Hi, wir haben vor kurzem in der Arbeit das Thema mal kurz angesprochen: Wie wird eigentlich ein Stadteil/eine Stadt nach einem längeren Stromausfall wieder an das Netz gebracht? Denn dank vieler gleichzeitig anlaufender Geräte müsste der Einschaltpeak doch gigantisch sein. Hier sind ja einige Experten für so einige Themen unterwegs, drum habe ich mir jetzt mal gedacht, ich frag mal hier. ;-) VG da_user
Das ist evtl. interessant: Das Konzept zum Netzwiederaufbau nach Blackout des Übertragungsnetzes VE Transmission (Vattenfall Europe) http://www.50hertz.com/de/file/nwainderrzve_t_61221.pdf Generell mal nach den Begriffen "Schwarzstart" und "Netzwiederaufbau" googlen, insbesondere interessant sind hier http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzstart Vortrag Netzwiederaufbau nach Großstörungen http://www.50hertz.com/de/file/8_Krueger_Uni-Rostock.pdf und Arbeit Netzwiederaufbau nach Großstörungen http://www.e-technik.uni-rostock.de/ee/download/publications_EEV/eev_MarSymp2007_NWA.pdf
Kleinere Stadtteile bzw. 1-2 Dörfer werden einfach so wieder an's Netz drangeknallt. Klar gibt das einen riesigen Peak, aber die im Stromversorgungsnetz eingesetzten Trafos und Leitungen haben ein sehr hohes Überlastungspotential, welches dann ausgenutzt wird. Bei größeren Städten muß langsam zugeschaltet werden. Erst muß das versorgende Höchst- und Hochspannungsnetz (380-220-110kV) wieder stehen, dann werden nach und nach die 10-20kV Verteilnetze der einzelnen Stadtteile oder Straßenzüge wieder zugeschaltet. In gleichem Maße wie Lasten zugeschaltet werden müssen auch Stromerzeuger zugeschaltet werden bzw. Großkraftwerke müssen ihre Leistung steigern damit das Netz stabil bleibt. Da liegt das eigentliche Problem.
In meinem Dorf mit 1000 EW erlebte ich ungefähr 1970 eine komplette Stromabschaltung. Das Netz fuhr gaaaanz langsam über eine Minute wie mit einem Dimmer runter. Und nach 3 Stunden eben so wieder hoch. Der Haupttrafo im Trafohaus wurde mal getauscht.
Das glaub ich Dir nicht. Im Versorgungsnetz wird nichts gedimmt. Es gibt Stufenschalter bei den 110/10kV Umspanntrafos die zur Konstanthaltung der Spannung beim Endverbraucher bei verschiedener Netzbelastung eingesetzt werden, aber die sind zum Dimmen eher ungeeignet. Wenn ein Haupttrafo für ein Dorf abgeschaltet wird kommt einfach ein Schaltberechtigter, knallt den Trenner raus (die Dinger schalten wegen der Lichtbogenlöschung sehr schnell und laut) und fertig. Beim Einschalten das gleiche, nur daß die Arbeiter dabei manchmal etwas in Deckung gehen... Aber da gibts kein langsames Anfahren des Netzes - Strom dran und entweder es kracht oder alles funktioniert wie's soll. Zweites Problem daran sind die Schutzschaltungen, die es auch 1970 schon gab. Wenn eine Störung festgestellt wird (zu starke Abweichung bei Spannung oder Frequenz, Überstrom) fallen spätestens nach zwei Sekunden die Trennschalter (Lastabwurf). Spätestens danach ist's komplett dunkel. Auch Opas alte und plötzlich generatorisch arbeitende Kreissäge kommt fast schlagartig zum Stillstand. Diese Schutzschaltung gibts auch bei Kraftwerken. Eine zu große Abweichung zu den Soll-Parametern und der Generator wird schlagartig vom Netz getrennt (bei Fehler außerhalb des Kraftwerks wird ein Lastabwurf auf Eigenbedarf probiert, bei fehlerhaftem Generator bzw. internem Fehler erfolgt sofort eine Turbinenschnellabschaltung). Es gibt im Netz häufiger Brown-Outs wo einem das Netz für kurze Zeit (bis zu ein paar Sekunden) gedimmt vorkommt. Das sind starke Spannungseinbrüche die bei Schaltvorgängen oder Störungen im Hoch- und Höchstspannungsnetz entstehen (zB. Gewitterblitz zündet einen Lichtbogen an einer 380kV Leitung, darauf folgende Überlastung und KU/AWE). Im Idealfall wird dadurch nur das fehlerhafte Bauteil aus dem Netz geschaltet und andere übernehmen dessen Aufgabe. Dauern diese Störungen zu lange schalten die speisenden Systeme durch Auslösen ihrer Schutzeinrichtungen komplett ab - im betroffenen Netzteil wirds dunkel. Dadurch wird Schaden an überlasteten Anlagenteilen verhindert und das inktakte Netz vor Instabilitäten geschützt. Das geht alles sehr schnell (wie gesagt, maximal 2-3 Sekunden), danach ist entweder der Fehler beseitigt und die Netzspannung wieder normal oder komplett abgeschaltet.
Ben _ schrieb: > Das glaub ich Dir nicht. Im Versorgungsnetz wird nichts gedimmt. Auch ich habe schon persoenlich minutenlange BrownOuts erlebt, Netz auf etwa halbe Leistung gedimmt - geplant war das wohl kaum damals ;)
In Südtirol hatte ich auch schonmal fast eine Stunde lang nur so ca. 160V. Danach war erstmal drei Stunden lang gar nix mehr...
Das ist dann aber alles andere als geplant... @Georg Könnte ein fehlerhafter Stufenschalter gewesen sein, der gegen seinen Endpunkt gefahren ist oder so. Dabei tritt am Trafo selber keine übermäßige Belastung auf, ist nur für gespeiste Motoren zB. nicht so toll... Deswegen sollten die Unterwerke bei solchen Fehlern eigentlich komplett abschalten (und damit nachgeschaltete Systeme schützen).
David ... schrieb: > Ben _ schrieb: >> Das glaub ich Dir nicht. Im Versorgungsnetz wird nichts gedimmt. > > Auch ich habe schon persoenlich minutenlange BrownOuts erlebt, Netz auf > etwa halbe Leistung gedimmt - geplant war das wohl kaum damals ;) Minutenlange "Brownouts" deuten hin auf eine ausgefallene Phase. In der 2. Hälfte der 1970er Jahre ist das an meinem Wohnort geschehen: Glühlampen funzelten vor sich hin, Elektromotoren (Kühlschrank) "würgten sich einen ab", manche Wohnungen waren ganz ohne Strom; am nächsten Morgen (Sonntag!!!) buddelte der Störtrupp den Gehweg auf und wechselte die vom Blitz "geschlachtete" Kabelmuffe aus - "Frühausfall einer neuen Konstruktion" lautete die Erklärung (die Muffe war etwa 5 Jahre alt). Bernhard
Das ist dann aber ein Fehler nach dem 10kV/400V Trafo und somit kein Fehler der vom Netzschutz abgedeckt wird. Kenne ich aber auch noch vom Dorf früher wenn Äste auf die Leitungen in der Straße gefallen und eine heruntergerissen hatten. Der Erfolg war dann immer jede Menge Arbeit für den Pumpenbauer, weil deren Motoren reihenweise durchbrannten.
Ben _ schrieb: > Das glaub ich Dir nicht. Im Versorgungsnetz wird nichts gedimmt. Du mußt das auch nicht glauben, dazu zwingt dich niemand. Und dann gibt es von allen Regeln auch die Ausnahme. Vielleicht probierte man was, was sich hinterher nicht so bewährte. Es hätte ja mal sein können, daß hier sonst jemand was dazu weiß. Die Abschaltung war angekündigt, kein Defekt. Morgens um 7 Uhr. So, daß für die Schulkinder noch Frühstück gemacht werden konnte. Obwohl, das ging ganz ohne Strom. Waschen und Zähne putzen ging damals auch nur mit Kaltwasser. In der Schulklasse hatten wir auch noch mal das Gespräch darüber, denn die Schule hatte ja auch den Ausfall, und alle berichteten das selbe. Langsames Abregeln. Defekte wurden nicht bekannt. Denn wir wissen ja: Die Leistung verhält sich zum Quadrat der Spannung. Ein Motor verglüht mit einem Zehntel Leistung nicht plötzlich. Eher bei anderen Defekten wie z.B. Sternpunktverschiebungen.
Daß damals die Pumpenmotoren gestorben sind lag einfach daran, daß die bei einer fehlenden Phase einfach nicht mehr angelaufen sind. Tatsache ist, daß das Netz nicht langsam abgeregelt wird. Selbst Trafos im Hoch- und Höchstspannungsbereich werden einfach geschaltet.
Ben _ schrieb: > Tatsache ist, daß das Netz nicht langsam abgeregelt wird. Selbst Trafos > im Hoch- und Höchstspannungsbereich werden einfach geschaltet. Das mag sein. Der genannte Vorgang passierte in meinem Ort auch nur ein einziges mal so. Und wie gesagt: 42 Jahre her. Ich hab da schon lange überlegt, was es hätte sein können. Ob man sich die Mühe macht, vielleicht einen riesigen Stellwiderstand zwischen zu schalten. Die elektrischen Energieverbräuche im Ort waren insgesamt ja nicht hoch. Keine Industrie, und selbst die Bäckerei noch mit Holzofen. Der Löwenanteil wohl Licht. Gehen wir bei 1000EW im Jahr 1970 mal von 200 Haushalten aus, die je 250W gerade benötigen. Da komme ich dann auf eine Gesamtleistung von 50kW. Aber maximal.
Ben _ schrieb: > Das glaub ich Dir nicht. Im Versorgungsnetz wird nichts gedimmt. Hier selbst schon erlebt. Als ein Trafo (wegen eines Überschlags durch fälschlicherweise zu weit abgelassenem Öls der Befüllung, wenn ich mich recht entsinne) im Pumpspeicherwerk Niederwartha abgebrannt ist, hat der gesamte angrenzende Stadtteil über mehrere Minuten hinweg langsam auf Null gedimmt. Sah interessant aus, von der Autobahn auf der gegenüberliegenden Anhöhe aus gesehen. /Hannes
Interessanter Effekt dessen Ursache mich interessieren würde. Das Pumpspeicherwerk Niederwartha hängt im 110kV Netz im Norden von Dresden und ist in diesem ein recht zentraler Punkt. Es hat direkte Verbindung mit den Umspannwerken Dresden-Süd und Streumen bei Riesa. Genug starke Leitungen auf die Verbraucher umgeschaltet werden könnten gibts da also. Bei einer größeren Störung im 110kV Netz an dieser Stelle würde mit ziemlicher Sicherheit auch nicht nur einen Stadtteil ausfallen, sondern eher Dresden Nord plus Umland. Wenns dann nur ein einziger Stadtteil war würde ich von einem Fehler in der 110/10kV-Umspannung ausgehen. Mein Problem bei der Sache ist, daß es keine Betriebsmittel im Stromnetz gibt, die eine derartige langsame Absenkung der Spannung (planmäßig) durchführen könnten. So ein Trafo kennt nur an oder aus. (Und einen brennen Transformator bezeichne ich auch nicht als planmäßige Abschaltung wie bei Wilhelm aufm Dorf.)
Ben _ schrieb: > gibts da also. Bei einer größeren Störung im 110kV Netz an dieser Stelle > würde mit ziemlicher Sicherheit auch nicht nur einen Stadtteil > ausfallen, sondern eher Dresden Nord plus Umland. Ich konnte von der Autobahn nur den angrenzenden Stadtteil sehen, wie weit sich der Blackout zum Schluss wirklich erstreckt hat, weiß ich nicht mehr. Müsste man mal recherchieren, ist leider ein paar Jährchen her und auf Anhieb hab ich dazu nix gefunden im Netz. > durchführen könnten. So ein Trafo kennt nur an oder aus. (Und einen > brennen Transformator bezeichne ich auch nicht als planmäßige > Abschaltung wie bei Wilhelm aufm Dorf.) Sicher nicht, aber er wird ja bestimmt sofort nach Alarmauslösunmg komplett abgetrennt. Laienfrage: dass jede Menge nicht-ohmscher Lasten (auslaufende Motoren, Netzfilter, whatever) als eine Art Energiespeicher wirken und sich eben über das gesamte Teilnetz langsam entladen, kann nicht sein? /Hannes
Motore werden nicht viele selbst anlaufen, wäre ja bei einigen Maschinen fatal z.B. Kreissäge, Bohrständer, Hobelmaschine usw. Auch Kühlgeräte haben eine Pause nach dem Wiedereinschalten. Wie schon gesagt ist eher dass Problem, genug nachzuschieben, damit die Phase nicht rausfällt.
@ Peter L. (peterl) >Motore werden nicht viele selbst anlaufen, wäre ja bei einigen Maschinen >fatal z.B. Kreissäge, Bohrständer, Hobelmaschine usw. Jo. Aber was ist mit den mittlerweile Millione von Schaltnetzteilen, die keinen Netzschalter mehr haben. Oder klassiche, große Netzteile mit fetten Kondensatoren, z.B. für Verstärker? Die machen alle SATT einen Einschaltstromstoss. War früher auf LAN-Parties immer ein Problem wenn ein Sicherungsstrang rausgeflogen ist, dann musste man einen PC nach dem anderen wieder anstecken, alle zusammen an der Verteilerdose ging nicht! MFG Falk
Ich stell mir das lustig vor, wenn der Großteil nur noch Wind und Solar ist, wie man die vielen 100.000 Kleinerzeuger synchron hochfahren will. Und kurz bevor alles oben ist, kommt ne Flaute oder ne Wolke und alles bricht wieder komplett zusammen. Peter
Johannes S. schrieb: > Laienfrage: dass jede Menge nicht-ohmscher Lasten (auslaufende Motoren, > Netzfilter, whatever) als eine Art Energiespeicher wirken und sich eben > über das gesamte Teilnetz langsam entladen, kann nicht sein? Irgend welche Arten von Motoren mit Permanentmagneten werden bei Abschaltung sicherlich noch die Rotationsenergie wieder in elektrische Energie wandeln. Oft macht das nicht viel, weil sich an der selben Leitung schon mal ohmsche Verbraucher befinden, welche die Energie einfach verbraten. Einer meiner Professoren in einem Fach war nebenbei Gutachter. Auch wenn das jetzt aus zweiter Hand ist, aber er erläuterte uns mal einen Abschaltfall. Und zwar wurde er mit vor Gericht bestellt, wenn die Streitparteien miteinander nicht mehr klar kamen. In einer Firma ging vor etlichen Jahren die halbe Elektrik hoch. Das EVU weigerte sich jedoch vor der Schadensregulierung. Er konnte dann nachweisen, daß durch Induktionen hohe Spannungen entstanden, die Geräte und Leitungen im abgeschalteten Teil durchschlugen. Z.B. sowas wie der defekte Fernseher nach einem Blitzeinschlag. Es war auch keine normale Netzabschaltung, sondern nur die Abschaltung der Firma zu einer Reparatur am Netz. Unmittelbarer Nahbereich.
Joa wenn bei sowas die vielen tausend Schaltnetzteile ihren Zwischenkreis wieder aufladen haut das dem Trafo richtig eins auf die Nuss... Können die Dinger angesichts ihrer Größe aber ab wenn durch die starken Magnetfelder kein mechanischer Schaden entsteht. Fast jeder Motor könnte bei einem plötzlichen Netzausfall seine Rotationsenergie zurückspeisen solange er mit Strom durchflossen ist. Angesichts der vielen nicht-rückspeisefähigen Verbraucher, die eine enorme Übermacht darstellen, dauert das aber keine Minuten. Die Dinger arbeiten wenn überhaupt dann sofort gegen einen annähernden Kurzschluß und bremsen mit allem was sie können auf Null runter.
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