Hallo Leute, ich würde gerne besser verstehen, warum so oft erwähnt wird, dass sich die Herstellung von Methanol als Kraftstoff wegen des Wirkungsgrades "nicht rechnet". Angeregt hat mich dieser Beitrag: Beitrag "Energiespeicherung in Methanol?" Ich bin ein Staat wie DE und brauche Kraftstoff für Fahrzeuge (und mehr). Ich kann a) Erdöl importieren und daraus in einer Raffinerie Benzin machen, oder b) ich baue Anlagen für die Methanolsynthese in der Nähe meiner Windkraft- oder Photovoltaikanlagen. Bei beiden Varianten muss ich die Anlagen bauen und instandhalten. Für a) muss ich Erdöl importieren, was mit ständig steigenden Kosten verbunden ist. Für b) muss ich nichts importieren. Für a) und b) muss ich zusätzlich Energie einsetzen, bei b) benutze ich die regenerative Energie der Anlage selbst. Ich stelle mir eine Anlage für b) vor, die weitgehend automatisch arbeitet (wenn auch mit geringem Wirkungsgrad) und wo man aus einem großen Tank in größeren Zeitabständen die "Ernte" an Methanol abholt. Ein Argument ist sicher das gebundene Kapital für die Anlagen - aber wäre das so verschieden? Oder ist Erdöl einfach viel zu billig?
Rainer Unsinn schrieb: > Oder ist Erdöl einfach viel zu billig? Noch ja. Der Wirkungsgrad ist (eigentlich) wurscht solange die Kosten gering sind, wir alle leben nur deshalb so komfortabel weil die Pflanzen auf unserem Planeten Sonnenenergie mit einem miesem Wirkungsgrad in Zucker/Stärke transformieren. Wir leisten uns sogar den Luxus dieses Produkt mit nochmaligem Wirkungsgradverlust in Fleisch zu verwandeln. Das Problem ist nur das sich (noch) billigere/mehr Rendite versprechende Möglichkeiten ergeben als ein solches Verfahren.
Die Herstellung von MeOH nach dem CO- bzw. CO2- Verfahren erfordert spezielle Bedingungen wie Edelmetallkatalysatoren, Hochdruck etc. D.h. die Anlagen sind technisch sehr anspruchsvoll. Die Kapazitäten einer heutigen MeOH-Anlage über den CO-Weg dürften locker im Bereich von 6-7stelligen Jahrestonnen liegen. Um preislich halbwegs konkurrenzfähig zu sein, müßte man für die Energiespeicherung ähnliche Kapazitäten aufbauen, da die Herstellkosten dieser Commodities stark investitionsabhängig sind. Außerdem brauchen die Anlagen eine Mindestlast, um sinnvoll betrieben werden zu können, d.h. ein beliebiges rauf- und runterfahren ist nicht möglich. Der Link erwähnt selbst, daß dieses CO2/MeOH-Verfahren gegenüber der H2-Herstellung über Elektrolyse unterlegen ist, lediglich die MeOH-Speicherung ist einfacher.
naja "lediglich" die Speicherung könnte aber auch entscheidend sein.. was den Transport und die Lagerung angeht, oder? Nehmen wir halt sukzessive die jetzigen Tanks etc. für Benzin. Der Wasserstoff entweicht ja ständig..
>Der Wasserstoff entweicht ja ständig.. Wasserstoff wird schon lange großtechnisch produziert und auch gelagert. Es gibt industrielle H2-Netze mit 300bar H2! Im Prinzip ist eine Verteilung über Rohrleitung analog Ergas möglich. Ich könnte mir vorstellen, daß bei H2 eine psychologische Barriere besteht, weil jeder aus seiner Schulzeit noch das "gefährliche" Knallgas kennt. Gasexplosionen in privaten haushalten Ergas gibt es allein in DE mehrere pro Jahr, die aber offenbar als nicht so bedrohlich empfunden werden. http://www.schornsteinfegerkreisborken.de/erdgas.htm#Anker3erdgas
Kara Benemsi schrieb: > weil jeder aus seiner Schulzeit noch das "gefährliche" Knallgas > kennt Ich sag mal: Hindenburg
Keine Angst. Wenn sich das wirtschaftlich lohnt wird das schon jemand machen.
>Keine Angst.
Ich merke schon, kein Interesse an einer halbwegs sachlichen Diskussion.
Rainer Unsinn schrieb: > naja "lediglich" die Speicherung könnte aber auch entscheidend sein.. > was den Transport und die Lagerung angeht, oder? Nehmen wir halt > sukzessive die jetzigen Tanks etc. für Benzin. Der Wasserstoff entweicht > ja ständig.. Methanol ist doch eben so leicht oder schwer zu lagern wie Benzin, ist eine Art Alkohol, kein Flüssiggas. Die Brasilianer fahren doch wenigstens seit den 1970-er Jahren damit Auto, flächendeckend, und das Zeug wird genau wie Benzin an der Tankstelle getankt. Lediglich haben die Autos geänderte Motoren mit höherer Verdichtung, können dann kein Benzin mehr fahren. Das brauchen sie wiederum auch nicht, haben ja gigantische Mengen Zuckerrohr, woraus das Methanol gewonnen wird. Es kann sein, daß sie teilweise auch Ethanol haben, gewöhnlichen Alkohol wie in Getränken. Vor etwa 25 Jahren sah ich in einer Fernsehreportage, wie sich der Reporter an der Zapfsäule in Brasilien einen Drink mixte... Heute kann es natürlich wieder anders sein, von wegen spottbilligem Alkohol für den menschlichen Verzehr.
Kara Benemsi schrieb: >>Ich sag mal: Hindenburg > Was ist jetzt genau Dein Punkt? Dass die Explosion der Hindenburg mit 35 Todesopfern - im heutigen Strassenverkehr und auch in der damaligen politischen Situation eigentlich vernachlässigbar - zum Ende der Luftschifffahrt mit Zeppelinen führte. Nicht, weil die so gefährlich waren, sondern weil halt keiner mehr sein Leben so einem Gefährt anvertrauen wollte. Unter anderem deswegen ist Wasserstoff immer noch ein Reizwort, obwohl genügend Gastanks in Deutschland rumstehen, um die sich kaum jemand Gedanken macht. Davon abgesehen hätte Methanol schon einige Vorzüge gegenüber Wasserstoff, allein die Lagerung und Befüllung. Und das es nicht in größerem Umfang genutzt wird heisst einfach nur, dass Erdöl immer noch zu billig zu haben ist. Wird sich ändern...
interessant, dass es sich bei den Brasilianern rechnet, die dafür noch Zuckerrohr anbauen müssen.. ist schon merkwürdig - zumal das ja auch nicht unproblematisch ist (food or fuel, steigende Lebensmittelpreise..)
Rainer Unsinn schrieb: > interessant, dass es sich bei den Brasilianern rechnet, die dafür noch > Zuckerrohr anbauen müssen.. ist schon merkwürdig Ja, da müßte man mal die näheren Umstände ermitteln, warum es dort so gut funktioniert(e). Den aktuellen Stand in Brasilien kenne ich nicht, meine Beobachtungen zum Thema waren vor 25 Jahren. Auf welchem Entwicklungsstand ist Brasilien, haben sie gigantisch viel Landfläche, hat überhaupt jeder ein Auto, oder ist die Armut noch groß? Wie hoch ist der Kraftstoffverbrauch pro Kopf? Haben sie mancherorts nicht doch Kraftstoff aus Erdöl? Ist die Zuckerrohrproduktion billig? Die Umstände der Zuckerrohrarbeiter in der Karibik sollten ja aus TV-Reportagen bekannt sein. Sklaventum, viel Arbeit ohne Lohn. Vielleicht ist ihnen das Erdöl einfach zu teuer? > zumal das ja auch > nicht unproblematisch ist (food or fuel, steigende Lebensmittelpreise..) Das gibt es aber anderswo auch. Wird nicht schon Getreide in Kraftwerken verbrannt, Palmen für billiges Palmöl in Asien und Südamerika angebaut (wobei kleine Bauern landenteignet wurden, ihrer Existenz beraubt), oder Raps für Rapsöl (Biodiesel) angebaut? Der Wald ist ja auch ein Rohstofflieferant. Zu dem Thema fand ich mal mittelalterliche Karten und Beschreibungen an meinem früheren Eifeler Wohnort. Und zwar war man dort schon mal so weit, daß ganze Waldbestände abgeholzt waren, und es zu wenig Holz für Hüttenwerke (z.B. Eisenhütten, Holzkohleherstellung zur Eisenreduzierung) gab. Komischerweise gab es keine großen Bodenerosionen, denn der Untergrund ist gut von Felsgestein gehalten. Andererseits holzte man Wald für Ackerfläche ab. Die Ackerflächen sind heute wieder bewaldet, erstaunlich. Nicht die geringste Spur mehr von 200 Jahren vorher. Anscheinend braucht man zur Lebensmittelerzeugung eben nicht immer alle Flächen, die man verfügbar machen könnte.
Wilhelm Ferkes schrieb: > Die Brasilianer fahren doch wenigstens seit den 1970-er Jahren damit > Auto, flächendeckend, und das Zeug wird genau wie Benzin an der > Tankstelle getankt. Bist du sicher, daß das Methanol und kein Ethanol - sprich Alkohol - ist?
Brasilien = Ethanol Artikel von 2009: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,602457,00.html Artikel von 2010: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,676844,00.html Es gibt noch einen interessanten Spiegelartikel aus dem letzten Jahrhundert, über die Zerstörung eines Flusses durch eine Ethanolfabrik in Brasilien. Ist auch im Netz verfügbar, hab ich aber grad nicht gefunden.
In Brasilien gibt es kein Methanol an den Tankstellen, sondern Ethanol: http://en.wikipedia.org/wiki/Ethanol_fuel_in_Brazil Brasilien ist ein Sonderfall - riesige Flächen an Ackerland und eine geringe Bevölkerungsdichte. Deutschland hingegen kann nicht einmal genug Lebensmittel produzieren um den Eigenbedarf zu decken. Wasserstoff als Kraftstoff ist Blödsinn - nicht wegen der Gefährlichkeit, sondern weil er sich schlecht speichern läßt. Cryotanks wirds in Autos kaum geben und die Hydridspeicher sind nicht marktreif. Aber wozu auch, wenn sich aus Wasserstoff einfach Methan (aka Erdgas) herstellen läßt? Dafür gibt es schon eine komplette Infrastruktur, vom Tankschiff über die Pipeline zum Tanklaster zur Tankstelle bis zum Auto.
Uhu Uhuhu schrieb: > Bist du sicher, daß das Methanol und kein Ethanol - sprich Alkohol - > ist? Ethanol natürlich, sonst hätte der Reporter sich damals den letzten Drink an der Zapfsäule gemixt. OK, Uhu, möglicherweise willst du darauf hinaus, daß ich mich beim Thema vertan habe. Aber bei der Vergärung von Biomasse entstehen beide Alkohole, und ich ging mal von ähnlichen Verwendungseigenschaften in Verbrennungsmotoren aus. Dann sprach ich ja weiter oben auch nur den Teilaspekt der Lagerung an, daß man es z.B. in einer gewöhnlichen Tankstelle lagern kann. OK, der Dampfdruck von Methanol ist etwa doppelt so hoch als bei Ethanol, wie ich in Wikipedia sah. Das sollte aber auch kein unumstoßbares Problem sein. Zum Dampfdruck von Benzin fand ich nicht direkt was, aber der liegt aus eigener Erfahrung noch viel höher (Reservekanister blähen sich gerne auf). Leider kenne ich die anteilige Aufteilung in Methanol und Ethanol in der Maische nicht, aber ich gehe mal von mehr Ethanol aus, das müßte ich mal suchen, habe noch nie selbst Schnaps gebrannt. Es gab doch hier im Forum auch schon ähnliche Themen, wo die Umwandlung von CO2 in Methanol drin vor kam. Das ist der springende Punkt, das CO2 aus der Luft zu holen, und wohl eher das aktuelle zentrale Thema. Und dann eben auch die Verwendung von Methanol in Brennstoffzellen.
>Aber wozu auch, wenn sich aus Wasserstoff einfach Methan (aka Erdgas) >herstellen läßt? Dafür gibt es schon eine komplette Infrastruktur H2 wird bereits seit langem großtechnisch produziert und auch über Rohrleitungen transportiert. Warum also über den Umweg wieder Energie verbraten um aus H2 Erdgas herzustellen?
Malignes Melanom schrieb: > Aber wozu auch, wenn sich aus Wasserstoff einfach Methan (aka Erdgas) > herstellen läßt? Die Frage ist, ob es tatsächlich so einfach ist. Und das ist gerade das Problem, das was Du als einfach bezeichnest ist es nicht. Wenn man die Kette Strom -> Wasserstoff -> Methan -> Wasserstoff -> Brennstoffzelle -> Strom betrachtet, dann kommt man für diese Kette auf einen Wirkungsgrad von gerade mal 30% bis 36%. D.h. für die Speicherung gehen 70% an Energie verloren. Wenn man die Umwandlung Wasserstoff -> Methan -> Wasserstoff weglässt, dann kommt man auf eine Wirkungsgrad zwischen 60% und 75%. 45% Energie für die Umwandlung in Methan und zurück zu vergeuden ist wirklich nur bescheuert.
Kara Benemsi schrieb: > H2 wird bereits seit langem großtechnisch produziert und auch über > Rohrleitungen transportiert. Warum also über den Umweg wieder Energie > verbraten um aus H2 Erdgas herzustellen? Weil 1. die Speicherung von Wasserstoff sehr problematisch ist (Diffusion, Wasserstoffversprödung, Hochdrucktanks, hohe Temperaturen notwendig bei Hydridspeichern) und 2. selbst flüssiger Wasserstoff eine geringe volumetrische Energiedichte hat. Pipelines allein bringen nichts, der Wasserstoff muss auch noch irgendwie zur Tankstelle und in den Tank des Autos kommen.
Wilhelm Ferkes schrieb: > Aber bei der Vergärung von Biomasse entstehen beide Alkohole Dabei entstehen auch noch höherwertige Alkohole, aber weit überwiegend ist es Ethanol. Methanol wird aus Synthesegas gewonnen, nicht durch Vergärung. http://de.wikipedia.org/wiki/Methanol#Herstellung
Wilhelm Ferkes schrieb: > Aber bei der Vergärung von Biomasse entstehen beide > Alkohole, und ich ging mal von ähnlichen Verwendungseigenschaften in > Verbrennungsmotoren aus. Methanol besitzt eine höhere Klopffestigkeit (Oktanzahl) und ist deswegen besser als Kraftstoff geeignet. Wird zum Beispiel gern im Rennsport (Indycar) verwendet oder in Modellflugzeugen.
>Weil 1. die Speicherung von Wasserstoff sehr problematisch ist "Das Erdgasnetz ist für die Aufnahme von Wasserstoff geeignet.[34][35] Vor der Umstellung auf Erdgas wurden die deutschen Gasnetze mit Stadtgas betrieben, das zum überwiegenden Teil aus Wasserstoff bestand" z.B. aus http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffwirtschaft#cite_note-37
Kara Benemsi schrieb: > Vor der Umstellung auf Erdgas wurden die deutschen Gasnetze mit Stadtgas > betrieben, das zum überwiegenden Teil aus Wasserstoff bestand" Jep, als Kinder haben wir damit die Knallgasexperimente aus dem Chemieunterricht nachvollzogen =8P
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