Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik EMV in Generator


von rubinho (Gast)


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Hallo,

es ist hier mein erster Post und ich bitte um Milde bei der Schärfe der 
Antworten, wenn ich mich nicht immer gleich richtig ausdrücke. :)

Es ist auch eine etwas aussergewöhnliche Frage, denke ich, da es hier um 
eine Motoransteuerung direkt neben der Statorwicklung eines 65 MW 
Generators in einem Kraftwerk handelt. Es ist ein Projekt, an dem ich 
von einer Uni aus mitarbeite und vielleicht ein paar Ideen einbringen 
möchte.

Die Idee ist, in dem Umlauf eine Infrarot-Kamera auf einer Schiene um 
den Stator laufen zu lassen, um auf Defekte oder Auffälligkeiten zu 
überprüfen. Der Abstand vom Stator zur Wand sind lediglich 25 cm und die 
benötigte Kabellänge wäre etwa 30 m. Platztechnisch und mechanisch 
sollte es keine Probleme geben.

Meint ihr, sowas ist hinsichtlich der zu erwartenden elektromagnetischen 
Störungen überhaupt realisierbar? Also im Bezug auf Datenübertragung von 
der Kamera und Ansteuerung der Motoren über so eine Distanz in so einer 
Umgebung.

Einfach ein paar begründete Meinungen, vor allem kritische, würden mir 
sicherlich schon weiterhelfen. Oder braucht ihr mehr Infos?

Vielen Dank.

von Sebastian (Gast)


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Ich bin in Sachen EMV kein Profi, aber spontan fällt mir da ein, 
Glasfaser für die Datenübertragung zu nutzen. Dann muß man nur noch die 
Stromversorgung filtern können.

von optimistischer Optimist (Gast)


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Rein recherisch sollte eine Hummel nicht fliegen. Sie tut es aber 
trotzdem.
> 65 MW
Ergibt ein "kleines" Magnetfeld??? Es wäre schön, wenn Du zufällig ein 
brauchbares Signal herausbekommen könntest. Aber 30m Kabel sind eine 
wunderbare Antenne oder ein Teil eines Dir noch nicht bekannten 
"Trafos".

von Herrmann (Gast)


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Hi,

1.) Generell eignet sich dort optische Übertragung besonders, wird zudem 
auch in EMV belasteten Umgebungen genommen.
2.) Magnetfelder hin oder her, das ganze ist sehr kritisch, aber mit 
ausreichend schirmung in den Griff zu kriegen. Leitungsgebunden wie 
feldgebunden müssen geeignete Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.

Bei 65 MW ist doch die Statorwicklung luft-oder Wasser gekühlt. D.h. Ihr 
überwacht mit dem Aufbau die Temperatur der Statorwicklung, damit der 
lack nicht schmilzt?

von Magnetfeldi (Gast)


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>Rein recherisch sollte eine Hummel nicht fliegen. Sie tut es aber
>trotzdem.

Ja, weil die Herren Wissentschaftler eben falsch gerechnet haben. Gut, 
daß eine Hummel nicht "rechnen" kann...

>Meint ihr, sowas ist hinsichtlich der zu erwartenden elektromagnetischen
>Störungen überhaupt realisierbar?

Vorzugsrichtung des Magnetfelds herausfinden, alle Schleifenflächen der 
Elektroniken und Kabel so klein wie irgend möglich halten und kritische 
Schleifenflächen senkrecht zur Vorzugsrichtung des Magnetfelds anordnen. 
Vielleicht zusätzlich magnetisch schirmen (Weißblech, Mumetall,..)?

Der Rest ist Ausprobieren und Beten, oder Beten und Ausprobieren? Oder 
Beten, Ausprobieren und Beten??

von rubinho (Gast)


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Hi, danke schonmal für die bisherigen Antworten.

Das mit der optischen Datenübertragung hatte ich auch so gedacht. Das 
Größte Problem wird eben die Abschirmung der Energieversorgung für die 
Motoren und die Kamera sein. Wir haben nächste Woche mal einen Termin 
mit einem Kamerahersteller, mal sehen, was der dazu meint...

@Herrmann: Tatsächlich wird das System mit Luft gekühlt. Die einzelnen 
Wicklungen befinden sich allerdings jeweils in einer Isolierung, die mit 
einem Öl oder Fett gefühlt ist. Die Kamera soll also direkte Risse in 
der Isolierung oder, da nicht alles einsehbar ist, entstehende "Flecken" 
kennzeichnen.

Bin auch weiterhin für Anregungen offen. Das Projekt läuft noch eine 
Weile. Vor allem, wenn jemand ein "Das geht gar nicht!"-Argument 
einfällt... ;)

von Anja (Gast)


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rubinho schrieb:
> Meint ihr, sowas ist hinsichtlich der zu erwartenden elektromagnetischen
> Störungen überhaupt realisierbar?

Mir ist da noch nicht klar wo die Störungen überhaupt herkommen sollen.
In dem Leistungsbereich wird man doch hoffentlich nicht mit 
Schleifringen arbeiten oder?

Also dürften nur Magnetfelder mit 50Hz vorherrschen.
Die sollte man durch differentielle Übertragung und mittels verdrillter 
Leitungen in den Griff bekommen.

Gruß Anja

von Frank X. (flt)


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Anja schrieb:

>
> Also dürften nur Magnetfelder mit 50Hz vorherrschen.

Dreiphasen-Mittelfrequenzerregermaschine?
(falls es eine Bürstenlose Maschine ist)

mfg

von Frank X. (flt)


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rubinho schrieb:

> Bin auch weiterhin für Anregungen offen. Das Projekt läuft noch eine
> Weile. Vor allem, wenn jemand ein "Das geht gar nicht!"-Argument
> einfällt... ;)

Was ist mit Isolationsabständen/Schlagweiten/Potential der Kamera 
gegenüber
der Wicklung?

mfg

von Clemens S. (zoggl)


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rubinho schrieb:
> Die Idee ist, in dem Umlauf eine Infrarot-Kamera auf einer Schiene um
> den Stator laufen zu lassen, um auf Defekte oder Auffälligkeiten zu
> überprüfen.

ich versteh noch nicht ganz was du willst.
willst du um den stator aussen herum fahren und dort auf thermisch 
unregelmäßigkeiten prüfen?

da ist emv mässig eigentlich nix los, um das man sich ernsthaft sorgen 
machen muss.

willst du von oben auf den wickelkopf blicken und diesen abfahren (das 
wäre dan im generator?
da ist viel mehr los.

oder...

sollen die motoren nur die kamera bewegen? hast du über ein seilsystem 
mit optischer rückführung nachgedacht, das diese bewegt, dan. sind deine 
motoren und regler aussen vor.

hast du eine beschreibung des generators?

sg clemens

von rubinho (Gast)


Angehängte Dateien:

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ok, hier noch 2 Bildchen. Einmal die Generatordaten und ein Bild vom 
Umlauf, in den die Kamera rein soll. Dabei soll eine Schiene an der 
rechten Wand angebracht werden, auf der die Kamera 360 Grad oder 
annähernd umlaufen kann und über ein flexibles Kabelsystem versorgt 
wird.

Kameradaten hab ich noch keine. Wird aber wohl was von Flir werden. 
Denke mal, dass wir da am ehesten Probleme mit den Betriebstemperaturen 
bekommen könnten...

von rubinho (Gast)


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achja, wegen dem Antrieb der Kamera hatte ich inzwischen an ein 
umlaufendes Zahnrad gedacht, dass eine feste Verbindung mit der Kamera 
hat. Vorteil wäre eben der zentrale leichter zu schützender Motor, keine 
weitere Mechanik und man kann die Kamera praktisch überall aufklemmen. 
Was haltet ihr davon?

von Magnetfeldi (Gast)


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>ok, hier noch 2 Bildchen.

Cool, ich beneide dich. Probier das mit der Kamera auf jeden fall aus 
und berichte hier!

von Clemens S. (zoggl)


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wie schon gesagt:
eine schiene mit eingelegtem stahlseil, und daen motor ausserhalb des 
generators montieren, damit der und seine steuerung ruhe hat.
unter umständen sogar die kamera aus einem akkupack versorgen, wenn 
diese nur hin und wieder zum einsatz kommt und das ganze ordentlich 
einpacken.
daten über eine optische verbindung übertragen, oder in er kamera 
speichern und erst auslesen, wenn diese wieder draußen ist (kein 
nachgezogenes kabel, keine störungen).

zudem glaube ich nicht dass es da drinnen extrem rauscht, und auch das 
wechselfeld sollte überwiegend im stator bleiben. leg mal eine 
energiesparlampe da rein, dann siehst du was da so an feldern los ist ^^

sg clemens

von rubinho (Gast)


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tja, mit dem Ausprobieren und Messen ist das so ein Sache... der Bereich 
wird nur einmal im Jahr bei der Wartung geöffnet, da das nur geht, wenn 
der Generator aus ist. Das bedeutet für uns also, dass wir 2-3 Varianten 
bis Oktober fertig haben müssen, die dann eingebaut werden und praktisch 
ein Jahr lang getestet werden. Nächstes Jahr soll dann die beste 
Variante komplett rein.

Datenverbindung brauchen wir, da die Kamera in bestimmten Intervallen, 
die noch nicht feststehen, aktuelle Bilder liefern soll.

Ist insgesamt ein sehr interessantes Projekt, aber ich bin mir noch 
nicht sicher, ob ich diesen Teil für so wahnsinnig sinnvoll halte... Ich 
würde mich mehr auf irgendwelche Verbindungsstellen, Trafos, 
Schaltschränke, usw konzentrieren.

von Frank X. (flt)


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Clemens S. schrieb:
> zudem glaube ich nicht dass es da drinnen extrem rauscht, und auch das
> wechselfeld sollte überwiegend im stator bleiben.

Auf dem Bild lässt sich ein Teil des Wickelkopfes gut erkennen.
Da ist einiges an Magnetfeld/Streufeld unterwegs.
Bei einigen tausend Ampere macht sich das bemerkbar.

mfg

von Magnetfeldi (Gast)


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>Da ist einiges an Magnetfeld/Streufeld unterwegs.
>Bei einigen tausend Ampere macht sich das bemerkbar.

Genau: Da zieht dir die Lorentzkraft die Butter vom Brot. Alleine schon 
der Kamerachip mag solche Magnetfelder überhaut nicht. Ich würde die 
Kamera weit in ein magnetisch abschirmendes Gehäuse zurückziehen. 
Besorge dir Unterlagen über den Verlauf der magnetischen Feldlinien und 
checke das Abschirmverhalten vorher im Labor, damit du weißt, wie du die 
Kamera montieren mußt. Eventuell mußt du mit einem Spiegel arbeiten...

von Slartibartfass (Gast)


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Klingt interessant. Ich kenne das Thema “Condition Monitoring” aus 
meinem beruflichen Umfeld. Eine Überwachung auf mechanische/elektrische 
Fehler ist durchaus üblich – wird aber anders realisiert. Ich weiß 
nicht, ob du über diese Möglichkeiten informiert bist, oder ob die 
Überwachung mit einer Kamera bei diesem Thema fest vorgegeben ist.
Das was dort als Safety Monitoring oder Condition Monitoring im Einsatz 
ist, ist deutlich robuster und muss mehrere Jahre am Stück laufen, bevor 
man wieder an die Teile ran kommt. Auch ein abschalten im Fehlerfall 
(<10ms) ist oft realisiert.
Was genau soll den untersucht werden (Air gap/ Rotor-Stator Form/ 
Magnetic Flux)?
Ggf. ist das mit der Kamera eine schöne Idee – Aber mangels Praxis 
Kenntnisse eine falsche Richtung.

Gruß
Slartibartfass

von rubinho (Gast)


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Wir hatten inzwischen ein Treffen mit einem Flir-Techniker. Ich bin mir 
aber nicht sicher, ob der uns wirklich weiter gebracht hat. Was die 
elektromagnetischen Einflüsse angeht, so haben die wohl ein spezielles 
Gehäuse, dass davor schützen soll. Das muss jetzt nur noch von der Größe 
her passen.
Das zweite Problem bleibt aber weiterhin bestehen. Die hohe Temperatur, 
anscheinend bis 100°C. Dazu meinte der, wir können die bewegliche Kamera 
doch mit Wasser kühlen... Keine Ahnung, aber spontan ist das für mich 
keine super Idee in einem Generator. Ich dachte da eher an 
Peltier-Elemente in dem Gehäuse. Hat da jemand Erfahrung? Kann man damit 
von 100° auf unter 50° runterkühlen mit nicht allzu großem 
Platzverbrauch und beherrschbarem technischen Aufwand? Das Gehäuse 
sollte ein Volumen von etwa 0,03m3
eigentlich nicht überschreiten.

@Slartibartfass: Ja, in dem Fall ist die Thermocam vorgeschrieben. Da 
ich mich mit dem Thema aber allgemein auch etwas ausführlicher 
beschäftigen möchte, würde ich mich freuen, wenn Du mir vielleicht ein 
paar Links, Hersteller oder sonstige Infos verraten könntest. Später im 
Projekt kommt beispielsweise noch etwas mit Vibrationsanalyse hinzu. 
Vielen Dank! :)

von Magnetfeldi (Gast)


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>Ich dachte da eher an Peltier-Elemente in dem Gehäuse.

Kannst du machen. Aber dann mußt du vom Peltier-Element die Wärme 
abführen...

von Peter L. (Gast)


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Geht mal mit eurer Kamera ein paar Minuten in ein  Magnetresonanzgerät,
wenn da noch verwertbare Bilder rauskommen könnt Ihr den Ansatz 
weiterverfolgen.

von Peter L. (Gast)


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Ich würde das ganze so machen (russisch robust), analoge IR Kamera 
(100°?) rumfahren lassen.
Mechanische Auslösung alle paar Zentimeter.
An einer Stelle ein Türchen am Generator, wo man den Film tauschen kann.
Das Einbauen eines Seilzuges in einen bestehenden Generator ist 
mindestens genauso aufwändig, wie das Reinschneiden einer 
Wartungsöffnung.

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