Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Frage zu beschädigtem Glas beim iPhone


von Kunibert (Gast)


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Hallo,

ich sehe öfters Angebote für gebrauchte iPhones, bei denen das Glas 
einen Riss hat oder auch großflächig zersplittert ist. Oft lese ich dann 
noch in der Beschreibung, dass das Gerät trotz des Schadens vollständig 
bedienbar ist und man sich auch gerne vor Ort davon selbst überzeugen 
könne, bevor man es kauft. Meistens erfolgt dann noch ein Hinweis, dass 
man ja das Glas tauschen lassen könne. Die erzielten Preise(ebay) für 
solche Geräte sind in meine Augen auch noch recht hoch, was womöglich 
auf gewisse Erfolgschancen beim Austausch des beschädigten Glases 
schließen lässt...oder doch nicht?

Ich meine zu wissen, dass das iPhone-Touchscreen nicht resistiv, sondern 
kapazitiv funktioniert. Kann mir jemand erklären, wie so ein äußerlich 
doch recht stark beschädigtes Display dennoch vollständig funktionieren 
kann?

Und warum lässt der Verkäufer das Gerät nicht selbst von einem 
Handy-Doktor reparieren, wenn doch der hohe Preis dafür zu sprechen 
scheint, dass man mit relativ geringem Aufwand wieder ein 
funktionierendes iPhone haben könne?

Gruß,
Kunibert

von Rufus Τ. F. (rufus) Benutzerseite


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Kunibert schrieb:
> Ich meine zu wissen, dass das iPhone-Touchscreen nicht resistiv, sondern
> kapazitiv funktioniert.

Korrekt.

Daß das Gerät mit dem geschilderten Schaden noch "vollständig" bedienbar 
sein soll, würde ich bezweifeln. Und mit den Fingern würde ich auch 
nicht auf den Splittern herumreiben wollen, dazu sind mir meine 
Fingerkuppen doch zu viel wert.

von (prx) A. K. (prx)


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Doch, das ist gut möglich. Ich kenne ein iPod, das aufgrund intensiver 
dahingehender Bemühungen der nachfolgenden Generation ein übel 
aussehendes mehrfach zersplittertes Glas hat und trotzdem noch recht gut 
bedienbar ist.

Spezies von Anwendern sieht schlicht keinen Sinn in einer Reparatur 
funktionsfähiger alter Geräte. Wenn schon, dann muss was Neues her. Das 
alte schenkt man dann der kleinen Schwester. So ist beiden gedient - er 
hat wieder eine (fast) neue schnelle Zockerplattform und sie hat auch 
was davon.

von Power (Gast)


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Kunibert schrieb:
> Und warum lässt der Verkäufer das Gerät nicht selbst von einem
> Handy-Doktor reparieren, wenn doch der hohe Preis dafür zu sprechen
> scheint, dass man mit relativ geringem Aufwand wieder ein
> funktionierendes iPhone haben könne?

Ich nehme an, dass das doch ziemlich teuer ist. Ich sehe in der U-Bahn 
immer öfter Teenager mit solch total kaputten Iphones. Anscheinend muss 
man heutzutage unbedingt ein Iphone haben um hip zu sein, und wenn man 
sich das nicht leisten kann, dann tut es auch so ein Totalschaden :)

von Kunibert (Gast)


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Hallo,

das mit den Fingerkuppen hatte ich noch gar nicht bedacht. Wischen ist 
ja doch eine recht häufig genutzte Geste bei den mobilen Apple-Geräten.

Und wie funktioniert das nun mit dem kapazitiven Touchscreen bei 
gebrochenem Glas? Laut Wikipedia wird an den Ecken des Touchscreens eine 
Art Wechselspannung angelegt, die ein elektrisches Wechsel-Feld erzeugt. 
Die Berührung sorgt dann wohl dafür, dass in der Abbau-Phase des Feldes 
in den Ecken unterschiedliche Ströme gemessen werden, welche direkt der 
Position auf dem Touchscreen entsprechen. Scheint also so eine Art 
Triangulation zu sein. Aber wie kann so ein Touchscreen dann trotz 
Zersplitterung noch hinreichend genau funktionieren? Stört die 
Zersplitterung nicht das Feld und somit die präzise Triangulation?

Gruß,
Kunibert

von Fabian (Gast)


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Genau genommen sind es zwei Glasplatten. Sie sind mit einem mit Streifen 
aus transparentem (leitendem) Metalloxyd beschichtet, und zwar so, dass 
die gegeneinander versetzten Streifen Kreuzungspunkte bilden. Diese 
Punkte wirken wie Kondensator-Platten, weil die Metalloxyd-Streifen dort 
genau übereinander liegen.

An allen Streifen wird eine Spannung angelegt. An den Kreuzungen 
entstehen jetzt elektrische Felder. Da ein menschlicher Finger auch 
leitfähig ist, verändert er bei Berührung  der Kreuzungspunkte das dort 
entstandene elektrische Feld, was zu einer Änderung der Spannung am 
anderen Ende der X- und Y-Streifen führt. Die Auswertungselektronik 
misst die Ströme und errechnet daraus die Koordinaten des 
Berührungspunkts.

von Mw E. (Firma: fritzler-avr.de) (fritzler)


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Tjo, ist eben der Nachteil der Apfel "Edelmaterialien", wenns 
runterfällt splittert Glas nunmal, Plaste hat dann ne Delle oder 
Kratzer.

Reparieren kann mans sicher nur recht schwer, is ja alles verklebt.

von Bernd R. (Firma: Promaxx.net) (bigwumpus)


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Die Reparatur ist relativ kostengünstig (bei iPhone 3G) und durchaus 
üblich.

Nur den weichgespülten Original-Apple-Besitzer bekommen von Apple, vom 
Provider, vom Verkäufer, von der Presse, vom Nachbarn und von der 
Ehefrau erzählt, daß man das nicht machen darf, weil dann die heilige 
Garantie futsch ist.

von Samuel C. (dragonsam)


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Bei den heutigen iPhones ist über dem Touchscreen selbst noch ein 
Glasschicht, die nur eine schützende Funktion hat, man kann also nicht 
sagen, dass der Touchscreen gebrochen ist, nur weil die oberste Schicht 
zersplitter ist. Bei der nächsten Generation soll der Touchscreen direkt 
in die oberste Schicht integriert werden um das Gerät noch dünner zu 
bekommen.

Mit dem Finger über das zersplitterte Glas fahren? Kein Problem, trotz 
Bruch ist die Oberfläche immernoch sehr glatt, ähnlich wie bei 
Sicherheitsglas.

von Fabian (Gast)


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Reparaturzeiten (geschätzt) iPhone 3G (3GS) ca. 3 Minuten
iPhone 4G (4Gs) ca. 1 Stunde....

Beim Öffnen eines 3Gs hat man direkt das Display in der Hand und braucht 
es nur tauschen. Beim 4er muss man sich einmal durch das iPhone von der 
Rückseite her durchkämpfen, bis man am Display ankommt. Das dauert dann 
entsprechend länger.

Dank iFixit.com ist es aber selbst für Leute ohne viel Erfahrung (aber 
mit Fingerspitzengefühl) problemlos möglich.

von Fabian (Gast)


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von Fabian (Gast)


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Die obere Schutzfolie sorgt dafür, dass man nicht mit scharfen 
Glaskanten in Berührung kommt.

von Wichtel (Gast)


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Kunibert schrieb:
> Kann mir jemand erklären, wie so ein äußerlich
> doch recht stark beschädigtes Display dennoch vollständig funktionieren
> kann?
Wie vom Vorschreiber gesagt, die obere Scheibe ist mit dem sog. 
Digitizer nur verklebt, aber es sind verschiedene Teile.

Kunibert schrieb:
> Und warum lässt der Verkäufer das Gerät nicht selbst von einem
> Handy-Doktor reparieren
Vermutlich hat derjenige eine Vorahnung, dass die meisten Ersatzteile, 
auch wenn "Erstausrüsterqualität" oder "Original Apple" dabeisteht, 
längst nicht so robust sind wie das tatsächliche Original. Apple verbaut 
dort "Gorilla-Glas", die Nachbauer wohl eher standard-Fensterglas oder 
sonstwas.
Der Unterschied ist auch daran erkennbar dass bei den Nachbauten 
sichtbare Fäden durch den Digitizer verlaufen, welche beim Original um 
einige Größenordnungen dünner und praktisch unsichtbar sind. Sobald das 
Display leuchtet ist allerdings auch beim Nachbau nichts mehr davon zu 
sehen.

Rufus Τ. Firefly schrieb:
> Daß das Gerät mit dem geschilderten Schaden noch "vollständig" bedienbar
> sein soll, würde ich bezweifeln.
Ich habe bislang 5 solcher Schäden repariert (2x 3G, 2x 3GS, 1x 4) und 
bei allen Exemplaren war tatsächlich volle Funktion inkl. aller Gesten 
und voller Positioniergenauigkeit gegeben.

Die beiden 3G-Reparaturen bezogen sich auf ein- und dasselbe Gerät. Bei 
der zweiten Reparatur war das Lösen des Klebers sehr viel einfacher 
(Beim ersten brauchte es einen Heissluftföhn und viel Zeit, beim zweiten 
Mal nur einmal unterhaken mit einem Plektron), und auch der ursächliche 
Sturz war sehr viel schwächer als beim ersten Mal. Es sieht danach zwar 
aus wie neu und funktioniert auch so, aber ist wesentlich 
sturzempfindlicher.
Dafür sind die Teile für 3G und 3GS (Frontscheibe inkl. Digitizer) mit 
unter 10 Euro inkl. Versand aber auch sprichwörtlich spottbillig.

von Kunibert (Gast)


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Hallo,

vielen Dank euch allen für die äußerst hilfreichen Erklärungen und 
Links, dieses Forum ist Weltklasse!

Gruß,
Kunibert

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