Forum: Compiler & IDEs Keil, IAR vs GCC


von Lors42 (Gast)


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Hallo,
was für Argumente sprechen dafür einen Keil oder IAR Compiler zu 
verwenden, anstatt einem kostenlosen GCC.

Im Speziellen würde mich GCC für ARM für Industrieelektronik 
interessieren.

Lors

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Lors42 schrieb:
> was für Argumente sprechen dafür einen Keil oder IAR Compiler zu
> verwenden, anstatt einem kostenlosen GCC.

Vermutlich fragst du im GCC-Forum da die falschen Leute. ;-)  Hier
sind ja die versammelt, die eher nicht einen Keil oder IAR
benutzen.

von Ingo (Gast)


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Lors42 schrieb:
> was für Argumente sprechen dafür einen Keil oder IAR Compiler zu
> verwenden, anstatt einem kostenlosen GCC.
                           ^^^^^^^^^^^

Was nun aber der Keil oder der IAR macht oder kann, was der GCC nicht 
kann, kann ich nicht sagen. Würde mich aber auch mal interessieren.



Ingo

von Bernhard R. (barnyhh)


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Lors42 schrieb:
> was für Argumente sprechen dafür einen Keil oder IAR Compiler zu
> verwenden, anstatt einem kostenlosen GCC.

Jeder Compiler enthält Fehler. Die Wartung eines Compilers ist eine 
nicht ganz triviale Arbeit, und die läßt sich der Hersteller des 
kommerziellen Compilers via Lizenzgebühr bezahlen.

Bernhard

von Matthias K. (matthiask)


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Ingo schrieb:
> Was nun aber der Keil oder der IAR macht oder kann, was der GCC nicht
> kann, kann ich nicht sagen. Würde mich aber auch mal interessieren.

Keil erzeugt zumindest effizientern Bincode als GCC. 10-20% weiniger 
sind je nach den verwendeten Funktionen schon drin. Kann bei größeren 
Geräte-Stückzahlen, wo jedes Byte weniger Kosteneinsparung bedeuten 
kann, von Bedeutung sein. In der Industrie führt an Keil kaum ein Weg 
vorbei.

von Lors42 (Gast)


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>Vermutlich fragst du im GCC-Forum da die falschen Leute. ;-)  Hier
>sind ja die versammelt, die eher nicht einen Keil oder IAR
>benutzen.
Gibt halt ein GCC Forum und kein KEIL-Forum. ;)

Ich selbst arbeite privat mit GCC (STM32F3 von Olimex, Olimex-Jtag, 
Linux, OpenOCD, CodeSourcery)
Hat mich viel Nerven und ein Wochenende gekostet , bis die Toolchain 
endlich lief.
Aber jetzt finde ich es recht passabel, damit zu arbeiten. Ob der Code 
20k oder 30k hat, ist mir dabei fast egal. Eher vielleicht, ob es guten 
Beispielcode oder Libs gibt.

Lors

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Matthias K. schrieb:
> Keil erzeugt zumindest effizientern Bincode als GCC.

So pauschal würde ich diese Aussage nicht stehen lassen.  Mag vielleicht
für einen AVR gelten, schon beim ARM würde ich das anzweifeln.

von Profi (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Mag vielleicht
> für einen AVR gelten

Keil macht kein AVR.

von Matthias K. (matthiask)


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Jörg Wunsch schrieb:
> schon beim ARM würde ich das anzweifeln.

Das gilt aus meiner Erfahrung für ARM und 8051er. Mit AVR gibt Keil sich 
nicht ab. Da fehlt die breite Anwendung in der Industrie. (Ich will 
nichts gegen AVR sagen, die benutze ich auch gern.) Mein 20 Jahre alter 
DOS C-Compiler von Keil für die 8051er liefert noch heute Bincode, 
welcher kürzer und schneller ist als der in der aktuellen Version von 
SDCC.

Lors42 schrieb:
> Aber jetzt finde ich es recht passabel, damit zu arbeiten. Ob der Code
> 20k oder 30k hat, ist mir dabei fast egal.

Das gilt nur im Hobbybereich. Wenn Du Geld durch Serienfertigung in 
hohen Stückzahlen verdienen willst, kostet jedes Byte RAM oder FLASH 
zuviel zusätzliches Geld.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Matthias K. schrieb:
> Mein 20 Jahre alter
> DOS C-Compiler von Keil für die 8051er liefert noch heute Bincode,
> welcher kürzer und schneller ist als der in der aktuellen Version von
> SDCC.

SDCC ist auch kein Vergleich.  Nichts gegen das Teil, GCC würde sich
mit so einer Krücke wie MCS51 gar nicht abgeben, aber die beiden
kann man (auch von der dahinter stehenden manpower) in keiner Weise
vergleichen.

Ich bin ansonsten Keil-geschädigt.  Ich habe mal ein, zwei Tage
herumdebuggen müssen (mit einem hundsmiserablen Debugger unter OS/9),
weil der Keil-Compiler zu blöd war, Variablen, die in einem
geschachtelten Block angelegt worden sind, beim Verlassen des Blocks
wieder vom Stack abzuräumen.  Einen derart elementaren Fehler vergisst
man so schnell nicht.

von Floh (Gast)


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Lors42 schrieb:
> was für Argumente sprechen dafür einen Keil oder IAR Compiler zu
> verwenden, anstatt einem kostenlosen GCC.

Garantierter Support und entsprechende (möglicherweise auch sinnfreie) 
Vorgaben der Zertifizierung.
Z.B. im Automotive-Bereich darf man keinen Gcc verwenden, wenn man eine 
bestimmte Zertifizierung für die Software erlangen möchte.

von Profi (Gast)


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Floh schrieb:
> im Automotive-Bereich darf man keinen Gcc verwenden, wenn man eine
> bestimmte Zertifizierung für die Software erlangen möchte

Das geht schon, Du musst nur selbst den Compiler zertifizieren.

von Matthias K. (matthiask)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Krücke wie MCS51

Die 8051er sind nach wie vor die Arbeitstiere in der Industrie. Die 
Nachteile der Architektur konnten sie bis heute nicht vom Markt 
verdrängen. Im Gegenteil, es kommen ständig neue Typen dazu. 100MMIPS 
sind drin.

Ein Grund ist auch, dass die Projekt-Entscheider, selbst verantwortliche 
Kaufleute, mit den Begriff 8051 was anfangen können. Da kommt immer das 
Argument der Ersetzbarkeit durch kompatible Typen im Falle eines 
Lieferengpasses, was natürlich nur für die kaum noch eingesetzten 
Ur-Typen gilt.

von Matthias K. (matthiask)


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Profi schrieb:
> Das geht schon, Du musst nur selbst den Compiler zertifizieren.

Wie soll das gehen? Du findest keinen, der dafür die Verantwortung 
übernimmt.

von Profi (Gast)


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Matthias K. schrieb:
> Ein Grund ist auch, dass die Projekt-Entscheider, selbst verantwortliche
> Kaufleute, mit den Begriff 8051 was anfangen können. Da kommt immer das
> Argument der Ersetzbarkeit durch kompatible Typen im Falle eines
> Lieferengpasses

Das liegt eher daran, dass die Firmen in Toolchains und teueren 
Debugkram investiert haben. Das ganze unterliegt regelmäßigen Updates 
und man scheut natürlich investitionen in etwas Neues.
Was kostet ein vollwertiger Arbeitsplatz?

von Matthias K. (matthiask)


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Profi schrieb:
> Das liegt eher daran, dass die Firmen in Toolchains und teueren
> Debugkram investiert haben. Das ganze unterliegt regelmäßigen Updates
> und man scheut natürlich investitionen in etwas Neues.

Das stimmt auch. Die langjährige Firmen-Erfahrung mit bestimmten 
µC-Familien ist ein wichtiges Argument. Das weiß Keil und Co. natürlich 
auch, ebenso die µC-Hersteller. Warum sollte man funktionierende 
Strukturen gegen andere, gleichwertig funktionierende Strukturen 
umstellen? Da blieben unter dem Strich nur Zusatzkosten.

von schniedel777 (Gast)


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Floh schrieb:
> Garantierter Support

Das ist auch ein Traum......

Wir hatten vor nicht all zu langer Zeit mehrere IAR-Compiler für
NEC-V850 gekauft. Die alten Versionen waren aus dem Support, Update
Preis ca. Neupreis, da kauft man halt neu. Hat man versucht alte
Projhekte zu übersetzen gab es eine "bulescreen". d.h. diese Version
war völlig unbrauchbar. Der Saftladen hat dann 6 Monate für den Bugfix
gebraucht und auch erst dann nach dem wir unser Geld zurück haben 
wollten.

Für die ARM Projekte habe ich dann gar nichts mehr von IAR gekauft.
Wegen Mondpreisen und Lizensierungs (Dongle, Registrierung) Schwachsinn.

Ich empfehle für AVR und ARM Rowley Crossworks. Das kostet einen
Bruchteil von IAR und Keil. Funzt perfekt (bis jetzt). Hat einen
super Support. Die Lizenz kann mehrfach installiert werden. Auf
dem Arbeitsplatz, einem Laptop, dem Homeoffice und einem Testsystem.
Die Lizenz für die Firma kostet 1200€ für den Privatman 100€ was will
man mehr......

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Matthias K. schrieb:
>> Krücke wie MCS51
>
> Die 8051er sind nach wie vor die Arbeitstiere in der Industrie.

Ja, aber compilermäßig ist das Ding halt so krückig, dass man wohl
wirklich entweder sehr viel Enthusiasmus haben oder ausreichend
Geld bekommen muss, um sich das anzutun, dafür einen Compiler zu
bauen und zu pflegen.

Für die AVRs hat schon kurze Zeit nach der Markteinführung (da waren
die Teile bei weitem nicht so bekannt wie heute), Denis Chertykov eine
GCC-Portierung angefangen.  (Atmel hatte sich damals überhaupt nicht
dafür interessiert, die haben da voll und ganz an IAR geklebt.)  Dazu
sollte man noch wissen, dass GCC in seinem Selbstverständnis
ursprünglich nur für 32-bit-CPUs (und später natürlich auch 64)
konzipiert war, d. h. eine Portierung für eine 8-/16-bit-CPU war ganz
sicher eine Herausforderung.

Für den MCS51 ist das bis heute noch nicht passiert, und ich finde es
reichlich unwahrscheinlich, dass es je passieren wird.

von Profi (Gast)


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Matthias K. schrieb:
> Wie soll das gehen? Du findest keinen, der dafür die Verantwortung
> übernimmt.

Trägst nicht die Verantwortung für Deine Handlungen?
Genauso wie ich selbst geschriebene Software zertifizieren kann, kann 
ich Tools zertifizieren. Ich sage nicht, dass es sich für jeden lohnt.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Ich bin ansonsten Keil-geschädigt.  Ich habe mal ein, zwei Tage
> herumdebuggen müssen (mit einem hundsmiserablen Debugger unter OS/9),

Bist du sicher, dass du den gleichen Keil meinst? Der Deutschland-
Distributor für OS-9 hieß ebenfalls Keil, nur mit einem Dr. davor. Die
Firma existiert m.W. nicht mehr und hat nichts mit der Fa. Keil zu tun,
die C-Compiler für 8051-, C16x- und ARM-Controller herstellt und mitt-
lerweile zu ARM Inc. gehört (www.keil.com).

von Profi (Gast)


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Profi schrieb:
> Trägst nicht die Verantwortung für Deine Handlungen?

vollständig:
Trägst Du selbst nicht die Verantwortung für Deine Handlungen?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Yalu X. schrieb:
> Bist du sicher, dass du den gleichen Keil meinst?

Nö, wohl nicht.  Pech für die Münchner Firma Keil, dass ihre
Aachener Namensvettern so einen miesen Eindruck hinterlassen
haben. ;-)

Im Ernst: ich habe mit Keil so und so nicht viel zu tun.

von Profi (Gast)


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Jörg Wunsch schrieb:
> ich habe mit Keil so und so nicht viel zu tun

Dann schmeiss einmal einen Blick auf deren homepage. Die heissen heute 
ARM und die kennst Du bestimmt.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Jörg Wunsch schrieb:
> Pech für die Münchner Firma Keil, dass ihre Aachener Namensvettern so
> einen miesen Eindruck hinterlassen haben. ;-)

Ich glaube, die waren auch nicht in Aachen, sondern irgendwo in
Baden-Württemberg ;-)

Und die Software selbst kam ja von Microware aus dem Amiland.

Aber den besten Eindruck hat damals (das ist jetzt schon etliche Jahre
her) auch der 8051-C-Compiler der anderen Fa. Keil (um die es in diesem
Thread geht) nicht auf mich gemacht. So hat der Compiler bspw. gemeint,
in folgendem Konstrukt
1
int main(void) {
2
  ...
3
  for(;;) {
4
    ...
5
    for(i=0; i<n; i++) {
6
      ...
7
    }
8
  }
9
  return 0;
10
}

(das ja für Mikrocontrolleranwendungen nicht untypisch ist) die äußere
Schleife wegoptimieren zu können, so dass nur noch
1
int main(void) {
2
  ...
3
  for(i=0; i<n; i++) {
4
    ...
5
  }
6
  return 0;
7
}

übrig blieb, was dem Programm natürlich ein schnelles Ende bereitete.

Der Workaround:
1
int always_true = 1; /* muss global sein */
2
3
int main(void) {
4
  ...
5
  while(always_true) {
6
    ...
7
    for(i=0; i<n; i++) {
8
      ...
9
    }
10
  }
11
  return 0;
12
}

Das Konkurrenzprodukt kam von der Fa. Tasking (heute Altium). Wenn man
aber in Erfahrung bringen wollte, welches der beiden Produkte nun das
bessere ist, und dazu Kollegen in anderen Firmen fragte, warum sie den
Compiler von Keil (Tasking) benutzen, war die Antwort, dass der Compiler
zwar nicht viel tauge, der von Tasking (Keil) noch schlechter sei :)

Ich gehe natürlich davon aus, dass inzwischen beide Hersteller ihre Bugs
gefixt haben.

von Denker (Gast)


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Yalu X. schrieb:
> Ich gehe natürlich davon aus, dass inzwischen beide Hersteller ihre Bugs
> gefixt haben.

Bill Gates hat mit DOS angefangen. Und heute ...

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Profi schrieb:
> Die heissen heute
> ARM und die kennst Du bestimmt.

Sie sind von ARM gekauft worden, machen aber nach wie vor dasselbe
wie zuvor.  Da sie das außerdem nur für Betriebssysteme machen, die
ich weder habe noch haben möchte, habe ich mit denen nichts zu tun.

Yalu X. schrieb:
> Ich glaube, die waren auch nicht in Aachen

Zumindest war ich gemeinsam mit einem Kollegen dazumals mal in
Aachen, um der Firma (Dr. Keil) einen Besuch abzustatten.  Ist aber
nun auch schon über 20 Jahre her.  OS-9 habe ich hernach nie wieder
gemacht, denn die seinerzeitigen Systeme wurden dann durch DG-UX
abgelöst (welches heute auch keiner mehr kennt ;).

von Martin T. (mthomas) (Moderator) Benutzerseite


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Vielleicht erstmal kurz sortieren:

- Es wurde nach den Compilern gefragt, also nicht nach der 
Enwicklungsumgebung und nicht nach "Debugzeugs". Es sind also die 
Werkzeuge zur Codeerzeugung zu vergleichen, die da wären: der 
(C-)Compiler selbst, der Assembler, der Linker und auch die 
Laufzeitbibliotheken (C-Library, Compilerlibrary analog libgcc)

- Wie schon angemerkt: von Keil werden Compiler für MC51 und ARM 
angeboten, von IAR gibt es Compiler für fast alles was Beinchen hat, GCC 
gibt es nicht für MC51. Bleiben zum Vergleich die Compiler für 
Controller mit von ARM entwickelten Kernen. War wohl auch Hintergrund 
der ursprünglichen Frage.

- Keil wurde von ARM gekauft (übernommen?). Der MC51-Compiler ist meines 
Wissens ein eigentständiges Produkt, im Hintergrund der Keil-IDE für ARM 
(MDKARM) arbeitet die Toolchain der Firma ARM (RealView-Tools). Vor 
langer Zeit gab es von Keil noch einen eigenen ARM-Compiler aber der ist 
inzwischen lange tot.

- Man kann auch für GCC Support kaufen. Insbesondere für ARM-targets sei 
die Firma Codesourcery genannt. Die Leute dort kennen sich wirklich gut 
aus, man kann sich selbst davon überzeugen: einfach in den Changlogs und 
Bugtrackern im Umfeld der GNU-Tools (gcc, binutils, newlib (nicht GNU)) 
nach codesourcery E-Mail-Adressen suchen. ARM hatte Codesourery auch 
dafür bezahlt, sich um die GNU Tools zu kümmern. Wie das nach der 
Übernahme von Codesourcery durch Mentor Graphics aussieht, weiss sich 
nicht. "Subscription" von vorkompilierten GNU-Tools mit Support werden 
allerdinges weiterhin angeboten.

- ARM unterstützt die GNU-Tools inzwischen auch sehr direkt, nicht mehr 
nur "indirekt" duch Codesourcery. Es gibt vorkompilierte Toolchains, in 
denen auch Änderungen zurückportiert wurden - sehr ähnlich der 
Arbeitweise von CS, wobei CS jedoch auch oft Erweiterungen eingebaut 
hatte, die noch nicht "upstream" weitergereicht wurden, also noch nicht 
in den Quellen von GNU verfügbar waren (z.B. ehedem der 
ARMv7/thumb2-Support, inzwischen lange in den offziellen Quellen 
enthalten). Zitat von launchpad.net für das Unterprojekt 
gcc-arm-embedded: "[...]ARM is maintaining a GCC toolchain source branch 
targeted at Embedded ARM Processors[...]".

Mehr oder weniger subjektive Einschätzungen nach einigem, was ich mit 
den verschiedenen Compilern für Controller mit ARM-Kernen gemacht habe. 
Dabei sehr wenig mit dem IAR-Compiler, wenig mit ARM/Keil-Realview und 
einiges mit arm-gcc. Dabei auch gelegentlich Code für Realview oder 
IAR-ICCARM nach GNU portiert, um Teile in eigenen Entwicklungen zu 
verwenden:

Die Compiler für ARM sind in Bezug auf erzeugte Codegröße und 
"schnellen" Code alle brauchbar. Man findet im Netz ein paar Vergleiche, 
die aber meist recht alt sind.
Ganz lustig war ein Vergleich, den Keil lange vor der Übernahme durch 
ARM auf deren Webseite verbreitet hatte, in dem die damalige Version des 
GCC mit dem damals noch verfügbaren Keil ARM-Compiler in Bezug auf 
Codegröße verglichen wurde. GCC kam schlecht weg, was daran lag, dass 
der Compiler von Keil mit den optimalen Einstellungen genutzt wurde, der 
GNU C-Compiler aber mit Standardeinstellungen. Im Netz sollte man auch 
noch den Gegenvergleich finden, bei dem herauskam, dass die Unterschiede 
bei Weitem nicht so gross waren. O.K., der alte Keil-ARM Compiler ist 
Schnee von vorgestern und die GNU-Tools werden auch stetig 
weiterenwickelt aber man kann festhalten, dass Vergleiche nur so gut 
sind, die die Kenntnisse der Leute über die Nutzung der jeweiligen 
Toolchain.

Die ARM Compiler von ARM/Keil und IAR bieten ein paar Erweiterungen, die 
es zum Teil im C-Compiler GNU-Compiler-Collection nicht gibt. Beim 
Portieren von Code stolpert man gelegentlich darüber. Bleibt man immer 
bei einer Toolchain, sind diese Merkmale eher Nebensache.

Insbesondere die relativ einfache Syntax um bei Realview und ICCARM 
Variablen an bestimmten Speicheraddressen zu fixieren (@, AT) gibt es 
m.W. im gcc-arm nicht. Was aber nicht heisst, dass es vom Prinzip her 
nicht geht. Man muss sich allerdings mit dem Linker, input- und 
output-sections etwas auskennen und gegebenfalls etwas "Makro-Magic" 
einbauen, was nicht ganz trivial ist. Ob feste Bindung von Variablen an 
Speicheraddressen guter Programmierstil ist, sei dahingestellt.

Bei IAR werden wohl traditionell, d.h, weil es wahrscheinlich auch bei 
anderen Architekuren oft gemacht wird, Bitfelder auf Hardwareregister 
gemappt (u.a. mit der o.g. Erweiterung). Das war bis vor kurzem mit dem 
gcc nicht möglich (insbes. bei ARMv4). War auch nicht weiter dramatisch, 
da man mit direkten Bitmanipulationen und evtl. einem Satz Makros die 
gleiche Funktionalität erreichen konnte - wenn auch nicht ganz so 
"schick" anzuschauen. War beim Portieren von Code immer einiges an 
Arbeit. Inzwischen bieter der gcc diese Funktion auch ("volatile 
bitfields"). Wird wohl so auch von ARM gefordert. Auch hier sei 
dahingestellt, ob das so guter Programmierstil ist. Habe die Erweiterung 
selbst auch noch nicht ausprobiert, daher auch keine belastbare Aussage.

Größere Unterschiede gibt es in den Laufzeitbibliotheken. Besonders die 
Codegröße von stdio-Funktionen wie f|sprintf u.ä. sind bei der im Umfeld 
von arm-gcc oft verwendeten newlib (das ist eine libc) ist im Vergleich 
zum Realview und IAR recht gross. Das ist auch ein Grund warum Rowley 
z.B. zwar im Hintergrund von Crossworks den GNU Compiler nutzt, jedoch 
eine eigene libc entwickelt hat. Verwendet man stdio-Funktionen mit 
Bedacht und nutzt gegebenfalls eigene Funktionen (Atmel macht das z.B. 
bei stdio in Beispielen für arm-gcc so), sind die Unterschiede in Bezug 
auf Codegröße sehr viel geringer.

Stöbert man durch die Quellen der newlib, findet man auch einige 
Änderungen zur Optimierung, die von Leuten mit arm.com-E-Mail Adressen 
eingebracht wurden. Angeblich arbeite ARM inzwischen aktiver an der 
Optimierung einer freien libc (ob das die newlib ist, weiss ich nicht) 
und auch der libgcc - ist aber nur eine mündiche Information und ich 
finde gerade keinen Beleg im Netz dafür. Inwieweit libc-Funktionen für 
eigene Entwicklungen wichtig sind, insbesondere wenn noch 
"Zertifizierungen" durchzuführen sind, hängt vom Anwendungsfall ab. Kann 
nichts zu schreiben, da ich meine Auftragsarbeiten bisher nur an 
Auftraggeber weitergeben habe, die sich um alles Weitere gekümmert 
haben. Es gab jedoch nur sehr selten Rückfragen und dabei nie ersthafte 
Probleme. Vermeide jedoch im Zweifel auch die libc für kritische 
Codesequenzen und halte mich bei kommerziellen Arbeiten weitestgehend an 
die MISRA-Regeln.

Würde die Entscheidung zum Compiler selbst nur dann vom Hersteller 
abhängig machen, wenn eine Art Zertifizierung gefordert wird, die nur 
vor diesem Hersteller geboten wird. Ob eine Code aber z.B. nach 
MISRA-Regeln geschrieben ist, kann auch mit externen Tools überprüft 
werden, dazu braucht man nicht unbedingt den IAR-Compiler und dessen 
Warnings. Schön bei den Paketen von ARM/Keil und IAR ist die gute 
Integration des Compilers in deren IDE. Wobei die Codeeditoren von 
uVision(ARM) und EWARM(IAR) lange nicht so viel bieten wie z.B. der 
Eclipse Editor. Für diejenigen die es brauchen, düften die 
Möglichkeiten, die Debugger und evtl. Hardware-Simulatoren bieten eher 
ausschlaggebend sein. Dabei fand ich die Möglichkeiten, die uVision 
bietet immer recht beeindruckend (Den "Erstkontakt", um mit einem neuen 
Controller etwas zu spielen, mache ich immer noch gerne mit der µVision 
Evaluierungsversion und deren Hardwaresimulator, jedoch mit 
GNU-Compiler). Auch Entwicklungsumgebungen, die im Hintergrund den GNU 
C-Compiler nutzen (z.B. Crossworks, Attolic True Studio und die 
interessanten aber teilweise sehr teuren Attolic Zusatzmodule, RIDE, 
CoIDE aber auch uVison nach Auswahl), bieten viele Debugmöglichkeiten. 
Dann gibt es noch Spezialprogramme und -hardware, z.B. von Lauterbach. 
Dieser Absatz hat aber schon nichts mehr mit der ursprünglichen Frage 
nach den Compilern zu tun, sondern eher mit dem "Drumherum".

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