Vor ein paar Wochen hat es mich auch gepackt und ich habe eines von diesen "hochgelobten" (s. EEVblog) Heissluftgebläsen in China bestellt. An sich ein feines Ding nur leider fiel schon bei der ersten Benutzung auf, dass die Austrittstemperatur ziemlich schwankt und die Luftmenge zu wünschen übrig lässt. Da Sonntag Nachmittag sonst nichts los war habe ich mich denn mal daran gemacht die Innereien der Station zu erkunden und nach Optimierungspotenzial zu suchen. Vielleicht interessieren den einen oder anderen hier meine Entdeckungen, die ich im Folgenden kurz ausführen will: Die Temperaturregelung: Die Regelschleife ansich ist ziemlich simpel gehalten: Hinter dem Heizelement sitzt ein Typ K Thermoelement (begründete Annahme) und misst die Luftaustrittstemperatur. Über einen Messverstärker wird die Thermoelementspannung verstärkt, anschließend von einem Tiefpass gefiltert und dann auf einen ADC Eingang des Mikrocontrollers gegeben. Über einen PWM Ausgang wird dann ein Triac angesteuert und regelt somit die Einschaltdauer der Heizwicklung - simpel. Die Lüfterregelung erfolgt ebenfalls mittels PWM. Beim "reverse engineering" der Schaltung sind mir dann doch ein paar "design flaws" aufgefallen, über die sich die Anleitung und der Hersteller IMHO ausschweigen. Da wäre zunächst die Tatsache, dass jedes Thermoelement eine Vergleichsstelle für die Temperaturmessung hat. Diese Vergleichsstelle liegt ebenfalls im Handstück kurz VOR dem Heizelement, hat also in etwa Raumtemperatur. Davon bekommt der Mikrocontroller allerdings garnichts mit, so dass die Temperaturanzeige und -regelung immer nur relativ zur Raumtemperatur arbeiten. Dies ist durch Messungen bestätigt, da bei kaltem Gerät die ADC Eingangsspannung etwa 0 Volt beträgt. Weitere Messungen haben ergeben, dass der Mikrocontroller immer einen Offset von etwa 100 Kelvin von der Ist-Temperatur abzieht. Wieso? Gute Frage! Vielleicht zur Kompensation der Abkühlung, die durch die Düsenaufsätze verursacht wird? Eher nicht, da diese (gemessen) nur einen Einfluss von wenigen Kelvin zu haben scheinen. Über das Trimmer-Poti auf der Front ist die Verstärkung des Messverstärkers in einem Bereich von etwa 160-200 einstellbar. Da der Mikrocontroller die Eingangsspannung nur linear auswertet entspricht eine Spannungsänderung von 7,4 mV einer Temperaturänderung von 1 Kelvin. Ein Typ K Thermoelement hat im hier verwendeten Temperaturbereich eine Ausgangsspannung von etwa 40,7 uV/K. Somit ergibt sich die "optimale" Verstärkung von (7,4mV/K)/(40,7uV/K) = 181,1. Dies liegt also ziemlich genau mittig in dem möglichen Verstärkungsbereich. Ein Temperaturoffset kann NICHT eingestellt werden! Das Handstück: Wie schon im EEVblog Test ausführlich beschrieben besteht das Handstück im Wesentlichen aus dem Plastikgehäuse, einem 24V Radiallüfter und dem Heizelement mit Temperaturfühler. Beim Ersten Öffnen war ich schon etwas verwundert, da die Lufteinlässe garnicht "luftdurchlässig" waren. Überall waren noch Reste vom Ausformen des Plastikteils. Kein Wunder, dass der Luftdurchfluss beim ersten Test so gering war. Dies ließ sich mit einer Nagelfeile innerhalb von 2 Minuten beheben. Die "Zugentlastung" des Kabels besteht nur aus einem eingeklemmten Kabelbinder.... traurig, traurig. Ausserdem ist das Kabel zur Anschlussplatine derart kurz gehalten, dass die ganze "Zugentlastung" ohnehin völlig sinnfrei war. Ebenso sind die Leiter des Kabels zwischen Gehäuse und Platine so eingequetscht worden, dass die Isolierung schon deutliche Knickstellen zeigte und in kürzester Zeit durchgescheuert sein könnte. Ein großer Klecks HT-Silikon wirkt hier Wunder... Kabelbinder... tsetse. ESD: Tauglich im Sinne der Verhütung von ESD dürfte die Station nur bedingt sein. Die Metallhülse, in der das Heizelement steckt, ist einfach hart geerdet - kein 1Meg Sicherheitsableitwiderstand. Ist vielleicht auch besser so. Wer weiss was sonst passieren würde, wenn die Heizspirale einen Kurzschluss zur Metallhülse macht? Der Rest der Station ist natürlich auch nur ein Plastikklumpen und ebensowenig ESD tauglich. Fazit: "You get what you pay for." Die Regelung ansich funktioniert also recht gut. Überschwinger beim "Anheizen" von 100°C muss man in Kauf nehmen. Die Temperaturanzeige zeigt anscheinend immer etwa 100°C zu wenig an. Ebenfalls wird nur die Temperatur relativ zur Raumtemperatur angezeigt. Also: Anzeige 100°C bei einer Raumtemperatur von 25°C entsprechen grob 225°C Luftaustrittstemperatur! Theoretisch sollte das immer so sein, nur leider ist die Messung der Austrittstemperatur bedingt durch den Aufbau der Heizung selbst auch nicht gerade sehr genau möglich. Möglicherweise ist das Thermoelement auch nicht ideal platziert (TBD). Ich möchte den Chinesen hier keine Absicht unterstellen, dass die Temperatur absichtlich viel zu hoch geregelt wird um Baugruppen durch Überhitzung zu zerstören... irgendein Sinn soll wohl dahinter stecken..? MfG, Sven PS Es wäre schön, wenn jemand das Verhalten meiner Station mit eigenen Messungen bestätigen könnte. :)
Sven L. schrieb: > kein 1Meg Sicherheitsableitwiderstand. Ist vielleicht auch > besser so. Wer weiss was sonst passieren würde, wenn die Heizspirale > einen Kurzschluss zur Metallhülse macht? Das dürfte auch der Grund dafür sein, warum das Ding geerdet ist ;-) Das hat mit ESD erst mal nicht zu tun. Und der Megaohmwiderstand ist ja auch für deine Sicherheit zuständig, nicht zum Schutz vor ESD. So wie nun mal üblich bei Schutzklasse I. Übrigens ist der Kolben bei meiner JBC auch geerdet, würde mir zu denken geben, wenn das anders wäre. > Der Rest der Station ist > natürlich auch nur ein Plastikklumpen und ebensowenig ESD tauglich. Das eine schließt das andere nicht aus ;-) Meine JBC Hotair beinhaltet auch viel Kunststoff, genauso wie z.B. ESD-sichere Mäuseklos ;-) Aber ich würde mir so ein Teil auch nicht zulegen. Wobei es wohl auch Fälschungen gibt, die Qualität also stark schwanken kann. Ist die Frage, welcher Kategorie deines angehört ;-)
Heißluftbenutzer schrieb: > Und der Megaohmwiderstand ist ja auch > für deine Sicherheit zuständig, nicht zum Schutz vor ESD. So wie nun mal > üblich bei Schutzklasse I. Das ließt sich falsch. Gemeint ist natürlich, dass die harte Erdung bei SK I normal ist ;-)
Mit den diversen Schutzklassen kenne ich mich leider nicht so aus ;D aber ich habe mir das schon gedacht und Du hast natürlich vollkommen Recht. Harte Erdung ist beim ESD Schutz doch gerade nicht sinnvoll, da man ja den unkontrollierten Ausgleich von Potenzialdifferenzen vermeiden will? Daher hast Du selbst bei Metallpinzetten etc. eine dissipative Beschichtung drauf, die den Ableitwiderstand wieder erhöht. Möh.. ESD Voodoo~ Meine JBC Station hat auch nen dissipatives (Plastik?)Gehäuse. Andererseits bin ich mir ziemlich sicher, dass die Spitze selbst hart geerdet ist. Ob die Station original von Atten ist oder nicht lässt sich wohl kaum feststellen. Ich vermute fast, dass da immer so eine Art "Bausatz" verkauft wird, den die diversesten Hinterhofwerkstätten dann zusammenbraten und als "Original" verkaufen. Der Aufbau selbst ist jedenfalls identisch mit der die Dave getestet hat und qualitativ ist daran (für diesen Preis) auch kaum etwas auszusetzen. Einzig die launische Temperaturregelung stinkt mir.
Sven L. schrieb: > Harte Erdung ist beim ESD Schutz doch gerade nicht sinnvoll, da man ja > den unkontrollierten Ausgleich von Potenzialdifferenzen vermeiden > will? Daher hast Du selbst bei Metallpinzetten etc. eine dissipative > Beschichtung drauf, die den Ableitwiderstand wieder erhöht. Möh.. ESD > Voodoo~ Die großen Widerstände werden afaik nur verwendet, um die Person zu schützen. Damit du dann nicht direkt an Erde hängst, wenn du an ein spannungsführendes Teil kommst (durch einen Fehlerfall oder Unachtsamkeit). Ein "sanftes" Entladen ist eigentlich weniger von Interesse, da in einem "streng" ESD-geschützten Bereich eh keine für Bauteile gefährliche Spannungen aufgebaut werden könnten. Darum darf man an ESD-geschützten Bereichen z.B. keine Plastikflaschen (oder andere gefährdende Teile) verwenden, man muss entsprechende Kleidung tragen usw. Da ist es dann mit einem einfachen Armband nicht getan. Dass man diesen Aufwand im Privatbereich nicht betreibt ist natürlich auch klar, da würde der ESD-gerechte Arbeitsplatz mehr kosten, als man jemals zerstören könnte ;-) Sven L. schrieb: > Der Aufbau selbst ist > jedenfalls identisch mit der die Dave getestet hat und qualitativ ist > daran (für diesen Preis) auch kaum etwas auszusetzen. Sicher, für den Preis wohl besser als gar keine. Eventuell könnte man sich ja auch selber eine bessere Regelung zusammenbauen, wenn es einem den Aufwand wert ist, man denke an die Pizzaöfenumbauten ;-) Da sollte sich sicher mehr rausholen, als mit den billigen Teilen. Mal davon abgesehen, dass die Bauteile bei den Chinateilen oft ziemliche Toleranzen haben. Zumindest einen günstigen Preheater habe ich mir mal so umgebaut, dass die Temperatur auf etwa 5° genau eingehalten wird, zuvor hatte das Teil auch 30-50° Abweichung, da hat alleine der Tausch der Bauteile und eine zusätzliche Abgleichung geholfen.
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