Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik H-Brücke ohne Freilaufdiode?


von Michael D. (etzen_michi)


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Nabend.

Ich würde bei einer H-Brücke aus Platzgründen gerne auf die 
Freilaufdioden verzichten.

Habe dazu mal das Datenblatt des verwendeten IC`s durchgelesen und 
nachgeschaut ob vielleicht bereits welche eingebaut sind.

Im Datenblatt kann ich nur die BodyDioden der MOSFET`s sehen, aber auch 
in den Schaltungsbeispielen sind keine Freilaufdioden eingezeichnet.

Seite 20: 
http://www.reichelt.de/index.html?;ACTION=7;LA=3;OPEN=0;INDEX=0;FILENAME=A200%252FDS_VNH3SP30.pdf

Der Motor hat wenn blockiert einen Strom von 5A bei 12V


Frage: Kann ich den Motor ohne Freilaufdioden betreiben?

von Jiro (Gast)


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Dem Motor wird es egal sein, aber der H-Brücke nicht, die BodyDioden 
sind sozusagen nen Abfallprodukt auf die würde ich mich nicht verlassen

von Max W. (max96)


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Also ich hab hier ne H-Brücke nur mit Body Dioden am laufen.

von MaWin (Gast)


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> Frage: Kann ich den Motor ohne Freilaufdioden betreiben?

PWM oder nur Start/Stop Betrieb ?

Der Chip enthäkt (weil 3 Chips driun sind und es sich demnach um 
vertikale MOSFETs handelt) zwangsweise Freilaufdioden.


Aber an einer Freilaufiode fallen 0.7V bis 1V ab, an einem 
eingeschalteten MOSFET nur 0.225 (bei deinen 5A). Also sind die Verluste 
an der Freilaufiode viel höher und der Chip wird wärmer. Da er aber für 
30A ausgelegt ist und du nur 5A durchschickst sollte er sogar die 4 mal 
höheren Verluste überleben, wenn du ihn ausreichend kühlst.

Aber es ist interessant, daß die Deppen bei ST zwar ein seitenlanges 
Datenblatt schreiben, aber quasi die wichtigsten Informationen 
vergessen. Man sollte halt nicht immer nur 400 EUR Praktikanten 
einstellen.

Als Firma würde ich dir nun vorshlagen, an ST eine Mail zu schicken. Als 
Privatperson kannst du den Chip ohne extern Freilaufioden benutzen, nur 
nicht mit 30A im PWM-Betrieb.

von Falk B. (falk)


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@Michael D. (etzen_michi)

>Ich würde bei einer H-Brücke aus Platzgründen gerne auf die
>Freilaufdioden verzichten.

Kein gute Idee.

>Im Datenblatt kann ich nur die BodyDioden der MOSFET`s sehen,

Reicht doch. Nicht perfekt, aber OK.

>http://www.reichelt.de/index.html?;ACTION=7;LA=3;O...

Ist VOLLINTEGRIERT, die Bodydioden dienen als Freilaufdioden.

>Der Motor hat wenn blockiert einen Strom von 5A bei 12V

Das spielt keine Rolle.

>Frage: Kann ich den Motor ohne Freilaufdioden betreiben?

Den Motor schon, deine H-Brücke nicht lange. Aber die internen retten 
dich.

von Michael D. (etzen_michi)


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Bisher habe ich nur vor den Motor im Start/Stop zu betreiben, wer weiß 
was noch kommt.

Bin Privatperson, werde ST aber dennoch eine Mail schreiben :D

MaWin schrieb:
> Aber an einer Freilaufiode fallen 0.7V bis 1V ab, an einem
> eingeschalteten MOSFET nur 0.225 (bei deinen 5A). Also sind die Verluste
> an der Freilaufiode viel höher und der Chip wird wärmer

Dieses Zitat verstehe ich nicht. Der MOSFET ist ja nicht eingeschaltet 
(Mein Wissen ist das die Freilaufdioden dazu da sind, wenn der Motor 
nicht angesteuert wird).

von j. c. (jesuschristus)


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Die Idee des vollintegrierten Bausteins ist doch, dass man keine 
Freilaufdioden braucht. Automotive, billig billig, nur keine 
extra-Bauteile.

von MaWin (Gast)


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> Dieses Zitat verstehe ich nicht. Der MOSFET ist ja nicht eingeschaltet
> (Mein Wissen ist das die Freilaufdioden dazu da sind, wenn der Motor
> nicht angesteuert wird).

Wenn die Freilaufdiode genutzt wird, und du willst sie ja nutzen sonst 
würdest du nicht fragen ob welche drin sind, also Strom über sie 
fliesst, dann ist eben der Spannungsabfall über ihnen grösser als über 
einem MOSFET der bei laufndem Motor genutzt wird. Bei gleichem Strom 
also mehr Wärmeentwicklung. Daher darf Strom über die (eingebauten) 
Freilaufioden nur selten fliessen (kein PWM), oder man darf den Chip nur 
weniger belasten (ca. 1/2 wenn PWM mit 50% Motor an Zeit und 50% 
Freilaufzeit durch die Dioden) als wenn man die Freilaufdioden extern 
dranbaut (wo sie ihre Wärme ganze alleine los werden).

von Falk B. (falk)


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@  MaWin (Gast)

>würdest du nicht fragen ob welche drin sind, also Strom über sie
>fliesst, dann ist eben der Spannungsabfall über ihnen grösser als über
>einem MOSFET der bei laufndem Motor genutzt wird.

Ja, aber.

> Bei gleichem Strom
>also mehr Wärmeentwicklung. Daher darf Strom über die (eingebauten)
>Freilaufioden nur selten fliessen (kein PWM),

Nö, denn wenn man sich nicht vollkommen dumm anstellt, kann man mit dem 
IC problemlos PWM machen, auch mit internen Bodydioden. Jaja, die sind 
nicht optimal, aber es reicht. Muss ja nicht immer 100kHz sein.

>weniger belasten (ca. 1/2 wenn PWM mit 50% Motor an Zeit und 50%
>Freilaufzeit durch die Dioden)

Nö, man muss ja nicht die PWM auf das Enable legen, sondern auf die 
Phasen.
Dann leiten die Dioden nur Bruchteile von Mikrosekunden.

> als wenn man die Freilaufdioden extern
>dranbaut (wo sie ihre Wärme ganze alleine los werden).

von Simon K. (simon) Benutzerseite


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Mal was zum nachschlagen:
- Aktiver Freilauf
- Synchronous Rectification

von Michael D. (etzen_michi)


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Simon K. schrieb:
> Mal was zum nachschlagen:
> - Aktiver Freilauf

Super. Danke

von Ulrich (Gast)


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Wenn man die internen Dioden für PWM nutzt, gibt es schon eine deutliche 
Verlustleistung - nicht so sehr von den Umschaltverlusten, sondern 
einfach von Strom mal Flussspannung (knapp 1 V). Bei geringen PWM Werten 
und fast stehendem Motor kann dann schon mal fast der ganze Strom über 
die Freilaufdiode fließen - 5 A wären dann wohl nur kurzzeitig drin.

PWM über die Signaleingänge geht bei dem IC nur sehr begrenzt (sehr 
niedrige Frequenz) wegen einer recht langen Totzeit. Sonst wäre das eine 
Alternative.

Um PWM bei mehr Strom zu nutzen sollten dann aber 2 Freilaufdioden 
reichen, die anderen werden nur sporadisch beim Richtungswechsel 
belastet.

von XXX (Gast)


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Ich muss auch noch mal meine Frage stellen, da es gerade passend zum 
Thema ist.

- Wenn der FET geöffnet ist, kann der Strom durch die Freilaufdiode 
fließen. Okay, verstanden.

- Das ergibt recht hohe Verluste wegen der recht hohen Vorwärtsspannung. 
Okay, ebenfalls verstanden.

- Wenn der FET nun aber geschaltet wird, bricht die Vorwärtsspannung 
zusammen.

Was genau passiert mit dem Strom? Wird der vom FET (teilweise) gebrückt 
oder fließt er nach wie vor durch die Diode?

Ich habe diesbezüglich nämlich unterschiedliche Informationen gefunden. 
M.E. teilt sich der Strom auf und die Verluste verteilen sich auf FET 
und Diode.

Kann das jemand bestätigen?

PS:
Ich habe hier gelesen, dass der Strom gebrückt wird.
http://www.andreasbaier.de/index.php/de/herkules-faq-bereich/herkules-und-brushless-regler/81-was-ist-eigentlich-aktiver-freilauf

und hier
http://rmmx.gmxhome.de/bldchv/pwm.html

Oder sind die Verluste in der Diode dann nur noch so gering - wegen des 
FETs als Brücke - dass die vernachlässigt werden (können)?


Gruß

von Hans (Gast)


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Steht doch eh alles drinnen was du brauchst... sogar ziemlich genau...

5A sollten eigentlich mit minimum pad hinhauen.. hab das jetzt aber nur 
überflogen und ganz grob abgeschätzt...

RthHS=RthLS=40K/W
RthHSLS=RthLSLS=15K/W

Ron=60mOhm => 1.5W

Laut Tabelle auf Seite 26 (4.1.1) Worst-Case:
=> 65*1.5W+Tamb => bis 50°C UmgebungsTemp kein thermal shutdown

Also selbst mit Minimum Pad kannst du Continous-Current 5A machen!

Soo dann noch das Free-Wheeling:
Laut dem Kapitel "Reverse-Battery" können die Dioden 30A!

Vf=0.8 ... 1.1V => 4 - 5.5W

Das wird Continous nicht funktionieren... 180-230 Tj bei max 
Kupferfläche... wobei das CONTINOUS gerechnet ist... quasi der 
Reverse-Battery-Fall für immer ;)

Wie viel Energie du über die Body-Diode vernichten musst hängt vom Motor 
und den Massen und der Ansteuerung ab.

Wenn du die Brücke dauernd treibst.
z.B PWM und invertiertes PWM-Signal an beide Seiten angelegt
  => 50% Dutycycle heisst dann stillstand
  => kleiner 50% die eine und größer 50% heisst andere Richtung
  => du hast zwar im Mittel 0 Strom, aber im Quadrat Verluste im 
Motor... je nach Induktivität, Widerstand und Versorgungsspannung!

An eine Seite dauern Hi oder Lo (je nach Richtung)
und 2. Seite bekommt PWM.
  => Immer MosFets leitend => fast kein Strom durch die Body-Dioden


Probleme bekommst du dann jedoch wenn man der Elektronik während sich 
der Motor dreht den Saft abdrehen kann... dann leiten die Body-Dioden 
bis der Motor steht...

Wobei 10sec 5A über die Body-Dioden noch immer unter 150°C bedeuten....


eine kleine sod128-shottky-diode verträgt immerhin 2W bei 1cm² Fläche... 
=> die verträgt sogar die 5A continous (die 1. beste bei digikey war 
PMEG3050EP,115)!

Wenns nicht unbedingt sein muss, würde ich schon wegen der 
Saft-Weg-Problematik Dioden reintun... oder der Motor liefert nicht 
genug energie damit was kaputt wird... Kann man ja ausmessen...

Hoffe geholfen zu haben.

73

von Hans (Gast)


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bei 2-300mV fließt bei der Diode fast kein Strom mehr... => schau dir 
die Kennlinie einer x-beliebigen Si-Diode an... 0.8-1.1V sind typische 
Flussspannungen... bei 2-300mV werden aus den xA xmA.


73

von XXX (Gast)


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Hans schrieb:
> bei 2-300mV fließt bei der Diode fast kein Strom mehr... => schau dir
> die Kennlinie einer x-beliebigen Si-Diode an... 0.8-1.1V sind typische
> Flussspannungen... bei 2-300mV werden aus den xA xmA.

Ah, ich verstehe. Quasi in umgekehrter Reihenfolge:

Ich habe es nämlich so gelernt, die I-U Kennlinie von Dioden zu 
verwenden. Dort setze ich beim Effektivwert des Stromes an und lege am 
Graphen die Tangente an. Von da aus lese ich dann den dynamischen 
Widerstand sowie die Vorwärtsspannung ab.

Wenn nun die Vorwärtsspannung durch den FET bestimmt, kann ich die 
Tangente von da aus starten und an den Graphen anlegen. Nun kann ich den 
dynamischen Widerstand ermitteln und sehe, dass dieser wesentlich größer 
ist.

Aber einen einfachen Stromteiler kann ich dennoch nicht aufstellen, weil 
die Diode ja kein resistives Element darstellt (Verluste ermitteln sich 
zu V_F*I_AV+r_on*I^2_eff)

Wie könnte man denn (theoretisch) bestimmen, wie viel Strom durch den 
FET und wie viel Strom durch die Diode fließt?

Oder geht ein Stromteiler in erster Näherung doch, weil der dynamische 
Widerstand nun die Vorwärtsspannung dominiert und man auf dem ersten 
Blick zwei "Widerstände" sieht - einen sehr großen und einen sehr 
kleinen?

Gruß

von Hans (Gast)


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Iterativ lösen...

Der Strom durch die Diode ist
I=Is*e^(Ud/(n*Ut)) (wobei die n und Is nicht bekannt sind in dem Fall)

Den MosFet kannst du als R annehmen => Ifet=Ud/R

Bastle grad für meine Dissertation an einen Solver für solche Probleme 
(Thermisches verhalten von Leistungshalbleitern)... ganz interessant... 
aber schon die Diode hats in sich, da Is stark von T abhängig ist... und 
I durch Ut auch...

Naja den Ic muss ich mir auf jeden fall merken... so ein genaues 
thermisches Modell findet man eigentlich fast in keinem Datenblatt...

73

von Ulrich (Gast)


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Die Frage was passiert wenn der FET parallel zur Diode eingeschaltet 
ist, stellt sich hier nur begrenzt: Das IC hat man Umschalten Über die 
Eingänge A/B einen Totzeit von typisch 0,6 ms. Das ist für PWM schon 
relativ viel.  Die FETs können die Freilaufdioden hier also erst nach 
den 0,6 ms entlasten - d.h. bei einer PWM Frequenz über etwa 800 Hz noch 
gar nicht, und bei 400 Hz auch nur etwa zur Hälfe.

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