Forum: HF, Funk und Felder Superhet vs. Doppelsuperhet


von Andy L. (nemai)


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Hiho,

ein "Lebenstraum" von mir ist es mal ein UKW Radio mit kristallklarer 
Wiedergabe zu bauen. Da ich mich nun im 4. Semester Elektrotechnik 
langsam in die Tiefen der HF Technik begebe, möchte ich mir auch langsam 
Gedanken über dieses Projekt machen.

Könnte mir jemand erklären, ob es Sinn machen würde, ein UKW Radio als 
Doppelsuperhet auszulegen? Oder würde das nichts bringen, außer mehr 
Aufwand?
Man möchte bei so einem Projekt ja weder Kosten noch Mühen scheuen - das 
soll ein Vorzeigestück werden und mir Grundlage um viel zu lernen sein 
:)

Gruß

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Doppelsuper(--->bessere Trennschärfe) ist gut aber nicht klarer als 
UKW-Kunstkopf-Stereophonie mit einem guten Einfachsuper bei idealen 
Bedingungen.  Der Grund liegt in der Signalkette. Ddie kannst du überall 
versauen, aber danach nicht wieder geradebiegen, da bei der analogen 
Übertragung keine redundante Fehlrekorrektur im Signalweg implementiert 
ist.
Namaste

von Appaloosa (Gast)


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Ich schreibe mal einen Vorteil des Doppelsupers ggü. des Einfachsupers:

Doppelsuper:
1.  erste hohe ZF (zB. 70 MHz), bedeutet eine gute 
Spiegelfrequenzunterdrückung
2.  zweite niedrige ZF bedeutet eine bessere (billigere) Möglichkeit der 
Filterung, besonders bei schmalbandigen Anwendungen

Da du aber ein UKW-Radio bauen möchtest (87,5 - 108 Mhz) reicht ein 
Einfachsuper mit 10,7 MHz.
Die Audio-Qualität (meinst du das mit "glasklar?) ist durch das 
Übertragungsverfahren (FM) begrenzt.

von B e r n d W. (smiley46)


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Ich würde eher zum guten Einfachsuper tendieren. Erst mal am Frontend 
alles so großsignalfest als möglich machen, gute 
Spiegelfrequenzunterdrückung mit rauscharmer Vorstufe, mehrfach 
Vorfilterung mit Varicap-Abstimmung, dann einen Dioden-Ringmischer.

Bei den ZF-Filtern erst mal recherchieren, welche besonders gut geeignet 
sind, da bist Du bestimmt nicht der Erste, der sich Gedanken macht. 
Eventuell sind die Gruppenlaufzeiten viel wichtiger als die Welligkeit 
im Durchlassbereich. Falls die Entscheidung auf Keramikfilter fällt, 
zwei kaskadieren wegen der Weitabdämpfung.

Die Art der Demodulation hat sicher einen Einfluß auf die Qualität. 
Manche reagieren auf Fehlabstimmung empfindlich mit erhöhtem 
Klirrfaktor, dann benötigts Du eine AFC. Dann den Stereodecoder. Gibt es 
einen fertigen IC, der das alles schon mit hoher Qualität kann?

Eventuell kommt man auch mit diskretem Aufbau zu einem sehr guten 
Ergebnis. Käme eventuell die Demodulation mit einem DSP oder AD-Wandler 
mit FPGA in Frage, Verwendung von IQ/Quadratur? Es kommt ja auch auf 
Deine Interessen und Ausdauer an.

> Die Audio-Qualität ist durch das Übertragungsverfahren (FM) begrenzt.
Ja schon, aber deutlich besser, als mp3 mit 128kBit, wie es meist im 
Internetradio geliefert wird. Möglicherweise haben sich inzwischen viele 
daran gewöhnt, wie an den künstlichen Geschmack der Fruchtz***ge.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Andy,

> ein "Lebenstraum" von mir ist es mal ein UKW Radio mit kristallklarer
> Wiedergabe zu bauen.

> Könnte mir jemand erklären, ob es Sinn machen würde, ein UKW Radio als
> Doppelsuperhet auszulegen?
Du studierst Nachrichtentechnik, um genau solche Fragen selber 
beantworten zu können. Aber vorher fragen ist trotzdem gut.

Als Konstrukteur wirst Du den Begriff "kristallklar" im Lastenheft 
weiter definieren für Dein Pflichtenheft. Da wirst Du diese "gefühlte" 
Qualität ausdrücken mit Datenblattwerten. Vielleicht nicht nur Brumm und 
Klirrfaktor wie im Datenblatt aus dem Hifi-Laden. Sondern vielleicht 
wirst Du Nebengeräusche definieren oder gar, was im Moment harter 
Flanken im Audiosignal nicht noch nebenbei zu hören sein sollte.

Anschließend wirst Du all die Quellen für Störsignale und Verzerrungen 
betrachten, wichten, und dann erst entscheiden, wo Du Deine Schwerpunkte 
setzt.

Ciao
Wolfgang Horn

von Holler (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Du studierst Nachrichtentechnik, um genau solche Fragen selber
> beantworten zu können. Aber vorher fragen ist trotzdem gut.

Na ja, ziemlich überheblicher Spruch. Schaltungstechnik war schon vor 20 
Jahren in der Uni ein absolutes Randthema. Die meisten Ings (früher 
Dipl., heute Master) werden sich damit nie beschäftigen (müssen).

von Andy L. (nemai)


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Ach so wild fand ich den Spruch auch nicht. Ich komme aus einem Forum, 
wo ich für die anfängliche Frage einfach nur maßlos runtergemacht wurde 
(warum auch immer - ich sehe daran nichts Verwerfliches)
Und in Nachrichtentechnik I und II lerne ich leider nichts dergleichen - 
ich habe in II am Rande gelernt wie die FM mathematisch beschrieben ist, 
mehr nicht. Konkreteres in die Richtung kann ich erst im Master in 
"Integrierte Mischsignalschaltungen" machen ;)
---

Ich freue mich aber als erstes über die große Resonanz, ich fange an 
dieses Forum zu mögen :)

Wo fange ich an - gut meine Definition von "kristallklar" - es muss 
nicht 0.00001% THD sein (weitere Qualitätsmerkmale kenne ich im Moment 
noch gar nicht). Ich bin nur geschädigt von den 
Baukastenradioexperimenten aus meiner Kindheit, die alle nur ein 
Rauschen geliefert haben, in das man irgendein Geräusch 
hineininterpretieren konnte, wenn man wollte.
Es soll halt gut klingen, kein hohes Grundrauschen haben und den Rest 
sehmer dann wenn das konkret wird :) Jetzt ist ja nur mal die grobe 
erste Informationsrunde zum grundlegenden Prinzip, welches ich verwenden 
möchte - ich habe von der Thematik noch verschwindend wenig Ahnung. Kann 
sein dass ich erst in einem Jahr wirklich anfange dazu etwas zu löten.


Da der Tenor doch zum Einfachsuper geht, denke ich sieht der Plan in 
Version 1.0 so aus:
UKW Empfänger nach dem Superheterodyn Prinzip, komplett diskret 
aufgebaut (dies ist die wichtigste Maßgabe von mir selbst, mit einem IC 
könnte ichs mit knapp 10 Bauteilen bauen), Stereo, eventuell AFC, 
Aussteueranzeige sowohl für die Audiokanäle als auch für die 
Empfangsfeldstärke, wenn möglich.

Ich denke damit bin ich lange Zeit beschäftigt. Aber ich sehe das als 
eine Spielwiese auf der ich sehr viel lernen kann :) Wenn die Ausdauer 
dann noch nicht zu Ende ist, ist die Erweiterung eine 
PLL-Oszillatorstufe mit µC, Senderspeicher und eventuell wirklich mal 
A/D-Demodulation, aber das reizt mich nicht soo sehr, da µCs an sich 
nichts Neues mehr für mich sind. Mein Herz schlägt mittlerweile wieder 
mehr für die Analogtechnik.

Also ich bedanke mich erst mal, und begebe mich in die Lernphase,

Gruß von der Uni Stuttgart ;)

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Holler,

mein Beitrag hatte absolut nichts mit Schaltungstechnik im Sinn.
Sondern eher mit Systemdenken. Auch mit dem Denken, das durch 
Projektablaufpläne und -strukturpläne dargestellt wird.

Ingenieurwesen hat etwas mit "Genie" zu tun. Es ist seit der Zeit des 
Archimedes, als er den Vorläufer der Maschine von Antikythera baute (die 
mechanische Uhr, die Planetenbewegungen, Mond- und Sonnenfinsternisse 
voraussagte), die Kunst, sich erst mal vorzustellen, was man erreichen 
wolle, und das Vorgestellte dann mit einem Minimum an Mühen und Kosten 
zu realisieren.

"Kristallklarer UKW-Empfang" ist schon mal ein Ziel.

Natürlich ist der "große Wurf", der die Fachwelt vor Neid erblassen 
lässt, in der UKW-Empfangstechnik so schwer möglich, wie schon die 
besten Köpfe der Vergangenheit das versucht - und aufgegeben haben.
Trotzdem darf sich jeder dran versuchen. der keinen DAB-Empfänger kaufen 
will.

Hi, Andy,

> wo ich für die anfängliche Frage einfach nur maßlos runtergemacht wurde
> (warum auch immer - ich sehe daran nichts Verwerfliches)
Doch. Was immer "einen Neuling maßlos runtermachen" heisst - es ist 
schlechter Stil. Vermutlich auch ein Indiz für die mangelnde 
Qualifikation des Moderators.

Sondern - so wichtig Innovation für Zukunft und Wachstum eines 
Unternehmens, so wichtig ist ein innovationsfreundliches Klima in der 
Firma. Da darf kein Neuling herunter gebürstet werden, wenn er sich auch 
nur einigermaßen wohlgesonnen gezeigt hat.
(Auch in diesem Forum taucht immer mal wieder jemand auf, dessen Nase in 
den Himmel zeigt. Das ist auch eine Frechheit.)

> ich habe in II am Rande gelernt wie die FM mathematisch beschrieben ist,
> mehr nicht.
Den Besselgleichungen ist aber nicht so leicht anzusehen, was eine 
Begrenzung des Spektrums mit einem zu engen Bandpass anrichtet.
Aber Du hörst es, wenn Du einen FM-Sender mit zwei Transistoren baust, 
ein normales UKW-Radio - und den Hub des FM-Senders vergrößerst.
In meinen Ohren ist dort das Gegenteil von "kristallklar" zu hören.

Die Bessel-Gleichungen zeigen auch nicht, was Gruppenlaufzeiten im 
ZF-Filter mit dem Klang anstellen.

> Konkreteres in die Richtung kann ich erst im Master in
> "Integrierte Mischsignalschaltungen" machen ;)
Mhm. Bei mir war das "nachrichtentechnische Systeme", begann mit Mikro 
und Lautsprecher und füllte den Zwischenraum mit Praktika und Theorie. 
Letztere beginnend mit Shannons Gesetz, Nachrichtenkanal, 
Modulationsverfahren.

> Ich freue mich aber als erstes über die große Resonanz, ich fange an
> dieses Forum zu mögen :)
Liegt wahrscheinlich auch am fast unspürbaren Moderator.... die besten 
sind diejenigen, die unauffällig steuern. Wie auf dem Fußballplatz, wo 
die wilde, laute und verzweifelte Pfeiferei mit einer Kakskade an gelben 
und roten Karten eher nicht die Qualifikation des Schiedsrichters 
ausmacht.

> Ich bin nur geschädigt von den
> Baukastenradioexperimenten aus meiner Kindheit, die alle nur ein
> Rauschen geliefert haben,
Übel. Denn das Basteln macht doch nur dann Spass, wenn man seinen 
eigenen Erfolg sieht. Wenn man gemerkt hat, die eigene Anstrengung hat 
tatsächlich den MW-Ortssender hörbar gemacht mit einer Sendung wie 
"gestatten, mein Name ist Cox" (Das war damals mein Erfolgserlebnis. Ein 
Hörkrimi, den ich zur Abendzeit nur unter der Bettdecke zu hören 
wagte...)

> UKW Empfänger nach dem Superheterodyn Prinzip, komplett diskret
> aufgebaut (dies ist die wichtigste Maßgabe von mir selbst, mit einem IC
> könnte ichs mit knapp 10 Bauteilen bauen)
Richtig, da lernste nämlich nichts. Naja, fast nichts. Aber aus dem 
Schrott ein paar alte Radios klauben, zerlegen, und dann mit einem 
eigenen Plan was Eigenes draus machen, das reizt schon.

Ciao
Wolfgang Horn

von karadur (Gast)


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Hallo

die Meinung von Wolfgang Horn kann ich nur unterstützen. Ich habe sehr 
viel gelernt indem ich damals alte Röhrenradios zerlegt und repariert 
habe.
Man bekommt ein Gefühl dafür ob man 6 Wdg Silberdraht braucht oder viele 
Wdg Kupferdraht. Du wirst aber einiges an Messtechnik brauchen.   An der 
Uni hatten wir "highTec" , braucht man aber nicht. Im Laufe der Zeit 
baut oder kauft man sich mehr Messtechnik dazu. Bei mir war das erste 
ein Multimeter, dann ein HF-Diodendemodulator. Damit kann man schon mal 
sehen ob HF da ist. Ein Frequenzzähler ist dann auch nicht schlecht. 
Hilfe bekommst du auch im nächsten DARC Club oder an der Uni. Spaß macht 
es dann wenn man Messsender, Spektrum-Analyser, GHz-Scope u.s.w. hat.

von Andy L. (nemai)


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Hi,

an Messtechnik besitze ich selbst diverse Handmultimeter, ein 60MHz DSO 
und einen 20MHz Signalgenerator - alles in allem nicht wirklich für den 
UKW Bereich, aber ich denke erst mal wird man auch damit was arbeiten 
können. Und wie du schon sagst, habe ich im Labor der 
Elektrotechnikfachschaft Zugriff auf Geräte im Wert von 
Mittelklassewagen :)

Gruß

von klr (Gast)


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Das schwächste Glied in der Übertragungskette beim UKW-FM-Rundfunk 
stellt meiner Meinung nach das verwendete MPX-Übertragungsverfahren dar. 
Es wurde vor fast 60 Jahren entwickelt und gilt heute als technisch 
völlig überholt. Im Vordergrund stand damals  die Kompatibilität des 
Stereosignals zu den weit verbreiteten Mono-Radios. Ein mittelmässiger 
technischer Kompromiss, aber keineswegs eine gute Lösung für 
erstklassigen Stereoempfang.

Der Hauptnachteil des MPX-Verfahrens besteht in der Anfälligkeit gegen 
Mehrwegeempfang (Multipath), der starke, äusserst störende Verzerrungen 
des Audios verursacht. Bei günstiger Empfangssituation (etwa in ebenen, 
ländlichen Gegenden oder durch die Verwendung von Richtantennen) muss 
mit Multipath-Störungen so gut wie nie gerechnet werden. Nur wenn diese 
optimalen Bedingungen vorliegen, dann erscheint es mir auch sinnvoll, 
empfangsseitig hohen technischen Aufwand zu treiben. Für Städte wird 
dies sehr häufig nicht zutreffen.

von Micha (Gast)


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Kristallklar heisst: wenig Verzerrungen, da FM also moeglichst konstante 
Gruppenlaufzeit. Keramikfilter sind da eher tödlich. In den 70ern gab es 
mal einen Artikel in der Funkschau/Funktechnik?? von Revox, die 
beschrieben dort ein 8-Kreis-LC-Filter dessen Durchlasskurve der 
Gaussschen Glockenkurve entsprach und konstante Gruppenlaufzeit hatte. 
Da beißt sich also auch wieder kristallklar und gute Trennschärfe. Das 
war ein interessanter Artikel mit viel Theorie. Vielleicht findest Du 
ihn irgendwo.
Varicaps sind auch eher für das Großsignalverhalten nicht gut, da sich 
Abstimmspannung und HF an der Diode überlagern. Revox haben das gelöst, 
indem sie mehrere C-Dioden parallel und in Reihe pro Schwingkreis 
genommen haben (ich glaube 12 oder 16 pro Kreis).
Das Orzillatorsignal muss auch sauber sein.
Kenwood hat in den 80ern im Tuner KT1100 reine Drehkoabstimmung (3x 
Vorkreis, 2x Oszillator, ja, selbst der Oszillator hat noch eine 
abgestimmte Pufferstufe bekommen) genutzt. Besser geht vom HF-Standpunkt 
nicht.

Alles in allem ein schönes Projekt. Ich wünsche Dir viel Erfolg!

Gruss Micha

von Michael_ (Gast)


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Den UKW-Bereich schafft man noch relativ einfach.
Schwierig wird der ZF-Abgleich. Zieh dir mal ein paar 
Abgleichvorschriften aus der Analogzeit rein. Ob Röhre oder Transistor 
ist da relativ unwichtig.
Die Durchlaßkurve zu formen ist nicht einfach.
Das gleiche gilt auch für einen analogen Stereodecoder.

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