Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Keramik-Cs verschiedener Größen gleichschnell?


von Keramik-Hans (Gast)


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Hallo Leute!

Ich habe mal eine Frage bezüglich kermaischer Kondensatoren. Ist es 
generell so, dass man eigentlich komplett auf Tantal verzichten kann, 
seit es größere keramische Cs gibt? Ich mein, Tantal war ja eigentlich 
die gute Lösung für große Kapazität bei guter Reaktion auf Lastsprünge.

Jetzt macht man ja oft z.B. 10u + 100n an einen IC (nur als Beispiel) - 
der 10u speist den 100n und der 100n den IC.

Was ist denn jetzt wenn ich nurnoch keramische Cs nehme? Reicht es dann 
direkt die 10u an den IC zu packen?

(Die Nachteile von wegen Kapazität ist spannungs- und temperaturabhängig 
jetzt mal außen vor gelassen)

von j. c. (jesuschristus)


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Wann immer es die Belastbarkeit bzgl. Ripple und Spannung sowie die 
notwendige Kapazität zulassen, würde ich es jedenfalls tun!

von MaWin (Gast)


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Kleinere sind "schneller" (haben eine geringere Induktivität),
letztlich direkt an der Baugrösse abzulesen.
Daher sind viele grosse Kerkos nicht besser als Tantals
aber meist billiger.

von Alexander S. (esko) Benutzerseite


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MaWin schrieb:
> Kleinere sind "schneller" (haben eine geringere Induktivität),
> letztlich direkt an der Baugrösse abzulesen.

Allerdings gibt es 10 µF auch als 0603. Wo ist da der Baugrößenvorteil 
zu einem 100 nF mit der Größe 0603.

von H.Joachim S. (crazyhorse)


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-Spannungsfestigkeit
-Keramikmaterial

Es gibt Materialien, die haben deutlich höhere Dielektrizitätskonstanten 
als andere. Grob kann man sagen, je höher die ist, umso schlechter die 
anderen Parameter (Temperaturabhängigkeit, Spannungsabhängigkeit, ESR 
u.a)

Das heisst aber, für "bessere" Kondensatoren braucht man "bessere" 
Materialien -> bei gleicher Kapazität grösser.

Ganz gut zum Verständnis:
http://de.wikipedia.org/wiki/Keramikkondensator

Ansonsten kann man sagen, ein Kondensator hat mehr Kennwerte als 
Kapazität und Spannungsfestigkeit :-)

von Florian V. (Gast)


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Keramik-Hans schrieb:
> Ist es
> generell so, dass man eigentlich komplett auf Tantal verzichten kann,
> seit es größere keramische Cs gibt?

Ja und nein. Es gibt so manchen Spannungsregler, linear wie schaltend, 
der mit rein keramischen Kondensatoren am Ausgang nicht klar kommt. Der 
niedrige ESR ist dann meist das Problem. Und in den Datenblättern der 
Veteranen unter den Spannungsreglern findet man häufig keinerlei Hinweis 
zu diesem Problem, da es damals kaum C's mit so niedrigem ESR gab.

Zum Beispiel: In einem von 5 Datenblättern zum LM337 gibt es einen 
Hinweis, dass der Regler besser nicht mit reinen Folienkondensatoren am 
Ausgang benutzt werden soll. Die anderen Datenblätter enthalten rein gar 
nichts zu dem Thema. Die traurige Realität? Manche LM337 schwingen mit 
Keramik-C's. Die Lösung wenn man trotzdem keine Tantal-C's einsetzen 
möchte: Serienwiderstand in Reihe zum großen Keramik-C.

von holger_sha (Gast)


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"Serienwiderstand in Reihe zum großen Keramik-C."

-> könnte man auch mit miesem Layout hinkriegen :-)

Nachdem alle wichtigen technischen Dinge jetzt dastehen könnte man noch 
den ethischen Aspekt bringen. Der Rohstoff aus dem Tantal gewonnen wird, 
Coltan, wird im Kongo mit nicht ganz einwandfreien Methoden abgebaut. 
Man sollte also versuchen mit Keramik hinzukommen. Wenn halbwegs Platz 
ist sollte das bei einem neuen Design funktionieren.
Gruß, Holger

von Alexander S. (esko) Benutzerseite


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holger_sha schrieb:
> Der Rohstoff aus dem Tantal gewonnen wird,
> Coltan, wird im Kongo mit nicht ganz einwandfreien Methoden abgebaut.

Das meiste Niob wir in der 1. und 2. Welt Staaten gefördert.
Aus Afrika kommt nur 0,4% der weltweiten Produktion.
http://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/commodity/niobium/colummcs07.pdf

von holger_sha (Gast)


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Hi Alexander,
 .... und aus was werden aktuell die Masse der Tantals gefertigt? Aus 
dem noch (?) teuren Niob oder aus dem noch (?) billigen Coltan?

von Osche R. (Gast)


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Alexander Schmidt schrieb:

> Allerdings gibt es 10 µF auch als 0603. Wo ist da der Baugrößenvorteil
> zu einem 100 nF mit der Größe 0603.

Wieviel dQ/dU hat der 10µF/0603 bei 10V Bias noch? Die Nennkapazität 
wird mit Wechselspannung gemessen, z.B. 1Vpp bei 1kHz. Bei angelegter 
Gleichspannung sinkt die Kapazität der High-Epsilon-Materialien gewaltig 
ab.

Mit entsprechendem Derating (10µF/50V) ist der Baugrößenvorteil dahin.


Keramik hat allerdings den großen Vorteil, nicht brennbar zu sein. Damit 
kann man die Teile auch dort verwenden, wo Tantalverbot herrscht.

von verzerrer (Gast)


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Bei dem Thema der Spannungsabhängigen Kapazität: Ein einfacher Tiefpass 
aus R und Keramik-C müsste doch den am Eingang angelegten Sinus 
verzerren da bei z.B steigender Spannung (0-90°) die Kapazität sinkt und 
damit auch das Frequenzverhalten des Filters. Dadurch ist doch auch die 
Ausgangsspannung nicht mehr sinunsförmig, oder ?

von MaWin (Gast)


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> Allerdings gibt es 10 µF auch als 0603. Wo ist da der Baugrößenvorteil
> zu einem 100 nF mit der Größe 0603.

Die Ursprungsfrage war anders.

Bei gleicher Baugrösse ist zu erwarten daß auch die Induktivität und 
damit die Geschwindigkeit sehr ähnlich ist, allerdings kann die 
Strombelastbarkeit anders sein und die Resonanzfrequenz ist es 
sicherlich.

Dennoch kann es ok sein, statt 100nF dicht am IC und 10uF entfernt 
Tantal, heute 10uF KerKo direkt am IC an derselben Stelle wie früher die 
100nF als ausreichend anzusehen.

von Alexander H. (Gast)


Angehängte Dateien:

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Die Bedeutung Afrikas als Rohstofflieferant sollte nicht überschätzt 
werden.

Und solange es unaufwändiger ist, die erforderlichen Mittel für den 
ständigen Waffennachschub von der Entwicklungshilfe naiver westlicher 
Gutmenschen abzuzweigen, anstatt sie selbst zu erwirtschaften, wird sich 
das nicht substanziell ändern.

von Jens G. (jensig)


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@holger_sha (Gast)

>Hi Alexander,
> .... und aus was werden aktuell die Masse der Tantals gefertigt? Aus
>dem noch (?) teuren Niob oder aus dem noch (?) billigen Coltan?


Weist Du überhaupt, was Tantal, Niob, Coltan überhaupt sind? Wie soll 
Tantal aus Niob hergestellt werden können? Wir sind doch nicht bei den 
Alchemisten .... Höchstens durch Kernspaltung/Fusion o.ä. könnte man 
sowas vielleicht hinbekommen.
Hier http://en.wikipedia.org/wiki/Coltan findet sich übrigens eine 
Aufstellung der am meisten nach Ta/Nb schürfenden Länder - Kongo ist 
nicht unbedingt führend, aber wohl am berüchtigsten ...

von holger_sha (Gast)


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@jens

".... die Masse der Tantal-Kondensatoren ...."

so besser ?? Gibt es auch eine Antwort oder nur Polemik?

Gruß, Holger

von Ungläubiger (Gast)


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>Und in den Datenblättern der Veteranen unter den Spannungsreglern findet
>man häufig keinerlei Hinweis zu diesem Problem, da es damals kaum C's
>mit so niedrigem ESR gab.

Du mußt schon zwischen LDOs und normalen Reglern unterscheiden. 
Foliencaps haben übrigens auch sehr niedrige ESRs.

>Zum Beispiel: In einem von 5 Datenblättern zum LM337 gibt es einen
>Hinweis, dass der Regler besser nicht mit reinen Folienkondensatoren am
>Ausgang benutzt werden soll.

Das habe ich noch nie gelesen. Das mußt du uns jetzt aber zeigen, wo du 
das gelesen hast!

>Die traurige Realität? Manche LM337 schwingen mit Keramik-C's.

Das habe ich noch nie gesehen. Höchstens, wenn jemand dachte, daß 100nF 
reichen, ein Fehler, der bei negativen Reglern häufig gemacht wird.

von Florian V. (Gast)


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Ungläubiger schrieb:
>>Zum Beispiel: In einem von 5 Datenblättern zum LM337 gibt es einen
>>Hinweis, dass der Regler besser nicht mit reinen Folienkondensatoren am
>>Ausgang benutzt werden soll.
>
> Das habe ich noch nie gelesen. Das mußt du uns jetzt aber zeigen, wo du
> das gelesen hast!
>
http://www.linear.com/product/LT337A

Datenblatt Seite 7, "Capacitors and Protection Diodes"
"High Q capacitors, such as Mylar, are not recommended because they tend 
to reduce the phase margin at light loads. ..."

>>Die traurige Realität? Manche LM337 schwingen mit Keramik-C's.
>
> Das habe ich noch nie gesehen. Höchstens, wenn jemand dachte, daß 100nF
> reichen, ein Fehler, der bei negativen Reglern häufig gemacht wird.

Da war ein 1µF Keramik dran. Es hat jahrelang funktioniert, bis nach 
Einkauf der X.ten Rolle auf einmal ein guter Teil der LM337 angefangen 
hat zu schwingen. Aber nur in einem Produkt, in anderen nach wie vor 
unproblematisch. Vorläufiger Fix war der Wechsel auf Tantals. Das zeigt 
mir, das der LM337 nicht ausreichend zuverlässig mit nur-keramischen 
läuft. Hersteller war in unserem Fall National, der übrigens keine 
Anmerkungen wie LT im Datenblatt hat.

von Ungläubiger (Gast)


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>Datenblatt Seite 7, "Capacitors and Protection Diodes"
>"High Q capacitors, such as Mylar, are not recommended because they tend
>to reduce the phase margin at light loads. ..."

Gut, jetzt glaube ich dir!

>Da war ein 1µF Keramik dran. Es hat jahrelang funktioniert, bis nach
>Einkauf der X.ten Rolle auf einmal ein guter Teil der LM337 angefangen
>hat zu schwingen. Aber nur in einem Produkt, in anderen nach wie vor
>unproblematisch. Vorläufiger Fix war der Wechsel auf Tantals. Das zeigt
>mir, das der LM337 nicht ausreichend zuverlässig mit nur-keramischen
>läuft. Hersteller war in unserem Fall National, der übrigens keine
>Anmerkungen wie LT im Datenblatt hat.

Danke, habe wieder etwas gelernt!

von Osche R. (Gast)


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verzerrer schrieb:

> Bei dem Thema der Spannungsabhängigen Kapazität: Ein einfacher Tiefpass
> aus R und Keramik-C müsste doch den am Eingang angelegten Sinus
> verzerren da bei z.B steigender Spannung (0-90°) die Kapazität sinkt und
> damit auch das Frequenzverhalten des Filters. Dadurch ist doch auch die
> Ausgangsspannung nicht mehr sinunsförmig, oder ?

Richtig. Deshalb setzt man (high-epsilon) Keramik nicht im Signalweg 
ein, zumindest nicht wenn mit größeren Amplituden ausgesteuert wird.

von GeGe (Gast)


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Bei den hochkapazitiven Keramik darf man den Piezo-Effekt auch nicht 
vernachlässigen. Bei hochempfindlichen Messgeräten so einen für das 
Abblocken eines Referenzelements zu verwenden ist keine so gute Idee.

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