Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Entgegengesetztes Thyristorverhalten, gibt es so etwas?


von Dave N. (Firma: Geknechteter Pennäler) (schueler-bubi)


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Hallo rundherum,

ich bastle mir gerade mein erstes Labornetzteil. Alles soweit prima, nur 
mit einer Überlegung komme ich nicht weiter:

Ich möchte, dass bei einer Überschreitung der eingestellten 
Strombegrenzung nicht nur die Spannung runtergeregelt wird, sondern die 
Ausgangsspannung komplett ganz schnell abschaltet um angeschlossene 
Verbraucher im Fehlerfall 100%ig zu schützen.

Blos wie realisiere ich dies am einfachsten? Ich könnte ein Relais (mit 
Selbsthaltekontakt) nehmen und über einen Schalttransistor z.B. die 
Spannung an der Strom-LED auswerten. Ich möchte aber kein Relais 
verbauen.

Ideal wäre ein umgekehrter Thyristor, also ein Bauteil welches 
niederohmig in Reihe der Ausgangsleitung liegt und bei aktiviertem Gate 
die Anoden-Kathodenstrecke öffnet und offen bleibt. Dummerweise verhält 
sich ein Thyristor genau umgekehrt.

Ob mir jemand auf die Sprünge helfen würde? Ich weiss, ich muss noch 
viel lernen.

Dave

von David .. (volatile)


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Mit 'nem Mosfet die Leitung auftrennen, evtl mit einer Thyristor-Crowbar 
den Ausgang schliessen, um die Kondensatoren zu entladen?

von Falk B. (falk)


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@  Dave Trescher (Firma: Geknechteter Pennäler) (schueler-bubi)

>Ich möchte, dass bei einer Überschreitung der eingestellten
>Strombegrenzung nicht nur die Spannung runtergeregelt wird, sondern die
>Ausgangsspannung komplett ganz schnell abschaltet um angeschlossene
>Verbraucher im Fehlerfall 100%ig zu schützen.

Hmm, kann man machen. Ob das aber so praxisrelevant ist? Die meisten 
Labornetzteile gehen mit der Spannung runter, sprich sie verhalten sich 
bei Strombegrenzung wie eine Konstantstromquelle. Für 99% der Fälle 
reicht das.

>Blos wie realisiere ich dies am einfachsten?

Elektronisch, so wie die Strombegrenzung. Hab aber keine Schaltung 
parat, musst du mal googeln.

>Ideal wäre ein umgekehrter Thyristor, also ein Bauteil welches
>niederohmig in Reihe der Ausgangsleitung liegt und bei aktiviertem Gate
>die Anoden-Kathodenstrecke öffnet und offen bleibt. Dummerweise verhält
>sich ein Thyristor genau umgekehrt.

Ein normaler Transistor tut was du willst, du musst nur

-den Strom messen
-mit deiner Schaltschwelle vergleichen
-bei überschreiten ein FlipFlop setzen und den Ausgangstransistor deines 
Netzteils sperren.

MFG
Falk

von mhh (Gast)


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Dave Trescher schrieb:
> Ich möchte, dass bei einer Überschreitung der eingestellten
> Strombegrenzung nicht nur die Spannung runtergeregelt wird, sondern die
> Ausgangsspannung komplett ganz schnell abschaltet um angeschlossene
> Verbraucher im Fehlerfall 100%ig zu schützen.

Wenn da mehr fließt, kann aus dem Stromverbraucher schon ein 
Stromvernichter geworden sein. Außerdem: sobald die angeschlossene 
Schaltung Pufferkondensatoren besitzt, geht das Prinzip ev. schon in die 
Hose.

Realisieren würde ich es über einen Kurzschluß der Ausgangsspannung 
durch einen Transistor, denn da ist die Selbsthaltung zwangsläufig mit 
dabei.

von B e r n d W. (smiley46)


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Man suche: elektronische+sicherung

von Eddy C. (chrisi)


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Allgemein gesprochen muss man zunächst lediglich die Gegenkopplung der 
Stromregelung entfernen. Damit ist bereits ein digitales 
Ansprechverhalten erreicht. In einem zweiten Schritt muss eine 
Mitkopplung hinzugefügt werden, welche eine weitere Oszillation 
verhindert. Dies ist etwas kniffliger, wäre aber mit Schaltplan 
(Dingdong!) sicherlich machbar. Unterm Strich bestünde die Chance, das 
Ansprechverhalten der Strombegrenzung umschaltbar zu gestalten.

von oszi40 (Gast)


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Man sollte gründlicher darüber nachdenken, wie stabil die Spannung nach 
der elektronischen Sicherung am AUSGANG noch ist. Es gibt da sehr 
schwammige Lösungen.

Eine dieser sündhaften Lösungen (nach Jakubaschk) wäre ein kleinerer 
Längswiderstand, dessen Spannungsabfall im Störfall einen Thyristor 
zünden kann, der dann alles kurzschließt und eine Sicherung durchbrennt 
ODER z.B. ein Relais anzieht.  Besser wäre eine Komparatorlösung wo man 
auch einen kleinen Abschaltstrom definiert einstellen könnte. Dann 
vermeidet man evtl. Rauch im mA-Bereich einiger Testobjekte.

von Mikel (Gast)


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Schau mal unter GTO (Gate turn off -Thyristor). Ein spezielle Thyristor, 
der ein spezielles Gate zum Abschalten besitzt. Ist aber relativ 
anspruchsvoll in der Ansteuerung und im Kleinlastbereich nicht (mehr) 
sehr verbreitet, bzw. schwer erhältlich.

Alternativ, eine einfache, sichere, aber etwas brachiale Lösung:
In die Ausgangsleitung eine Feinsicherung (frontseitig zugänglich 
montieren) und dahinter, parallel zum Ausgang, einen Thyristor, der bei 
erreichen der kritischen, einstellbaren Stromstärke getriggert wird, den 
Ausgang kurzschliesst und die Feinsicherung damit abschiesst. Wurde 
früher in Netzteilen häufig praktiziert.

von oszi40 (Gast)


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Mikel schrieb:
> Ausgang kurzschliesst und die Feinsicherung damit abschiesst. Wurde
> früher in Netzteilen häufig praktiziert.

...und hatte einige kaputte TO220-Tyristoren mit offenem Deckel zur 
Folge weil hinten noch ein paar Elkos ausreichend Kapazität hatten (und 
eine Schmelzsicherung den doppelten Strom und eine lange Sekunde 
braucht).

von MaWin (Gast)


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> Blos wie realisiere ich dies am einfachsten?

Das war die früher (vor 1980) übliche Art der Labornetzteile.

Dort wurde oft ein Thyristor verwendet, der dann einfach die 
Ansteuerspannung des Regeltransistors des Netzteils kurzschloss.

Auf die Art liefert das Netzteil erst wieder Strom, wenn man
es eine kurze Zeit ausgeschaltet hat.

Heute gibt es natürlich viele Möglichkeiten, der Strom wird ja
vermutlich erst mal durch einen Shunt ermittelt, mit einem OpAmp
gegen den Grenzwert verglichen, und normalerweise verwendet um
in die Ansteuretung einzugreifen und runterzuregeln.

Dort kann natürlich auch ein Flip-Flop dazwischen, das den ein
mal erreichten Grenzwert zwischenspeichert (NE555), und per
Taster zurückgesetzt werden kann. Aber der Thyristor tut
letztlich dasselbe.

Das Problem aller dieser Netzteile war, daß sie zu schnell waren,
sie schalteten bereits ab, wenn nur ein kleiner Kondensator am
Ausgang aufzuladen war, wenn ein IC schaltete, wenn kurz eine
Stromspitze beim Umsteuern einer Halbbrücke auftrat.

Die Schaltung taugt also nur, wenn man die üblichen Kennlinien
für Sicherungen vorgeben kann, superflink, flink, träge etc.

Das kann man nicht mit einem einfachen RC-Glied erreichen,
sondern braucht einen Multiplizierer für das Schmelzintegral
dazu. Damit wurde die Schaltung den meisten Netzteilbauer zu
aufwändig, die Kunden wollten den Murks eh nie haben sondern
bevorzugten die Labornetzteile, die sich als Spannungsquelle
UND als Stromquelle einsetzen liessen.

von Michael_ (Gast)


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>Eine dieser sündhaften Lösungen (nach Jakubaschk) wäre ein kleinerer
>Längswiderstand, dessen Spannungsabfall im Störfall einen Thyristor
>zünden kann, der dann alles kurzschließt und eine Sicherung durchbrennt
Das war Stand der Technik auch in der Industrie. Vor allem wurde es 
eingesetzt um die damals wertvolle Elektronik vor Überspannung auf der 
Betriebsspannungsschiene zu schützen.
Herr Jakubaschk hat da nur abgekuckt.

von Günther N. (guenti)


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MaWin schrieb:
> Dort wurde oft ein Thyristor verwendet, der dann einfach die
> Ansteuerspannung des Regeltransistors des Netzteils kurzschloss.

Genauso ist und war es.Dieser Thyristor ist aber auch 
"löschbar"!Einfachsterweise wäre das über einen parallel geschalteten 
Taster möglich welcher den Thyristor kurzzeitig überbrückt.Dadurch wäre 
der Haltestrom des Thyristors unterschritten und er wäre erst über das 
Gate wieder zündbar.Übrigens gab es früher sogar bistabile 
Multivibratoren welche mit mit Kleinleistungstyristoren gearbeitet 
haben.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Michael_ schrieb:
>>Eine dieser sündhaften Lösungen (nach Jakubaschk) wäre ein kleinerer
>>Längswiderstand, dessen Spannungsabfall im Störfall einen Thyristor
>>zünden kann, der dann alles kurzschließt und eine Sicherung durchbrennt

> Das war Stand der Technik auch in der Industrie. Vor allem wurde es
> eingesetzt um die damals wertvolle Elektronik vor Überspannung auf der
> Betriebsspannungsschiene zu schützen.

Das wäre dann eher eine Crowbar-Schaltung. Die soll aber vor 
Überspannung schützen und nicht vor Überstrom. Ganz andere Baustelle und 
mit einem Labornetzteil (mit mutmaßlich einstellbarer Ausgangsspannung) 
auch nicht so recht kompatibel.

Ich halte die Forderung des TE, den Ausgang des Netzteils beim 
Überschreiten der Strombegrenzung ganz abzuschalten, für wenig sinnvoll. 
Übliche Charakteristiken sind Konstantstrombetrieb oder Foldback.

siehe dazu Beitrag "Foldback-Strombegrenzungs-Kennlinie"

Letzteres soll dabei weniger die angeschlossene Last als vielmehr den 
Regeltransistor schützen.

Prinzipiell kann man jede Netzteilschaltung mit Strombegrenzung auf das 
gewünschte Verhalten umbauen. Einfach ein Flipflop an den Ausgang des 
OPV, der Soll- und Iststrom vergleicht. Und mit dem Flipflop die 
Regelstrecke totlegen. Den Ausgang nicht kurzschließen. Je nach Last 
(fette Kapazitäten oder Induktivitäten) kann man damit mehr Schaden 
anrichten als potentiellen Nutzen.

Wie von MaWin angesprochen muß man noch eine Verzögerung reinbauen, weil 
sonst jede kleinste Lastspitze die Sicherung auslösen würde (schon das 
Drehen an der Spannungseinstellung, wenn am Ausgang ein Elko hängt). Im 
Gegensatz zu MaWin glaube ich aber nicht, daß es auch nur annähernd 
sinnvoll ist, das Ansprechverhalten einer Schmelzsicherung nachbilden zu 
wollen. Eine simple Zeitverzögerung von z.B. 1..100ms (bei 
gleichzeitiger Strombegrenzung!) würde vollkommen ausreichen.


XL

von Antonius (Gast)


Angehängte Dateien:

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Was spricht denn gegen ein Relais? Eine superschnelle Abschaltung will 
man aus den von Mawin genannten Gründen eh nicht haben, es sei denn man 
benutzt das LNT nur zum Testen empfindlicher teurer ICs. Dann macht es 
vielleicht Sinn.

Ich hab mal ne simple Schaltung überlegt die ohne Spezial-Relais 
auskommt, ein einfacher Wechsler reicht. Muss aber vor die 
Spannungsregelung und je nach Spannung/Relais brauchts noch einen 
Vorwiderstand.

von Dave N. (Firma: Geknechteter Pennäler) (schueler-bubi)


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So, ich konnte wegen Krankheit erst heute Eure wirklich interessanten 
Beiträge lesen. Sie haben mir sehr geholfen, denn ich bin dadurch zu 
ganz anderen und neuen Überlegungen gekommen, klasse.

Ich denke, ich werde doch mit einer (abschaltbaren) 
Überstrom-Schnellabschaltung mein LNT experimentell aufrüsten. So kann 
das NT einerseits weierhin als konstante Spannungs- oder Stromquelle 
funktionieren und bei eingeschalteter Schnellabschaltung grössten Schutz 
für einen Verbraucher bieten.

Am simpelsten scheint mir nun doch eine Relaislösung mit 
Selbsthaltekontakt zu sein, wie es Antonius (Gast) sogar aufgezeichnet 
hat. Aber die Ausgangsleitung des NT über die Relaiskontakte zu führen 
gefällt mir nicht besonders (gerade bei grösseren Strömen). Dieses 
Prinzip sollte aber ebenso funktionieren, wenn ich die Basen der 
Längstransistoren schalte, bzw. die Treiberstufe davor. Dann würde 
sicher auch ein kleines Relais mit geringer Kontaktbelastbarkeit hierfür 
ausreichen. Als Spannung für die Relaisspule dachte ich an die 9V, die 
stabilisiert und separat für die LCD-Anzeigen erzeugt werden. Vielleicht 
noch mit einem Optokoppler für die Überstromauswertung, denn die 
NT-Masse darf nicht mit Masse der LCD-Betriebsspannung verbunden sein.

Zum Glück ist alles an Bauteilen vorhanden, also wird jetzt der 
Lötkolben angeheizt.

Tschüss...

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