Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Was passiert beim Hitzetod von Halbleitern?


von Interessierter (Gast)


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Wie der Titel schon andeutet: Vor kurzem habe ich mir die Frage 
gestellt, was eigentlich physikalisch beim Hitzetod von Halbleitern 
passiert. Intensives Nachdenken hat mich leider nicht weiter gebracht, 
Google liefert leider hauptsächlich nur Erlebniserzählungen.

Die kritische Temperatur liegt ja meines Wissens nach in der 
Größenordnung 130°C. Aber wie kommt es dazu? Welche irreversiblen 
Vorgänge passieren dort auf Atomebene? Wie stark ist der Effekt 
Prozessabhängig? Unterscheiden sich verschiedene Halbleitermaterialien 
stark? Habe ich in den Grundlagen was verpasst?

von Fabian G. (Gast)


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Physiker? :D

von MaWin (Gast)


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> Die kritische Temperatur liegt ja meines Wissens nach in der
> Größenordnung 130°C.

Da hast du aber sehr sehr schlecht recherchiert.

Bevor dir nun andere was vorlesen, solltest du lieber doch
mal selbst nachschlagen.

Der Halbleiter wird leitend, der hohe Strom schmilzt dann
eventuell die Anschlüsse ab und er wird nichtleitend.

von Sebastian W. (maus23)


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Als bei mir sterben BJT´s MOSFETS und SCHOTTKY´s meist im Kurtzschluss.

von Interessierter (Gast)


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Fabian G. schrieb:
> Physiker? :D

ETler, warum? :)


MaWin schrieb:
> Bevor dir nun andere was vorlesen, solltest du lieber doch
> mal selbst nachschlagen.

Gib mir ein Stichwort.


MaWin schrieb:
> Der Halbleiter wird leitend, der hohe Strom schmilzt dann
> eventuell die Anschlüsse ab und er wird nichtleitend.

Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass das bei einem 
ausgeschalteten µC beim Löten passieren kann, oder von welchen 
Anschlüssen sprichst du?

von MarioT (Gast)


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Interessierter schrieb:
> was eigentlich physikalisch beim Hitzetod von Halbleitern
> passiert

Interessierter schrieb:
> Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass das bei einem
> ausgeschalteten µC beim Löten passieren kann,

Wann hast Du danach gefragt?

von Interessierter (Gast)


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MarioT schrieb:
> Interessierter schrieb:
>> was eigentlich physikalisch beim Hitzetod von Halbleitern
>> passiert
>
> Interessierter schrieb:
>> Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass das bei einem
>> ausgeschalteten µC beim Löten passieren kann,
>
> Wann hast Du danach gefragt?

Ich bin jetzt mal davon ausgegangen, das die Hitze durch den Strom das 
gleiche Resultat hat, wie eine externe Heizung. Liege ich da falsch?

von Magnus M. (magnetus) Benutzerseite


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Interessierter schrieb:
> Ich bin jetzt mal davon ausgegangen, das die Hitze durch den Strom das
> gleiche Resultat hat, wie eine externe Heizung.

Stimmt. Das Resultat kann das selbe sein -> Bauteil defekt / geschädigt

> Liege ich da falsch?

Die physikalischen Schäden werden sich i.d.R. voneinander unterscheiden.

von Jens (Gast)


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Interessierter schrieb:
> Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass das bei einem
> ausgeschalteten µC beim Löten passieren kann, oder von welchen
> Anschlüssen sprichst du?

Da z.B. PC-CPUs während der Herstellung mehrfach Temperaturen über 500°C 
ausgesetzt werden, dürfte das Löten dem Halbleiter selbst nichts 
anhaben. Vermutlich halten die elektrischen Verbindungen zum Chip die 
hohen Temperaturen nicht aus und werden flüssig oder lösen sich. Im 
Betrieb sind zu hohe Temperaturen aber sehr ungünstig, da sie die 
Leitfähigkeit von Si erhöhen und dadurch aus einem Halbleiter ein Leiter 
wird. Die dabei auftretenden Ströme tun ihren Job sehr gründlich.

von Antwortengeber (Gast)


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Stichwörter: Störstellenreserve, Störstellenerschöpfung, Intrinsischer 
Bereich, steigender Leitwert bei höheren Temperaturen.

Es ist nämlich so, dass du z.B einen dotierten Stoff besitzt, der z.B 
N-dotiert ist. Du hast somit bei Raumtemperatur einen 
Elektronenüberschuss.

Bei großen Temperaturen werden aber mehr eigene Ladungsträger ins 
Valenzband befördert, als man es mit einer Dotierung je machen könnte.

Bei großen Temperaturen hast du auch keinen N-dotierten Stoff mehr, weil 
das Silizium eigentlich schon von einem Halbleiter in einen guten Leiter 
übergegangen ist. Somit steigt der Strom im Halbleiter rapide an. Mit 
zunehmender Temperatur diffundiert z.B auch der PN Übergang. Das 
Silizium schmilzt quasi und der PN Übergang verschwindet für immer. Die 
Struktur ist kaputt.

von Georg W. (gaestle)


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Ein paar Ansatzpunkte:
-Elektromigration wird durch den Strom verursacht.
Irgendwann diffundiert das Dotierungsprofil weg, dieser Effekt hängt 
alleine von der Temperatur ab. Das kommt theoretisch nie zum Stillstand, 
ab den angesprochene 130°C läuft dieser Prozess beschleunigt ab, 
abhängig vom Material.
-Sehr hohe lokale Stromdichten können ein lokales Aufschmelzen 
verursachen, Stichwort durchlegieren.
-Bedingt durch unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten von 
Gehäuse, Chipträger und Chip können Risse entstehen (Aufbau- und 
Verbindungstechnik).

von Interessierter (Gast)


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Georg W. schrieb:
> Ein paar Ansatzpunkte:
> -Elektromigration wird durch den Strom verursacht.
> Irgendwann diffundiert das Dotierungsprofil weg, dieser Effekt hängt
> alleine von der Temperatur ab. Das kommt theoretisch nie zum Stillstand,
> ab den angesprochene 130°C läuft dieser Prozess beschleunigt ab,
> abhängig vom Material.
> -Sehr hohe lokale Stromdichten können ein lokales Aufschmelzen
> verursachen, Stichwort durchlegieren.
> -Bedingt durch unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten von
> Gehäuse, Chipträger und Chip können Risse entstehen (Aufbau- und
> Verbindungstechnik).

Vielen Dank, das denke ich beantwortet jetzt alle meine Fragen. :-)

von Michael_ (Gast)


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> ab den angesprochene 130°C läuft dieser Prozess beschleunigt ab,
Diese Angabe bezweifle ich. Einige Leistungshalbleiter können im 
Dauerbetrieb mehr als 180°C Chiptemperatur ab.

von hobel (Gast)


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bei normalem (dotierten) si müsste bei 130°C noch Luft nach oben sein:
http://www.iris.uni-stuttgart.de/lehre/eggenberger/eti/09_Halbleiter/Stoerleitung.htm

von Jens G. (jensig)


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>> ab den angesprochene 130°C läuft dieser Prozess beschleunigt ab,
>Diese Angabe bezweifle ich. Einige Leistungshalbleiter können im
>Dauerbetrieb mehr als 180°C Chiptemperatur ab.

Diese Aussage kannste so auch anzweifeln.
Dieser "Prozess" findet nicht erst ab 130°C beschleunigt statt, sondern 
eigentlich schon bei Raumtemperatur. Nur eben so langsam, daß der 
Halbleiter wohl alle überleben wird. Dieser Prozess wird mit zunehmender 
Temperatur schneller, also nicht erst ab 130°C.
Und die üblichen 150°C stellen auch nicht die Todesgrenze dar, sondern 
wird sozusagen als bester Kompromiß bezüglich Lebensdauer als Maximum 
benutzt.
Es gibt auch Si-Bauteile, die für knapp oder um die 300°C spezifiziert 
sind (weis jetzt nicht den Hersteller, war aber mal hier im Forum ein 
Thema). Da werden dann im DB Lebensdauerangaben gemacht, abhängig von 
der Temperatur. Da war dann nur noch von paar 1000h die Rede.
Wie man sieht, geht es auch bei 300°C noch, nur altern die Dinger dann 
"rasend" schnell, bis dann sich die gezielte Dotierung aufgelöst hat, 
und einen großen Knall (bei Leistungshalbleitern) auslöst wegen 
thermischer Verselbständigung.

von Interessierter (Gast)


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hobel schrieb:
> bei normalem (dotierten) si müsste bei 130°C noch Luft nach oben sein:
> http://www.iris.uni-stuttgart.de/lehre/eggenberger...

Die Eigenleitung von Si ist aber ein reversibler Vorgang, oder nicht? 
Wenn sonst nichts zerstört wird, bleibt das Si ja nach dem abkühlen 
unverändert durch diesen Effekt alleine.


Jens G. schrieb:
>>> ab den angesprochene 130°C läuft dieser Prozess beschleunigt ab,
>>Diese Angabe bezweifle ich. Einige Leistungshalbleiter können im
>>Dauerbetrieb mehr als 180°C Chiptemperatur ab.
>
> Diese Aussage kannste so auch anzweifeln.
> Dieser "Prozess" findet nicht erst ab 130°C beschleunigt statt, sondern
> eigentlich schon bei Raumtemperatur. Nur eben so langsam, daß der
> Halbleiter wohl alle überleben wird. Dieser Prozess wird mit zunehmender
> Temperatur schneller, also nicht erst ab 130°C.

So habe ich das auch verstanden. Elektromigration ist also quasi in 
Anwesenheit von Strom ein stetiger Alterungsprozess, der durch höhere 
Temperaturen beschleunigt wird.

Bei Gelegenheit werde ich mal noch etwas mehr zu dem Thema 
recherchieren. Finde es schon erstaunlich, dass gemessen an der 
alltäglichen Gegenwart des Themas eigentlich kaum bekannt ist was dabei 
vor sich geht. So ist jedenfalls meine Erfahrung.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Die gemeine Gegenwart beginnt erst, wenn das Gerät länger betrieben 
werden soll als es einen interessiert. Wenn der PC eh nur 3 Jahre 
benutzt wird, dann ist die voraussichtliche Lebensdauer der CPU von 5 
Jahren kein Problem. Wegen der statistischen Prozesse allerdings sieht 
es trotzdem knapp aus.
Ein größeres Problem ist dagegen die zunehmende Menge an vernetzter 
Technik/Subsystemen. So geht man von einem fehlerhaften Bit aufgrund 
kosmischer Strahlung alle paar Tage aus. Der nächste Bluescreen kann 
also durchaus auch nicht in Redmond provoziert worden sein.

von David P. (chavotronic)


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Das Problem ist es doch, dass hier nicht nur Silizium erwärmt wird.
Was beim löten eher das Problem ist, wird der mechanische Stress sein, 
weil unterschiedliches Material unterschiedlich ausdehnt. Das ist ja 
denn wie ein Bimetall, und da können sich dann schonmal die Bonddrähte 
lösen..

Das Silizium selber wird nicht das Problem sein beim löten, wenn es 
nicht bei den hohen Temperaturen betrieben wird -> wie bei einer 
Solarzelle (Thermal Runaway)

von David P. (chavotronic)


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Falls der Fragesteller nicht den Lötvorgang gemeint hat, sondern warum 
hohe Betriebstemperaturen schlecht sind:

-Temperaturzyklen erzeugen thermischen Stress
-Alterung des Materials (Also auch das Epoxy des IC Gehäuses) wird durch 
Hitze beschleunigt (wg der chemischen Aktivierungsenergie), Der Chip 
kann Mikrorisse bekommen und innen können Bestandteile oxidieren.

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