Forum: HF, Funk und Felder Kugelwelle aus Maxwell-Gleichungen


von Alexander L. (lippi2000)


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Hey Leute, ich hänge schon etwas länger an der Lösung der 
Wellengleichung für eine Kugelwelle.

Als Grundansatz verwende ich die Wellengleichung in Kugelkoordinaten:

Als nächstes führe ich Phasoren ein:

Des weiteren gilt:

Mit der Wellenzahl
ergibt sich die Wellengleichung wie folgt:

Da die elektrische Feldgröße einer Kugelwelle  nur von ihrem Abstand r 
abhängig ist, reduziert sich der Laplace-Operator wie folgt:

Eingesetzt in die Wellengleichung ergibt sich diese für eine Kugelwelle 
wie folgt:

??? Wie kann ich diese Differentialgleichung lösen???

Ich habe zunächst gesagt es handelt sich um eine homogene DGL 2.Ordnung, 
die sich auf ein DGL-System mit DGL's 1.Ordnung zurückführen lässt.

Hierzu habe ich wie folgt substituiert:

Die DGL wird erst einmal umgeschrieben:

Das DGL-System folgt nun:

Die Lösung des DGL-Systems stellen die Eigenwerte der 
Koeffizientenmatrix A dar. Es gilt:

Die Eigenwerte sind demnach:

Die Lösung ergibt sich durch Einsetzen der Eigenwerte:

Das kann unmöglich die Lösung der Wellengleichung sein???????

Kann mir jemand an dieser Stelle weiterhelfen?

Grüße Alexander

von Tino S. (Firma: A.N.Solutions GmbH) (pacman78)


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Das was du da schreibst hab ich schon längst wieder vergessen und kann 
inhaltlich nicht helfen (hey, ich kann es aber noch lesen und hab so das 
Gefühl es irgendwie zu verstehen ... ist doch ein schönes Gefühl, danke 
dir.)

Die Sachen hier kennst du sicher schon:
http://de.wikipedia.org/wiki/Welle_%28Physik%29
http://www.sprott.net/science/physik/taschenbuch/daten/kap_9/node7.htm
http://www.uni-giessen.de/~gd1186/F-Prak/node117.html

Falls du zur Lösung kommst, halte bitte nicht hinterm Berg damit. Mich 
interessiert es auch.

Meine Vermutung: dritter Link ... du bist nur noch wenige (drei?) 
Schritte von der in Link 1 und 2 dargestellten Lösung entfernt.

von Purzel H. (hacky)


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Ich glaube mich aus den Studium erinnern zu koennen, dass eine 
Kugelwelle nicht existiert. Sie haette den E vektor parallel zum k 
vektor. Waere also longitudinal polarisiert. Dazu muesste man ein 
Punktladung haben, die das Vorzeichen periodisch wechselt

von Kleene Icke (Gast)


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Ach, das freut mich doch, dass sich da jemand reinbeissen will. Und die 
Idee mit den DGL-System ist zwar falsch, aber hat Charme. Also sehen wir 
es mal an: die Wellengleichung ist fast richtig, ganz richtig ist
also ein blöder Vorzeichenfehler. Der Ansatz mit dem Phasor führt dann 
auf
und in Kugelkoordinaten bekommt man
Das Umschreiben in ein DGL-System kann man zwar ausprobieren, hilft hier 
aber nicht: in der Matrix des DGL-Systems steht ja noch das r drin. 
Deshalb geht der verwegene Trick mit den Eigenwert nicht: die Eigenwerte 
wären ja auch noch r-abhängig. Obwohl: ich habe nicht ausprobiert ob 
dein e-Funktionsansatz mit dem Lambda die Wellengleichung nicht doch 
löst, aber das probiere ich heute nicht mehr aus.

Wenn du aber mit dem Lösungsansatz
in die Kugelkordinaten-DGL reingehst und alles richtig differenzierst, 
kommt Null=Null raus: der Ansatz löst die Gleichung. Die Betonung liegt 
auf "alles richtig", ich habe mir das eben von Maxima durchrechnen 
lassen, die Zwischenschritte sind ganz schön länglich für eine so 
einfach aussehende Aufgabe.


Viel Spass beim Differenzieren
Icke

P.S.: In der Vorschau sehe ich den Mathmodus nicht, mal sehen, wie das 
wird.

von Jürgen B. (juergenq)


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Separationsansatz: E(x,y,z,t) = g(r) h(t)

Laplace g(r) h(t) - 1/c^2 h_tt g(r) = 0

führt auf

(*) (Laplace g(r))/g(r) = k^2 = h_tt/h/c^2

Also h(t) = A exp(k c t ) + B exp(-k c t)

Weiter ist

Laplace g(r) = d^2g/dr^2 + 2/r dg/dr

Also (*) links:

d^2g/dr^2 + 2/r dg/dr - k^2 g(r) = 0

Substituiert man g(r) = h(r)/r, so entsteht

h''(r) = k^2 h(r)

also h(r) = A exp(k r) + B exp(-k r)

also g(r) = A exp(k r)/r + B exp(-k r)/r

Eine Lösungsbasis ist also a_k = exp(+/-k c t +/- k r)/r

Die allgemeine Lösung ist eine lineare Superposition dieser
Kugelmoden,

E = \sum_k E_k a_k

Die Wahl der konstanten Vektoren E_k ist durch die (zeitlich, räumlich) 
veränderlichen Randbedingungen festgelegt. Die Bestimmung der E_k ist 
dabei natürlich die eigentliche Kunst.

(Damit k^2 < 0 werden kann, müssen auch k=sqrt(-1) k' berücksichtigt 
werden, genau genommen, sind sogar diese die einzig interessanten, da 
sie auf Schwingungslösungen für a_k führen. Die k reell sind 
unphysikalisch bei zeitlich periodischen Randbedingungen).

Ob eine Kugelwelle physikalisch möglich ist, also geeignete 
Randbedingungen für ihre Erzeugung existieren, kann ich jetzt nicht auf 
die Schnelle ausrechnen. Man kann sich aber vorstellen, daß zwei 
kugelförmige Ladungskontinua mit gleicher Gesamtladung und Verteilung 
zunächst im Mittelpunkt des Koordinatensystems ruhen. Anschließend 
beginnen sie ein "Ballett", bei dem mal "rot", dann "blau" nach außen 
tritt, alles streng kugelsymmetrisch. Wenn diese Anordnung strahlt 
(müßte man nachrechnen), dann natürlich voll kugelsymmetrisch. Man 
könnte auch an das Fernfeld eines homogenen, leuchtenden Balles denken.

von Alexander L. (lippi2000)


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Danke Icke,

da hat sich wirklich ein Vorzeichenfehler eingeschlichen. Zu den 
Eigenwerten, die dürfen auch (müssen in diesem Fall sogar) von r 
abhängen. Wenn die Koeffizientenmatrix A nicht von r abhängt, ist das 
ein Spezialfall und man hat eine Konstantenkoeffizientenmatrix. Also 
sollte gehen.

P.S.: Du hast bei deinen Formeln den Mathemodus mit nem Backslash 
anstatt nem Slash beended.


Hey Jürgen,

an den Herrn Laplace, der mir sonst so gute Dienste leistet, hatte ich 
gar nicht gedacht. Werde das gleich mal ausprobieren. Danke!

von Jürgen B. (juergenq)


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> Hey Jürgen,
>
> an den Herrn Laplace, der mir sonst so gute Dienste leistet, hatte ich
> gar nicht gedacht. Werde das gleich mal ausprobieren. Danke!

Ich meinte hier aber, als ich "Laplace" schrieb nicht die 
Laplace-Transformation

sondern einfach den Laplace-Operator

also in (x,y,z)-Koordinaten

Angewendet auf eine Funktion f(r) ist das dann, wie Du selbst schon 
richtig ausgerechnet hast

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Alexander Liebhold schrieb:
> P.S.: Du hast bei deinen Formeln den Mathemodus mit nem Backslash
> anstatt nem Slash beended.

Hab' ich korrigiert.

Merke: was in der Vorschau verkorkst ist, bleibt auch danach verkorkst. 
;)

von Alexander L. (lippi2000)


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Hey Tino,

bei deinem 3.Link, macht man es sich sehr einfach. Man betrachtet 
lediglich einen kleinen Ausschnitt der Kugel. Beispielsweise genau 
entlang der z-Achse also in Kugelkoordinaten entspricht dies dem 
Richtungsvektor für Theta = 90° und Phi 0°.

Dies entspricht im groben genau der Lösung einer ebenen Welle. Die 
Kugelwelle setzt sich somit aus unendlich vielen ebenen Wellen in alle 
Raumrichtungen zusammen.

Da die Intensität I allerdings nicht mit r konstant ist, sondern sich 
auf die Kugeloberfläche gleichmäßig verteilt, muss diese Abhängigkeit 
bestimmt werden.

Die Oberfläche wächst proportional zu 1/r^2.
Da die Energie S = E X H ist, muss das E-Feld um den Faktor 1/r 
abnehmen.

Dieser Faktor wird vor die ebene Wellengleichung geschrieben:


Aber es muss sich doch auch die DGL lösen lassen.

von Bachelor (Gast)


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Die Lösung (der DGL) von WolframAlpha (ich hab r -> x benutzt, die 
Standardvariable für Wolfram):

http://www.wolframalpha.com/input/?i=f%27%27+%3D+-2%2Fx*f%27+-k%C2%B2*f

Allerdings trau ich es mir aus dem Stand nicht zu die Lösung vernünftig 
zu interpretieren (ein Grund mehr für mich den Master zu machen). Die 
Polstelle im Ursprung find ich zuminest schlüssig.

von Alexander L. (lippi2000)


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Vielleicht nochmal kurz zum Ansatz der Laplace-Transformation.

Am Beispiel der ebenen Welle in z-Richtung:
(alles mit Phasoren)

Laplace-Transormation:
Nach E(s) umstellen
und wieder rücktransformieren:

Also soweit geht das.

Vielleicht hat noch jemand eine Idee, wie man evtl. diese Variante auch 
für die Kugelwelle anwenden kann. Komme da echt nicht weiter.

von Alexander L. (lippi2000)


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@Bachelor:  Das ist genau das Ergebnis der Kugelwelle.

Nur kann man sich die Schritte zur Lösung nicht ansehen.

von Purzel H. (hacky)


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Eine Abstrahlung findet nicht statt. Wie soll das sich ausbreitende 
H-Feld des longitudinalen E Feldes denn aussehen ? Jede freie Welle ist 
im Fernfeld eine TEM Welle. Und von einer longitudinalen Welle kommt man 
nicht auf eine TEM welle.
Ausser das Photon hat Masse...

von Jürgen B. (juergenq)


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>
> Nur kann man sich die Schritte zur Lösung nicht ansehen.

Kleiner Tip am Rande: Die Lösung steht, voll detailliert ausgerechnet in 
meinem Beitrag oben (wenn auch nicht in TeX).

von Jürgen B. (juergenq)


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Pico Oschi schrieb:
> Eine Abstrahlung findet nicht statt. Wie soll das sich ausbreitende
> H-Feld des longitudinalen E Feldes denn aussehen ? Jede freie Welle ist
> im Fernfeld eine TEM Welle. Und von einer longitudinalen Welle kommt man
> nicht auf eine TEM welle.
> Ausser das Photon hat Masse...

Die Frage mit der Kugelwelle ist tatsächlich etwas verwirrend. Soll auf 
der Kugelschale der Poynting-Vektor immer nach außen weisen, so bilden 
die E und B-Vektoren ein orthogonales System von Schnitten des 
Tangentialbündels. Da aber TS^2 keine Schnitte ohne Nullstellen zuläßt 
("man kann den Igel nicht stetig kämmen"), muß es Punkte P auf der S^2 
mit E(P) = 0 (oder B(P) = 0) geben. Aus Symmetriegründen kann es aber 
keine solche Punkte geben, da dann die Lösung nicht mehr voll invariant 
unter SO(3) wäre.

Andererseits existiert ja im optischen Bereich die Beschreibung von 
Wellenphänomenen mit Wellenfronten, und das Frontensystem einer 
leuchtenden homogenen Kugel kann ja eigentlich nur ein System 
konzentrischer Sphären sein... Sicher läßt sich der (scheinbare) 
Widerspruch irgendwie auflösen, aber ich bin gerade an einem anderen 
Problem und für dieses jetzt leider erstmal keine Zeit mehr.

von Purzel H. (hacky)


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Die Wellenfronten sind im Fernfeld immer TEM Wellen. Im Optischen gibt 
es wie im Elektrischen keine longitudinal polarisierten freien Wellen, 
dazu muesste das Photon auch Masse besitzen. Die von Hohlleitern und 
dielektrischen Leitern bekannten TM & TE Wellen klammern sich ans 
Medium, existieren nicht ohne den Wellenleiter.

von Alexander L. (lippi2000)


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Nur würde dann das Huygenssche-Prinzip ja nicht funktionieren. Dieses 
beschreibt beispielsweise die Beugung an einer Kante. Jeder Punkt der 
Wellenfront ist selbst Quelle einer elementaren Kugelwelle.

Ich möchte zum Schluss in der Lage sein die Wellengleichung für 
Gauß-Strahlen (Rayleigh-Länge etc.), wie sie bei Lasern auftreten und 
Gauss-Laguerre Moden für das Modenfeld einer Glasfaser bestimmen.

In jedem Fachbuch sind immer nur fertig gelöste Wellengleichungen 
enthalten oder irgendwelche Halblösungen in denen die wichtigsten 
Lösungsschritte nicht gezeigt sind. Also frei nach dem Motto: "wird das 
in die Formel eingesetzt, kann man die folgenden Annahmen machen und 
eine Lösung der Wellengleichung ist..."

Schönen Dank liebe Buchautoren!

von Alexander L. (lippi2000)


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Ich habe die Lösung für die Kugelwelle!

Wellengleichung mit Phasoren:

Zunächst mache ich folgenden Ansatz:

Es soll sich eine Welle in Radialrichtung ausbreiten und nur vom Abstand 
r abhängig sein. Die Schwingung in Radialrichtung kann zunächst 
allgemein durch
beschrieben werden. Die Abhängigkeit vom Abstand wird durch die Funktion 
f(r) ausgedrückt. Somit gilt für das elektrische Feld mit Phasoren:

Damit ich die Funktion E(r) in die Wellengleichung einsetzen kann, muss 
ich erst einmal beide Ableitungen bestimmen:

Beides kann jetzt in die Wellengleichung eingesetzt werden:

Für den nächsten Schritt zunächst die Ableitungsregeln:

Damit lassen sich folgende Terme zusammenfassen:

1.

2.

Nach der Zusammenfassung der Terme, ergibt sich die Wellengleichung wie 
folgt:

Die einfachste Lösung dieser Differentialgleichung ergibt sich, wenn 
r*f(r) eine Konstante ist!

Also für die Radialfunktion f(r) gilt:

Diese kann ich wieder in meine eigentliche Gleichung einsetzen und es 
ergibt sich die Lösung der Wellengleichung:

Werden die Phasoren wieder eingesetzt, ergibt sich die vollständige 
Lösung der Kugelwelle:

Einfach ist aber alles Andere :-)

von Tino S. (Firma: A.N.Solutions GmbH) (pacman78)


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Hallo Alexander,

vielen Dank für das Posting der Lösung.

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