Hi, ich versuche abzuschätzen, wie schwer es ist, eine Tragfläche zu bauen. Ich bin kein Maschinenbauer und frage mich, welche Parameter Einfluss auf Vortrieb haben: Muss der Anstellwinkel immer größer als Null sein? Muss das Profil asymmetrisch zur Querachse sein? Viele Profile scheinen asymmetrisch zu sein, und zwar ist die Fläche "vorne" meist größer. Ist das Feintuning oder kann ein (Quer-)symmetrisches Profil physikalisch gar nicht erst funktionieren? Wirkt sich die Länge auf den Vortrieb aus oder ist diese egal bzw hat es einen Grund, dass Flugzeugflügel immer kurz und breit statt lang und schmal sind? Ich möchte für ein Modellsegelboot (1,7m Länge) das Segel durch eine Tragfläche ersetzen. Dazu habe ich zwei Aluminiumplatten unterschiedlicher Breite an den Kanten aneinandergeschraubt. Die kurze Platte ist plan während die Längere sich nach außen wölbt. Wichtig ist nur, dass die Tragfläche bei Kursen am Wind (< 90°) überhaupt Vortrieb erzeugt. Kommt der Wind von hinten, wirkt die plane Seite einfach als "Widerstand", das wird kein Problem sein. Knifflig ist eben nur, wenn das Segel geeignet umströmt werden muss, um eine Druckdifferenz zu erzeugen. Die erzielte Effizienz und damit Geschwindigkeit des Bootes ist relativ egal, solange das Boot wirklich vorwärts fährt. Auch der minimale Winkel zum Wind muss nicht kleiner als 60° sein. Erhoffen tue ich mir mehr Robustheit und Langlebigkeit als bei einem Segel. Getestet ist das System noch nicht, daher hoffe ich, dass jemand etwas zu der Theorie von Tragflächen sagen kann und mir vielleicht eine Einschätzung gibt, wie schwierig der Entwurf von Tragflächen ist. Insbesondere möchte ich wissen, ob es schon sehr schwer ist, Tragflächen zu konstruieren, die mehr Vortrieb als Luftwiderstand erzeugen und kleine Änderungen an Parametern dazu führen, dass die Tragfläche bereits nicht mehr funktioniert. Oder aber eine simple Tragfläche zu konstruieren noch einfach ist, die Schwierigkeit dann aber darin besteht, so nah wie möglich an das physikalisch mögliche Effizienzmaximum heranzukommen über einen weiten Strömungsgeschwindigkeitsbereich, ähnlich wie bei dem Routen einer Platine, wo es bei ein paar MHz/Digitalelektronik fast egal ist, wie Leiterbahnen über eine Platine laufen, bei Computermainboards dafür dann komplexe Berechnungen mit teurer Spezialsoftware notwendig sind. Vielen Dank schonmal
Wenn du wissen willst, welche Tragflügelform und welches Profil für vergleichsweise langsame Strömung und niedrigen Widerstand optimal ist, dann kannst du dich vertrauensvoll am Segelflug orientieren. Egal ob V1.0 (Federn) oder V2.0 (Verbundmaterial). Nichts an dem was du in hochentwickelten Exemplaren vorfindest ist zufällig.
Wind schrieb: > komplexe Berechnungen mit teurer Spezialsoftware notwendig sind. http://web.mit.edu/drela/Public/web/xfoil/
Wind schrieb: > Muss der Anstellwinkel immer größer als Null sein? Offenbar hast du noch nicht mit der Suche am nahe liegenden Ende angefangen: http://en.wikipedia.org/wiki/Airfoil
X-Plane ist ein schöner Flugsimulator, in dem du auch deine eigenen Tragflächenprofile und die meisten NACA Profile ausprobieren kannst: http://www.x-plane.com
Wind schrieb: > ich versuche abzuschätzen, wie schwer es ist, eine Tragfläche zu bauen. > Ich bin kein Maschinenbauer und frage mich, welche Parameter Einfluss > auf Vortrieb haben: Leider so ziemlich alle. > > Muss der Anstellwinkel immer größer als Null sein? Nein. Das hängt vom Profil ab. Wenn das Profil bzgl. der Längsachse ("Sehne") symmetrisch ist, dann erzeugt es erst ab einem Anstellwinkel >0 Auftrieb. Ist das Profil dagegen unten eher flach und auf der Oberseite stärker gewölbt, dann braucht man keinen Anstellwinkel. > > Muss das Profil asymmetrisch zur Querachse sein? Viele Profile scheinen > asymmetrisch zu sein, und zwar ist die Fläche "vorne" meist größer. > Ist das Feintuning oder kann ein (Quer-)symmetrisches Profil > physikalisch gar nicht erst funktionieren? Das ist nicht zwingend für den Auftrieb, aber es verringert den Widerstand (Tropfenprofil). Der Auftrieb wäre sogar etwas höher, wenn man die dickste Stelle in die Mitte legt - leider steigt der Widerstand noch schneller (zumindest im Unterschallbereich). > > Wirkt sich die Länge auf den Vortrieb aus oder ist diese egal bzw hat es > einen Grund, dass Flugzeugflügel immer kurz und breit statt lang und > schmal sind? Sind sie das? http://ais.badische-zeitung.de/piece/00/af/08/fb/11471099-p-590_450.jpg > > Ich möchte für ein Modellsegelboot (1,7m Länge) das Segel durch eine > Tragfläche ersetzen. > Dazu habe ich zwei Aluminiumplatten unterschiedlicher Breite an den > Kanten aneinandergeschraubt. Die kurze Platte ist plan während die > Längere sich nach außen wölbt. Wo ist außen? Was machst du, wenn der Wind von der anderen Seite kommt? Musst du dann die Platte in die andere Richtung biegen? Prinzipiell machbar ist das. Du bist nur nicht der erste, der es versucht, ohne daß es sich je durchgesetzt hätte. Gründe gibt es viele, spontan folgende: - Jede Metallkonstruktion ist schwerer als ein Stück Tuch. Zwangsläufig muß man in die Höhe mit der Konstruktion, und genau da möchte man möglichst wenig Gewicht haben. Jedes Kilo oben braucht unten im Kiel Gegengewicht, oder einen breiten Rumpf, um Kippen zu verhindern. Beides drückt die Geschwindigkeit. - Tuch ist flexibler. Die optimale Wölbung ist stark von den jeweiligen Strömungsverhältnissen abhängig. Jedes schnöde Segel aus Tuch ist bereits eine Tragfläche (außer sie wird genau von ihrer Normalenrichtung angeströmt, z.B. die Fock bei Rückenwind), noch dazu eine sehr flexible. Je nach Bedarf kann man die Strömumng leicht variieren, bei Metallkonstruktionen ist das schwer. Auch hier könnte man ähnlich wie bei STOL-Flugzeugen oder modernen Jets die Strömung stark beeinflussen (Vorflügel, Klappen am Ende, Schwenkflügel...). Aber das macht es nur wesentlich aufwendiger - und bringt ordentlich Gewicht. Mit einem Stück Tuch geht es leicht (in jeder Hinsicht). > > Wichtig ist nur, dass die Tragfläche bei Kursen am Wind (< 90°) > überhaupt Vortrieb erzeugt. Kommt der Wind von hinten, wirkt die plane > Seite einfach als "Widerstand", das wird kein Problem sein. Knifflig ist > eben nur, wenn das Segel geeignet umströmt werden muss, um eine > Druckdifferenz zu erzeugen. > > Die erzielte Effizienz und damit Geschwindigkeit des Bootes ist relativ > egal, solange das Boot wirklich vorwärts fährt. Auch der minimale Winkel > zum Wind muss nicht kleiner als 60° sein. Die Effizienz ist aber schon nötig, um am Wind fahren zu können. > > Erhoffen tue ich mir mehr Robustheit und Langlebigkeit als bei einem > Segel. Dann hast du das falsche Segel. > > Getestet ist das System noch nicht, daher hoffe ich, dass jemand etwas > zu der Theorie von Tragflächen sagen kann und mir vielleicht eine > Einschätzung gibt, wie schwierig der Entwurf von Tragflächen ist. > Insbesondere möchte ich wissen, ob es schon sehr schwer ist, Tragflächen > zu konstruieren, die mehr Vortrieb als Luftwiderstand erzeugen und Laß dir das patentieren. > kleine Änderungen an Parametern dazu führen, dass die Tragfläche bereits > nicht mehr funktioniert. Was heißt "nicht funktioniert"? Es ist leicht, irgendeine Tragfläche zu machen, die etwas Auftrieb liefert. Das geht mit einem Scheunentor. Schwieriger wird, eine gute Fläche zu haben. Das wird dir nicht gelingen, ohne dich deutlich mehr als bisher mit Aerodynamik zu beschäftigen. Ganz schwierig wird (eher unmöglich) ist es eine zu bekommen, die unter verschiedenen Anströmungen brauchbar ist. Schließlich kommt der Winmd nicht immer mit gleicher Geschwindigkeit aus derselben Richtung. Daß du am Ende besser bist als mit Stoff, wage ich zu bezweifeln. > ...
Klaus Wachtler schrieb: > Jedes Kilo oben braucht unten im Kiel Gegengewicht, oder einen breiten > Rumpf, um Kippen zu verhindern. Beides drückt die Geschwindigkeit. Deshalb sind Katamarane so schnell. Die verzichten weitgehend auf Gegengewicht und Kiel(e), indem sie die Stabilität aus der Breite holen. Aber auch da gilt: So wenig Masse wie möglich nach oben.
Klaus Wachtler schrieb: > Daß du am Ende besser bist als mit Stoff, wage ich zu bezweifeln. Nimm ihm doch nicht gleich den Wind aus den Segeln. Der Weg ist das Ziel. Er wird zwar wohl zum gleichen Ergebnis kommen, aber der Weg dorthin bringt ihm hoffentlich einige Erkenntnis ein.
Ich sage ja nicht, daß er es nicht probieren soll - interesant ist es auf jeden Fall. Aber wenn die Frage nach der Machbarkeit und den Aussichten gestellt wird, muß man auch nichts beschönigen :-)
Ich würde eher sowas bauen, das ist auch robust und funktioniert: http://de.wikipedia.org/wiki/Flettner-Rotor
Hallo Wind Eine Tragfläche erzeugt 3 verschiedene Widerstände: Oberflächenwiderstand, hängt von der Rauhigkeit ab Formwiderstand, hängt vom Profil ab Induzierter Widerstand = Randwirbel, hängt von der Streckung ab Die Streckung ist das Verhältnis von Flächentiefe zu Spannweite. Wenn Du Dir die Formel ansiehst, wird klar, warum Segelflugzeuge eine große Spannweite haben. Machst du das Selbe bei einem Segelboot, wird der Hebel der Tragfläche ziemlich lang und ein starker Windstoss drückt das Boot um, beim Katamaran droht Durchkentern. Ein Rumpf mit mehr Schräglage erzeugt einen höheren Strömungswiderstand im Wasser. Die Gleitzahl eines Flugzeuges kann aus dem Auftrieb im Verhältnis zu den Gesamtwiderständen berechnet werden. Dies entspricht Deiner Anforderung, gut am Wind zu kreuzen. Hier ist die Tragfläche sicherlich dem Segel weit überlegen. Jedoch alle Teile am Rumpf, Mast usw. erzeugen Luftwiderstand und verschlechtern den Kreuzwinkel. Bei Reynolds-Zahlen unterhalb von 80000-100000 funktionieren herkömmliche Tragflächenprofile nicht mehr richtig. Dafür werden Profile mit hohler Unterseite verwendet. Die sehen dann fast aus wie ein Segel. Bleibt das Problem, das Profil auf die andere Seite zu drehen. Diese Tragflächenanordnung ist eine Möglichkeit: http://www.yacht.de/schenk/kettrigg.html Mir persönlich würde aber ein Formschluß an der Unterseite besser gefallen. Dadurch fällt unten der induzierte Widerstand weg. Die Webseite liefert das Gegenargument: Wegfall fast aller Drehmomente und Reduzierung aller Kräfte auf eine Zugkraft. Die Fläche muss symetrisch sein und komplett gedreht werden, also oben und unten vertauscht werden können. Das geht nur mit einem Drehgelenk bei der Hälfte der Tragfläche.
Hans Mayer schrieb: > Ich würde eher sowas bauen, das ist auch robust und funktioniert: > http://de.wikipedia.org/wiki/Flettner-Rotor Hat aber den Nachteil, daß er aktiv rotieren muß, also einen Motor braucht. @topic In Modellbau- und Avionik-Foren wirst du bestimmt eher fündig.
Als ich den Thread gelesen habe war auch mein erster Gedanke: Flettner-Rotor Icke ®. schrieb: > Hat aber den Nachteil, daß er aktiv rotieren muß, also einen Motor > braucht. Dafür spricht allerdings (Zitat aus http://de.wikipedia.org/wiki/Rotorflugzeug): "Prandtl hatte rotierende Zylinder im Windkanal vermessen – und war auf verblüffende Auftriebswerte gestoßen. Ein rotierender Zylinder bot einen bis zu zehnfach höheren Auftrieb als eine Flugzeugtragfläche." Ausserdem kannst du mit 2 Rotoren, einer im Heck, einer im Bug und beliebiger Drehrichtung sehr individuell steuern.
Udo Schmitt schrieb: > Dafür spricht allerdings (Zitat aus > http://de.wikipedia.org/wiki/Rotorflugzeug): Leider hat das Prinzip auch gravierende Nachteile, die den praktischen Einsatz erschweren. Gegenüber reinen Segelschiffen muß der Rotor angetrieben werden und die mechanische Konstruktion ist vor allem wegen der einseitig beanspruchten Lager recht anspruchsvoll. Im Flugzeug würde der Ausfall des Rotorantriebes den sofortigen Absturz bewirken, da ohne Rotation kein Auftrieb mehr erzeugt wird. Nichtsdestotrotz ein interessantes Modellbauprojekt.
Icke ®. schrieb: > Gegenüber reinen Segelschiffen muß der Rotor > angetrieben werden und die mechanische Konstruktion ist vor allem wegen > der einseitig beanspruchten Lager recht anspruchsvoll. Ja das ist schon klar, wobei im Modellbaubereich die Lagerproblematik weniger ein Problem ist als bei 1:1. Ich dachte jetzt auch nur an Schiffsmodelle. Der Flettner Rotor habe ich ja nur als Alternative zu dem seltsamen Konzept einer Tragfläche statt eines Segels vorgeschlagen. Und interessant ist der Flettner Rotor schon alleine weil man durch Ändern der Drehrichtung die Richtung der resultierenden Kraft einfach umdrehen kann, mach das mal mit Segeln :-)
>...und mir vielleicht eine Einschätzung gibt, wie schwierig der Entwurf von
Tragflächen ist.
Das Gebiet nennt sich Fluiddynamik und ist auch fuer Physik-Absolventen
noch anspruchsvoll. Ich kenne auch Maschinenbau Absolventen, die sich
einarbeiten konnten. Denen fehlt vielleicht die Theorie, aber mit Try &
Error und einem Simulationsprogramm schaffen die das nach einer
beliebigen Einarbeitungszeit auch. Die Einarbeitungszeit in so ein
Simulationsprogramm betraegt Monate. Erst kommt die parametrische
Konstruktion, dann die Simulation mit den variablem Parametern. Der
Einfluss der Parameter muss man erst mal erfassen.
Dh. vergiss es. Es ist ein Beruf.
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