Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Warum eigentlich Überdimensionierung bei vielen Bauteilen ?


von Bastler (Gast)


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Hallo,

immer wieder wird, nicht nur hier, empfohlen Bauteile leistungsmäßig und 
spannungsmäßig über zu dimensoinieren.

Aber warum eigentlich ?
Wenn im Datenblatt steht das unter bestimmten Bedingungen das Bauteil 
diese Spannung / Belastung sicher aushält und ich auch sicher weis das 
auch im worst case in meiner Schaltung keine höhere Belastung / Spannung 
ansteht als das Bauteil aushält spricht doch eigentlich nichts dafür ein 
höher dimensoniertes Bauteil zu verwenden, oder ?

Angstzuschlag ? Wird in Datenblättern gelogen (kann ich mir nicht 
vorstellen) ?


mfg

  "Bastler"

von Peter II (Gast)


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Bastler schrieb:
> und ich auch sicher weis das
> auch im worst case in meiner Schaltung keine höhere Belastung / Spannung
> ansteht als das Bauteil aushält

kannst du das denn?

von G ast (Gast)


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Weil man reale Bauteile verbaut und keine Datenblätter. Daher kann man 
nicht zu 100% absehen wie sich dein gekauftes Bauteil in der Schaltung 
auswirkt.

von Phobi (Gast)


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Je dichter du an die Grenzen gehst, um so stärker altern die Bauteile 
und um so höher ist die Ausfallswahrscheinlichkeit. Die Lebensdauer 
gewöhnlicher Elkos beträgt bei 85°C beispielsweise nur 2000...5000h. Das 
bringen auch gute Datenblätter zum Ausdruck...

von Elektron (Gast)


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Ich habe schon einige WorstCase Rechnungen durchgeführt für 
Serienelektroniken.
Da wird nichts überdimensioniert.
WorstCase ist WorstCase.

Wenn der Widerstand 125mW darf und 124.9 im WorstCase verbrät, dann ist 
das ok.

Die Kunst besteht darin, den WorstCase Fall zu sehen.
Dazu muss man dann auch Lebensdauer, Umgebungstemperatur, Toleranz ... 
berücksichtigen.

von Phobi (Gast)


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>Wenn der Widerstand 125mW darf und 124.9 im WorstCase verbrät, dann ist
>das ok.

Bei einem 85°C Elko ist es aber nicht ok, diesen im "Worst Case" bei 
85°C zu betreiben, weil er dann nur 2000h hält...

von Harald W. (wilhelms)


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Elektron schrieb:
> Wenn der Widerstand 125mW darf und 124.9 im WorstCase verbrät, dann ist
> das ok.

Nun, gerade bei Widerständen ist es aber so, das die Bauteile sehr
hohe Temperaturen annehmen (Bei Widerständen z.B. 350°) und damit
benachbarte Bauteile schädigen können.
Gruss
Harald

von Dominik S. (dasd)


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Elektron schrieb:
> Wenn der Widerstand 125mW darf und 124.9 im WorstCase verbrät, dann ist
> das ok.
>
> Die Kunst besteht darin, den WorstCase Fall zu sehen.
> Dazu muss man dann auch Lebensdauer, Umgebungstemperatur, Toleranz ...
> berücksichtigen.

Du bist also der der dafür sorgt, dass die Geräte genau dann sterben 
wenn die  Garantiezeit vorbei ist? :D

SCNR

von so halt (Gast)


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Phobi schrieb:
> Bei einem 85°C Elko ist es aber nicht ok, diesen im "Worst Case" bei
> 85°C zu betreiben, weil er dann nur 2000h hält...

Wenn die Garantie nach 2000h Betriebsstunden abgelaufen ist, ist das 
perfekt innerhalb der Spezifikation. Man will ja schließlich auch wieder 
was neues verkaufen.

von NSD (Gast)


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Phobi schrieb:
>>Wenn der Widerstand 125mW darf und 124.9 im WorstCase verbrät, dann ist
>>das ok.
>
> Bei einem 85°C Elko ist es aber nicht ok, diesen im "Worst Case" bei
> 85°C zu betreiben, weil er dann nur 2000h hält...

Du hättest das Posting zu Ende lesen sollen (so lange war es ja nun auch 
nicht). Da stand auch was von Lebensdauer.

von Harald W. (wilhelms)


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Dominik S. schrieb:

> Du bist also der der dafür sorgt, dass die Geräte genau dann sterben
> wenn die  Garantiezeit vorbei ist? :D
>
> *SCNR*

Ja, ein Gerät so zu konstruieren, das es genau 731Tage hält,
ist eine echte Kunst! Vor allen, weil man ja auch noch an die
Schaltjahre denken muss.
Gruss
Harald

von Purzel H. (hacky)


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Da unterscheidet sich de Physiker vom Elektroniker. Der Physiker muss 
nur einen Versuch machen, und kann nachher alles wegwerfen, daher kann 
er bei 120% Ueberlast arbeiten. Der Elektroniker moechte das Geraet nie 
mehr flicken muessen, daher arbeitet er mit weniger als 60% der 
Maximallast.

von Nils S. (kruemeltee) Benutzerseite


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Harald Wilhelms schrieb:
> das es genau 731Tage hält,
> ist eine echte Kunst! Vor allen, weil man ja auch noch an die
> Schaltjahre denken muss.

731 Tage sind auch über ein Schaltjahr hinweg 731 Tage ;)

von Knut (Gast)


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Bastler schrieb:
> Angstzuschlag ? Wird in Datenblättern gelogen (kann ich mir nicht
> vorstellen) ?

Bei einer Neuentwicklung macht es immer Sinn, ~150% Aufschlag zu geben. 
weg rationalisieren kann man immer. Meist zeigen sich immer irgendwelche 
Kleinigkeiten die so nicht geplant waren.



Knut

von Harald W. (wilhelms)


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Nils S. schrieb:
> Harald Wilhelms schrieb:
>> das es genau 731Tage hält,
>> ist eine echte Kunst! Vor allen, weil man ja auch noch an die
>> Schaltjahre denken muss.
>
> 731 Tage sind auch über ein Schaltjahr hinweg 731 Tage ;)

Dann kann ich aber am 731. Tag noch meine Garantieleistung einfordern.
Gruss
Harald
PS: Bei einem Fernseher habe ich es schon mal erlebt, das er nach
zwei Jahren minus eine Woche kaputt ging. Ich habe ihn daraufhin
zum Supermarkt getragen und er wurde anstandslos repariert. :-)

von Alex (Gast)


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> Du bist also der der dafür sorgt, dass die Geräte genau dann sterben
> wenn die  Garantiezeit vorbei ist? :D

Hihi, der war gut ;), meine Erfahrung sagt mir, dass viele Bauteile in 
den meisten Geräten eher unterdimensioniert sind, um den Vertrieb der 
Geräte am Leben zu erhalten.

von Phobii (Gast)


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>Du hättest das Posting zu Ende lesen sollen (so lange war es ja nun auch
>nicht). Da stand auch was von Lebensdauer.

Meinst du diesen aussagelosen Wischi-Waschi-Satz?

>Die Kunst besteht darin, den WorstCase Fall zu sehen.
>Dazu muss man dann auch Lebensdauer, Umgebungstemperatur, Toleranz ...
>berücksichtigen.

von Elektron (Gast)


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Macht doch einfach mal eine ordentliche WorstCase Rechnung. Am besten 
auf Basis einer vorhergegangenen FMEA.

Ihr werdet überascht sein, dass
- eure 1% Widerstände plötzlich zu 3% Widerständen werden.
- eure 0.1% Widerstände plötzlich zu 2% Widerständen werden.

.... die Elektroniken, die nach 700irgendwas Tagen ausfallen, dass sind 
die, bei denen eben niemand eine Berechnung gemacht hat.

von Phobi (Gast)


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>Oder bei denen jemand ziemlich gut gerechnet hat ;-)

Dazu mußt du nicht rechnen: Einfach immer das Billigste nehmen, dann 
wird es von alleine Murks...

von Sni T. (sniti)


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Elektron schrieb:
> .... die Elektroniken, die nach 700irgendwas Tagen ausfallen, dass sind
> die, bei denen eben niemand eine Berechnung gemacht hat.

Oder die, bei denen jemand sehr genau gerechnet hat ;-)

von Sni T. (sniti)


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Phobi schrieb:
> Dazu mußt du nicht rechnen: Einfach immer das Billigste nehmen, dann
> wird es von alleine Murks...

Dann wäre es aber mies, wenn das Teil schon nach 650 Tagen kaputt geht 
;-) Außer der Hersteller gibt nur ein Jahr Garantie, dann stört das nur 
den Händler ;-)

von Elektron (Gast)


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>Oder die, bei denen jemand sehr genau gerechnet hat ;-)
Das kann natürlich auch auch sein.

Bei Automotive Elektronik möchte aber kein Zulieferer, dass die 
Elektronik zu früh ausfällt.
Bei Consumer Electronic mag das mancher vielleicht vermuten. Vielleicht 
ist das auch hier und da wirklich so, weil manche Hersteller meinen, 
damit ein besseres Geschäft zu machen.

Ich hab einige Geräte hier, die laufen schon seit 'ner Ewigkeit. Steht 
überall "Panasonic" drauf. Diese Firma wird mit mir auch in Zukunft ein 
Geschäft machen. Die anderen nicht.

von Sven P. (Gast)


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Rechne doch einfach mal.

Für Automotive setzt du im Motorraum einfach mal -40°C bis 125°C 
Betriebstemperatur an. Dann rechnest du auf: Initialtoleranz, 
Temperaturtoleranz, Toleranz nach Lötprozess, Alterung (ggf. mit 
Temperatur- und Spannungsstress).
Da macht ein realer "10%"-Keramikkondensator locker mal +-30% und mehr. 
Soviel zu qualitativem 'Überdimensionieren'

Lebensdauerangaben bei Elko sind grundsätzlich gelogen, die sackt rapide 
mit der Temperatur. Realistisch sind Faktoren 1/8 und weniger.

Bei MOSFET kann man auch Avalanche-Betrieb machen, dann werden die auch 
dicker. Oder ne simple Glühbirne schalten, geh mal von zehnfachem 
Nennstrom beim Einschalten aus.

von MaWin (Gast)


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> Angstzuschlag ?

Nicht nur.

Kältere Elektronik lebt länger. Wer solide Elektronik aufbauen will, die 
nicht nach der Garantiezeit verreckt, der dimensioniert korrekt, aber 
bleibt weit von den Grenzen weg. Ein Elko, 85 GradC, lebt nur 2000 
Stunden, das sind nicht mal 3 Monate. Man muß ihn also 
überdimensionieren, damit das Gerät länger lebt.

Aber inzwischen (SMD 0201) wird oft unterdimensioniert, weil man gar 
nicht die Luft hat, jedes Bauteil unter jeder Betriebslage und den 
Einflüssen der Nachbarelemente durchzurechnen, selbst wenn einem Spice 
dabei hilft.

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Was noch gar nicht genannt wurde ist, dass beispielsweise 
Endstufentransistoren spannungsmäßig überdimensioniert werden, aufgrund 
von unvermeidbaren Leitungsinduktivitäten, die die Spannung an den 
MOSFETs auch mal um ein paar Volt anheben können.

von Nils S. (kruemeltee) Benutzerseite


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Simon K. schrieb:
> Was noch gar nicht genannt wurde ist, dass beispielsweise
> Endstufentransistoren spannungsmäßig überdimensioniert werden, aufgrund
> von unvermeidbaren Leitungsinduktivitäten, die die Spannung an den
> MOSFETs auch mal um ein paar Volt anheben können

Triacs und die Snubber genauso. In brauchbaren Dimmern stecken immer 
600V/800V Triacs drin, die Ramsch-Versionen davon haben 250/400V Triacs 
drin.

von Ulrich (Gast)


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Die Leistungsangaben bei Widerständen und Halbleitern setzen meist 
günstige bis nicht gar nicht zu erfüllende Randbedingungen (z.B. 25 C 
Gehäusetemperatur) voraus.  Entsprechend darf man gar nicht die volle 
Leistung von der 1. Seite des Datenblattes annehmen, oder man muss damit 
rechnen das die Lebensdauer deutlich zu kurz wird.

Bei anderen Punkten wird auch gelegentlich mal sehr knapp ausgelegt - 
teils wohl auch nicht mit Absicht, sondern weil mal wieder nur die 1. 
halbe Seite des DB angeschaut wurde. Wenn alles schön mit etwas Luft 
ausgelegt wäre müssten die Gerät fast alle 20 Jahren halten.

von Elektron (Gast)


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Oder der 20V Tantal, der bei einem 12V System eingesetzt wurde.
8V Reserve !!!

Im Datenblatt wird vom Hersteller bei 125°C eine Betriebsspannung von 
33% empfohlen.
Man hätte also einen 36V Typ nehmen müssen ...

von Phobi (Gast)


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Präzisionswiderstände, die lange ihre Genauigkeit behalten sollen, läßt 
man nur 1/20 bis 1/10 ihrer Belastbarkeit als Leistung "verbraten". Wenn 
man sie berührt, sind sie nicht einmal handwarm...

von Reinhard Kern (Gast)


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Hallo,

wenn man alles bis an die Grenze ausreizt, bekommt man BESTENFALLS 
Geräte, die im Schnitt die Garantiezeit überleben. Geräte, die beim 
Kunden 20, 30 Jahre problemlos laufen, bekommt man so nicht. Das ist 
generell eine statistische Frage: ein 1A-Gleichrichter, der mit 1A 
belastet wird, fällt wahrscheinlich nicht in der Garantiezeit aus - aber 
er fällt deutlich öfter aus als ein 2A-Gleichrichter an der gleichen 
Stelle.

Es ist also fast eine philosophische Frage: was will ich liefern?

Firmen wie Hewlett-Packard oder Tektronix haben daher einen ganz anderen 
Ruf als etwa Handy-Hersteller. Allerdings auch ein anderes Preisniveau.

Gruss Reinhard

von Michael_ (Gast)


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>Die Kunst besteht darin, den WorstCase Fall zu sehen.
>Dazu muss man dann auch Lebensdauer, Umgebungstemperatur, Toleranz ...
>berücksichtigen.
Das ist doch aber der Sinn von WorstCase. Das ist doch nicht der 
Normalzustand. Und gerade R haben doch einen gesunden Spielraum nach 
oben.

von P. M. (o-o)


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Wenn ich sehe, wie viele Fehler mir beim Entwickeln unterlaufen - sei es 
Flüchtigkeit oder tatsächliche Fehleinschätzungen, dann bin ich froh, 
etwas dickere Bauteile zu verwenden. So lange man nur Einzelexemplare 
baut, kostet diese Praxis praktisch nichts, hat sich aber schon oft 
bewährt. Denn was maximale Belastung angeht, da gilt: Sag niemals nie 
;-)

von Reinhard Kern (Gast)


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Michael_ schrieb:
> Das ist doch aber der Sinn von WorstCase.

Im Prinzip ist das ja auch ganz einfach, du rechnest einfach die 
Schaltung durch für den minimalen und den maximalen Wert des Bauteils. 
Wenn du aber 100 Bauteile hast, musst du 2^100 Simulationen der 
Schaltung durchführen, da braucht man schon ein eigenes Rechenzentrum.

Gruss Reinhard

von Andreas L. (andi84)


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Daneben ist die Ausfallrate eine Stochastische Größe.
Wenn ein Elko bei 85°C 200h halten soll laut DB, dann tun das "fast" 
alle. Du wirst aber immer in paar Kandidaten haben, die nach deutlich 
kürzerer Zeit ableben, dafür werden andere älter.
Gleiches gilt bei Gleich-riecht-er'n. Die können das was draufsteht zwar 
ab, aber wenn die hart am Limit sind, dann machen einem Raumladungszone, 
Sperrstrom und SPikes aus dem Netz das Leben schwer. Daher nimmt man die 
oft etwas größer. Manchmal auch nicht, dass sind dann die PC-Netzteile, 
die plötzlich mal mit nem dezenten plöpp ableben, obwohl sie nichtmal an 
waren.
Und zuletzt gibt es da ja ncoh den Anwender der Geräte, der öfter 
auchmal davon ausgeht, dass solange es nicht von alleine abschaltet, 
alles gut ist.
Da wird dann schonmal nen Verstärker auf SPitzenlast für 5h 
weichgekocht, weil geht ja.

Gruß
Andreas

von Basti (Gast)


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Um das Beispiel widerstand und wärem aufzugreifen. Wird ein Widerstand 
an der Leistungsgrenze betrieben, dann mag das ok sein. Nur 
berücksichtigt deine worst case rechnung auch die Bediener oder 
Patientensicherheit? Bestimmt nicht (zweiteres in der Med. technik). 
Denn mehr als 75°C sollten die teile nicht haben. Damit man das Gerät 
gefahrlos anfassen darf.
Ist auch ein grund für überdimensionierung.

von Noname (Gast)


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Das hängt, wie schon angedeutet, von der Entscheidung des Kunden ab. Da 
wird dann schonmal ein Bauteil enger dimensioniert, die Kühlung 
weggelassen oder arg an der Grenze betrieben weil es billiger ist.
Grad gestern wieder ein Projektmeeting erlebt, wo solche Fragen dann in 
Richtung "billiger" entschieden werden trotz Einspruch der Techniker.

von Basti (Gast)


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unverantwortlich finde ich sowas. Ich hatte hier vor kurzem ein Beitrag 
gelesen. Da Testete jemand eine "billig china" netzteil. 30V 4A mein ich 
mich zu erinnern. Er ist mit einer wärmebildcam. rangegangen. Mein Gott 
wurden einige Bauteile gefährlich warm. Er schrieb auch das bei volllast 
das Gerät nicht lange leben würde. Von der Bedienersicherheit ganz zu 
schweigen.

von Michael K. (charles_b)


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Man kann also sagen:

Lieber mit einem Rolls-Royce Brötchen holen als mit einem Fahrrad nen 
Umzug erledigen...

Zum "worst case". Es sind ja gerade neue Einsatzbereiche, die beim Bau 
keiner erahnen konnte, die davon profitieren wenn etwas nicht total auf 
Kante genäht ist.

Was nützt mir ein Netzgerät, welches bei max. 22° C zu betreiben ist, 
wenn es in einem Raum unter dem Dach eingesetzt wird, welcher im Sommmer 
locker auf 28°C kommt?

Ikea bietet z. B. Schneidbretter und Spagettisiebe aus Kunststoff an. 
Schön und gut. Auch hier handelt es sich sicher nicht um 
überdimensionierte Produkte.

Doch bei Billigheimer-Möbeldiscounter (*-Oase, *-Domäne etc.) gibt es 
auch Spagettisiebe. Die haben dann noch mal 50% weniger Wandstärke. 
Solche Teile kann man sofort in die Tonne treten, weil sie sich mit 
einer Füllung Spagetti so durchbiegen, dass man ne extra Unterlage 
braucht.

Und die Schneidbretter sind auch noch mal 3 mm dünner und etwas kleiner 
und haben ein extra großes Aufhängeloch um nochmal Material zu sparen.


Im Grunde genommen ist eine Unterdimensionierung oder 
geht-grade-so-Konstruktion eine Verschwendung von Ressourcen - genauso 
wie eine extreme Überdimensionierung. (Kofferradio mit Netzleitung mit 
2,5²-Zuleitung.)

von Johannes O. (jojo_2)


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Überdimensionieren kann auch einfach praktisch sein:

Wollte eine H-Brücke aufbauen die bis zu 10A schafft. Letztendlich nach 
langem Rechnen hab ich Mosfets genommen die sehr viel mehr schaffen.
Grund: Bei den "schlechteren" Mosfets hätte man noch zusätzlich kühlen 
müssen, was Platz wegnimmt und die kosten auch wieder erhöht.
Mittlerweile habe ich die H-Brücken auch in ein paar anderen Tests 
verwendet, bei denen Ströme bis 15A auftreten. Auch das war dank 
überdimensionierung kein Problem.


Wenn man sehr an die Grenze dimensioniert, dann ist man hernach 
unflexibel wenn man doch mal was ändern müsste.
Klar spart das einer Firma die tausende dieser Schaltungen herstellt 
viel Geld, dem einfachen Bastler bringts aber nix, wenn er den 
Transistor der 20 cent kostet, durch einen austauscht der 19 cent 
kostet, wenn er noch nicht weiß, ob er nicht doch besser den anderen 
hätte nehmen sollen.

//edit:

außerdem ist die schaltung dann auch fehlertoleranter wenn man die 
Bauteile großzügiger auslegt.

von j. c. (jesuschristus)


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Man sollte bedenken, dass der Käufer einem Geröt, was länger hält und 
auch etwas Missbrauch übersteht eine hohe Qualität attestiert und wieder 
(vom teuren Deutschen) kauft. Ist aber alles auf Kante dimensioniert, 
geht es eben nach 2 Jahren und 2 Wochen kaputt. In solchen Fällen mache 
ich es ganz einfach: kaufe erstmal richtig billig und schaue mal wie 
lange das hält. Und das meine Freunde, wirkt sich auf Eure 
Arbeitsplatzsicherheit aus. Also lieber mal einen kleinen Kulanzzuschlag 
einplanen :-)

von horst (Gast)


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Weil ich nicht für jeden 08/15 R oder C eine eigene Spezifikation in die 
Stückliste schreibe. Für 08/15 Bauteile soll der Bestücker das nehmen, 
was er ohnehin in Massen lagernd hat. Wenn er 10 verschiedene 10k 
Widerstände für eine Platine verwendet wirds auch nicht billiger.
Und der Bestücker verwechselt nicht so leicht den Bauteil.
Nur für Bauteile, die wirklich spezielle Anforderungen haben, gibt es 
bei mir auch spezielle Spezifikationen.

Michael K-punkt schrieb:
> Lieber mit einem Rolls-Royce Brötchen holen als mit einem Fahrrad nen
> Umzug erledigen...

Lieber mit dem Citybike über Straßen und Wiesen fahren als mit dem 
Rennrad losfahren und das Mountainbike auf den Rücken zu schnallen.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Basti schrieb:
> Um das Beispiel widerstand und wärem aufzugreifen. Wird ein Widerstand
> an der Leistungsgrenze betrieben, dann mag das ok sein. Nur
> berücksichtigt deine worst case rechnung auch die Bediener oder
> Patientensicherheit? Bestimmt nicht (zweiteres in der Med. technik).
> Denn mehr als 75°C sollten die teile nicht haben. Damit man das Gerät
> gefahrlos anfassen darf.
> Ist auch ein grund für überdimensionierung.
Ähm....
Wenn in einem Gerät 100W umgesetzt werden, und diese 100W das Gerät auf 
50°C erwärmen, dann ist es vorrangig egal, ob die 100W von 1000 Stück 
Widerständen mit je 0,1W Leistung oder von 500 Stück Widerständen mit je 
2W Leistunge erzeugt werden. Bei gleicher Kühlung und gleichem Gehäuse 
wird dieses auch gleich warm werden. Vorrangig unabhängig davon, wie 
warm der einzelne Widerstand wird....

von Andrew T. (marsufant)


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Lothar Miller schrieb:
> Ähm....
>
> Wenn in einem Gerät 100W umgesetzt werden, und diese 100W das Gerät auf
>
> 50°C erwärmen, dann ist es vorrangig egal, ob die 100W von 1000 Stück
>
> Widerständen mit je 0,1W Leistung oder von 500 Stück Widerständen mit je
>
> 2W Leistunge erzeugt werden.


Nun, egal ist das nicht.

Es liegt ein Faktor 10 dazwischen .-)



>  Bei gleicher Kühlung und gleichem Gehäuse
>
> wird dieses auch gleich warm werden. Vorrangig unabhängig davon, wie
>
> warm der einzelne Widerstand wird....

ahem...

von Michael_ (Gast)


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Was beim Widerstand angegeben ist, das ist die Nennlast.
Da wird noch nichts "Auf Kante genäht". Und die genannte 
Umgebungstemperatur von 75 °C machen da auch noch nichts.
Man muß eben mal ins Datenblatt schauen.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Andrew Taylor schrieb:
>> Bei gleicher Kühlung und gleichem Gehäuse
>> wird dieses auch gleich warm werden. Vorrangig unabhängig davon, wie
>> warm der einzelne Widerstand wird....
> ahem...
Reingefallen... :-P
Was ist schwerer: 1kg Blei oder 1kg Gänsedaunen?

100W aus 1000 Stk. 100mW Widerständen machen genauso warm wie
100W aus 500 Stk. 2W Widerständen.
Hier bringt es also gar nichts, für eine bessere Temperaturbilanz des 
Geräts die einzelnen Bauteile überzudimensionieren.

von Neunpfünder (Gast)


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man erkennt immer sehr schön die Unfähigkeit des "Entwicklers" anhand 
der Überdimensionierungen...
Wenn was abraucht, wird es einfach stärker und noch stärker ausgelegt, 
ohne den Ausfallgrund zu kennen...sieht man gern auch in Großserien.

von Arc N. (arc)


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horst schrieb:
> Weil ich nicht für jeden 08/15 R oder C eine eigene Spezifikation in die
> Stückliste schreibe. Für 08/15 Bauteile soll der Bestücker das nehmen,
> was er ohnehin in Massen lagernd hat.

Viel Spaß...
Z.B. Y5V statt X7R oder X5R und/oder statt 16V Typen nur welche die für 
4V ausgelegt sind oder Cs mit zu hohem/niedrigen ESR...
Bei Pullups/downs kann man das machen, der Rest wird hier immer 
vollständig spezifiziert

von U. B. (Gast)


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> Reingefallen... :-P
> Was ist schwerer: 1kg Blei oder 1kg Gänsedaunen?

1 Kilo Wissen !

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