Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik RDSon bei IGBTs und MOSFETs


von al3ko (Gast)


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Hi Leute,

ich habe eine Frage zu dem Durchlasswiderstand bei IGBTs und MOSFETs.

Und zwar würde mich interessieren, weshalb in vielen MOSFET 
Datenblättern ein RDSon direkt angegeben wird und bei IGBTs nicht.

Vielleicht täusche ich mich auch nur, weil ich nicht genug Erfahrung mit 
den beiden Schaltern gemacht habe. Aber bei IGBTs musste ich immer im 
Datenblatt nach der I_D vs. V_DS Grafik Ausschau halten. Dort habe ich 
dann für den jeweiligen Strom eine Tangente an den Graphen angelegt und 
über das Steigungsdreieck den Widerstand ermittelt.

Bei den MOSFET Datenblättern, die ich in der letzten Zeit in der Hand 
hielt, stand schon auf den ersten Seiten ein (min. typ. max. )Wert für 
den Durchlasswiderstand.

Habe ich da irgendwo etwas verpasst in der Vorlesung?


Vielleicht mag mir hier ja jemand eine kleine Aufklärung geben. Ich wäre 
euch jedenfalls sehr dankbar.


Gruß

von Mine Fields (Gast)


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Da hast du in deinen Vorlesung tatsächlich einiges verpasst.

IGBT haben keinen Rdson, weil es bipolare Bauelemente sind. Es gibt nur 
eine Vce, die zwar eine leichte Abhängigkeit vom Strom hat (aufgrund des 
doch geringen vorhandenen ohmschen Anteils), aber ein quasi rein 
ohmsches Verhalten wie bei MOSFET gibt es nicht.

von Dan M. (luizaranha)


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Hi,

Der Igbt hat eine Vorwärtsspg, wohingegen des Mosfets Kennlinie im 
Ursprung startet. Beim IGBT legt man ja diese Lineare Approximation dem 
Arbeitspunkt entsprechend fest. MIt der Variation des Arbeitspunkts 
variiert der Widerstand der Kennlinie und somit auch die Vorwärtsspg.

gruß

ps.: Deswegen hat der Mosfet bei der Verlustbetrachtung nur den 
quadratischen Effektivwert und den Widerstand in Beachtung

von al3ko (Gast)


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Ufff,

da scheint ja etwas Grundlegendes an mir vorbei gegangen zu sein. Danke 
für eure Aufklärung.

Ich befürchte, ich muss mir das Wissen mal autodidaktisch aus einem Buch 
aneignen.

So wirklich klar, weshalb man MOSFETs bei kleineren Spannungen und IGBTs 
bei höheren Spannungen verwendet, ist mir nämlich noch nicht. Auch 
nicht, weshalb der Strom dabei keine Rolle spielt :/

Auch nicht, weshalb die Schaltverluste im MOSFET frequenzunabhängig 
sind.


Ich danke euch.

Gruß

von Mine Fields (Gast)


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Der Rdson steigt mit höherer Sperrspannung überproportional an. Man muss 
bei hohen Spannungen riesige Chips verbauen, um einen brauchbaren Rdson 
zu erreichen (oder man steigt auf andere Materialien um, zum Beispiel 
Siliziumkarbid). Bei kleineren Strömen spielt das natürlich noch nicht 
so eine Rolle.

Durch das ohmsche Verhalten steigen die Durchlassverluste quadratisch 
mit dem Strom, deshalb sind sie bei höheren Strömen unwirtschaftlich, 
weil man wieder einen kleinen Rdson erreichen muss.

Bei einem IGBT gibt es diese Probleme nicht, deshalb werden sie bei 
höheren Spannungen und höheren Strömen eingesetzt.

Die Schaltverlustleistung ist nicht frequenzunabhängig, weder bei 
MOSFET, noch bei IGBT. Es ensteht pro Schaltvorgang eine gewisse 
Schaltverlustenergie, die kann man mit der Frequenz multiplizieren, um 
die Verlustleistung zu berechnen.

von al3ko (Gast)


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Hi Mine Fields,

ich danke dir sehr für deine aufschlussreiche Antwort. Sie bringt auf 
jeden Fall erstmal ein wenig Licht ins Dunkle und wird mich beim 
Durchlesen der Bücher sicherlich unterstützen.

Das mit den Schaltverlusten und der Schaltverlustenergie freut mich zu 
lesen, denn so hatte ich es aus der Vorlesung auch verstanden. Weshalb 
ich es erwähnt habe:

"
- keine Ladungsspeicherung
- frequenzunabhängige Verluste
- positiver Temperaturkoeffizient
- hoher Durchlasswiderstand da keine Ladungsträgerinjektion
- Strukturbedingte Inversdiode
"

So steht es im Buch Grundkurs Leistungselektronik von Joachim Specovius 
auf Seite 53.

von Mine Fields (Gast)


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Ich weiß nicht genau, worauf sich das bezieht. Aber es gibt IGBT 
Effekte, bei der die Durchlassverluste bei hohen Frequenzen ansteigen. 
Womöglich ist das damit gemeint.

von al3ko (Gast)


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Hi,

Mine Fields schrieb:
> Ich weiß nicht genau, worauf sich das bezieht. Aber es gibt IGBT
> Effekte, bei der die Durchlassverluste bei hohen Frequenzen ansteigen.
> Womöglich ist das damit gemeint.
Es ist ein Vergleich zwischen MOSFET und Bipolartransistor aufgelistet. 
Das mit den frequenzabhängigen Verlusten sieht so aus:
MOSFET:
- frequenzunabhängige Verluste
Bipolartransistor:
- Die Schaltverluste sind frequenzproportional

Aber ich sehe, du scheinst dem nicht zuzustimmen. Da ich das auch in 
keiner anderen Literatur wiederfinde, werde ich also so tun, als ob ich 
das mit den Schaltverlusten nicht gelesen habe. :)

Gruß

von Fralla (Gast)


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Wenn Mosfets Frequenzunabhängige Verluste hätten wäre vieles leichter. 
Dem ist aber definitiv nicht so.

Bei der Verlustbetrachtung macht es aber sehr wohl Sinn, auch beim IGBT 
mit einem Einschaltwiderstand zu rechnen. Genauer mit dem 
differentiellen Widerstand, so wie bei einer Diode. Den die 
Sätigungsspannung ist eben auch Stromabhängig, und damit sind die 
Leitverluste auch Stromquadratisch.
Bei hohen Spannungen also >600V ist dieser diff. Widerstand aber viel 
kleiner als bei Mosfets.

MFG Fralla

von Mine Fields (Gast)


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Der IGBT hat zwar auch einen differentiellen Widerstand, überwiegend ist 
in den allermeisten Fällen aber immer noch die Sättigungsspannung. Wenn 
man exakt rechnen will, darf man natürlich beides nicht vernachlässigen. 
Die Abhängigkeit des Stromes ist auf jeden Fall einige Faktoren 
niedriger als bei MOSFET.

von Mark (Gast)


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>Der IGBT hat zwar auch einen differentiellen Widerstand, überwiegend ist
>in den allermeisten Fällen aber immer noch die Sättigungsspannung.

Wenn die Spannung bei vollem Laststrom 3V und fast keinem Strom 1V 
beträgt, würde ich die Sättigungsspannung nicht überwiegend nennen...

von Mine Fields (Gast)


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Wobei nicht die ganze Spanne auf den differentiellen Widerstand 
zurückzuführen ist. Außerdem findet man solche Werte vielleicht im 
Bereich des maximalen Stromes nach Datenblatt, in realen Anwendungen 
sind die Ströme viel niedriger, und dort sind die Verhältnisse eben wie 
beschrieben.

von Mark (Gast)


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Selbst wenn man einen üblichen IGBT nur bis 2V nutz, kann man von ~1V 
bis 2V eine schöne Gerade legen. Ein Widerstand eben, auch im Bereich 
der realen Anwendung...

von Mine Fields (Gast)


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Eben und in diesem Bereich überwiegt das typische bipolare 
Diodenverhalten.

von Al3ko -. (al3ko)


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Hallo Mine Fields und co.,

ich habe mich jetzt in Application Notes bezüglich MOSFETs und IGBTs 
eingelesen und meine auch grob den MOSFET verstanden zu haben. Speziell 
meine ich damit was passiert, wenn man eine Gate-Source Spannung anlegt, 
dass dieser Kanal entsteht und somit ein Elektronenfluss durch diesen 
Kanal ermöglicht wird.

Was ich allerdings wirklich nicht verstehe bzw. herausfinden konnte, 
ist, wie man darauf auf den Widerstand schließen kann. Ich bin mir 
sicher, dass ich das Problem weit tiefer anpacken muss, nur stelle ich 
mich zu doof an, geeignete Quellen zu finden.

Mein Verständnis:
Beim MOSFET ist die Kanalbreite abhängig von der angelegten Gate-Source 
Spannung. Die Kanalbreite bestimmt, wie viele Elektronen pro Zeit 
durchfließen können. Im Prinzip haben wir hier doch die gute Analogie 
zum Wasser mit dem Rohr. Entsprechend habe ich hier etwas, wo ich einen 
Widerstand sehe.

Jetzt heißt es, dass sich der IGBT ausgangsseitig wie eine Diode verhält 
in Bezug auf den differentiellen Widerstand und der Sättigungsspannung.

Den PN Übergang meine ich auch grob Verstanden zu haben, das mit der 
Raumladungszone, die in Abhängigkeit von der angelegten Spannung größer 
oder kleiner wird. Ich weiß auch, dass man das Ersatzschaltbild der 
Diode aus der Grafik bestimmt. Aber "innen drinnen", also das, was im 
Halbleiter selbst passiert, kann ich nicht nachvollziehen.

Wenn ich ein einfaches Bild von zwei unterschiedlich dotierten 
Halbleitermaterialien mit der Raumladungszone anschaue, z.B. das hier 
von Wikipedia:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c1/Sperrschicht.svg

Diese Sättigungsspannung ist also die Spannung, die man über Kathode und 
Anode misst, richtig? Wenn ich also einen IGBT verwende und ihn voll 
durchschalte, dann messe ich zwischen Emitter und Kollektor eine kleine 
Spannung. Diese Spannung ist die Sättigungsspannung, die in folgender 
Verlusberechnungsformel enthalten ist:

Meine letzte Frage wäre:
 bei einem IGBT ist der differenzielle Widerstand - genau so wie bei der 
Diode. Wie kann man ihn physikalisch erklären? Gibt es eine Erklärung 
wie beim MOSFET mit dem Kanal? Genau das habe ich bis jetzt noch nicht 
finden können, weil das Keinsignalmodell immer auf die 
ÜBergangskennlinie bezogen ist, aber nicht auf den Halbleiter an sich.


Ich weiß, dass ich euch um viel bitte. Aber ich wäre euch sehr dankbar, 
wenn ihr mir ein wenig Licht ins Dunkle bringen könntet.


Gruß

von Mine Fields (Gast)


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In einem voll aufgesteuerten MOSFET ist der Kanalwiderstand ein eher 
geringer Anteil. Die Driftregion trägt da mehr bei. Das ist ein eher 
"inaktiver" Teil des Halbleiters, der aber beim Sperren benötigt wird. 
Außerdem gibt es bei planaren MOSFET noch einen parasitären JFET, der 
zum Rdson beiträgt.

Der differentielle Widerstand des IGBT ist im Prinzip der ohmsche Anteil 
des Chips. Wegen des PN-Übergangs wird keine so ausgeprägte Driftregion 
gebraucht und deshalb ist der Anteil des diffentiellen Widerstands eher 
gering. Zumindest auf die Chipgröße bezogen. Man schickt dann natürlich 
auch viel mehr Strom durch kleinere Chips und da nimmt der Anteil des 
differentiellen Widerstands natürlich wieder zu (und daher kamen auch 
die Einwände von oben).

von Reinhold (Gast)


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Will man die Kennnlinien verstehen, so ist
Der Aufbau (pn-struktur) hilfreich. Bei MOSFET
fließt der Strom im p-dotierten Bereich durch einen Elektronenkanal
(wie ein Draht vorzustellen). Ein pn-Übergang liegt in Rückwärtsrichtung
Parallel. Beim IGBT fließt der Kollektorstrom
Immer durch einen pn-Übergang, daher die Kennlinie. Dieser Übergang 
sperrt in Rückwärtsrichtung und man muss eine
Rückwärtsdiode extra einbauen.
Ich kann nur das eingangs erwähnte Buch empfehlen, dazu
gibts kostenloses Zusatzmaterial zum downloaden. (kapitel 4, Auflage 5).

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