Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Jobgarantie - Wie würdet ihr entscheiden?


von Stefan H. (Firma: dm2sh) (stefan_helmert)


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Hallo,

mal ganz abstrakt: Stellt euch vor, jemand würde euch folgendes 
anbieten: Ihr dürft relativ frei forschen und entwickeln nach was euch 
ist, egal welches Gebiet, egal wann, wo und wie. Voraussetzung sind nur 
regelmäßige Berichte über den Stand und Inhalt bzw. Ergebnisse eurer 
Forschung/Entwicklung. Einzige Bedingung ist, dass der bisherige 
wissenschaftlich/technische Stand um ein geringes Mindestmaß 
vorangebracht wird.

Nachteil ist, das Gehalt entspricht dem Existenzminimum + beruflich 
bedingte Zusatzkosten + etwas Aufwandsentschädigung, also nicht viel 
aber so hoch, dass es keine Probleme gibt den Grundbedarf zu finanzieren 
inkl. Essen in der Kantine + Standard-Urlaub und ab und zu Party, also 
ungefähr BAFöG-Niveau. Gleichzeitig verbietet der Vertrag 
Zusatzverdienste. Nebentätigkeiten dürfen nur kostendeckend sein.

Der Vertrag kann eurerseits fristlos gekündigt werden. Der Arbeitgeber 
kann nur bei Verstoß gegen die Bedingungen kündigen. Eine Kündigung ist 
dauerhaft. Das Vertragsverhältnis kann nicht wieder neu geschlossen 
werden.

Wie würdet ihr entscheiden?

von Marx W. (Gast)


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Ist echt abstrakt, was du da denkst!
Ist also für meine Denkwelt nicht darstellbar!

P.S.

16.06.2012 02:29

Naja, das erklärt so manches!

von Michael (Gast)


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Nunja Stefan, Dein Knackpunkt ist wohl die Kohle ...

Siehs aus Sicht des "Arbeitgebers": Er lässt Dich machen was DU möchtest 
und macht Dir keine Vorgaben, also bekommt er mit grösster 
Wahrscheinlichkeit auch NICHTS zurück und dafür gibt er Dir auch noch 
Kohle ;-)
Angenommen Dir ist nach nem Jahr danach das Wachsen der Edbeeren zu 
beobachten und Du schreibst jeden Monat nen Bericht - Dein Teil erfüllt 
und er kann Dich nicht rausschmeissen. Wenn Dir nach weiteren sechs 
Monaten danach ist statistisch zu erheben, ob die Ampelphasen in 
Deutschland länger rot oder länger grün sind und Du jeden Monat nen 
Bericht abgibst dann ist Dein Teil erfüllt.

Für mich hört sich das eher selbst nach einem 
wissenschaftlich/psychologischen Experiment mit Dir als Proband an. Es 
soll erforscht werden, was passiert, wenn ein Mensch keinerlei Führung 
und keine Kohle für eigene Hobbys hat und auch keine Anerkennung bekommt 
(wofür auch, fürs Erdbeeren beobachten?) ...

von Jürgen W. (lovos)


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Das gab es mal bei Blaupunkt Hildesheim.
Jemand hat in sehr jungen Jahren eine gute Erfindung gemacht, ich glaube 
sogar Patent.
Dann durfte er kommen wann er wollte und machen was er wollte.
Die Firma ging davon aus, dass er ihr Vorteile bringt.

von restle (Gast)


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Michael schrieb:
> Siehs aus Sicht des "Arbeitgebers": Er lässt Dich machen was DU möchtest
> und macht Dir keine Vorgaben, also bekommt er mit grösster
> Wahrscheinlichkeit auch NICHTS zurück und dafür gibt er Dir auch noch
> Kohle ;-)
MS Research funktioniert ähnlich, wenig Vorgaben und viele Freiheiten. 
Ist halt Zukunftsforschung und andere Unternehmen machen es mit 
ähnlichen Einrichtungen auch so. Nur da verdient man als Mitarbeiter 
ordentlich Geld.

von KT (Gast)


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Stefan Helmert schrieb:
> Nachteil ist, das Gehalt entspricht dem Existenzminimum + beruflich
> bedingte Zusatzkosten + etwas Aufwandsentschädigung, also nicht viel
> aber so hoch, dass es keine Probleme gibt den Grundbedarf zu finanzieren
> inkl. Essen in der Kantine + Standard-Urlaub und ab und zu Party, also
> ungefähr BAFöG-Niveau.

Wie bitte, Essen in der Kantine + Standard-Urlaub und ab und zu Party 
soll BAFöG-Niveau sein??

Du meinst wohl eher:
Selber kochen mit Lebensmitteln aus dem Discounter + Urlaub auf 
Balkonien und ab und zu Party bei sich selbst oder Freunden zu Hause, 
damit der Abend (Alkohol) nicht viel kostet.

von MaWin (Gast)


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Klingt ungefähr wie eine Professur an einer deutschen Uni.

Unter deinen Bedingungen wird die Person nebenbei arbeiten,
das passiert zu hunderttausenden mit Schwarzarbeitern in
allen Berufen obwohl verboten, warum nicht bei dir ?

von hansgruber (Gast)


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KT schrieb:
> Selber kochen mit Lebensmitteln aus dem Discounter + Urlaub auf
> Balkonien und ab und zu Party bei sich selbst oder Freunden zu Hause,
> damit der Abend (Alkohol) nicht viel kostet.

Hehe, das kommt mir bekannt vor. So sieht mein Leben aus. ;-)

von Ingenieur (Gast)


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Jürgen G. schrieb:
> Das gab es mal bei Blaupunkt Hildesheim.
>
> Jemand hat in sehr jungen Jahren eine gute Erfindung gemacht, ich glaube
>
> sogar Patent.
>
> Dann durfte er kommen wann er wollte und machen was er wollte.
>
> Die Firma ging davon aus, dass er ihr Vorteile bringt.
Jede Firma hat Leute, die nur noch virtuell arbeiten und in Positionen 
sitzen, weil sie anderen gefährlich werden könnten, da sie was wissen 
und man sie nicht entlassen kann. Oder man will sie nicht zur Konkurrenz 
lassen, oder sie sind mit einem der Vorständler verwandt und keine traut 
sich, dem ein schlechtes Ergebnis zu bescheinigen.

An diesen tatsächlichen Minderleistern leiden die meisten grossen 
Firmen: Man hat sie aus den arbeitenden Abteilungen Produktion und 
Entwicklung hochgeschoben und nun sitzen sie Dank Dilbert-Peter-Prinzip 
in einer Position, wo sie nicht wieterkommen und auch nur begrenzt 
leisten.

Nun haben wir halt das Problem, dass die meisten Grossen Firmen 
inzwischen wieder schrumpfen und massiv unter der Belastung dieser 
Älteren ächzen. Das genau ist der Grund, warum die jüngeren mit immer 
schlechteren Verträgen abgespeist werden. Das gilt nicht nur für Bosch, 
sondern auch für Siemens, Posche, die anderen grossen Autobauer, für 
EADS etc. Ich habe das schon in vielen Firmen mitangesehen, was jüngere 
Ingenieure bekommen und was ältere erhalten, die irgendwelche 
administrativen Aufgaben (change management, software managment, 
integration management etc) machen. Die jung eingestellten in diesen 
Positionen haben rund heraus die HÄLFTE dessen, was die älteren haben. 
Daher will man sie ja auch loswerden.

Wenn es nicht klappt, dann geht die Firma eben den Bach runter, so wie 
einige Siemens-Sparten, so wie Alcatel, Lucent etc. Ich kenne jemanden, 
der in der 70ern bei Alcaltel angefangen hat und damals bereits 60.000 
bekam. Nach seinen Ausagen lag er Mitte der 80ern bei DM80.000, Mitte 
der 90er bei DM100.000. Bei der Übernahme / Zusammenschluss mit SEL hat 
er den Posten gewechselt und ist Softwareintegrator geworden. Seit 
damals ist sein Gehalt einfach nur noch 3%-5% im Jahr gestiegen, 
gearbeitet hat er aber fast nichts mehr, weil es nichts zu tun gab. Zum 
Schluss hat er bei der SEL, dann später der Thales offiziell für 35h 
fast 80.000 Euro bekommen, bei real 25h Arbeit und ist dann mit einer 
Abfindung im Alter von 60 in den Ruhestand. Seither lebt er von der 
Betriebsrente von fast 1500,- im Monat, die sich in Kürze um die normale 
Altersrente erhöhen wird. Der kriegt dann fast 4000,- im Monat Rente und 
hat zudem noch ein gut gefülltes Bankkonto und zwei Häuser zum 
vermieten.

Die Firmen stecken es einigen hinten rein und bei Jüngeren wird gespart.



MaWin schrieb:
> Klingt ungefähr wie eine Professur an einer deutschen Uni.
Das wollte ich auch gerade sagen :-)))))

von Ingenieur (Gast)


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Achso, die Kernaussage: Von diesen Altersrentenbeziehern gibt es 
Hundertausende mit z.T. hohen Pensionsansprüchen. Viele hopsen mit 58 
oder 60 in Rente und kassieren dann 20 oder 30 Jahre lang hohe 
Pensionen.

Die Firmen müsüsen das alles finanzieren und der Geldtopf wird immer 
kleiner. Eigentlich braucht man sich bei grossen Firmen gar nicht mehr 
zu bewerben.

von Lasst mich A. (ich_bin_durch)


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Dann haben kleine und junge Unternehmen einen rießengroßen Vorteil. Sie 
haben keine Altlasten und können jungen Ingenieuren 
überdurchschnittliche Gehälter zahlen.

So mein lieber Ingenieur, jetzt nenne mir doch mal ein paar Unternehmen 
die daraus ihren Vorteil ziehen.

von oszi40 (Gast)


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> Der Vertrag kann eurerseits fristlos gekündigt werden.
Dann ist das für Dich ein Sprungbrett, was in wenigen Monaten bei 
günstigem Angebot ...

von Stefan H. (Firma: dm2sh) (stefan_helmert)


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oszi40 schrieb:
>> Der Vertrag kann eurerseits fristlos gekündigt werden.
> Dann ist das für Dich ein Sprungbrett, was in wenigen Monaten bei
> günstigem Angebot ...

So kann man das sehen. Die Besonderheit an dem Vertrag ist jedoch, dass 
einmal gekündigt es kein Zurück mehr gibt. Der Vertrag ist dann 
endgültig weg.

Meine Intention hinter der Frage ist, wäre man bereit einen sicheren, 
flexiblen, hobbyähnlichen Traumberuf mit geringer aber ausreichender 
Bezahlung für die Chance auf viel mehr Geld bei deutlich geringer 
Sicherheit, evtl. zeitlich befristet, hohen Leistungsdruck, festen 
Vorgaben, Reisepflicht, unbezahlten Überstunden endgültig verzichten?

Wenn es dann schief geht und das Sprungbrett ins eiskalte Wasser nicht 
das Schwimmen, sondern eher das Untergehen hervorruft, dann ist es zu 
spät. Es bleibt im schlimmsten Fall Hartz-4 mit allen Verpflichtungen.

von Hauspapa (Gast)


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Es gibt nun wirklich genug Jobs wo es nach der Kündigung kein zurück 
mehr gibt. Gerade Vorgesetzte bei kleinen Mittelständlern nehmen das 
gerne persöhnlich.

Attraktiv finde ich das wohl fiktive Angebot aber nicht. 1. hab ich hier 
3 Kinder mit hunrigen Bäuchen (ok, dafür arbeitet meine Frau, nicht 
ich), das Leben ändert sich halt. 2. richtet es sich vermutlich nicht an 
einen erfahrenen Forscher / Entwickler sondern unter den genannten 
Umständen an Studienabgänger. Leider gibt es da noch viel zu lernen und 
ich selbst habe von Wissen und Erfahrung längjähriger Kollegen oder 
Vorgesetzter schon viel profitiert. 3. Findet das Forschungsergebniss 
keinen Adressaten, ist also bis auf den netten persönlichen 
Erkenntnisgewinn vergeblich. Die Stellenbeschreibung gibt es einfach 
nicht her das das was da geforscht wird letztlich einmal jemandem nützen 
wird. Im wahrscheinlichen Fall kann das was der Proband herausbekommet 
gerade niemand brauchen und die ganze Arbeit war eigentlich umsonst.

Gerade dieses das jemand das was ich mache brauchen kann hat mir immer 
am meisten Freude im Job gemacht.

Gute Nacht
Hauspapa

von Rudi Radlos (Gast)


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> zeitlich befristet
Das heißt: Du brauchst nicht zu kündigen. Vertrag läuft nur bis ...

Es gibt Jobs, die bekommt man nie wieder und es gibt günstige 
GElegenheiten die man nutzen sollte. Was für Dich und Deine familiären 
Angelegenheiten günstig ist, weißt Du selbst am besten.

Nicht jeder Job, der super bezahlt wird, wird Spaß machen. Wer z.B. 
einen gut bezahlten Job im Klärwerk bekommt, muß mit den Nebenwirkungen 
leben können. :-)

von Fritz J. (fritzjaeger)


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Pleite bzw Stellenstreichung spricht Wegfall des AG entspricht auch hier 
einer Kündigung also auch nix für die Ewigkeit. Bei den hier 
abstrahierten Rahmenbedingung wie geringe Resourcen (kein Geld für 
Messequipment/Lizenzen/Prototypenfertiger) und mangelnde 
Erfahrungsaustausch (keine Kollegen, Schulungen,social events)ist diese 
mittelfristig abzusehen. Erfahrungen sammelt man auf diese Weise auch 
nicht viel und sehr langsam, da man alle sackgassen selbst bis zum Grund 
absuchen muß. Internet-foren helfen nur bei Problemen also nicht bei 
Neuland das man hier beschreiten soll.

Meines Erachtens eine Stelle ohne Zukunft
MfG

von Willi W. (williwacker)


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Es gibt keinen Kündigungsschutz, notfalls rausekeln geht immer!

Sieh es wie eine Heirat, auch nicht für immer, nur auf dem Papier.

von doppeling (Gast)


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Stefan Helmert schrieb:
> Wie würdet ihr entscheiden?

Natürlich den Job mit der freien Forschung und freiem Leben! Von 
niemanden abhängig! So stell ich mir das Paradies vor..!

Unter uns: Ich mache es eigentlich jetzt schon so, arbeite nur für 
Werksverträge ab und zu, sodass mir etwas Kohle auch noch überbleibt und 
geh nebenbei weiter auf die Uni, als freier Mitarbeiter, denn ich will 
mir bald ne Doktorandenstelle ergattern.

Und dann irgendwann mein eigener Chef sein oder gut bezahlte 
Beratertätigkeiten annehmen. Muss nur mehr genug heiße Luft produzieren 
(das lern ich dann auch noch), und alles ist perfekt!

Für was brauch ich teure Freundin, teuren 3er - BMW.. wenn ich die 
Freiheiten des Lebens genießen kann! Zudem vertrag ich mich mit meinen 
Eltern sehr gut , sodass ich noch im Dachgeschoß des Hauses wohnen darf 
- natürlich gegen eine kleine Untermiete, versteht sich. Bei Frauen bin 
ich sowieso immer eher der "Kumpeltyp". Und Disco interessiert mich 
nicht. Schreibe lieber ein paar Programme beschäftige mich mit 
Algorithmen, Android-Bibliotheken (Java), momentan als Hobby. Außerdem 
bastle ich gerade ein eigenes Heimkino + Xbox und allen drum und dran 
:-). Freu mich schon wenns fertig ist.

von Dr. Winter (Gast)


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Und was interessiert uns das? Bist einsam und musst sich mitteilen?

von doppeling (Gast)


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Dr. Winter schrieb:
> Und was interessiert uns das? Bist einsam und musst sich mitteilen?

yep.. ein kleines Körnchen Wahrheit.. leider ;)

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