Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Bipolartransistor auf Zack


von Sven P. (Gast)


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He,

mal wieder so eine Überlegung: Wie bringe ich einen großen 
Bipolartransistor im Schaltbetrieb auf Zack?

Hintergrund ist: Beim Ein- und Ausschalten durchläuft die Trajektorie 
einen den ungünstigen linearen Bereich und der Transistor produziert 
fleißig Verlustleistung. Das betrifft Anstiegs- und Fallzeit.
Beim Ausschalten bleibt die Speicherzeit zurück und verhindert 
allzugroße Schaltfrequenzen.

Der Kompromiss: Übersteuern. Mehr Übersteuerung drückt die Anstiegszeit, 
dafür kommt Speicherzeit dazu. Negative Vorspannung drückt Speicher- und 
Abfallzeit.


Was macht man also praktisch? Hab da wieder ein paar Überlegungen 
angestellt:

(1) Die Basis Negativ vorspannen. Das gibt im Betrieb einen 
Basisspannungsteiler und der Treiber wird stärker belastet. Benötigt 
aber 'wörtlich' eben eine weitere Hilfsspannung.

(2) Ausräumwiderstand, parallel zur B-E-Strecke. Nicht ganz so gut wie 
wie Vorspannung, aber besser als garnichts.

(3) Kondensator parallel zum Basisvorwiderstand. Quasi der Kompromiss: 
Dimensioniert man den z.B. in der Größenordnung der erwarteten 
Speicherladung, kann er ebendiese aus dem Transistor aufnehmen. Anders 
formuliert, im Umschaltmoment erzeugt der Kondensator kurz eine negative 
Basisspannung. Begrenzt (irgendwann theoretisch) auch die maximale 
Schaltfrequenz, denn der Kondensator will selbst ja auch umgeladen 
werden, damit er beim nächsten Umschalten wieder mithelfen kann. Aber 
der ist vergleichsweise winzig.

(4) Sättigung vermeiden durch schnelle Diode parallel zur B-C-Strecke. 
Damit kommt der Transistor garnicht in die Sättigung. Das tut der 
Anstiegszeit aber hier keinen Abbruch: Das Kollektorpotential ist 
zunächst hoch, die Diode sperrt. Beim Einschalten kriegt der Transistor 
seine Übersteuerung und das Kollektorpotential sinkt, als der Transistor 
durchsteuert. Dann stellt sich ein Zustand (je nach Diode) knapp an der 
Übersteuerungsgrenze ein.


Was davon ist denn praxistauglich für einen einzelnen Transistor? Und 
was wäre z.B. für eine Vollbrücke (d.h., mehrere Transistoren) tauglich?

Vielleicht hat ja jemand einen Beitrag aus der Berufspraxis von 
früher(tm) dazu -- heute ist ja doch alles FET ;-)

Vielen Dank und Grüße,
Kama

von Neumod'scher Krams (Gast)


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Sven P. schrieb:
> ... -- heute ist ja doch alles FET ;-)

Warum wohl?

von Sven P. (Gast)


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Neumod'scher Krams schrieb:
> Sven P. schrieb:
>> ... -- heute ist ja doch alles FET ;-)
>
> Warum wohl?
Und wäre das für dich ein Grund, sich nicht mal Gedanken darüber zu 
machen, wie und warum man vor FET gelöst hat?

Mich interessiert halt auch der Weg hin zur Moderne. Sowohl theoretisch 
als auch im praktischen Entwurf auf dem Steckbrett.

von Peter D. (peda)


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Sven P. schrieb:
> Und wäre das für dich ein Grund, sich nicht mal Gedanken darüber zu
> machen, wie und warum man vor FET gelöst hat?

Vielleicht mit Röhren?

Man hat früher einfach nicht so hohe Schaltfrequenzen genommen, wie sie 
heute mit FETs möglich sind.
Schaltnetzteile waren auch deutlich fehleranfälliger.
Es gehörte dahinter eine Schmelzsicherung und ein dicker Thyristor, der 
im Fehlerfall die VCC kurzgeschlossen hat, bis die Sicherung schmolz.

Und in den ersten Transistorfernsehern sind die Horizontalablenkstufen 
gestorben, wie die Fliegen.


Peter

von Junger Hase (Gast)


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Kaskode

von Sven P. (Gast)


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Peter Dannegger schrieb:
> Sven P. schrieb:
>> Und wäre das für dich ein Grund, sich nicht mal Gedanken darüber zu
>> machen, wie und warum man vor FET gelöst hat?
>
> Vielleicht mit Röhren?
>
> Man hat früher einfach nicht so hohe Schaltfrequenzen genommen, wie sie
> heute mit FETs möglich sind.
Und das liegt daran, dass sich das Gate eines FET deutlich einfacher 
entladen lässt? Zum beispiel, weil man zum Sperren nicht unter die 
untere Betriebsspannung hinaus muss?

Mir ist das, wie ich ja schrieb, nicht bekannt, was früher damit los 
war. Darum interessiert es mich ja. Also gut zu erfahren, dass dieses 
wohl ein größeres Problem war.

Um mal eine Größenordnung zu bekommen: Ist denn 100kHz bei meinethalben 
5A schon 'viel' für so einen bipolaren Aufbau im Schaltbetrieb?


Kaskode ist natürlich äußerst elegant, braucht aber einen zweiten 
Leistungstransistor :-}

von mhh (Gast)


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Sven P. schrieb:
> Um mal eine Größenordnung zu bekommen: Ist denn 100kHz bei meinethalben
> 5A schon 'viel' für so einen bipolaren Aufbau im Schaltbetrieb?

Ein paar Tricks sind da schon nötig. Es könnte auch schon fast zuviel 
sein.

Schau Dir am besten Schaltpläne von Röhrenmonitoren an (besonders die 
damals hochwertigen, Yakumo gehört also nicht dazu). Du wirst 
Treiberschaltungen, wie sie jetzt für Mosfets verwendet werden (diskrete 
Ausführung), negative Hilfsspannungen und auch mit Kondensatoren 
überbrückte Basisvorwiderstände entdecken.

von Sven P. (Gast)


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Dann lag ich mit meinen Überlegungen ja garnicht so weit daneben.

Ich such mir mal was zusammen, der Tipp mit den Ablenkstufen war gut, da 
hab ich jetzt einiges Interessantes gefunden:
In einigen Geräten war grad dort eben noch eine Röhre verbaut, obwohl 
der Rest größtenteils mit Halbleitern konstruiert war. In einer 
Schaltung habe ich vor dem Transistor schlicht einen kleinen Übertrager 
gefunden...

von Peter (Gast)


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>(4) Sättigung vermeiden durch schnelle Diode parallel zur B-C-Strecke.

Dieser Punkt ist auch ganz praktikabel, allerdings nimmt man dafür eine 
schnelle Schottky-Diode!

von Sven P. (Gast)


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Peter schrieb:
>>(4) Sättigung vermeiden durch schnelle Diode parallel zur B-C-Strecke.
>
> Dieser Punkt ist auch ganz praktikabel, allerdings nimmt man dafür eine
> schnelle Schottky-Diode!

Er funktioniert sogar, wie ich gemessen habe :-)
Diode und die Sache mit dem Kondensator über dem Basiswiderstand 
ergänzen sich allerdings/sogar; wobei die Wirkung der Diode an einem 
Brocken wie dem BD243 deutlich stärker ist.

von Kevin K. (nemon) Benutzerseite


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Auch FETs haben das Problem mit dem linearen Bereich durchaus. Bei 
PWM-Takten von 100kHz muss man schon etwas Gehirnschmalz dazu verwenden. 
Hierzu haben sich Ingenieure das Prinzip der weich schaltenden 
Wechselrichtern überlegt. Zu diesem Stichwort findest du paar 
Literaturhinweise im Internet, aber quasi nur auf englisch.

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