Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik BLDC - Dreieckschaltung


von Diseq (Gast)


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Hallo µC Gemeinde,

ich möchte einen BLDC Motor mit einer 3phasigen Vollbrücke in Betrieb 
nehmen. Nach intensiver Recherche und zahlreichen Application Notes, 
denke ich nun die Problematik umrissen zu haben.

Eine Regelung muss nicht existieren, das Ganze ist ein Anschauungsobjekt 
und es reicht, wenn das Drehfeld in der Frequenz langsam hochgefahren 
wird und keine Lastwechsel auftreten.

So wie ich das ganze sehe, existieren 3 Möglichkeiten zur Umsetzung 
(bitte korrigiert mich):

1. Umrichterbetrieb mit Grundfrequenztaktung -> Schlechte 
Strom-/Spannungsform -> Drehmomentwelligkeit, hohe Blindleistung im 
Statorsystem
Frequenz variabel, Amplitude fest gemäß Fourierspektrum

-Leichte Umsetzung, da wenige Schaltvorgänge


2. Grundfrequenztaktung + Modulation/Austastung des Sinusmittelwertes -> 
Sinusförmige Strangspannungen / sinusähnliche Strangströme -> geringere 
Drehmomentwelligkeit. Variable Frequenz / Amplitude

-Umsetzung mit Sinustabelle, Modulationsfrequenz beliebig genau

3. Raumzeigermodulation. Eleganteste Methode, Eierlegendewollmilchsau

-Rechenintensiv

4. Ansteuerung nach "AVR447", d.h. immer eine Halbrücke floaten lassen 
und sinus Halbwellen an den Strängen erzeugen, die nach Außen an den 
Klemmen aber einen schönen Sinus konstruieren.


Meine Frage nun, welche Methode würde ihr für eine ungeregelte Lösung 
empfehlen? Ich tendiere ja zu Nr 2.

Was ich mich weiterhin frage: Nr3. und Nr4. sind doch von der 
Verschaltung der Stränge abhängig und alle Beispiele auf eine 
Sternschaltung bezogen.
Funktioniert das auch in Dreiecksschaltung?

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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Hallo,

Diseq schrieb:
> 1. Umrichterbetrieb mit Grundfrequenztaktung -> Schlechte
> Strom-/Spannungsform -> Drehmomentwelligkeit, hohe Blindleistung im
> Statorsystem
> Frequenz variabel, Amplitude fest gemäß Fourierspektrum

Das verstehe ich nicht. Von welcher Amplitude schreibst Du? Strom oder 
Spannung?

Die Spannungsamplitude lässt sich über Pulsweitenmodulation der 
Halbbrücken problemlos einstellen und damit dann auch der Strom.

Was verstehst Du unter Blindleistung im Statorsystem? Ich sehe nur 
Oberschwingungen, die prinzipiell unerwünscht sind.

> -Leichte Umsetzung, da wenige Schaltvorgänge

Verstehe ich auch nicht. Wenn Du jede der drei Halbbrücken mit einem 
eigenen Pulsweitenmodulator ausstattest, dann macht es keinen 
Unterschied, ob Du 120°-Spannungsblöcke oder Sinsushalbschwingungen an 
die Maschine anlegst.

> 2. Grundfrequenztaktung + Modulation/Austastung des Sinusmittelwertes ->
> Sinusförmige Strangspannungen / sinusähnliche Strangströme -> geringere
> Drehmomentwelligkeit. Variable Frequenz / Amplitude

Leider stimmt das so auch nicht. Die Polradspannung der Maschine 
beeinflusst den Stromverlauf ebenfalls oder eine läuferlageabhängige 
Induktivität. Eine Sinusmodulation der Halbbrücken bringt somit nicht 
notwendigerweise Vorteile. Enbenso kann man nicht pauschal sagen, dass 
Oberschwingungen in Strom und Klemmen-Spannung die Drehmoment-Welligkeit 
verschlechtern. Das geschieht nur, wenn eine Stromoberschwingung auf 
eine Oberschwingung der Polradspannung trifft, wobei beide die selbe 
Ordnung besitzen müssen.

> 3. Raumzeigermodulation. Eleganteste Methode, Eierlegendewollmilchsau

Wenn man die erforderliche Rechenleistung und die entsprechende 
Auflösung des Lagegebers und der Strommessung hat, dann ist das 
sicherlich die beste Lösung.

> 4. Ansteuerung nach "AVR447", d.h. immer eine Halbrücke floaten lassen
> und sinus Halbwellen an den Strängen erzeugen, die nach Außen an den
> Klemmen aber einen schönen Sinus konstruieren.

In diesem Verfahren sehe in Verbindung mit den üblichen Maschinen keinen 
Vorteil ggü. dem 120°-Blockspannungs-Verfahren. Einzig und allein bei 
Maschinen mit extrem geringer Induktivität und einem sehr "spitzen" 
Verlauf der Leerlaufspannung (also kein trapezförmiger Verlauf, sondern 
sinus-ähnlich, aber mit spitzer Kuppe) macht dieses Verfahren Sinn 
(wobei ich aber am Sinn einer solchen Maschinenauslegung zweifeln 
möchte). Nicht alles was "neuartig" ist, ist auch immer besser. :-(

> Meine Frage nun, welche Methode würde ihr für eine ungeregelte Lösung
> empfehlen? Ich tendiere ja zu Nr 2.

Mach' wozu Du Lust hast ;-) Was soll ich Dir empfehlen, wenn ich weder 
die Maschine noch Deine Randbedingungen kenne?

> Was ich mich weiterhin frage: Nr3. und Nr4. sind doch von der
> Verschaltung der Stränge abhängig und alle Beispiele auf eine
> Sternschaltung bezogen.
> Funktioniert das auch in Dreiecksschaltung?

Du kannst bei einer el. Maschine von außen (nur durch Messung an den 
drei Phasen-Klemmen) nicht unterscheiden ob sie in Stern oder Dreieck 
verschaltet ist. Also hat das auch keinen Einfluss auf das Verhalten des 
Umrichters.

Man kann jedoch nicht jede Maschine in Dreieckschaltung sinnvoll 
betreiben. Stichwort: 3. Harmonische der Polradspannung.

Grüßle,
Volker.

von Diseq (Gast)


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Danke für die Antwort.

Mit der ersten Methode meine ich in etwa das, was du mit den 120° 
Spannungsblöcken andeuten möchtest. Allerdings ergeben sich bei 
Sternschaltung Spannungswerte von +-1/3Uzk und +-2/3Uzk an den 
Motorsträngen (vgl. 
http://www.mikrocontroller.net/articles/Frequenzumrichter_mit_Raumzeigermodulation 
"Steuerprogramm"). Daher würde ich nicht 120° sondern 40° Blöcke 
verwenden, die Flanken werden dann durch die 1/3Uzk besser moduliert. 
Für Dreiecksschaltung liegt jedoch die volle Zwischenkreisspannung an, 
weshalb ich dachte, dass eine Modulation hierdurch schwieriger wird.

Das mit der Blindleistung war vielleicht ein Overkill, allerdings sorgen 
Stromoberschwingungen im Statorsystem tatsächlich für Pendelmomente an 
der Achse. Diese bereits mechanische Blindleistung übeträgt sich auch in 
das elektrische System. Wieso sollte man ansonst mit der Modulation 
einen möglichst perfekt sinusförmigen Stromverlauf erreichen wollen?

Jedenfalls möchte ich den Sinus sehen, sei es als Averaging Wert der 
Spannung am Oszilloskop, oder als Strom durch die Motorstränge.

Würde ich das ganze nicht als Aufbau für eine Firma machen, dann hätte 
ich als praktisch orientierter Modellbaufreund auch mit Blöcken 
angesteuert.

Dennoch danke, dass du deinen Senf dazu abgegeben hast :)

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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Diseq schrieb:

>                       Daher würde ich nicht 120° sondern 40° Blöcke
> verwenden, die Flanken werden dann durch die 1/3Uzk besser moduliert.

Da sehe ich keinen Vorteil Schlussendlich interessiert sowieso nur die 
Grunschwingungsamplitude der angelegten Spannung (Fourrier). Da ist der 
Einfluss der Rampen nicht sonderlich groß.

> Für Dreiecksschaltung liegt jedoch die volle Zwischenkreisspannung an,
> weshalb ich dachte, dass eine Modulation hierdurch schwieriger wird.

Wenn Du die selbe Maschine einmal in Y- und das andere Mal in 
D-Schaltung betreibst (und den Lagegeber jedes Mal richtig justierst), 
dann wirst Du als einzigen Unterschied feststellen, dass die D-Schaltung 
zu einer höheren Drehzahl führt. Ansonsten sind die Verhältnisse 
identisch (wenn die Polradspannung der Maschine keine Kreisströme in der 
D-Schaltung treibt).

>                                                     allerdings sorgen
> Stromoberschwingungen im Statorsystem tatsächlich für Pendelmomente an
> der Achse.

Nur wenn die induzierte (oder in guter Näherung die Polradspannung) eine 
entsprechende Oberschwingung besitzt.

>         Diese bereits mechanische Blindleistung übeträgt sich auch in
> das elektrische System.

:-) Versuch mal den Begriff der mech. Blindleistung einem Maschinenbauer 
zu erklären -- ich bin kläglich gescheitert :-)

>                          Wieso sollte man ansonst mit der Modulation
> einen möglichst perfekt sinusförmigen Stromverlauf erreichen wollen?

Weil man die elektrische Maschine nicht verstanden hat :-(
... oder eine Asynchronmaschine (ASM) betreiben will. Da Du aber 
explizit von einem BLDC-Antrieb geschrieben hast, gehe ich bei Deiner 
Anwendung von einer permanentmagnetisch erregten Synchronmaschine 
(PM-SM) aus. Da haben die Oberschwingugen im Strom andere Auswirkungen 
als bei der ASM.

> Jedenfalls möchte ich den Sinus sehen, sei es als Averaging Wert der
> Spannung am Oszilloskop, oder als Strom durch die Motorstränge.

Was denn jetzt, Spannung oder Strom?

> Würde ich das ganze nicht als Aufbau für eine Firma machen, dann hätte
> ich als praktisch orientierter Modellbaufreund auch mit Blöcken
> angesteuert.

Natürlich kannst Du die drei Halbbrücken so ansteuern, dass sich ein 
sinusförmiger Stromverlauf ergibt. Also einfach für jede Halbbrücke bzw. 
jeden Maschinenstrang einen Stromregler implementieren.

Aber, dass sich bei Speisung mit sinusförigen Spannungen automatisch ein 
sinusförmiger Stromverlauf ergibt, wage ich zu bezweifeln, wg. folgender 
Effekte:

1. Oberschwingungen der Maschinenspannung  (Polradspannung)
2. Sättigung
3. Rotorlageabhängige Induktivitäten

Grüßle,
Volker.

von Diseq (Gast)


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Mit sinusförmig erwarte ich keinen tollen sinus. Es reicht auch schon 
ein Dreieck, welches mit viel Vorstellungskraft danach aussieht.

Zum Motor: Ich wollte zuerst eine PMSM verwenden, allerdings sind 
Servomotore in der Bauweise, in der ich sie brauche und vor allem dem 
Spannungsbereich ziemlich teuer. Daher werde ich einen Brushless DC 
Motor verwenden.

Liege ich überhaupt richtig in der Annahme, dass der BLDC sich von der 
PMSM lediglich in der Statorwicklung unterscheidet? Bei einer PMSM 
erwarte ich eine kontinuirlich verteilte Drehstromwicklung, während der 
BLDC im Prinzip konzentrierte Wicklungen besitzt, wie ein DC Motor, 
allerdings je nach Polpaarzahl phasenversetzt?

Versteh mich nicht falsch, die Blocksteuerung würde ich dankend 
annehmen, wenn nicht explizit nach etwas anderem verlangt würde.

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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Diseq schrieb:
> Zum Motor: Ich wollte zuerst eine PMSM verwenden, allerdings sind
> Servomotore in der Bauweise, in der ich sie brauche und vor allem dem
> Spannungsbereich ziemlich teuer.

Mit ein bisschen Glück bekommt man sie bei eBay recht günstig -- ich 
hatte schon zwei Mal Erfolg. :-)

> Liege ich überhaupt richtig in der Annahme, dass der BLDC sich von der
> PMSM lediglich in der Statorwicklung unterscheidet?

Oh je, das definiert jeder so er es will. Für mich ist jede elektrische 
Maschine, die über eine Drehfeldwicklung im Stator und ein Erregersystem 
im Polrad verfügt eine Synchronmaschine, also auch die Maschinen, aus 
denen idR. BLDC-Antriebe gebaut werden.

>                                                      Bei einer PMSM
> erwarte ich eine kontinuirlich verteilte Drehstromwicklung, während der
> BLDC im Prinzip konzentrierte Wicklungen besitzt, wie ein DC Motor,
> allerdings je nach Polpaarzahl phasenversetzt?

Nein, diese Unterscheidung gibt es in dieser Form nicht. Ich habe schon 
Motoren aus BLDC-Antrieben gesehen, deren Wicklungsstränge aus jeweils 
drei Durchmesserspulen bestanden oder auch Maschinen für 
Hybridfahrzeuge, die Einzelzahnwicklungen besaßen, also gesehnte 
Wicklungen, wie man sie eigentlich nur aus Kleinmaschinen kennt.

> Versteh mich nicht falsch, die Blocksteuerung würde ich dankend
> annehmen, wenn nicht explizit nach etwas anderem verlangt würde.

Kein Problem :-)

An Deiner Stelle würde ich mir einen Mikrocontroller mit dreikanaligem 
Pulsweitenmodulator suchen und damit die drei Halbbrücken des Umrichters 
ansteuern. Der Stromverlauf in den drei Strängen wird dann besonders 
"schön", wenn Du die drei PW-Modulatoren gegeneinander um jeweils 120° 
in der Phase verschiebst (der Stromripple hat dann die dreifache 
PWM-Trägerfrequenz).

Wenn Deine Anforderungen an die Oberschwingungen im Strom so gering 
sind, dann genügt es wirklich, sinusförmige Spannungen vorzugeben. Wenn 
Du die Zwischenkreisspannung besonders gut ausnutzen willst, dann 
wendest Du das Unterschwingungsverfahren an, indem Du auf Deine 
Sinus-Spannung noch eine 3. Oberschwingung modulierst, die den Sinus 
"abplattet". Stromoberschwingungen mit der Ordnungszahl 3 (und deren 
Vielfache) können durch den Umrichter nicht in einer Drehstromwicklung 
erzeugt werden.

Was hast Du für einen Lagegeber an der Maschine? Der sollte dann auch so 
gut auflösen, dass Du jeder Halbwelle eine vernünftige Anzahl an 
Stützwerten verpassen kannst. Die Sinus-Kurve würde ich als Tabelle 
ablegen und dabei die Symmetrie ausnutzen, also nur eine 
Viertelsperiode. Ggf. kann man ja zwischen zwei Stützwerten (linear) 
interpolieren, wenn Dein Lagegeber sehr hoch auflöst.

von Diseq (Gast)


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Es besteht keine Anforderung an eine Regelung, es reicht wenn der 
Benutzer die Maschine mit einem POTI langsam auf touren bringen kann. 
Die Applikation soll den Umrichter in Szene setzen. Daher wert eich 
keinen Lagegeber aus, die Maschine wird meinem Umrichter schon folgen.

Die Modulation mache ich nun mit der Tabelle, wie du sie ja auch 
vorschlägst. Es ist auch kein großes Ding hier die 3. harmonische zu 
überlagern. Der Controller ist wie gesagt der AT90PWM3B und daher 
bestens für das Vorhaben geeignet ;)

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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OK, wenn Du die Maschine fequenzgeführt betreiben willst, also ohne 
Lagegeber, dann scheidet die 120°-Blockkommutierung definitiv aus.

Sonderlich stabil wird die Maschine im frequenzgeführten Betrieb nicht 
sein. Bei Lastsprüngen oder hoher Drehzahl wird sie sich aufschaukeln.

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