisch den Stromspiegel auch gegen einen normalen 
Arbeits-R (geringere Verstärkung) bzw. normale Konstantstromquelle 
links, und direkte Verbindung des C von Q7 gegen -Ub rechts ersetzen. Im 
Falle einer KSQ hätte man aber das Problem, diese auf genau den halben 
Strom der oberen KSQ einzustellen (wegen der Symmetrie), was praktisch 
unmöglich wäre. Deswegen ein Stromspiegel dort, der das zu fast 100% 
sicherstellt.

Letztendlich kann man sagen: der R13 zusammen mit D3+4  definiert den 
Strom durch beide Zweige. Die restlichen R's dienen nur der 
Linearisierung bzw. Kompensation der immer vorhandenen Toleranzen in der 
Praxis, verbunden mit einer damit einhergehenden Verringerung der 
inneren Verstärkung dieser Stufe.

Wie groß man nun die Zweigströme, R's, Spannungsverhältnisse in dieser 
Schaltung wählt, ist nicht so sehr eine Gleichspannungs/stromfrage, 
sondern eher eine Optimierungsfrage bezüglich Rauschen, Linearität, 
Aussteuerbarkeit, Frequenzgang, ...

von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Soooooooo guten Morgen alle zusammen.

Habe mich jetzt nochmal von vorne an einen DiffAmp gemacht, und versucht 
eute Ratschläge zu befolgen. Herausgekommen ist ein Amp in NPN 
Ausführung, mit Kaskode und Wilson Stromspiegel. Laut LT-Spice macht das 
Ding im Open-Loop im besten Fall knapp 100dB und hat eine GBP von fast 
90 MHz.

Für alle LT-Spice Besitzer habe ich die Schaltung mal in den Anhang 
gepackt. Außerdem ist die Schaltung auch noch mal als Bild angehängt.

Bitte schaut euch mal an was ich da gemacht habe. Geht das fürs erste so 
in Ordnung? Verbesserungsvorschläge?

Danke. Gruß

von ArnoR (Gast)


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> Geht das fürs erste so in Ordnung?

Die Frage ist doch was du damit machen willst. Die Schaltung kann 
leidlich brauchbar oder Mist sein.

> Verbesserungsvorschläge?

Die Kaskoden schränken den Gleichtaktaussteuerbereich des Diff nach oben 
stark ein.

Die Art Schaltungen zu zeichnen.

von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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ArnoR schrieb:
>> Geht das fürs erste so in Ordnung?
>
> Die Frage ist doch was du damit machen willst. Die Schaltung kann
> leidlich brauchbar oder Mist sein.

Ich will einfach mehr über Differenzverstärker lernen. Vielleicht dann 
auch mal auf einem Steckboard aufbauen.

>
>> Verbesserungsvorschläge?
>
> Die Kaskoden schränken den Gleichtaktaussteuerbereich des Diff nach oben
> stark ein.

Weil die beiden Kaskoden-Transistoren in der Realität nicht absolut 
identisch sind? Aber bügelt das nicht der Stromspiegel wieder aus?

> Die Art Schaltungen zu zeichnen.
Ich weiß...das sollte ich auch mal in Angriff nehmen :-)

von ArnoR (Gast)


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> Weil die beiden Kaskoden-Transistoren in der Realität nicht absolut
> identisch sind?

Nein, weil die Basisspannung der Kaskodetransitoren auf +1,4V festgelegt 
ist. Daher können die Kollektoren von Q1/2 nicht über +0,7V steigen.

von ulrich (Gast)


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Normal wird es auch nicht nötig sein, das die Spannung am Kollektor über 
0,7 V geht. Im Nullpunkt hat man etwa -0,7 V am Emitter. Der Strom ist 
so weit begrenzt, dass an den 100 Ohm Widerständen maximal 0,3 V 
Abfallen. Damit hat man noch mindestens 1 V für den Transistor. Das ist 
nicht viel, reicht aber.

von ArnoR (Gast)


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> Normal wird es auch nicht nötig sein, das die Spannung am Kollektor über
> 0,7 V geht. Damit hat man noch mindestens 1 V für den Transistor. Das ist
> nicht viel, reicht aber.

Aber doch nur für Eingangspotentiale unterhalb von ca. +1V. Damit kann 
man die Hälfte aller Anwendungen vergessen.

von ulrich (Gast)


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Bei einem Eingangspotential von über etwa 0,3 V ist man ohnehin schon in 
der Sättigung, zumindest solange der eine Eingang fest an GND ist.

Sonst müsste man die Spannung für die Kaskoden höher wählen (oder die 
beiden Transistoren ganz weglassen), halt abhängig davon wie es am 
Eingang und Ausgang aussieht.

von Jens G. (jensig)


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So eine Kaskodeschaltung ist zwar ganz gut für die HF-Eigenschaften, 
aber für den Gleichtaktbetrieb bzw. größere Austeuerbarkeit unbrauchbar 
(letzteres eher unwichtig, wenn das nur eine Eingangsstufe eines OPV 
darstellt).
Ansonsten: Stromspiegel sind schon eher  witzlos, wenn es auf die 
Gleichheit der Strömungsverhältnisse aller KSQ geht. Da sollten die 
involvierten Q's alle auf Gleichheit ausgemessen sein, was selten auf 
geringste Unterschiede machbar ist, damit sich ein Stromspiegel lohnt 
(Dualtransistoren würden sich hierfür anbieten).
Und die Wilson-Schaltung ist erst recht witzlos mit Einzeltransistoren. 
Da bräuchte man schon ein Trio auf einem Chip (Transistorarray), deren 
Kennwerte hoffentlich weitgehend gleich sind. Deswegen wird solch eine 
Schaltung eigentlich nur in IC's verwendet.
Sinn der Wilsonschaltug ist es, den kleinen Unterschied durch die 2*Ib - 
Belastung einer Seite (wovon ich in meinem letzten Update schrieb) der 
einen Seite zu kompensieren. Klappt aber nur, wenn die Transistoren bis 
in den Promillebereich gleich sind.

von ArnoR (Gast)


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> aber für den Gleichtaktbetrieb bzw. größere Austeuerbarkeit unbrauchbar
> (letzteres eher unwichtig, wenn das nur eine Eingangsstufe eines OPV
> darstellt).

Das ist nicht richtig. Wenn ein OPV als Spannungsfolger/Puffer oder mit 
geringer Verstärkung und rel. großer Aussteuerung als 
nichtinvertierender Verstärker beschaltet ist, dann ist der geringe 
Gleichtaktaussteuerbereich die begrenzende Eigenschaft.
Außerdem fehlt dem TE das Grundverständnis derartiger Schaltungen, da 
hat es keinen Sinn, über solche Dinge wie unsinnnig dimensionierte 
Kaskoden zu reden.

von Dieter M. (Gast)


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von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Jens G. schrieb:
> So eine Kaskodeschaltung ist zwar ganz gut für die HF-Eigenschaften,
> aber für den Gleichtaktbetrieb bzw. größere Austeuerbarkeit unbrauchbar
> Ansonsten: Stromspiegel sind schon eher  witzlos, wenn es auf die
> Gleichheit der Strömungsverhältnisse aller KSQ geht. Da sollten die
> involvierten Q's alle auf Gleichheit ausgemessen sein, was selten auf
> geringste Unterschiede machbar ist, damit sich ein Stromspiegel lohnt
> Und die Wilson-Schaltung ist erst recht witzlos mit Einzeltransistoren.
> Da bräuchte man schon ein Trio auf einem Chip (Transistorarray), deren
> Kennwerte hoffentlich weitgehend gleich sind. Deswegen wird solch eine
> Schaltung eigentlich nur in IC's verwendet.
> Sinn der Wilsonschaltug ist es, den kleinen Unterschied durch die 2*Ib -
> Belastung einer Seite (wovon ich in meinem letzten Update schrieb) der
> einen Seite zu kompensieren. Klappt aber nur, wenn die Transistoren bis
> in den Promillebereich gleich sind.

Hmmm wenn ich das so lese, dann komme ich zu dem Schluss, dass im 
Prinzip die gesamte Idee, einen Differenzverstärker diskret aufzubauen 
blödsinnig ist. Eben wegen der Bauteiltoleranzen. Meines wissens nach, 
wird das aber durchaus in Hifi-Verstärkern noch so gemacht. Geht dann da 
alles an Entwicklungskosten in das Matchen der Transistoren?

von ArnoR (Gast)


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Nur wenn man solche oder ähnliche Stromspiegel verwenden will. In 
Audio-Leistungsverstärkern braucht man die nicht. Deshalb damals meine 
Frage was du eigentlich mit dem Diff machen willst. Davon hängt doch ab, 
wie man die Ströme weiterverarbeitet.

Du musst dich von der Vorstellung lösen, dass man einen Verstärker 
einfach durch die Hintereinanderschaltung von unabhängigen Stufen 
baut/entwickelt.

von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Jupp...das scheint alles viel dynamischer zu sein als ich mir das 
vorgestellt habe. Und die Rückwirkung auf den Diff-Eingang durch 
nachfolgende Stufen wurde bist jetzt ja noch gar nicht angedacht.

Die Idee mit den Kaskoden hat mir einfach wegen der daraus 
resultierenden, höheren Bandbreite gefallen.

Du kannst dich sicherlich erinnern...wir hatten schon vor einigen 
Wochen/Monaten hier mal die Diskussion bzgl. einer Endstufe welche ich 
entworfen hatte. Letztendlich hat diese dann auch funktioniert, der 
höreindruck war für mich zufriedenstellend, jedoch haben mir die 
Messergebnisse nicht so zugesagt.

Darum, und weil ich jetzt vieeeel mehr Zeit habe, möchte ich mich der 
Sache nocheinmal annehmen...diesmal aber gründlich und fundiert. Ohne 
schnell schnell.

von ArnoR (Gast)


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Ja natürlich erinnere ich mich, es war hier:
Beitrag "Endstufe: Phasengang korrigieren"

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