Forum: Offtopic Gute und günstige Elektronik aus Deutschland


von Gerd (Gast)


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Hallo zusammen,

ich bin seit vielen Jahren in der Entwicklung eines großen 
Elektronikunternehmens tätig. Ich muss wohl niemanden erzählen,
das die Miniaturisierung von elektronischen Schaltungen in den letzten 
Jahren
so stark zugenommen hat wie nie zuvor, von der Leistungsfähigkeit ganz 
zu schweigen. Durch meine Tätigkeit sind mir Preise und Machbarkeiten in 
der Elektronik gut bekannt. Doch bei manchen elektronischen Produkten 
frag ich mich "Wie machen die das?". In den Werbebeilagen der 
Tageszeitung sieht man Notebooks für unter 300€, MP3 Player unter 20€, 
LCD Fernseher bekommt man nahezu geschenkt. Ok es gibt Produkte wie 
Drucker und Handys die sich über Folgekosten rentieren, aber ich habe 
auch schon Wecker mit Radio und LC-Display gesehen die das leiche Kosten 
wie ein Brot vom Bäcker.

Wie sind eure Erfahrungen/Meinungen? Das die Großzahl der Produkte aus 
Fernost kommt, darüber müssen wir nicht diskutieren, oder das die 
Stückzahl den Preis bestimmt. Ich frage mich ob die 
Elektronikentwicklung/herstellung in Deutschland noch zu bezahlen ist 
oder ob wir mit Fernost Schritt halten können.

: Verschoben durch User
von hp-freund (Gast)


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Gerd schrieb:
> Ich frage mich ob die
> Elektronikentwicklung/herstellung in Deutschland noch zu bezahlen ist
> oder ob wir mit Fernost Schritt halten können.

Wenn sich dein Chef irgendwann die Frage stellt, weißt Du es genau :-(

von Höffi (Gast)


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Naja vor ein paar Jahren war immerhin noch Nokia hier und hat Handys 
produziert...

Was Consumer Elektronik angeht:
Technisat produziert glaube ich auch noch in Dschörmany.
AVM (Fritzbox) ebenfalls.
Paar andere Hersteller gibts bestimmt auch noch.


Aber den unter 30 Euro MP3 Player billigramsch kann man hierzulande nur 
schwer produzieren...  einerseits wegen der 
Lohnkosten/Steuern/Umweltverordnungen etc., andererseits weil in China 
auch die Zwischenhändler, Dienstleistungen und Auftragsfertiger billiger 
sind als hierzulande.  Das ganze Ecosystem aus Zulieferern ist dort auf 
billig und Masse ausgerichtet... was in Deutschland eher nicht der Fall 
ist (und das ist auch gut so).

von Jupp (Gast)


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>Ich frage mich ob die Elektronikentwicklung/herstellung in Deutschland
>noch zu bezahlen ist oder ob wir mit Fernost Schritt halten können.

Haben neulich eine kleine Anzahl relativ größer Kühlkörper aus einem 
Aluminium Stangenpressprofil benötigt, kundenspezifisch. Haben für 20 
Stück gefertigt in China inkl. allem so viel bezahlt, wie zwei Stück bei 
einem hier in der Nähe ansässigen Dienstleister gekostet hätten. Von 
daher halte ich Entwicklung und Herstellung in Deutschland gerade für 
null acht fünfzig Dinge quasi unmöglich. In China fallen praktisch keine 
Lohnkosten an, die klotzen und schaffen und produzieren teilweise 
erstaunlich gute Qualität. Merken das auch ständig bei Leiterplatten. 
Wir haben ziemlich spezielle Anforderungen, Mulitlayer und Dickkupfer. 
Wir fragen bei deutschen Herstellern schon gar nicht mehr an. Entweder 
beherrschen die generell die Technologie nicht, oder aber die Preise 
sind exorbitant hoch.

von Philipp F. (philipp5054)


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@jupp
Sind die erwähnten China PCB hersteller auch für Bastler interessant? 
Wenn ja verrate uns doch bitte was zu deren Preise und die Kontaktdaten.

Dank und Gruß
 Philipp

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Jupp schrieb:
> In China fallen praktisch keine
> Lohnkosten an,

Und vor allem werden die Umweltauflagen nicht so eng gesehen - das ist 
einer der Hauptknackpunkte. Dazu kommt noch, dass die ihre Rohstoffe 
inländisch produzieren: keine Zwischenhändler

Der niedrige Lohn ist da nur ein Goodie.

> die klotzen und schaffen und produzieren teilweise
> erstaunlich gute Qualität. Merken das auch ständig bei Leiterplatten.
> Wir haben ziemlich spezielle Anforderungen, Mulitlayer und Dickkupfer.
> Wir fragen bei deutschen Herstellern schon gar nicht mehr an. Entweder
> beherrschen die generell die Technologie nicht, oder aber die Preise
> sind exorbitant hoch.

So ist es. Man muss einfach realistisch sein: PCB-Fertigung ist in DE 
nicht konkurrenzfähig. So wie Näharbeiten etc.

Andererseits bin froh, dass wir hier sauberes Trinkwasser haben ...

Chris D.

von Gerd (Gast)


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Ja, PCB aus Deutschland ist schon lange nicht mehr konkurrenzfähig. Aber 
das ist nicht die einzige Technologie die hierzulande nicht mehr günstig 
gefertigt werden kann, solange man sich nicht spezialisiert. Es gibt 
z.B. in Deutschland keinen Display Hersteller mehr, obwohl es hier sehr 
gute Qualität gab, die auch bei niedrigen Temperaturen sehr gut 
funktionierten.
Vielleicht sehe ich das Ganze auch nur zu schwarz, aber wenn hier nichts 
mehr Produziert wird, geht irgendwann auch die Kaufkraft verloren. Ich 
glaube auch nicht das Europa die gleichen Bauteil/gruppen Preise bekommt 
wie die Asiaten.

von Jörg S. (joerg-s)


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Gerd schrieb:
> Ja, PCB aus Deutschland ist schon lange nicht mehr konkurrenzfähig.
Na ja, einige Lücken gibt's schon. Wenn es sehr schnell gehen muss ist 
ein Hersteller um die Ecke halt schon schneller als wenn man's erst um 
die halbe Welt schippern muss.


War erst kürzlich an einem Projekt beteiligt wo die Fertigung aus China 
wieder nach De geholt wurde. Die Produktion konnte durch beschleunigung 
der Produktionszeiten günstiger gemacht werden. Spielten allerdings auch 
Qualitätsprobleme in China eine Rolle.

von Michael K. (charles_b)


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Chris D. schrieb:

> Andererseits bin froh, dass wir hier sauberes Trinkwasser haben ...
>
> Chris D.

Gestern kam ein TV-Beitrag. Bauern, die unterhalb der Abwassereinmündung 
einer neu eröffneten Lederverarbeitungsfirma mit dem Flusswasser ihre 
Felder bewässern wollen - alles giftig, die Leute krank.

Beim Ledergürtel für 5 Euro zahlt also der Otto Normalchinese die Zeche 
in Form einer versauten Umwelt.


Daher: MWST rauf und davon die Lohnkosten und Umweltkosten bezahlen - 
dann sind wir genauso konkurrenzfähig wie der Chinese!

von Jonny O. (-geo-)


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> "Wie machen die das?"

Machen wir uns nichts vor: Durch Sklavenarbeit und gnadenlose Ausbeutung 
der Umwelt. Unsere komplette Konsumlandschaft basiert darauf. Den 
Chinesen macht es scheinbar auch nichts aus, wenn Arbeiter Körperteile 
verlieren oder verschüttet werden. :(

So sieht da der ganz normale Arbeitsalltag aus:

http://www.youtube.com/watch?v=o1Hk0-MN2tw

von Timm T. (Gast)


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Machen wir uns nichts vor: So lange ist es noch nicht her, dass hier 
bedenkenlos Gifte verteilt wurden. Und so viel länger ist es auch nicht 
her, dass Kinderarbeit zum Alltag gehörte. Wir haben die Probleme nur 
nach aussen verlagert, und da sind die Interessengruppen erst am 
entstehen, die sich dagegen wehren.

Und da die Chinesen ja nicht dumm sind, wissen sie auch, wie sie 
ähnliche Entwicklungen wie in Europa (Arbeiterrechte, Umweltschutz) 
möglichst lange unterdrücken.

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