Forum: HF, Funk und Felder Lorentzkraft auf bewegten Leiter


von Jan K. (jan_k)


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Hi Leute,

ich weiß diese Thema ist elementar, aber mir sind immer noch einige 
Sachen nicht 100% klar, vielleicht hilft mir jemand auf die Sprünge.

Allgemein:

Oder auch nur
, wobei dann
 mit betrachtet werden muss.

Folgendes (Standard-) Setup:

Ruhende Leiterschleife mit Spannungsmessgerät wird senkrecht von 
konstantem B Feld durchsetzt. Die Seite der Schleife, die quer im Feld 
liegt wird nun nach außen bewegt (durch eine von außen kommende Kraft).

Direkt am Anfang ist die elektrische Feldkomponente=0, weil keine 
Ladungstrennung erfolgt ist.
Durch die Lorentzkraft (Ursache ist die Relativbewegung des Leiters, 
Wirkung ist die Lorentzkraft) aber fangen die Elektronen an, nach unten 
zu driften. Sich bewegende Elektronen sind nichts anderes als ein Strom. 
Ein fließender Strom erzeugt um sich herum ein Magnetfeld.
Jetzt kann man sagen, entweder das "neue" Magnetfeld wirkt dem anderen 
entgegen (somit entsteht eine Kraft auf den Leiter), oder aber man 
argumentiert mit einer zweiten Lorentzkraft (hier ist jetzt die Ursache 
der Stromfluss und die Wirkung eine Kraft auf den Leiter, die der 
ursprünglichen von außen wirkenden Kraft entgegen wirkt).

Nun wird aber durch die Elektronenbewegung (Ladungstrennung) automatisch 
auch ein elektrisches Feld erzeugt. Dieses Feld zeigt in die andere 
Richtung, als die ursprüngliche Lorentzkraft. E ist also nicht mehr 0.

Jetzt meine Fragen:
- Stimmen die obigen Ausführungen so erst einmal?
- Wie groß wird die Elektrische Feldstärke bzw die Kraft? Irgendwann 
gibt es ja wohl ein Kräftegleichgewicht. Was passiert dann? Kein Drift 
mehr der Ladungsträger, auch wenn der Leiter weiter bewegt wird. Stellt 
sich also eine konstante Induktionsspannung ein?
- Was passiert mit der "zweiten" Lorentzkraft? Wie äußert sich diese?
- Wo genau tritt die Lenzsche Regel und damit das "Verhindern wollen" 
eines Stromflusses auf?
- werden diese "Einschwingvorgänge", also Anfangs E=0, dann langsam 
Aufbauen, gegenwirken etc überhaupt mit betrachtet?

In der Wikipedia 
(http://de.wikipedia.org/wiki/Lorentzkraft#Lorentzkraft_am_elektrischen_Leiter) 
steht, dass diese Gegenkraft nur auftritt, wenn der Stromkreis 
geschlossen ist. Aber wieso ist das so? Die Elektronen bewegen sich 
doch, zumindest bis zu einem bestimmten Punkt.

Ihr seht, ich bin insgesamt noch etwas verwirrt und hoffe, ihr helft mir 
auf die Sprünge.

Vielen Dank,
jk

von Purzel H. (hacky)


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>Durch die Lorentzkraft (Ursache ist die Relativbewegung des Leiters,
Wirkung ist die Lorentzkraft) aber fangen die Elektronen an, nach unten
zu driften. Sich bewegende Elektronen sind nichts anderes als ein Strom.
Ein fließender Strom erzeugt um sich herum ein Magnetfeld.


Wenn es ein Leiter ist, fliesst nicht unbedingt Strom. Der Leiter muss 
auch geschlossen sein.

von Michael K. (charles_b)


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Delta Oschi schrieb:
>>Durch die Lorentzkraft (Ursache ist die Relativbewegung des Leiters,
> Wirkung ist die Lorentzkraft) aber fangen die Elektronen an, nach unten
> zu driften. Sich bewegende Elektronen sind nichts anderes als ein Strom.
> Ein fließender Strom erzeugt um sich herum ein Magnetfeld.
>
>
> Wenn es ein Leiter ist, fliesst nicht unbedingt Strom. Der Leiter muss
> auch geschlossen sein.

1. Magnetfeld, Bewegung und Kraft hängen miteinander zusammen. In der 
Schule wird da oft von Ursache, Vermittlung, Wirkung gesprochen - ein 
Konzept was mir aber gar nicht gefällt.

2. Deine Ausführungen sind korrekt, du spekulierst derzeit nur über die 
Tragweite dieser Erkenntnisse.

3. Wenn du die 3-Finger-Regel auf den von dir formulierten Strom 
anwendest, wirst du feststellen, dass eine Kraft entsteht, die die 
Leiterschleife in die andere Richtung zieht. Das ist schon der Kern der 
Lenzschen Regel.

von Jan K. (jan_k)


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Fakt ist aber doch, dass die Ladungsträger sich bewegen, zumindest ein 
"Stück weit", sonst gäbe es keine Potentialdifferenz. Und auch 
(kurzzeitig bewegende) Elektronen sind doch ein Strom?

edit: das war an Delta Oschi gedacht.

@Michael:

zu deinem 3. Punkt: Ja genau das ist der Fall. Es entsteht eine 
Gegenkraft. Ist diese Kraft wirklich spürbar? Muss ich also an dem Stab 
stärker ziehen?

Und wie entsteht dadurch eine Verringerung des Anfangsstromes z.B. wenn 
an eine Spule eine Spannung angelegt wird?

Wenn du jetzt sagst, die Gegenkraft ist quasi die Erkenntnis aus der 
Lenzschen Regel, wieso entspricht dies dann dem Minuszeichen vor dem 
Induktionsgesetz?



Ich muss leider dazu sagen, dass ich Etechnik Student bin und ziemlich 
gut klar komme (ihr könnt daher auch etwas mathematischer Formulieren), 
aber solche profanen Dinge sind mir immer noch nicht klar.

Danke & schöne Grüße,
jk

von Purzel H. (hacky)


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Ein offener Leiter ist eine Antenne. Wenn man also einen Stab von 30cm 
Laenge im Magnetfeld bewegt ist das eine Antenne fuer 500Mhz. Dh es 
fliesst Strom waehrend 2ns oder so. Es fuehrt als nicht zu einem 
mechanik-relevanten Strom. Dh es wird keine Kaft feststellbar sein.

von Basti (Gast)


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Jeder Leiter ist im irdischen System geschlossen. Sei es über dein, an 
den Enden angeschlossenen Multimesser, oder durch die mehr oder weniger 
feuchte Luft die den Leiter umgibt. Somit wird auch immer ein Strom 
fließen, bzw. eine Potenzialdifferenz messbar sein(sei sie auch noch so 
klein). Im Vakuum würde ich diese Tatsache bezweifeln, solange keine 
Messinstrument angeschlossen ist, was das Ergebniss beeinflusst.

von Michael K. (charles_b)


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Jan K. schrieb:
edit: das war an Delta Oschi gedacht.
>
> @Michael:
>
> zu deinem 3. Punkt: Ja genau das ist der Fall. Es entsteht eine
> Gegenkraft. Ist diese Kraft wirklich spürbar? Muss ich also an dem Stab
> stärker ziehen?

Ja genau, du musst stärker ziehen. Ob du die Kraft spürst hängt 
natürlich vom Aufbau der Vorrichtung ab. Technisch gibt es dazu z. B. 
die Wirbelstrombremse.

>
> Und wie entsteht dadurch eine Verringerung des Anfangsstromes z.B. wenn
> an eine Spule eine Spannung angelegt wird?

So etwas taucht beim Elektromotor auf. Im Leerlauf wird durch die 
schnelle Drehung des Rotors eine Gegenspannung erzeugt (daher auf das 
Minus), die fast so groß ist wie die angelegte Spannung 
(Reibungsverluste etc.). Daher ist die Leistungsaufnahme des Motors nur 
gering.

Bremst du den Motor ab (d.h. Belastung), sinkt die Gegenspannung: Der 
Motor nimmt auf einmal viel mehr Leistung auf.

>
> Wenn du jetzt sagst, die Gegenkraft ist quasi die Erkenntnis aus der
> Lenzschen Regel, wieso entspricht dies dann dem Minuszeichen vor dem
> Induktionsgesetz?

Das Minus symbolisiert die Lenzsche Regel. Stell dir vor, die Regel wäre 
so, dass die Spannung ihre Ursach noch zusätzlich unterstützt - das 
Perpetuum Mobile wäre erfunden.


>
> Ich muss leider dazu sagen, dass ich Etechnik Student bin und ziemlich
> gut klar komme (ihr könnt daher auch etwas mathematischer Formulieren),
> aber solche profanen Dinge sind mir immer noch nicht klar.
>

Das wäre aber schon wichtig, dass diese einfachen Dinge klar sind. Laut 
Lehrplan werden solche Dinge in der 9. bzw. 11. Klasse besprochen.

P.S. Was mit den verschobenen Elektronen bei NICHT geschlossener 
Leiterschleife ist und ob man diesen Strom messen kann  - da denke ich 
jetzt auch noch mal drüber nach.

von Basti (Gast)


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Michael K-punkt schrieb:
> P.S. Was mit den verschobenen Elektronen bei NICHT geschlossener
>
> Leiterschleife ist und ob man diesen Strom messen kann  - da denke ich
>
> jetzt auch noch mal drüber nach.

Ich würde sagen Nein. Da sicherlich Elektronen bewegt werden, aber der 
dadurch entstandene Elektonrnmangel auf einer Seite des Drahtes müsst 
sofort ausgelichen werden. Denn ich denke, dass der Leiter in sich ein 
Kurzgeschlossenen Stromkreis ist (es passen mehrer Elektronen 
nebeinander). Oder denke ich gerade schief?

von Michael K. (charles_b)


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Basti schrieb:
> Michael K-punkt schrieb:
>> P.S. Was mit den verschobenen Elektronen bei NICHT geschlossener
>>
>> Leiterschleife ist und ob man diesen Strom messen kann  - da denke ich
>>
>> jetzt auch noch mal drüber nach.
>
> Ich würde sagen Nein. Da sicherlich Elektronen bewegt werden, aber der
> dadurch entstandene Elektonrnmangel auf einer Seite des Drahtes müsst
> sofort ausgelichen werden. Denn ich denke, dass der Leiter in sich ein
> Kurzgeschlossenen Stromkreis ist (es passen mehrer Elektronen
> nebeinander). Oder denke ich gerade schief?

Die Frage ist ja, wie die Elektronedichte entlang dem Leiter aussieht, 
wenn es an den beiden Enden eine Spannung gibt.

Die Erzeugung dieser nicht gleichmäßigen Elektronendichte wäre dann 
quasi der "Strom".

von Jan K. (jan_k)


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Hallo, danke für die Antwort.

So wie du es schreibst ist mir das alles klar und auch klar gewesen. 
Möglicherweise sitzt das Problem tiefer oder ich habe meine Fragen nicht 
sauber gestellt.

Das Motorbeispiel ist auch bekannt. Nur habe ich bisher noch keine 100% 
Erklärung gesehen, warum die Vorzeichen so sind, wie sie eben sind. Es 
wird häufig einfach gesagt, man modelliert den Motor, bzw die vom Motor 
induzierte Spannung als Spannungsquelle in "Maschenrichtung". Der Strom 
aber wirkt entgegengesetzt.

Wird aber an eine normale Spule eine Spannung angelegt, so entsteht am 
Anfang ein gegengesetzter Strom, und dennoch werden Spannung und Strom 
im Verbraucherzählpfeilsystem in die selbe Richtung gezählt. Dann kommt 
noch ein Minus vom Induktionsgesetz dazu.

Möglicherweise ist die Bestimmung des Vorzeichens das größte Problem, um 
das Zeugs zu verstehen.

Werde da jetzt auch noch einmal drüber nachdenken, wie ich evtl. meine 
Fragen präziser stellen kann.

Schöne Grüße,
jk

von U. B. (Gast)


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@Jan K.:
> In der Wikipedia
> (http://de.wikipedia.org/wiki/Lorentzkraft#Lorentzk...)
> steht, dass diese Gegenkraft nur auftritt, wenn der Stromkreis
> geschlossen ist. Aber wieso ist das so? Die Elektronen bewegen sich
> doch, zumindest bis zu einem bestimmten Punkt.

Das ist es doch.
Die Elektronen bewegen sich solange, bis die Anodnung "offene 
Leiterschleife" ( sozusagen wie ein Kondensator ) 'aufgeladen' ist, sich 
also auf einer Seite angesammelt haben. Selbstverständlich tritt solange 
auch die entsprechende Lorentzkraft auf.

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