Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Bezugspotential bei RS485/Modbus/Profibus


von Peter B. (pbuenger)


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Mal eine grundsätzliche Frage zu o.g. Bussystemen: Bei der verwendeten 
differentiellen Übertragungstechnik ist es für die Funktion doch 
wichtig, dass die Empfänger innerhalb ihres Common-Mode-Bereiches 
betrieben werden. Daher führt man neben den beiden Signalleitungen auch 
den GND als Bezugspotential mit, zumindest kannte ich das bisher so von 
industriellen RS485/RS422-Schnittstellen. Also keine wirkliche 
Zweidrahtleitung.

Beim Modbus habe ich in diversen Publikationen ebenfalls diese Technik 
gefunden. Beim Profibus hingegen habe ich bisher nur 
Verdrahtungsanleitungen gefunden, die ohne GND auskommen.

Warum verzichtet Profibus auf die GND-Leitung und wie wird hier denn 
sichergestellt, dass der Common-Mode-Bereich nicht verlassen wird.

Gruß,
Peter

von Oliver J. (skriptkiddy)


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Peter Bünger schrieb:
> Warum verzichtet Profibus auf die GND-Leitung
Wird nicht der Schirm als Masse genutzt?

Gruß Oliver

von Peter B. (pbuenger)


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Nee, der Schirm wird auf's Steckergehäuse gelegt. Keine Verbindung zum 
GND.

Peter

von Mw E. (Firma: fritzler-avr.de) (fritzler)


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Dann guck mal wo der GND des Steckers/der Buchse auf der Platine 
hingeht.

von Matthias D. (marvin42)


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Bei RS485 wird immer nur die Differenz aus A und B Leiter ausgewertet, 
wobei diese positiv oder negativ sein kann. Die Chips zB 75176 nehmen 
tatsächlich nur die Differenz und - ganz wichtig - der Schirm ist 
definitv nicht die Bezugsmasse. In Industrieanlagen ist auf dem Schirm 
oft EMV unterwegs - wegen Frequenzumrichtern etc - Ströme bis 50 mA sind 
keine Seltenheit.

Ein RS485-Receiver zB 75175 hat einen Eingangsspannungsbereich von +/- 
25 V aber das ist nicht wirklich relevant. Stell' dir das so vor, als 
würdest du mit einem Oszi mit zwei Tastköpfen (ohne Gnd-Kontakt) an die 
A und B Leitung gehen und dann einfach die Differenz bilden.

Dazu kommt noch, dass fast alle mir bekannten RS485 Implementierungen 
die Treiber-Chips per DC/DC-Wandler von der Hauptschaltung trennen und 
damit hast du quasi ein 'fliegendes' 5V/GND Potential. Und noch mal, auf 
keinen Fall sollte man auf einer solchen Platine den Schirm mit GND der 
Treiber-Chips verbinden. Wenn man das trotzdem tut und somit die EMV 
Störungen in die Treiber-Chips einkoppelt, kann deren Lebendauer 
drastisch sinken. Aus Industrieanlagen weiss man, dass die dann schon 
nach wenigen Jahren langsam kaputtgehen, dh. der Sendepegel wird 
geringer und die Empfangsempfindlichkeit sinkt ebenfalls.

matthias

von spess53 (Gast)


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Hi

>In Industrieanlagen ist auf dem Schirm oft EMV unterwegs -

Diesen Satz meinst du aber jetzt nicht ernst?

MfG Spess

von Reinhard Kern (Gast)


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spess53 schrieb:
>>In Industrieanlagen ist auf dem Schirm oft EMV unterwegs -
>
> Diesen Satz meinst du aber jetzt nicht ernst?

Kommt drauf an, was man unter EMV versteht. Mir ist mal eine ganzes 
V24-Interface verkohlt, weil die Abschirmung der seriellen Schnittstelle 
die einzige Verbindung einer 20 t schweren Werkzeugmaschine mit Erde 
war.

Gruss Reinhard

von B0ac0nstr1ct0r (Gast)


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Hallo

bei Industrieanlagen kann es zu EMV Störungen über Masse kommen. Als 
Beispiel die Frequenzumrichter von Control Techniqe (CT) bringen sehr 
gute EMV Störungen und wenn andere Komponenten wie Busmodule und 
Steuerung ungünstig eingebunden sind kann es zum einen Störungen auf das 
Bussystem kommen und auch Bauteile die Lebensdauer extrem verringern.

Ich habe es insgesamt 2 mal Live testen und sehen können wo Canbussystem 
und Lonbussystem betroffen waren. Es waren Frequenzumrichter im Spiel 
ziwchen 60 und 120 Ampere Nennstrom.

spess53 schrieb:
> Hi
>
>
>
>>In Industrieanlagen ist auf dem Schirm oft EMV unterwegs -
>
>
>
> Diesen Satz meinst du aber jetzt nicht ernst?
>
>
>
> MfG Spess

von Matthias D. (marvin42)


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@Spess,

>>In Industrieanlagen ist auf dem Schirm oft EMV unterwegs -
>Diesen Satz meinst du aber jetzt nicht ernst?

..doch, meine ich Ernst - wir machen das beruflich. Zur Messung der 
Schirmströme dient zb eine BEHA CHB5 Zange. 5-10mA sind normalerweise 
ok, bis ca 50mA muß man das Gesamtverhalten des Bussystems sehen, bei 
>100mA sehe ich akuten Handlungsbedarf.

Ich erkläre das mal so: ein EMV-verseuchtes Bussystem ist, wie wenn man 
im Nebel oben an der Klippe steht: gehen wir noch einen Schritt, oder 
zwei oder ... Zitat eines kürzlich betroffenen Werkstattleiters: 
"gestern hat es noch funktioniert"

von spess53 (Gast)


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Hi

Also ein mit Elektro-Magnetischer Verträglichkeit verseuchtes Bussystem 
sollte doch eigentlich gut sein.

MfG Spess

von B. L. (b8limer)


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Matthias D. schrieb:
> Zur Messung der
> Schirmströme dient zb eine BEHA CHB5 Zange. 5-10mA sind normalerweise
> ok, bis ca 50mA muß man das Gesamtverhalten des Bussystems sehen, bei
>>100mA sehe ich akuten Handlungsbedarf.

Hast du dir mal das Handbuch dieser Strommesszange angeschaut? 
Insbesondere Seite 16 ff (Kapitel 7)? Das könnte dir eine kleine 
Erleuchtung bringen, wenn du die Fehlerrechung etwas beherrschst. Ich 
kann dir auch gerne (zwar etwas veraltetes, aber dennoch gültiges 
Material) aus der Messtechnikvorlesung an der Uni einscannen, wenn du 
bei der Fehlerrechnung nicht so ganz fitt bist.

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