Forum: Offtopic Ist diese Röhre wirklich 43 Jahre alt?!


von Jonathan S. (joni-st) Benutzerseite


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Hallo,


heute ist die ECC86, die ich auf iBäh für 10€ geordert habe, endlich 
angekommen. Nachdem ich die 4 Schichten Umverpackung endlich ab hatte, 
habe ich erstmal gestaunt: Auf der Verpackung der Röhre stand "DATE 
PACKED JAN 69"... Da ich mich mit Röhren nicht sonderlich gut auskenne, 
frage ich mich, ob das wirklich sein kann. Die Röhre sieht nämlich 
(meiner Meinung nach) ziemlich neu aus...


Beschriftung der Verpackung:

FSN 5960 881 5619
1 EA. ELECTRON TUBE
6GM8 ECC86
DSA900 69MFH82
AMPEREX ELECTRONIC COM
?A? DATE PACKED JAN 69        ("?" = unleserlich)


Beschriftung der Röhre:

6GM8 / ECC86
MADE IN HOLLAND
   AMPEREX(r)

         69-10


Im Anhang ist ein Bild von der Röhre und der Verpackung. Kann das Teil 
wirklich so alt sein?!


Gruß
Jonathan

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Das ist kein Alter für eine Röhre. Bedenke, daß Ende der 60er Jahre das 
große Röhrensterben eingesetzt hat.

von Jonathan S. (joni-st) Benutzerseite


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Stimmt. Wie gesagt, ich kenne mich da nicht aus ;)
Aber komisch (und schön), dass die noch keine (kaum) Luft gezogen hat. 
:)

von Wilhelm F. (Gast)


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Jonathan Strobl schrieb:

> Kann das Teil
> wirklich so alt sein?!

Warum nicht?

Ich habe hier in meiner Bauteilkiste noch eine einzige Röhre liegen, 
eine ECC83. Schon seit über 20 Jahren. Der Getterspiegel ist auch noch 
schön glänzend, da ändert sich nichts. Und wenn die Röhre etwas Luft 
gezogen haben sollte, dann sorgt im Betrieb der Getterspiegel dafür, daß 
diese wieder entfernt wird.

1969 war die Röhrenherstellung auch schon ziemlich perfektioniert.

Also, freu dich an dem alten Bauteil, und jage es nicht sofort mit dem 
ersten Experiment hoch. ;-)

Allerdings ist die Lebensdauer im Betrieb nicht mehr so hoch wie bei 
Lagerung, etwa um die 10000 Stunden. Die Konsum-Röhrengeräte damals 
wurden selten über 10 Jahre alt. Aus eigener Erfahrung noch.

von Jonathan S. (joni-st) Benutzerseite


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> Ich habe hier in meiner Bauteilkiste noch eine einzige Röhre liegen,
> eine ECC83. Schon seit über 20 Jahren. Der Getterspiegel ist auch noch
> schön glänzend, da ändert sich nichts. Und wenn die Röhre etwas Luft
> gezogen haben sollte, dann sorgt im Betrieb der Getterspiegel dafür, daß
> diese wieder entfernt wird.

Ich wusste nicht, dass der Getterspiegel so lange hält - deshalb dachte 
ich, die Röhre wäre nicht so alt. Aber um so schöner :)


Wilhelm Ferkes schrieb:
> Also, freu dich an dem alten Bauteil, und jage es nicht sofort mit dem
> ersten Experiment hoch. ;-)

Ja, vorallem mit der Heizspannung werd' ich aufpassen ;)
Am besten bau ich der Röhre eine Konstantstromquelle direkt unter die 
Pins. Dann brennt der Heizfaden hoffentlich auch bei akutem 
Hirnaussetzen nicht durch ;D


Danke für eure Hilfe! :)


Gruß
Jonathan

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Mein Vater schafft der Tage gerade meine Radios nach KW ins Museeum, die 
haben z.T. die 30 er miterlebt. Die Röhren darin sind auch noch o.k.

Namaste

von Wilhelm F. (Gast)


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Jonathan Strobl schrieb:

> Wilhelm Ferkes schrieb:
>> Ich habe hier in meiner Bauteilkiste noch eine einzige Röhre liegen,
>> eine ECC83. Schon seit über 20 Jahren. Der Getterspiegel ist auch noch
>> schön glänzend, da ändert sich nichts. Und wenn die Röhre etwas Luft
>> gezogen haben sollte, dann sorgt im Betrieb der Getterspiegel dafür, daß
>> diese wieder entfernt wird.
>
> Ich wusste nicht, dass der Getterspiegel so lange hält - deshalb dachte
> ich, die Röhre wäre nicht so alt. Aber um so schöner :)

Es kann sein, daß der Getterspiegel beim Erstbetrieb etwas beansprucht 
wird, weil die Röhre über die lange Zeit ja doch ein paar Luftmoleküle 
gezogen haben kann.

Früher gab es auch mal Regenerationsgeräte, das war eine 
Induktionsheizung, mit der man die Getterpille oder den Getterbügel, die 
sich ja auch als Reserve in der Röhre befinden, noch mal durch die Röhre 
hindurch aufdampfen konnte, um die Getterung aufzufrischen.

> Wilhelm Ferkes schrieb:
>> Also, freu dich an dem alten Bauteil, und jage es nicht sofort mit dem
>> ersten Experiment hoch. ;-)
>
> Ja, vorallem mit der Heizspannung werd' ich aufpassen ;)
> Am besten bau ich der Röhre eine Konstantstromquelle direkt unter die
> Pins. Dann brennt der Heizfaden hoffentlich auch bei akutem
> Hirnaussetzen nicht durch ;D
>
>
> Danke für eure Hilfe! :)
>
>
> Gruß
> Jonathan

Die E-Serie bezeichnet keinen Konstantstrom, aber eine Konstantspannung 
von 6,3V. Bzw. eine Effektivspannung von 6,3V. Die wurden ja früher an 
einer Trafowicklung mit 6,3V betrieben.

Konstantstrom würde die Glühwendel bei Verschleiß, Verdampfung durch 
Alterung, immer heißer und heller werden lassen. Das ist keine gute 
Idee.

Du kannst schon die angegebene Nennspannung verwenden. Zu viel ist nicht 
gut, und zu wenig auch nicht.

Die Röhre stirbt im Betrieb durch Verschleiß eben des Heizdrahtes, wie 
bei der Glühlampe, und auch durch Elektronenbeschuß der Anode, wodurch 
die Anodenbeschichtung sich irgendwann abträgt. Das Aktivierungsmaterial 
der Katode trägt sich ebenfalls etwas ab. Sie kann dann an sich noch 
funktionieren, aber die Betriebsparameter werden schlechter und 
schlechter, bis irgendwann unbrauchbar.

von Wilhelm F. (Gast)


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Winfried J. schrieb:

> Mein Vater schafft der Tage gerade meine Radios nach KW ins Museeum, die
> haben z.T. die 30 er miterlebt. Die Röhren darin sind auch noch o.k.
>
> Namaste

Oh mann! Aber in einem Museum sind solche Teile wenigstens ehrenwert 
aufgehoben.

Mein Vater entsorgte ohne mein Wissen einen großen 
10kg-Waschpulverkarton voller Röhren, und da war noch Ware von 1930 
dabei, auch einige Stahlröhren aus der Zeit um den WW2.

Ich kann ihn noch nicht mal beschimpfen, für ihn haben diese Dinge 
einfach gar keine Bedeutung. Und sie lagerten in seinem Haus. Er hätte 
mich wenigstens fragen können.

von Jonathan S. (joni-st) Benutzerseite


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> Konstantstrom würde die Glühwendel bei Verschleiß, Verdampfung durch
> Alterung, immer heißer und heller werden lassen. Das ist keine gute
> Idee.

Ok, hast Recht.


Wilhelm Ferkes schrieb:
> Mein Vater entsorgte ohne mein Wissen einen großen
> 10kg-Waschpulverkarton voller Röhren, und da war noch Ware von 1930
> dabei, auch einige Stahlröhren aus der Zeit um den WW2.

sprachlos

von Wilhelm F. (Gast)


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Jonathan Strobl schrieb:

> Wilhelm Ferkes schrieb:
>> Mein Vater entsorgte ohne mein Wissen einen großen
>> 10kg-Waschpulverkarton voller Röhren, und da war noch Ware von 1930
>> dabei, auch einige Stahlröhren aus der Zeit um den WW2.
>
> sprachlos

Was will man machen. Auf der anderen Seite ist er sehr hilfsbereit, wo 
es nur geht. Ich muß es so akzeptieren. Ich hingegen würde auch die 
Bierdeckelsammlung oder Schneekugelsammlung von jemand anderem weg 
werfen, wo dieser sehr dran hing, und ich nicht.

Aber es gibt heute noch nagelneue Röhren. Die Russen bauen gegenwärtig 
neue Röhrenwerke, weil die Weltnachfrage steigt. Man mag es kaum 
glauben. Sammler, Bastler, und dann gibt es ja noch die Spezis für 
High-End-HiFi-Röhrenendstufen. Die ECC86 wirst du aus solch einer Quelle 
also auch nagelneu bekommen.

Du kennst die Links zu bekannten Röhrenseiten? Z.B. HTS, oder Jogis 
Röhrenbude? Wenn nicht, suche ich sie heraus.

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> Oh mann! Aber in einem Museum sind solche Teile wenigstens ehrenwert
> aufgehoben.

Ja das denke ich. Mein Vater hat mich zuvor angerufen und gefragt, da 
ich hier weder Platz habe (Frau mag des nicht) und es ein großer Aufwand 
wäre sie zu hohlen um sie dann in den Keller ....

Darum habe ich zugestimmt, sie dem Museum anzubieten oder anderweitig 
weiterzugeben aber keinesfalls zu entsorgen. Das versprach er zu tun.

Mmuss mal fragen ob er schon dazu gekommen ist.

von Jonathan S. (joni-st) Benutzerseite


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> Aber es gibt heute noch nagelneue Röhren.

Ja, ich weiß, ich habe hier z.B. 4 nagelneue 1SH29B... Aus russischer 
Fertigung :)


Wilhelm Ferkes schrieb:
> Du kennst die Links zu bekannten Röhrenseiten? Z.B. HTS, oder Jogis
> Röhrenbude? Wenn nicht, suche ich sie heraus.

Jogis Röhrenbude kenne ich, aber sonst eigentlich keine... Wäre wirklich 
nett von Dir, wenn Du mir die Links raussuchen könntest :)

von Karl H. (kbuchegg)


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> Im Anhang ist ein Bild von der Röhre und der Verpackung. Kann das Teil
> wirklich so alt sein?!

Gibts eigentlich die 100 Jahre Dauerleucht-Glühbirne bei der San 
Francisco Feuerwehr noch?

von Jonathan S. (joni-st) Benutzerseite


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Karl Heinz Buchegger schrieb:
> Gibts eigentlich die 100 Jahre Dauerleucht-Glühbirne bei der San
> Francisco Feuerwehr noch

Jaaa, sie lebt noch :D
http://www.centennialbulb.org/photos.htm

von Wilhelm F. (Gast)


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Winfried J. schrieb:

> Mmuss mal fragen ob er schon dazu gekommen ist.

Der Vater wird um die 80 sein, wie meiner. Es ist merkwürdig, daß diese 
Generation wohl kaum einen Sinn für die historischen Dinge hat. Die 
entsorgten die alten Röhrengeräte, ohne mit der Wimper zu zucken.

Beim Bäcker kaufen sie gelegentlich mal ein Kommißbrot. Ja, das gibt es 
manchmal noch. Es heißt auch Graubrot, und sieht angeschnitten genau so 
aus, also wie ein Blatt ungebleichtes Altpapier. Mir schmeckt das wie 
aufgeweichter Pappkarton. ;-)



Jonathan Strobl schrieb:

> Jogis Röhrenbude kenne ich, aber sonst eigentlich keine... Wäre wirklich
> nett von Dir, wenn Du mir die Links raussuchen könntest :)

HTS hat noch sehr viel Info. Ich glaube, die beiden Seiten reichen auch, 
haben intern viele weiter führende Links und Info.

http://www.hts-homepage.de/hts-homepage.html



Karl Heinz Buchegger schrieb:

> Gibts eigentlich die 100 Jahre Dauerleucht-Glühbirne bei der San
> Francisco Feuerwehr noch?

Vor einiger Zeit gab es auch noch einen gläsernen 
Hochleistungs-Quecksilberdampfgleichrichter, der seit 1941 in einem 
Londoner Aufzugsystem funktionieren soll...

Aber man muß mal danach suchen...

von Peter D. (peda)


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> Die Konsum-Röhrengeräte damals
> wurden selten über 10 Jahre alt. Aus eigener Erfahrung noch.

Kann ich nicht bestätigen. Die RFT-Röhren hielten sehr lange.
Ich hab früher einige Röhrengeräte als Hobby repariert. 
Hauptausfallursache wahren trockene Elkos oder verbrauchte 
Selengleichrichter.

Ich hab mal in einem alten Radio die "16µF glatt" gegen 200µF aus einem 
Fernseher ausgetauscht. Der Besitzer meinte, es währe immer noch kaputt, 
weil ja gar kein Brummen zu höhren war. Nach Aufdrehen des 
Lautstärkepoti war er dann zufrieden.


Peter

von Wilhelm F. (Gast)


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Peter Dannegger schrieb:

> Kann ich nicht bestätigen. Die RFT-Röhren hielten sehr lange.

OK. Die Röhren hielten in den 1960-ern und 1970-ern unter anderem lange, 
weil es nur 6 Stunden am Tag Fernsehprogramm gab. Und die Geräte nicht 
fast rund um die Uhr liefen, wie heute mancherorts üblich.

Die Netzelkos waren im Schnitt immer noch sehr gut. Wir bauten aus 
ausgeschlachteten Geräten fette Elko-Batterien. Um einen Blödsinn damit 
zu veranstalten. Und die luden wir mit einem 280V-Netzteil auf, welches 
einen Selenstab hatte. Eine 1N4007 direkt am Netz hätte es vielleicht 
auch getan, mit Begrenzungswiderstand oder Drossel.

Der arme Selenstab. Mußte unzählige Ladungen der Elko-Batterie (>>10mF) 
verkraften. Und er war wohl hochohmig genug, um das zu überleben.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> Und er war wohl hochohmig genug, um das zu überleben.

Wenn nicht: "Pass auf, gleich-riecht-er!" :-)

von Wilhelm F. (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:

> Wilhelm Ferkes schrieb:
>> Und er war wohl hochohmig genug, um das zu überleben.
>
> Wenn nicht: "Pass auf, gleich-riecht-er!" :-)

Ich glaube, aus dieser Zeit stammt dieser Begriff auch noch. Die 
Selengleichrichter haben irgendwie gleich charakteristisch gestunken. 
Was da riecht, weiß ich aber nicht. Vielleicht nur ein 
Beschichtungsmaterial (Lack) aus dieser Epoche.

Ja, ich hatte auch Geräte von nach 1970. Unter anderem einen 
Spieleisenbahntrafo, und einen Batterielader fürs Auto. In allen rauchte 
das Selenteil ab. Konnte ich aber später durch Silizium ersetzen.

Es ist mir ein Rätsel, warum man nach 1970 noch Selen verwendete. Denn 
Silizium gab es in professionellen Anwendungen schon ab etwa 1955. 
Eisenbahnloks mit Thyristoren, oder Bahnstromgleichrichter mit 
Si-Dioden. Oder den schweren Wechselrichter der Post mit 60V und bis 
1000A, den ich 1975 in einer KVSt sah.

Der GUM53, das war der Gemeinschaftsumschalter für 2 Analogleitungen der 
Post an einer gemeinsamen Zweidrahtleitung, hatte den Selen noch 1985. 
Zumindest da sah ich ihn zuletzt. Und die Postanwendungen galten als 
besonders robust. Diesen zerstörte man aber gelegentlich bei der 
Montage, weil er im Schraubendreherbereich eines der drei Bohrlöcher 
lag. Ein kleiner Konstruktionsmangel. Die Platten durfte man ja 
mechanisch nicht ankratzen. Am Bau geht es aber mal rauh zu.

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Selen treffe ich noch regelmässig in Aufzügen aus de 50 er und 60ern

Namaste

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Wilhelm Ferkes schrieb:

> Ich glaube, aus dieser Zeit stammt dieser Begriff auch noch.

Ja, sicher.

> Die
> Selengleichrichter haben irgendwie gleich charakteristisch gestunken.
> Was da riecht, weiß ich aber nicht. Vielleicht nur ein
> Beschichtungsmaterial (Lack) aus dieser Epoche.

Nö, das muss aus dem Selen selbst kommen und ist wohl gar nicht
mal so ungefährlich.

> Es ist mir ein Rätsel, warum man nach 1970 noch Selen verwendete.

Weil die Dinger recht robust waren und halt kurzzeitig sehr
überlastfest.  In meinem Spielzeug-Eisenbahn-Trafo war auch sowas
drin, zusammen mit einem Thermorelais als Überlastschutz.  Der
Gleichrichter hielt schon mal das 10fache des spezifizierten Stroms
aus für die Zeit, bis das Thermorelais dann bei einem Kurzschluss
auslöste.  Das hätte ein preiswerter Si-Gleichrichter zu der Zeit
nicht geschafft.

von Wilhelm F. (Gast)


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Winfried J. schrieb:

> Selen treffe ich noch regelmässig in Aufzügen aus de 50 er und 60ern
>
> Namaste

Wo dort?

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Zentrale Gleichrichtung in der Steuerung, meist in Relaistechnik,
gelegentlich Bremsgleichrichter oder Ventilspannungserzeugung für 
Ölhydraulische Anlagen

Namaste

von Wilhelm F. (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:

> Der Gleichrichter hielt schon mal das 10fache des spezifizierten Stroms
> aus für die Zeit, bis das Thermorelais dann bei einem Kurzschluss
> auslöste.

Ich schaffte bisher alle Geräte. Mit Si nachbestückt, nicht mehr.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Klar kann man Röhren nagelneu kaufen. Sovtek sind z.B. sehr beliebt bei 
Musikern. Hab in meinem Amp allerdings eine Original Heathkit 12AX7 :D

http://www.thomann.de/de/search_dir.html?sw=R%F6hren&x=0&y=0&gk=&bn=

von Peter D. (peda)


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> OK. Die Röhren hielten in den 1960-ern und 1970-ern unter anderem lange,
> weil es nur 6 Stunden am Tag Fernsehprogramm gab. Und die Geräte nicht
> fast rund um die Uhr liefen, wie heute mancherorts üblich.

Die Radios liefen durchaus oft den ganzen Tag. Und würden es wohl immer 
noch, wenn sie nicht verschrottet wurden.

Die Endröhren in Fernsehern wurden stärker belastet. Sorgenkind war z.B. 
die PCL85 (Vertikalendstufe). Vor ihren Ableben leuchtete sie blau. Die 
ältere PL84 war dagegen unverwüstlich.


Peter

von Dennis S. (bzzzt)


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Winfried J. schrieb:
> Selen treffe ich noch regelmässig in Aufzügen aus de 50 er und 60ern

Die alte Aufzugsteuerung unseres DDR-Plattenbaus (Baujahr 84) hatte auch 
noch Selengleichrichter für die Steuerung auf Relaisbasis.
Nun ja, seit wie vielen Jahrzehnten dieses Schaltung schon verbaut 
wurde, kann ich leider nicht sagen. Nur, dass die Relais in den Jahren 
80 und 85 gebaut wurden. Und gerne mal ausgefallen sind. :-D

von Wilhelm F. (Gast)


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Peter Dannegger schrieb:

> Wilhelm Ferkes schrieb:
>> OK. Die Röhren hielten in den 1960-ern und 1970-ern unter anderem lange,
>> weil es nur 6 Stunden am Tag Fernsehprogramm gab. Und die Geräte nicht
>> fast rund um die Uhr liefen, wie heute mancherorts üblich.
>
> Die Radios liefen durchaus oft den ganzen Tag. Und würden es wohl immer
> noch, wenn sie nicht verschrottet wurden.
>
> Die Endröhren in Fernsehern wurden stärker belastet. Sorgenkind war z.B.
> die PCL85 (Vertikalendstufe). Vor ihren Ableben leuchtete sie blau. Die
> ältere PL84 war dagegen unverwüstlich.
>
>
> Peter

Aber 10.000 Betriebsstunden Normallebensdauer waren für gewöhnliche 
Konsumgeräteröhren durchaus realistisch. Bei Dauerbetrieb ist das etwas 
länger als ein Jahr, fast erschreckend wenig. Es kann natürlich sein, 
daß man bei RFT mal qualitativ bessere Röhren baute, warum auch nicht? 
Man kann ja an verschiedenen Parametern schrauben, beispielsweise die 
Qualität von Anoden- und Katodenbeschichtung, Heizwendel, Getter, 
Dichtigkeit der Röhre. 50.000 Stunden gab es auch schon mal bei 
Langlebensdauerröhren, z.B. in professionellen Postanwendungen, 
Übertragungssysteme und Verstärker. Sowas steht glaube ich noch in einem 
meiner alten Lehrbücher zur Übertragungstechnik. Man konnte das also.

90% der Röhren aus der genannten großen Waschmittelkiste waren 
tatsächlich im guten Zustand. Aber es waren auch welche dabei, wo der 
Getterspiegel komplett verbraucht war, und dann wird es an der Stelle 
häßlich schwarz, was schon Folgeerscheinungen des fehlenden Getters 
sind. Vermutlich versagte das Gerät, wo diese Röhre ausgebaut wurde, 
eben genau dadurch.

Ich surfe ja auch schon mal auf sowas wie den beiden von mir oben 
angegebenen Röhrenseiten. Gelegentlich findet man da mal 
Schaltungstricks, z.B. wo jemand die Anodenspannung für das magische 
Auge erhöhte, damit es zum letzten mal wieder leuchtet. Mit Ausschalter 
zur Schonung, damit man das magische Auge nur bei Bedarf sieht. Denn es 
verschleißt dann noch erheblich schneller. Das muß man eben mal 
riskieren, wenn es die Röhre original nicht mehr gibt. Klar 
funktionieren die Röhren noch, aber gegen Ende der Lebensdauer eben mehr 
schlecht als recht. Je nach Schaltungsauslegung funktioniert eine 
Schaltung dann auch noch einwandfrei mit schlechten Bauteilparametern. 
So lange der Heizfaden noch geht, und der Getterspiegel noch da ist.

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Hallo Wilhelm,

was die RFT angeht so war sicher Limes unendlich das Ziel schon aus der 
nicht ausschließlich profitorientierten Wirtschaftsstrategie der DDR 
herraus.
Klar wurde auch dem Mangel geschuldet Pfusch produziert, aber kaum 
vorsätzlich. Wenn man also die Möglichkeit hatte, so wurde für die 
Ewigkeit produziert, sinnvoll hin oder her.

Namaste

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Winfried J. schrieb:
> Wenn man also die Möglichkeit hatte, so wurde für die
> Ewigkeit produziert, sinnvoll hin oder her.

Nicht unbedingt, aber bei technischen Geräten war natürlich eine
lange Lebensdauer (und entsprechend servicefreundliche Konstruktion)
angesichts des vergleichsweise hohen Preises von Konsumgüter-
elektronik durchaus ein Entwurfsziel, denn volkwirtschaftlich wurde
einer Reparatur allemal der Vorzug vor "Wegschmeißen, Neukaufen"
gegeben.

Bei Röhren gab es zumindest im Röhrentaschenbuch ausgewiesene
Langlebensdauer-Röhren, was nahelegt, dass die normalen Röhren für
Konsumgüterelektronik weniger aufwändig gebaut worden waren.  Röhren
waren ohnehin in der Elektronik immer vergleichsweise teure Bauteile
(weshalb die Anzahl der Röhren eines Geräts ja auch gern beworben
worden ist, bzw. man umgekehrt versucht hat, mit Röhren wie einer
UEL51 preiswerte Einröhren-Empfänger zu bauen).  Eine Konstruktion
auf verlängerte Lebensdauer hätte wohl den Preis noch weiter nach
oben gezogen.

von Wilhelm F. (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:

> Röhren
> waren ohnehin in der Elektronik immer vergleichsweise teure Bauteile
> (weshalb die Anzahl der Röhren eines Geräts ja auch gern beworben
> worden ist, bzw. man umgekehrt versucht hat, mit Röhren wie einer
> UEL51 preiswerte Einröhren-Empfänger zu bauen).

Man mag es heute kaum glauben, aber im Röhrenzeitalter gab es wohl auch 
eine Röhrensteuer, ähnlich Glühlampensteuer heute. Der Fiskus nahm schon 
immer gerne, nicht erst seit heute. Und auf der westlichen Seite des 
eisernen Vorhanges. Das fand ich erst in neuerer Zeit, wußte es damals 
gar nicht. Das war schon mit ein Grund, warum man Mehrsystem-Röhren 
baute, wie beispielsweise die EABC80. Und man sich Mühe mit fort 
geschrittener Technik bei Empfängern machte, um eben aus genannten 
Steuergründen Röhren einzusparen.

Eine Transistor-Steuer sah ich hingegen nie. Möchte auch nicht laut 
herum posaunen, sonst kommt noch ein Schlauberger auf die Idee für eine 
Widerstands-, Spulen- oder Kondensatorensteuer.



Winfried J. schrieb:

> Hallo Wilhelm,
>
> was die RFT angeht so war sicher Limes unendlich das Ziel schon aus der
> nicht ausschließlich profitorientierten Wirtschaftsstrategie der DDR
> herraus.

Das kann ich durchaus ein wenig nachvollziehen, auch wenn ich in diesem 
System nicht lebte.

von Günther N. (guenti)


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Wilhelm Ferkes schrieb:
> Man mag es heute kaum glauben, aber im Röhrenzeitalter gab es wohl auch
> eine Röhrensteuer, ähnlich Glühlampensteuer heute. Der Fiskus nahm schon
> immer gerne, nicht erst seit heute.

Das kann ich bestätigen.Ich besitze einen alten italienischen 
militärischen Empfänger,einen AR 8.Da haben die Röhren einen Aufkleber 
(eine Art Abziehbild ) vom italienischen Finanzamt drauf.
Im III.Reich gab es auch Röhren die mit einem Aufdruck versehen waren 
der sie nur zur Verwendung im VE 301 spezifizierte.
Gruss Guenti

von Dave B. (gaston)


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Auch RFT durfte die Wunder der Planwirtschaft nutzen und bekam dann sein 
Material halt von den Oberen gestellt.

So z.B. russische Farbbildröhren die wohl so unbeliebt bei RFT waren, 
das die zur Sicherheit gleich vom russischen Wagon aus den Weg Richtung 
Erdboden genommen wurden, nur um die Mistdinger nicht verbauen zu 
müssen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Dave B. schrieb:
> So z.B. russische Farbbildröhren

Hat aber nichts mit der RFT-Röhrenproduktion zu tun.

von Jens G. (jensig)


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>> Die
>> Selengleichrichter haben irgendwie gleich charakteristisch gestunken.
>> Was da riecht, weiß ich aber nicht. Vielleicht nur ein
>> Beschichtungsmaterial (Lack) aus dieser Epoche.

>Nö, das muss aus dem Selen selbst kommen und ist wohl gar nicht
>mal so ungefährlich.

Wenns Rettichgeruch war, dann ist es wohl Selendioxid.
So super gesund isses nicht, aber wenn's nur ein paar mal im Leben ist, 
geht's wohl schon noch ;-)

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