Forum: HF, Funk und Felder Impedanzanpassung mehrstufige UHF-Schaltungen


von Hazett (Gast)


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Hallo Forum :)

ich hätte mal eine Frage, was die Impedanzanpassung von komplexeren HF- 
bzw. UHF-Schaltungen angeht, also mit mehreren Stufen auf einer Platine 
- z.B.

Transceiver-IC (TX) -> Anpassung -> PA 1. Stufe -> Anpassung -> PA 2. 
Stufe -> Anpassung -> Filter -> Antenne

Wie werden bei so etwas in der realen Schaltung die einzelnen 
Anpassungen vernünftig realisiert? Vorher wird vielleicht simuliert oder 
es wird einfach die Application Note nachgebaut, aber im realen Aufbau 
sieht es ja dann doch immer anders aus...

Ich trenne da immer die Leiterbahnen an bestimmten Stellen auf und messe 
die Impedanzen in beide Richtungen mit dem Networkanalyzer und einer 
selbstgemachten Messspitze aus steifem Koaxkabel, die ich auf die 
Kontakte der Platine drücke bzw. dort anlöte. Die "Stifte" für den 
Innenleiter und GND sind dabei möglichst kurz (~2 mm). Also quasi so 
etwas:

________
          |
          |____    (Innenleiter)
          |
__________|____    (GND)


Wie wird so etwas in der "professionelleren" Industrie angegangen? Wie 
macht ihr so etwas? Hat jemand einen Tipp für einen Ingenieurfrischling? 
:)

von Purzel H. (hacky)


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50 Ohm. Ja, Das beschriebene Verfahren kommt etwa hin. Eine 
Anpassschaltung kann man vornewegnehmen, zB ein T/Pi designen und 
offenlassen. Je nachdem , ob man's dann breitbandig haben will oder 
nicht, bestueckt man anders.
Man kann zb ein 1206 Filter vorsehen und dann nach dem Nachmessen auch 
weglassen. Mit einem richtigen Design muss man nie eine Leiterbahn 
aufschneiden. Das ist doch eher haesslich & unpraktisch. Eine 
Notloesung.

von Wilhelm; DK4TJ (Gast)


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@ Hazett,

wenn du Profi bist, musst du so etwas schon auf einen Knall bringen.

Ansonsten empfehle ich max. 2 Stufen auf einem Board mit sauberem 50 Ohm 
Ein- und Ausgang.
So etwas modular zu machen ist wesentlich sinnvoller. Wenn 1 Teil geht, 
kann man sich mit Ruhe und Gelassenheit dem Nächsten zuwenden. Wie es 
dann später zusammenpasst, ist eine andere Sache.
Die Fehlschläge der Entwicklungslabors möchte ich nicht zählen.

73 Wilhelm

von Bazo (Gast)


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Hazett schrieb:

Was willst du machen?

In einer Halbleiterschalung die nicht das tut, was sie soll 
nachvollziehen warum das so ist oder eine Schaltung desginen?

Im ersten Fall ist das vorgehen je nach Frequenz durchfürbar oder auch 
nicht.

Wenn du Schaltungen entwickeln willst, dann nimmt man dafür die 
S-Parameter der Datenblätter und beücksichtig dann aber die parasitären 
Induktivitäten/Kapazitäten.

Schau dir mal die Webseite an:

http://www.elektronikschule.de/~krausg/

Das ist allgeminverständlich geschrieben.

von Hazett (Gast)


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Danke für die Antworten!

Pico Oschi schrieb:
> Man kann zb ein 1206 Filter vorsehen und dann nach dem Nachmessen auch
> weglassen. Mit einem richtigen Design muss man nie eine Leiterbahn
> aufschneiden. Das ist doch eher haesslich & unpraktisch. Eine
> Notloesung.

Größtenteils mache ich es auch so, Platz für ein zusätzliches Serien- 
und ein Parallelelement lassen und dann mit der oben beschriebenen 
Methode in die Schaltung messen. Aus Platzgründen passt das manchmal 
nicht und es ist auf dem ersten Prototyp (=Bastelobjekt) aufschneiden 
angesagt. Wohlgemerkt nur für die Messungen, d.h. um die korrekten Werte 
für die Anpassung bzw. diskrete Filter zu finden. Die nächsten Platinen 
werden dann gleich richtig bestückt und ich schaue nur noch, ob am Ende 
das gleiche rauskommt wie bei der "nachangepassten" Platine.

Wilhelm; DK4TJ schrieb:
> wenn du Profi bist, musst du so etwas schon auf einen Knall bringen.
>
> Ansonsten empfehle ich max. 2 Stufen auf einem Board mit sauberem 50 Ohm
> Ein- und Ausgang.

Klar, das in mehrere Module aufteilen ist nervenschonender und würde 
auch eher meinen Fähigkeiten entsprechen. Allerdings würde ich ja gerne 
mal Profi werden (ein weiter Weg...), und außerdem würde das dem Chef 
nicht gefallen, wenn ich mit drei Platinen ankomme.

Bazo schrieb:
> Was willst du machen?
>
> In einer Halbleiterschalung die nicht das tut, was sie soll
> nachvollziehen warum das so ist oder eine Schaltung desginen?
>
Ich würde mal sagen, ich möchte beides - eben weil das Designen bei mir 
nie so hingehauen hat, dass in der aufgebauten Schaltung nicht noch 
Korrekturen in der Anpassung nötig gewesen wären.

Es handelt sich im Übrigen um Schaltungen bis 2,4 GHz, das hatte ich 
noch nicht erwähnt.

Bazo schrieb:
> Wenn du Schaltungen entwickeln willst, dann nimmt man dafür die
> S-Parameter der Datenblätter und beücksichtig dann aber die parasitären
> Induktivitäten/Kapazitäten.

Das habe ich so auch bereits getan. Simulationen mit Agilent ADS mit 
S-Parameter-Files der Verstärker und realen (nicht idealen) 
Bauelementen. Teilweise habe ich das Layout mitsimuliert, aber im realen 
Aufbau habe ich mit den simulierten Werten nie eine vernünftige 
Anpassung für komplexere Schaltungen hinbekommen, immer war Korrektur 
angesagt.

Dazu kommt das Problem, dass die Hersteller für diverse mehrstufige 
Verstärker-IC's keine S-Parameter, sondern nur Beispielschaltungen für 
unterschiedliche Frequenzbereiche rausgeben. Da ist dann also in jedem 
Fall nachprüfen angesagt.


Jetzt ist es doch wieder viel zu viel Text geworden...nochmal 
zusammengefasst:
- Treffen "Profis" mit ihrer Simulation (sofern alle nötigen 
S-Parameter-Files vorhanden sind) die realen Ergebnisse in der Regel 
wirklich gleich im ersten Versuch so gut, dass keine Korrekturen mehr 
nötig sind?
- Ich weiß, dass es mit meiner Methode (siehe erster Beitrag) bei 2,4 
GHz allmählich kritisch wird. Gibt es da bessere Methoden zur Kontrolle 
der Anpassung?

von Mapua (Gast)


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Ja und nein.
Ja:
Um gute Übereinstimmung zwischen Simulation und Messung zu bekommen,
solltest Du:
1) den NWA auf Steckerebene kalibrieren und die elektrische Länge Deiner 
angelöteten Messleitung am NWA herausdrehen (z.B. Kurzschluß am Ende 
machen und im Smithchart kontrollieren.
2) auf jeden Fall das Layout mit simulieren, zumindest als Pads und 
Leitungselemente.
3) sehr gute Modelle für die Bauteile (insbesondere L und C haben). Je 
größer die Bauteile, desto wichtiger. Zumindest sollten diese die 
Serien- und Parallelresonenz und Güte der Bauteile modellieren.
4) Das PCB gut kennen.

Nein:
1) Magnetische Kopplung zwischen Spulen wir selbst ein 3D Simulator 
nicht liefern.
2) S-Parameter zeigen bei aktiven Bauteilen nur das Verhalten in einem 
Arbeitspunkt. Hier brauchst andere Modelle.
3) Wenn alles auf Anhieb passt, ist das toll, aber entscheidend ist, wie 
man am schnellsten zum Erbebnis kommt.
Meist bin ich schneller und besser, wenn die Simulation sehr nah dran 
ist  und der letzte Feinschliff durch Messung (muss man eh machen) und 
Löten gemacht wird

von Hazett (Gast)


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Danke für die Antwort!

Die Länge der Messleitung rauskalibriert habe ich schon exakt so, das 
hatte ich vergessen zu erwähnen. Dennoch schön, das so bestätigt zu 
lesen :)

Was die Simulation angeht, wird es dann eventuell an den Modellen 
gelegen haben. Und das Platinenmaterial ist wohl die zweite 
Variable...zumindest unter 1 GHz wird bei uns in der Regel FR4 
verwendet. Das hat, wie ich jetzt gelesen habe, noch größere Toleranzen 
als ich gedacht hatte, auch innerhalb ein- und der selben Platine.

Mapua schrieb:
> 3) Wenn alles auf Anhieb passt, ist das toll, aber entscheidend ist, wie
> man am schnellsten zum Erbebnis kommt.
> Meist bin ich schneller und besser, wenn die Simulation sehr nah dran
> ist  und der letzte Feinschliff durch Messung (muss man eh machen) und
> Löten gemacht wird

Klar, wenn man zwei Monate lang aufs Hundertstel dB an einem Verstärker 
simuliert, ist damit keinem geholfen. Was mir noch fehlt ist die 
Erfahrung, wieviel Aufand man für die Simulation treiben sollte (ok, das 
wird auch von Fall zu Fall unterschiedlich sein und gerade diese 
Erfahrung wird mit der Zeit kommen) und teilweise wie man vernünftig 
misst. Aber da sich hier noch niemand über die Messmethode mit dem 
Koaxstück beschwert hat, liege ich zumindest damit wohl ganz gut :)

von Randy (Gast)


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> Aber da sich hier noch niemand über die Messmethode mit dem
> Koaxstück beschwert hat, liege ich zumindest damit wohl ganz gut :)

Wird hier in der 4ma auch so gemacht... mit einem dünnen Semi-Rigid Koax 
mit SMA-Stecker dran... man muß beim Layouten aufpassen dass alle Punkte 
in die man reinmessen will ein Stück GND-Fläche gleich nebenan haben 
damit man den Schrim anlöten kann... funktioniert bis ca. 3GHz ganz gut, 
darüber dann nicht mehr wirklich...

Was sich bewährt hat:
*Die Toleranzen bei FR4 sind gar nicht so fürchterlich wie in der 
Theorie. Wenn man beim gleichen PCB-Hersteller bleibt un der nicht den 
FR4-Zulieferer wechselt ist die Wiederholgenauigkeit viel besser als die 
maximale Toleranz aus dem Datenblatt.
* Auch wenn man Einzelschaltungen mit 50 Ohm-Ein- und Ausgang aneinander 
reiht und demnach eine auf 50 Ohm Angepasste (Micro-)Stripline zwischen 
den Schaltungsteilen eigentlich kein Problem sein sollte: Bau die 
Schaltungteile trotzdem ohne großen Abstand direkt aneinander, nur mit 
einem 0603 Null-Ohm Widerstand dazwischen (oder dem ohnehin nötigen 
DC-Koppel-Kondensator) damit man leicht auftrennen und mit dem Koax rein 
messen kann. Denn mit Leitungslänge dazwischen und der unvermeidlichen 
leichten Fehlanpassung wird der Frequenzgang dann doch Wellig. Gilt v.a. 
wenn man Schaltungen mit mehreren MHz Bandbreite auf +/- 1 dB 
Genauigkeit trimmen will. Wenn du immer nur einen einzelnen FM-Kanal 
überträgst ist das nicht so kritisch.

HTH

von Mikrowilli (Gast)


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Meine ersten Brötchen habe ichmit der Entwicklung von Sendeverstärkern 
und Sende-Empfangsumschaltern für DECT-Schnurlostelefone verdient. Die 
Sendeverstärker waren anfangs dreistufig diskret aufgebaut. 
50-Ohm-Anpassung zwischen den Stufen war nicht machbar: zum anderen wäre 
es unpraktisch gewesen, die vorherrschenden niedrigen Ein- und 
Ausgangsimpedanzen der einzelnen Verstärkerstufen erst hoch- und dann 
wieder runterzutransformieren, zum anderen hätte das unnötigen Bauteil- 
und Platzaufwand und damit höhere Kosten bedeutet. Bei Serienstückzahlen 
jenseits von 50000 Stück überlegt man sich selbst bei einem banalen 
Widerstand zweimal, ob man ihn wirklich braucht.

Vom ersten Entwurf bis zum serienreifen Produkt brauchten wir in der 
Regel drei oder vier Layoutdurchgänge. Am Anfang wurde viel simuliert, 
später vorwiegend auf meßtechnischer Basis optimiert. Für die Messungen 
hatte ich mir eine Reihe gleichlanger Leitungen aus dünnem Koax zum 
Anlöten angefertigt und aus einigen weiteren Leitungen gleicher Länge 
behelfsmäßige Kalibrierstandards gebaut, so daß ich direkt auf den 
"Anlötpunkt" kalibrieren konnte.

Das Optimieren der Schaltung erfolgt dann beispielsweise durch fleißiges 
Austauschen von Kondensatoren (im Prinzip wie das Drehen an einem 
Trimmkondensator) und durch das Verändern von Leiterbahnlängen (die 
waren ohnehin in Mäanderstruktur geroutet und zumindest in den ersten 
Layouts etwas länger als simuliert gelassen und zum Kürzen vorbereitet). 
Wenn man sich ein halbes Jahr lang mit einem eigentlich recht 
übersichtlichen Schaltungsabschnitt auseinanderzusetzen hat, bekommt man 
bald ein recht gutes Gefühl dafür, an welcher Stelle man etwas verändern 
muß, wenn die Messungen noch nicht so ausfallen wie beabsichtigt - das 
nennt man dann Berufserfahrung.

Die Leiterplatteneigenschaften (Material FR4) erfaßt man idealerweise, 
indem man Prüfstrukturen auf den Leiterplattennutzen bringt, die man mit 
dem NWA vermessen kann. Es empfiehlt sich, schon vom ersten 
Entwicklungslayout an die Leiterplatten bei demselben Hersteller 
fertigen zu lassen, der später auch die Leiterplatten für die Serie 
fertigen wird - und man vergewissere sich vorher, daß er die kleinen 
Stückzahlen für das Labor in demselben Prozeß fertigt wie die großen 
Serienmengen!

Viel Erfolg!

von Hazett (Gast)


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Vielen Dank für eure Ehrfahrungen und Tips!
Interessant, dass ihr das genauso bzw. sehr ähnlich macht. Das beruhigt 
mich schon mal wieder ein wenig, genauso wie die teilweise mehreren 
Layoutdurchgänge.

Die Idee mit den Prüfstrukturen auf dem Platinenmaterial ist auch sehr 
interessant, das werde ich bei Gelegenheit sicher auch mal machen. Im 
Laufe der Entwicklung beim gleichen Platinenhersteller bleiben, sollte 
sich vermutlich einrichten lassen. Mal schauen, ob das beides meine 
Simulationen eine Spur realitätsnäher macht.

Der Rest fällt dann wohl wirklich unter "Berufserfahrung", die ich noch 
sammeln muss.

> Viel Erfolg!
Danke :)

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