Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Helmi's PT100 analog linearisieren?


von Dennis P. (devman)


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Hallo,

im Anhang habe ich eine Schaltung von Linear Technology, die ein PT1000 
Sensor analog linearisieren soll mit einer Genauigkeit von +- 0,025°C
(Range 0 bis 100°C).

Kann man diese Schaltung irgendwie auf die von Helmi's vorgestellte 
PT100 Schaltung übertragen?

Siehe: Beitrag "Temperaturmessschaltung möglichst genau?"


Ich schätze die Lösung liegt in den sogenannten Feedback-Widerstand 
1MEG, der die beiden OpAmps verbindet.

Wie könnte man das für Helmi's PT100 Schaltung auslegen oder berechnen?

Gruß
Dennis

von Purzel H. (hacky)


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Und was ist an der gezeigten Schaltung nicht gut genug, dass sie 
angepasst werden soll ?

von Dennis P. (devman)


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Nano Oschi schrieb:
> Und was ist an der gezeigten Schaltung nicht gut genug, dass sie
> angepasst werden soll ?

Weil ich 1. ein PT100 verwende

und weil ich 2. Helmi's Schaltung schon aufgebaut habe.


Ich möchte halt die Möglichkeit ausprobieren analog zu linearisieren und 
nicht mathematisch im Controller.

von Cheffe (Gast)


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Moin, die Kennlinie eines Industrie-Pt100 wird mit einem Polynom 4. 
Grades beschrieben. Analog linearisien? Viel Spass!


Cheffe

von Werner (Gast)


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Beim PT100 sind die Ströme einen Faktor 10 höher, also müssen alle 
Ströme die etwas mit dem PT100 zu tun haben, einen Faktor 10 höher sein 
bzw. die entsprechenden Widerstände zum OP-Summationspunkt einen Faktor 
10 kleiner. Viel Spaß beim Abgleich. Woher bekommst du die dafür 
erforderlichen Referenztemperaturen?
Je nach Meßmedium könnte mit den höheren Strömen die Eigenerwärmung ein 
ernstes Problem werden.

Die Schaltung von Helmi macht nur eine Korrektur mit einem Polynom 1. 
Ordnung, d.h. die hat mit der LT-Schaltung wenig zu tun.

von Klaus R. (klara)


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Hallo Dennis,
ich habe da etwas für Dich. Das Analog Applications Journal, Fourth 
Quarter, 2011. Artikel: Analog linearization of resistance temperature 
detectors.
http://www.ti.com/lit/an/slyt437/slyt437.pdf

Dazu gibt es: Support files with Excel spreadsheet and TINA-TI™ 
simulation examples:
www.ti.com/lit/zip/SLYT442

Im ZIP-File befindet sich u.a. RTD_Linearization_v7.xls .

Oben links ist der Platinwiderstand definiert. Der Parameter RTD Ro ist 
hier auf 100 Ohm gesetzt. Es kann hier aber auch jeder andere Wert 
eingesetzt werden.

Wenn Du mit TINA noch zusätzlich simulieren willst musst Du, wenn Du 
einen anderen Sensor als den PT100 einsetzen willst, noch das PT-Modul 
der Simu anpassen.

Ich habe das mal simuliert. Die Widerstände sollten schon 0,1% 
Genauigkeit haben. "Krumme" Werte kann man dabei aber mit genügender 
Genauigkeit mit 2, max 3 Widerständen, erreichen. MOUSER bietet diese 
Widerstände ab 30 Cent an.

Gruss Klaus.

von Harald W. (wilhelms)


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Cheffe schrieb:
> Moin, die Kennlinie eines Industrie-Pt100 wird mit einem Polynom 4.
> Grades beschrieben.

Eher 2.Grades. Für Temperaturen unter 0° kommt noch ein Therm
dritten Grades dazu.

> Analog linearisien? Viel Spass!

Auch vor der Erfindung des uCs konnte man mit PT100 schon sehr
präzise messen. Das Problem für eine gute Linearisierung ist
oft, das kein präzises Vergleichsinstrument zur Verfügung steht.
Gruss
Harald

von Purzel H. (hacky)


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Man kann die Sollspannung zur Kalibrierung ja auch mit einem DAC 
erzeugen...

von Helmut L. (helmi1)


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Nano Oschi schrieb:
> Man kann die Sollspannung zur Kalibrierung ja auch mit einem DAC
> erzeugen...

Warum so aufwendig.

Man berechnet sich fuer ein paar Temperaturen die Widerstandswerte und 
legt diese anstatt des PT100 an die Schaltung und dann sollte die 
entsprechende Temperatur angezeigt werden. Wie genau diese 
Refernztemperaturwiderstand liegt in dem Aufwand den man treibt.

Wer mehr Geld an die Hand nimmt kann auch ein Kalibriergeraet dafuer 
kaufen:

http://www.nbn-elektronik.ch/shop/hand-universal-kalibratoren/mc-50-mc-75-portable-multifunktions-kalibratoren-universalkalibratoren-prozesskalibratoren.html

von Fühli (Gast)


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>im Anhang habe ich eine Schaltung von Linear Technology, die ein PT1000
>Sensor analog linearisieren soll mit einer Genauigkeit von +- 0,025°C
>(Range 0 bis 100°C).

Achtung, die Schaltung ist nur sinnvoll, wenn du den Temperaturfühler 
unmittelbar bei der Elektronik anordnen kannst.

von Reinhard Kern (Gast)


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Harald Wilhelms schrieb:
> Eher 2.Grades. Für Temperaturen unter 0° kommt noch ein Therm
> dritten Grades dazu.

Ich habe noch nie gehört oder gelesen, dass sich die physikalischen 
Eigenschaften von Platin bei 0 Grad Celsius sprunghaft ändern.

Gruss Reinhard

von Reinhard Kern (Gast)


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Dennis P. schrieb:
> im Anhang habe ich eine Schaltung von Linear Technology, die ein PT1000
> Sensor analog linearisieren soll mit einer Genauigkeit von +- 0,025°C
> (Range 0 bis 100°C).

Eine solche Genauigkeit ist ohne Vierleiteranschluss barer Unsinn (wie 
auch Fühli schon bemerkt hat), und ohne ein Labor mit 
Präzisionsthermostat auch überhaupt nicht abgleichbar.

Da man in der Software ohne Probleme Korrekturpolynome 3.Grades anwenden 
kann, die man sich für jeden Temperaturbereich optimal berechnet, ist 
die Schaltung ganz nett zur Demonstration von OP-Schaltungen zu 
Lehrzwecken, aber in der Praxis völlig sinnlos.

 Gruss Reinhard

von Harald W. (wilhelms)


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Reinhard Kern schrieb:

>> Eher 2.Grades. Für Temperaturen unter 0° kommt noch ein Therm
>> dritten Grades dazu.

> Ich habe noch nie gehört oder gelesen, dass sich die physikalischen
> Eigenschaften von Platin bei 0 Grad Celsius sprunghaft ändern.

Dann hast Du Dich wohl noch nie richtig mit PT100-Fühlern beschäftigt.
Ich würds an Deiner Stelle mal mit google versuchen.
Gruss
Harald

von W.S. (Gast)


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Welch sinnloser Streit.

Ich kann ja verstehen, daß die Jungs bei LT gelegentlich ihre alten 
Appnotes auffrischen und wieder als was Neues präsentieren - aber 
eigentlich ist das alles Schnee von vor-vor-vorgestern.

Laßt all den analogen Quatsch beiseite, kauft euch nen billigen 8 
beinigen SigmaDelta-ADC von Microchip bei Reichelt (der nicht mal nen 
Quarz braucht..) und dazu nen temperaturstabilen 6k8 Widerstand und 
fertig ist die Hardware. Den Rest erledigt man im Controller und das am 
simpelsten mit der Stützstellenmethode. Also Sollwerte aus dem IEC 
Dokument ablesen und als Tafel im uC speichern. Alle 10 Grad sollte 
ausreichen, wer's pingeliger will, kann ja auch alle 5 Grad abspeichern 
- und gut isses. Der Rest ist Proportionalrechnung wie damals in der 
Schule..

W.S.

von Wolfgang (Gast)


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Harald Wilhelms schrieb:
> Reinhard Kern schrieb:
>
>>> Eher 2.Grades. Für Temperaturen unter 0° kommt noch ein Therm
>>> dritten Grades dazu.
>
>> Ich habe noch nie gehört oder gelesen, dass sich die physikalischen
>> Eigenschaften von Platin bei 0 Grad Celsius sprunghaft ändern.
>
> Dann hast Du Dich wohl noch nie richtig mit PT100-Fühlern beschäftigt.
> Ich würds an Deiner Stelle mal mit google versuchen.

Die erforderliche Ordnung des Korrekturpolynoms beim PT-Fühler kann wohl 
nur unwesentlich von der Temperatur abhängen. Entscheidend ist 
hauptsächlich die Breite des Temperaturbereiches, über den linearisiert 
werden soll. Aus den Google-Treffern muß man schon die meßtechnisch 
relevanten herausfischen.

von Klaus R. (klara)


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Hallo,
die Linearisierung wird eingehend in der Doku von TI beschrieben.

http://www.ti.com/lit/an/slyt437/slyt437.pdf

In der XLS ist auch der Rechengang mit enthalten.
Gruss Klaus.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Reinhard Kern schrieb im Beitrag #2491112:
> Ich verbaue Pt100 seit 30 Jahren. Es gibt keine verschiedenen
> Gleichungen für die Temperaturabhängigkeit des Widerstands bis 0 Celsius
> und von 0 Celsius aufwärts - das ist physikalisch barer Unsinn.

Physikalisch ist weder die Funktion 2. noch die 3. oder 4. Grades
erklärbar, da das alles nur Approximationen sind. Aber nach DIN 60571
wird die Approximation abschnittsweise durch zwei Polynome definiert,
nämlich mit einem Polynom 4. Grades für -200°C bis 0°C und mit einem
Polynom 2. Grades für 0°C bis +850°C. Der Übergang zwischen den beiden
Funktionen ist aber sehr "glatt", da sie bei 0°C im Funktionswert, der
Steigung und der Krümmung übereinstimmen.

Es steht natürlich jedem frei, sich eine eigene, von DIN abweichende
Approximation auszudenken.

Edit: Hätte die Seite mal reloaden sollen, Reinhard hat mittlerweile
seine Beitrag gelöscht. Dann passt ja alles wieder.

von Harald W. (wilhelms)


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Yalu X. schrieb:

> Es steht natürlich jedem frei, sich eine eigene, von DIN abweichende
> Approximation auszudenken.

Spätestens bei Genauigkeitsforderungen besser 0,01K kommt man
sowieso nicht um eine individuelle 3...4-Punkt-Kalibrierung
für jeden einzelnen Fühler herum.
Gruss
Harald

von Dennis P. (devman)


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Erstmal vielen Dank für die Antworten und Kritiken,

als Fazit kann ich also sagen, dass die Schaltung von Linear Technology 
nicht unseren Anforderungen der Linearisierung entspricht.

Dann werde ich das wohl doch über das bekannte Polynom in meiner 
Software machen.

Wollte ja nur wissen ob die Schaltung oben von LT zu gebrauchen ist.


Gruß Dennis

von Wolfgang (Gast)


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Yalu X. schrieb:
> Es steht natürlich jedem frei, sich eine eigene, von DIN abweichende
> Approximation auszudenken.

Dafür muß man nicht groß denken. Es reicht, die in der DIN EN 60751 
angegebenen Widerstandswerte (z.B. 
http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/scripts/Platin_Widerstandsthermometer.pdf) 
in ein Tabellenkalkulationsprogramm zu laden und im gewünschten 
Temperaturbereich ein Polynom-Fit zu machen. Dann sieht man auch gleich, 
welche systematischen Fehler mit der Ordnung des Polynoms entstehen. Mit 
Sicherheit gibt es keinen physikalischen Grund gerade bei 0°C eine neue 
Funktion anzusetzen.

von Harald W. (wilhelms)


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Dennis P. schrieb:

> Dann werde ich das wohl doch über das bekannte Polynom in meiner
> Software machen.

Je nach gewünschtem Temperaturbereich und Genauigkeit ist es
oft wesentlich einfacher, eine Tabelle abzuspieichern und nur
Zwischenwerte auszurechnen.
Gruss
Harald

von Reinhard Kern (Gast)


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Dennis P. schrieb:
> Dann werde ich das wohl doch über das bekannte Polynom in meiner
> Software machen.

Was heisst bekannt - man sollte für den benötigten Messbereich das 
Polynom für die Korrektur optimieren. Anbei ein entsprechendes (uraltes) 
MathCad-Programm, einmal für ein ein Polynom 2. einmal 3. Ordnung.

Die Variablen a sind die Rohwerte vom ADC für die 4 Stützpunkte 
(berechnet aus der Schaltung und der DIN-Tabelle). Wie man aus der 
Kontrollrechnung am Schluss sieht, ergibt sich bei 2. Ordnung ein Fehler 
von etwa 0,5 Grad, bei 3. Ordnung von 0,1 Grad. Nach diesem Muster kann 
man sich für jeden Messbereich in kurzer Zeit ein optimales Polynom 
stricken.

Gruss Reinhard

von Reinhard Kern (Gast)


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Yalu X. schrieb:
> Edit: Hätte die Seite mal reloaden sollen, Reinhard hat mittlerweile
> seine Beitrag gelöscht. Dann passt ja alles wieder.

Hallo,

ja, aber aus Verbeugung vor DIN, nicht aus innerer Überzeugung. Es ist 
natürlich nach wie vor physikalischer Unsinn, dass sich die 
Eigenschaften eines Metalls ausgerechnet bei 0 Celsius ändern sollen, 
aber so ist es in der DIN nun mal formuliert.

Ich vermute, in der Realität ist es wie üblich eine e-Funktion. Es lohnt 
sich aber nicht, dem nachzugehen, es hat ja auch keiner hier die Mittel 
dazu. Ausserdem dürften die Unterschiede in der Praxis nicht messbar 
sein.

Gruss Reinhard

von Geschissi (Gast)


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Mein Gott wird hier ein Geschiß mit diesen lächerlichen Polynomen 
gemacht! Die korrekten Werte sind doch überall tabelliert. Tabelle mit 
5°C Schritten in den µC rein und dann linear interpolieren und fertig 
ist die Laube!

von Helmut L. (helmi1)


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Geschissi schrieb:
> Mein Gott wird hier ein Geschiß mit diesen lächerlichen Polynomen
> gemacht! Die korrekten Werte sind doch überall tabelliert. Tabelle mit
> 5°C Schritten in den µC rein und dann linear interpolieren und fertig
> ist die Laube!

Was hast du gegen das Polynom auszurechnen. Soviel Aufwand ist das 
nicht.
Und nun kommt mir nicht wieder Fliesskommarechnung auf einem uC ohne 
Fliesskommaeinheit ist boese. Die meisten uC qucken doch den lieben 
langen Tag nur das Fenster raus und warten darauf das sie was zum 
Rechnen bekommen.

von Geschissi (Gast)


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>ja, aber aus Verbeugung vor DIN, nicht aus innerer Überzeugung. Es ist
>natürlich nach wie vor physikalischer Unsinn, dass sich die
>Eigenschaften eines Metalls ausgerechnet bei 0 Celsius ändern sollen,
>aber so ist es in der DIN nun mal formuliert.

Reinhard, das ist keine Frage der Physik, sondern der Mathematik! Du 
könntest auch den ganzen Bereich zwischen -200°C und +850°C mit einem 
einzigen Polynom fitten. Nur bräuchtest du dann viel mehr Glieder 
höherer Ordnung. In je kleinere Bereiche du die Kurve unterteilst, mit 
umso weniger Polynomgliedern kommst du dann aus. Natürlich hat dann 
jeder Bereich ein etwas anderes Polynom, sonst macht die Unterteilung ja 
keinen Sinn.

Und traditionell unterscheidet man eben zwei Bereiche, nämlich den von 
-200°C bis 0° und von 0°C bis +850°C. Das heißt aber überhaupt nicht, 
daß sich bei 0°C die Physik ändert...

von Geschissi (Gast)


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>Was hast du gegen das Polynom auszurechnen.

Garnichts, wenn es dir gefällt, dann mach es doch so. Aber hier 
versuchen ja einige Leute sich ein eigenes Polynom zu stricken...

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Reinhard Kern schrieb:
> ja, aber aus Verbeugung vor DIN, nicht aus innerer Überzeugung.

Vor DIN würde ich mich nicht unbedingt verbeugen. Es gibt noch mehr
schwer nachvollziehbare Entscheidungen in diesen Normen.

> Es ist natürlich nach wie vor physikalischer Unsinn, dass sich die
> Eigenschaften eines Metalls ausgerechnet bei 0 Celsius ändern sollen,
> aber so ist es in der DIN nun mal formuliert.

Das ist nicht der Punkt. DIN-Normen sollen eine Hilfe für die indus-
trielle Praxis sein und nicht komplizierte physikalische Sachverhalte
erklären. Auch ein über den gesamten Temperaturbereich durchgehendes
Polynom spiegelt die zugrunde liegende Physik kein Bisschen besser
wider.

Ich verstehe aber nicht, warum die DIN-Norm überhaupt ein Verfahren zur
Auswertung von PTxx-Sensoren vorgibt. Was hat jemand davon, wenn er
dieses Verfahren anwendet? Nichts. Der eine will, dass die Auswertung
supergenau ist und mit exemplarspezifisch kalibrierten Werten arbeiten.
Der nächste legt auf Genauigkeit keinen so großen Wert, will die
Auswertung aber auf einem Primitivstmikrocontroller oder gar in
Analogtechnik implementieren. Beide wären mit den DIN-Formeln schlecht
beraten. Der, für den die Formeln tatsächlich sinnvoll anwendbar sind,
kann sie einem praktisch orientierten Lehrbuch entnehmen, dazu bedarf
es keiner DIN-Norm.

Die eigentliche Aufgabe der DIN-Norm ist es in meinen Augen, Vorgaben
über Material und Aufbau solcher Temperatursensoren zu machen, so dass
man herstellerunabhängig über viele Jahre hinweg immer gleichartige Mo-
delle kaufen kann. Deswegen sollte sich die Norm auf diese Informationen
beschränken und den Rest einfach weglassen. Aber ich bin ja nicht im
entsprechenden DIN-Konsortium und habe deswegen nichts zu sagen ;-)

> Ich vermute, in der Realität ist es wie üblich eine e-Funktion.

Eine theoretisch halbwegs fundiertes Modell ist durch die Bloch-Grünei-
sen-Formel gegeben:

  http://www.techniklexikon.net/d/bloch-gr%C3%BCneisen-gesetz/bloch-gr%C3%BCneisen-gesetz.htm

  http://en.wikipedia.org/wiki/Electrical_resistivity_and_conductivity#Metals

Dass man diese Formel nicht unbedingt auf einem 8-Bit-Controller imple-
mentieren will, ist nachvollziehbar.

von Reinhard Kern (Gast)


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Geschissi schrieb:
>>Was hast du gegen das Polynom auszurechnen.
>
> Garnichts, wenn es dir gefällt, dann mach es doch so. Aber hier
> versuchen ja einige Leute sich ein eigenes Polynom zu stricken...

Selbstverständlich - und das ist deutlich weniger Software als Table 
Lookup und Interpolation. Die Gleichung
T = a + b*ADC + c*ADC*ADC
kann man noch umformen (um 1 Multiplikation zu sparen) in
T = a + (b + c*ADC) * ADC
und genauso steht sie dann in meiner Software drin - in C oder Pascal.

Das ist nicht mehr, sondern sogar weniger Softwareaufwand als Lookup und 
lineare Interpolation (für die braucht man ja auch Arithmetik). Wenn man 
denn programmieren kann und nicht bloss alles abschreibt.

Natürlich berechne ich das Polynom je nach Aufgabenstellung, da sich für 
jeden Messbereich andere Parameter ergeben. Dauert ja nur Minuten, die 
Rechenschieberzeiten sind längst vorbei, das macht der PC für mich. Wenn 
man damit umgehen kann.

Die primitivste Lösung muss nicht immer die beste sein - woanders 
benutze ich auch Tabellen, aber nur wenn es sinnvoll ist und nicht weil 
irgendwo jemand schreibt, man müsste all und jedes mit Tabellen lösen.

Nachtrag:
bei meinem Post oben handelt es sich natürlich um lineare und 
quadratische
Polynome, es muss also heissen "ergibt sich bei 1. Ordnung ein Fehler
von etwa 0,5 Grad, bei 2. Ordnung von 0,1 Grad".

Gruss Reinhard

PS möglicherweise hast du mein Korrekturpolynom verwechselt mit dem 
DIN-Polynom - die haben so gut wie nichts miteinander zu tun, ich habe 
das DIN-Polynom noch nie irgendwo verwendet, nur die Tabellen.

von Geschissi (Gast)


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>Ich verstehe aber nicht, warum die DIN-Norm überhaupt ein Verfahren zur
>Auswertung von PTxx-Sensoren vorgibt.

Aber es geht doch nicht um das Verfahren, sondern darum, daß verläßlich 
irgendwo niedergeschrieben ist, was der PT100-Sensor ganz konkret für 
eine Meßkurve hat. Die Punkte der Soll-Meßkurve kannst du eben über die 
Polynome berechnen oder aus der Tabelle ablesen. Wie du das konkret 
umsetzt in deiner Anwendung ist doch ganz dir überlassen.

>PS möglicherweise hast du mein Korrekturpolynom verwechselt mit dem
>DIN-Polynom - die haben so gut wie nichts miteinander zu tun, ich habe
>das DIN-Polynom noch nie irgendwo verwendet, nur die Tabellen.

Ich wollte dir nicht böse. Aber ich sehe ganz oft, daß in diese Polynome 
oft unheimlich hineingeheimst wird und sie nicht als das gesehen werden, 
was sie sind, nämlich eine reine mathematische Darstellung der 
konkrreten Meßkurve, eben als abschnittsweise Polynomfits.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Geschissi schrieb:
>>Ich verstehe aber nicht, warum die DIN-Norm überhaupt ein Verfahren zur
>>Auswertung von PTxx-Sensoren vorgibt.
>
> Aber es geht doch nicht um das Verfahren, sondern darum, daß verläßlich
> irgendwo niedergeschrieben ist, was der PT100-Sensor ganz konkret für
> eine Meßkurve hat.

Streng genommen hat er diese Messkurve doch überhaupt nicht, da es nur
eine Näherung ist. Die Vorgabe, dass der Sensor aus Platin ist (evtl.
noch mit einer Angabe über die Qualität und Reinheit des Materials) und
bei 0°C 100Ω hat, sollte doch genügen. Die zusätzlich angegebene Formel
führt doch nur zur Überbestimmtheit und damit zum Widerspruch.

Oder muss ein Hersteller, dessen PT100 der (theoretisch fundierten)
Bloch-Grüneisen-Formel, aber deswegen eben nicht der leicht davon
abweichenden DIN-Formel entspricht, seinen Sensor durch gezielte
Verunreinigungen des Materials so hintrimmen, dass dass er DIN-konform
ist?

von Wolfgang (Gast)


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Geschissi schrieb:
> Natürlich hat dann jeder Bereich ein etwas anderes Polynom, sonst
> macht die Unterteilung ja keinen Sinn.

Natürlich ist einzig und alleine, das Pt seinen Widerstand entsprechend 
der Temperatur kontinuierlich ändert. Und wenn man dies nicht 
modellmäßig genau genug verstanden hat und mathematisch beschreiben 
kann, muß man halt die Widerstandswerte so nehmen wie sie sind und den 
Verlauf vollständig oder abschnittsweise für den erforderlichen 
Temperaturbereich durch irgendeine Gleichung beschreiben. Das kann von 
einem Polynom hoher Ordnung für -200°..850° bis zu lauter linearen 
Näherungen für Intervalle von ein paar Grad Breite reichen. Die Fehler 
die man sich dabei erlauben darf, sind einzig durch die Anforderungen 
der Anwendung gegeben. Die sinnvolle Genauigkeit für die Approximation 
ist durch die Genauigkeit der Widerstandsmessung und durch das Meßmedium 
sowie die Ankopplung gegeben.
Ob die DIN das so oder so macht, ist da ziemlich egal.

von Geschissi (Gast)


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>Streng genommen hat er diese Messkurve doch überhaupt nicht, da es nur
>eine Näherung ist. Die Vorgabe, dass der Sensor aus Platin ist (evtl.
>noch mit einer Angabe über die Qualität und Reinheit des Materials) und
>bei 0°C 100Ω hat, sollte doch genügen. Die zusätzlich angegebene Formel
>führt doch nur zur Überbestimmtheit und damit zum Widerspruch.

Nee, nee, die PT100-Sensoren werden ja in Genauigkeitsklassen (AA, B, C 
und D) hergestellt und dürfen je nach Genauigkeitsklasse eine gewisse 
Abweichung von der genormten Meßkurve nicht überschreiten. Von daher 
macht der in der DIN formelmäßig angegebene Kurvenverlauf durchaus Sinn. 
Die in der DIN angegebene Meßkurve ist gewissermaßen das Urmeter aller 
Pt-Sensoren.

>Oder muss ein Hersteller, dessen PT100 der (theoretisch fundierten)
>Bloch-Grüneisen-Formel, aber deswegen eben nicht der leicht davon
>abweichenden DIN-Formel entspricht, seinen Sensor durch gezielte
>Verunreinigungen des Materials so hintrimmen, dass dass er DIN-konform
>ist?

Ob er bei der Herstellung in die Suppe spucken muß, weiß ich nicht, aber 
wenn er einen PT100-Sensor herstellt und die Einhaltung einer bestimmten 
Genauigkeitsklasse nach DIN verspricht, dann muß das Teil schon 
DIN-konform sein.

Ist ja eigentlch auch logisch: Stell dir vor, in einer industriellen 
Anwendung geht ein PT100-Sensor kaputt und muß ersetzt werden. Dann 
müßte bei einem Baureihen- oder Herstellerwechsel ja jedes mal auch die 
Linearisierung geändert werden. Das kann es ja wohl nicht sein.

von _luxx_ (Gast)


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Reinhard Kern schrieb:
> Geschissi schrieb:
>>>Was hast du gegen das Polynom auszurechnen.
>>
>> Garnichts, wenn es dir gefällt, dann mach es doch so. Aber hier
>> versuchen ja einige Leute sich ein eigenes Polynom zu stricken...
>
> Selbstverständlich - und das ist deutlich weniger Software als Table
> Lookup und Interpolation. Die Gleichung
> T = a + b*ADC + c*ADC*ADC
> kann man noch umformen (um 1 Multiplikation zu sparen) in
> T = a + (b + c*ADC) * ADC
> und genauso steht sie dann in meiner Software drin - in C oder Pascal.

Hallo Reinhard,

machst du dir die Arbeit alles in Festkomma Arithmetik zu implementieren 
oder arbeitest du mit float? Eigentlich stellt ja die Verwendung von 
float bei einer zeitunkritischen Anwendung kein Problem dar.

mfg

von Arc N. (arc)


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Yalu X. schrieb:
> Oder muss ein Hersteller, dessen PT100 der (theoretisch fundierten)
> Bloch-Grüneisen-Formel, aber deswegen eben nicht der leicht davon
> abweichenden DIN-Formel entspricht, seinen Sensor durch gezielte
> Verunreinigungen des Materials so hintrimmen, dass dass er DIN-konform
> ist?

Kein Witz, wird tatsächlich gemacht. SPRTs sind aus hochreinem Platin, 
die normalen sind eine Legierung
http://www.t-d-i.co.uk/pdfs/tdi-cat.pdf
"They are constructed with an alloy comprising of pure platinum
alloyed with other platinum group metals to reduce the alpha value
to the IEC Publication of 751, 1995 value of 0.003850 or of pure
platinum having an alpha value of 0.003916 and above."

Wen's interessiert
Bestimmung von Thermometerkennlinien, Richtlinie DKD-R 5-6
http://www.dkd.eu/dokumente/Richtlinien/dkd_r_5_6.pdf

von Reinhard Kern (Gast)


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_luxx_ schrieb:
> machst du dir die Arbeit alles in Festkomma Arithmetik zu implementieren
> oder arbeitest du mit float? Eigentlich stellt ja die Verwendung von
> float bei einer zeitunkritischen Anwendung kein Problem dar.

Könnte man, lohnt sich aber in der Regel nicht. Ich lasse einfach den 
Compiler machen, für Embedded-Systeme sind die Prozeduren ja maximal 
optimiert (wofür zahle ich sonst soviel etwa für Keil). Es sind ja nur 2 
Multiplikationen, und Heizungen sind in der Mehrzahl der Fälle geradezu 
unglaublich träge im Vergleich zur Elektronik, i.A. kann man die 
Temperaturänderung pro Sekunde gerade noch messen, oder auch nicht - man 
denke an ein 1000 Liter grosses galvanisches Bad.

Selbst bei einem Polynom 3. Grades kommt man mit 3 Multiplikationen aus, 
und die Abweichungen liegen dann im akademischen Bereich. Für den 
normalen Bedarf werden Pt100 geliefert mit etwa 0,1 Grad 
Austausch-Genauigkeit in den interessierenden Bereichen, und da eine 
individuelle Kalibrierung mit Präzisionsthermostat unerreichbar oder 
zumindest viel zu teuer ist, muss die Regelung auch nicht viel genauer 
sein. Daher kommt man auch ohne weiteres mit single precision arithmetik 
aus.

Gruss Reinhard

PS der Wert stammt ja von einem 12 bis 16 bit ADC, und genauer wird's 
bei weiterem Rechnen auch nicht.

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