Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Netzeinspeisung: Spannung, Leistung


von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Hallöchen zusammen.

Mich interessiert gerade, wie das mit der Netzeinspeisung (z.B. 
Solaranlage) funktioniert. Klar ist, dass der Wechselrichter der 
Solaranlage synchron zum Netz arbeiten muss.

Damit aber überhaupt Strom aus dem Wechselrichter ins Netz fließen kann 
muss der ja eigentlich mehr als 230V liefern. Richtig? Wie viel mehr ist 
das dann?
Leidet darunter die Netzqualität?

Sagen wir, der Wechselrichter liefert also nun 240V. dann liegt er 10V 
über dem Netz. Eine 2kW Solaranlage müsste demnach einen Strom von 
2kW/10V=200A ins Netz einspeisen. Das ist doch nicht realistisch. Oder?

von Düsendieb (Gast)


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Markus M. schrieb:
> Damit aber überhaupt Strom aus dem Wechselrichter ins Netz fließen kann
> muss der ja eigentlich mehr als 230V liefern. Richtig? Wie viel mehr ist
> das dann?
> Leidet darunter die Netzqualität?

Da immer die Ausgangsspannung per PWM gebildet wird, wird immer ein 
bisschen Oberwellen ins Netz gespeist


> Sagen wir, der Wechselrichter liefert also nun 240V. dann liegt er 10V
> über dem Netz. Eine 2kW Solaranlage müsste demnach einen Strom von
> 2kW/10V=200A ins Netz einspeisen. Das ist doch nicht realistisch. Oder?

Die Höhe des Ausgangsstromes wird geregelt und der zur Verfügung 
stehenden Solarleistung angepasst.


Axel

von Peter II (Gast)


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die Spannung ist dabei (fast) egal. Bei der Einspeisung wird versucht 
die Fequenz vom Netz anzuheben. Also  immer etwas voreilend. Damit kann 
auch die Spannung kleiner sein, z.b. im Scheitelpunkt. Das das Netzt ab 
so träge ist, schafft die Soloanlage nicht das Netzt zu beschleunigen.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Markus M. schrieb:
> Damit aber überhaupt Strom aus dem Wechselrichter ins Netz fließen kann
> muss der ja eigentlich mehr als 230V liefern. Richtig? Wie viel mehr ist
> das dann?

Das hängt von der Netz-Impedanz ab. Die Spannungsüberhöhung ist Delta_U 
= R*I, dabei ist R die Netzimpedanz und I der Strom, der eingespeist 
wird.

> Leidet darunter die Netzqualität?
Nein, das hat damit nichts zu tun. Man hat allerdings noch zusätzliche 
Effekte wie PWM, Oberwellen, Leistungsfaktor, die die Netzqualität 
verschlechtern können. Aber auch verbessern, das kommt ganz auf den 
Wechselrichter an.

Markus M. schrieb:
> Sagen wir, der Wechselrichter liefert also nun 240V. dann liegt er 10V
> über dem Netz. Eine 2kW Solaranlage müsste demnach einen Strom von
> 2kW/10V=200A ins Netz einspeisen. Das ist doch nicht realistisch. Oder?

Nein, der Strom ist 2kW/240V = 8,3A.

von MaWin (Gast)


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Kein Wechselrichter kann die Spannung "des Netzes" anheben, dazu ist er 
viel zu schwach, das schafft nicht mal ein Atomkraftwerk.

Nur die letzten paar Meter bis zu deiner Steckdose können eine leicht 
überhöhte Spannung bekommen, das ist dann aber nur der Ausgleich für den 
Spannungsabfall den du sonst hättest.

Was der Wechselrichter macht, ist STROM ins Netz zu schicken, in der er 
der Phase leicht vorauseilt, er versucht also - wie alle Kraftwerke - 
die Netzfreuqenz anzuheben, in dem er "schiebt" (und dagegen müssen die 
Leute im Elektrizitätswerk gegenanregeln damit sie um 50Hz bleibt:
https://www.entsoe.eu/system-operations/the-frequency/ )

Bestünde das Netz nur aus Wechselrichtern, wäre die Netzqualität 
tatsächlich schlecht. Denn ein ordentlicher Generator z.B. aus einem 
Wasserkraftwerk erzeugt sauberen Sinus, ein Wechselrichter aber nicht, 
er versucht ständig die Leistung des Solarpanels ins Netz einzuspeisen, 
kontinuierlich über den ganzen Sinus hinweg, und das heisst, daß er 
Abweichungen vom Sinus nicht ausbügelt wie es das Wasserkraftwerk (auf 
Grund der Masseträgheit des Rotors des Generators) tut.

Sollten aber eines tages 90% der Energie von Wechselrichtern stammen, 
wird man gesetzlich fordern, daß sie eine "PFC" Korrekur machen, also 
beim Einspeisen auch darauf achten, daß sie den Sinus lieber verbessern 
als daß sie seine Verzerrungen so lanssne wie sie waren.

von Peter II (Gast)


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MaWin schrieb:
> Sollten aber eines tages 90% der Energie von Wechselrichtern stammen,
> wird man gesetzlich fordern, daß sie eine "PFC" Korrekur machen, also
> beim Einspeisen auch darauf achten, daß sie den Sinus lieber verbessern
> als daß sie seine Verzerrungen so lanssne wie sie waren.

ist seit einiger Zeit so. (oder es wurde zumindest schon gesetzlich 
festgelegt) Sie müssen auch damit Blindstrom erzeugen/aufnehmen.

von Erich (Gast)


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Eine Randinfo zu diesem Thema,
betreffend evtl. nötige Nachrüstung von Ökostrom-Anlagen 
(Wechselrichtern) aufgrund höherer künftiger Frequenz-Toleranzen:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,795861,00.html

von Markus B. (lordnoxx) Benutzerseite


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Wow erstmal danke für die vielen Antworten.

Johannes E. schrieb:
> Nein, der Strom ist 2kW/240V = 8,3A.

Hmm also ich habe mal gelernt, dass der Strom immer aufgrund eines 
Potentialunterschiedes der Spannung fließt. Und die Differenz zu 230V 
sind 10V. Warum rechnest du mit den vollen 240V?

Was mir auch noch nicht so ganz klar ist: Ist der Strom den ein 
Wechselrichter einspeist immer konstant? Oder hängt das von den 
örtlichen Verbrauchern ab? Sprich dass sich der Strom, den die 
Verbraucher ziehen, auf die vorhandenen Quellen (Solaranalge auf 
Dach/Atomkraftwerk/Wasserkraftwerk/...) aufteilt.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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Markus M. schrieb:
> Wow erstmal danke für die vielen Antworten.
>
> Johannes E. schrieb:
>> Nein, der Strom ist 2kW/240V = 8,3A.
>
> Hmm also ich habe mal gelernt, dass der Strom immer aufgrund eines
> Potentialunterschiedes der Spannung fließt. Und die Differenz zu 230V
> sind 10V. Warum rechnest du mit den vollen 240V?

Die Leistung, die der Wechselrichter abgibt, ist Spannung * Strom. Das 
hat mit der Differenz zwischen 230V und 240V nichts zu tun.

Wenn man das etwas genauer betrachtet, muss man den Spannungsabfall in 
den Leitungen berücksichtigen. Angenommen, der Wechselrichter speist 10A 
ins Stromnetz ein; direkt am Wechselrichter beträgt die Netz-Spannung 
240V. -> Die Leistung ist dann 2,4 kW.

Wenn an der Trafo-Station die Netz-Spannung 10 V niedriger ist, also 
230V, dann beträgt dort die Leistung 2,3 kW; die Differenz von 100 W 
wird auf der Leitung zwischen Wechselrichter und Trafo-Station in Wärme 
umgewandelt.

Der Strom fließt aufgrund der Spannungdifferenz von 10 V vom 
Wechselrichter zur Trafo-Station. Diese Spannungsdifferenz bestimmt also 
die Leistung, die in der Leitung verloren geht, aber nicht die Leistung, 
die der Wechselrichter in Netz abgibt.

> Was mir auch noch nicht so ganz klar ist: Ist der Strom den ein
> Wechselrichter einspeist immer konstant? Oder hängt das von den
> örtlichen Verbrauchern ab? Sprich dass sich der Strom, den die
> Verbraucher ziehen, auf die vorhandenen Quellen (Solaranalge auf
> Dach/Atomkraftwerk/Wasserkraftwerk/...) aufteilt.

Der Wechselrichter speist immer so viel Leistung ins Netz ein, wie die 
Solarzelle liefert; ist also abhängig vom Wetter. Die Leistung ist 
unabhängig von den Verbrauchern und von der Netzspannung.

Wenn sich die Netzspannung ändert, dann ändert sich auch der Strom, der 
eingespeist wird, da P=U*I (Annahme konstante Leistung aus Solarzelle).

Die Aufteilung des Stroms, also wie viel die Verbraucher aus dem 
Wechselrichter bekommen und wie viel von anderen Kraftwerken kommt, 
ergibt sich dann automatisch.

von Ben _. (burning_silicon)


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> Kein Wechselrichter kann die Spannung "des Netzes" anheben, dazu ist
> er viel zu schwach, das schafft nicht mal ein Atomkraftwerk.
Doch, in direkter Umgebung schafft ein 1400MW mit vielleicht noch 4 
Blöcken das schon. Das wird nur durch Netzregelmaßnahmen ausgeglichen.

Angenommen Du hättest einen richtig fetten 400V Generator, angenommen 
1-2 MW und Du würdest dies auf die Versorgungsleitung Deiner Straße 
einspeisen fallen bei spätestens 600-700A die Sicherungen im 
Trafohäuschen und danach kannste mit "Deiner" Leitung jede Menge Spaß 
haben... So hell war Omas Leselampe noch nie! ;)

Ich bin immer noch dabei einen Einspeisewechselrichter zu bauen, habe 
aber im Moment nicht die Zeit dafür bzw. wichtigere Projekte. Die 
netzsynchrone Vollbrücke ist schon fertig und funktioniert, fehlt "nur" 
die sinusförmige Einspeisung. Da hab ich aber auch schon ein gutes 
Konzept für, mußt Du mal den entsprechenden Thread suchen. Da hab ich 
auch beschrieben wie so ein Solarwechselrichter
funktioniert (GridShit 250).

von citb (Gast)


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Ben _ schrieb:
> Trafohäuschen und danach kannste mit "Deiner" Leitung jede Menge Spaß
> haben... So hell war Omas Leselampe noch nie! ;)

Dann haengt aber nicht mehr "das Netz" dran, sondern nur noch einige 
Verbraucher.

citb

von Gernot B. (gernot_b)


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> Hmm also ich habe mal gelernt, dass der Strom immer aufgrund eines
> Potentialunterschiedes der Spannung fließt. Und die Differenz zu 230V
> sind 10V. Warum rechnest du mit den vollen 240V?

Der Wechselrichter gibt ja nicht 10V aus, die er auf die 230V 
aufmoduliert. Er gibt in deinem Beispiel 240V parallel dazu aus.

von Düsendieb (Gast)


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Markus M. schrieb:
> Warum rechnest du mit den vollen 240V?

Der Wechselrichter kann halt nur das ausgeben was ihm am Eingang zur 
Verfügung steht.

So ein Solarpanelarray hat einen relativ hohen Innenwiderstand, 
verglichen mit den schon aufgezählten Kernkraftwerken oder auch mit 
einem Akku gestützen Zwischenkreis einer USV Anlage.

Bei Belastung bricht einfach die Spannung zusammen. Daher sucht der MPP 
Tracker ständig den Mittelweg um die zur Verfügung stehende 
Eingangsleistung optimal ins Netz zu speisen.

Wenn die Panele z.B. nur 3KW abgeben ergibt sich daraus abzüglich 
Wirkungsgrad der Einspeisestrom ins Netz.


Axel

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