Forum: HF, Funk und Felder Gewinn durch Antennen Diversity


von Christopher (Gast)


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Hallo,

ich beschäftige mich derzeit mit Antennentests. Ein Gebiet, in das ich 
mich nun eingelesen habe ist Antennen Diversity. Mich würde interessiern 
wieviel Gewinn sich durch den Einsatz der verschiedenen Diversity Arten 
erzielen lässt. Da ich nicht direkt aus der Antennentechnik komme, kenn 
ich keine gute Literatur über diese Problematik. Im Netz finde ich 
gerade über den theoretischen Gewinn wenig bis gar nichts. Könnt ihr mir 
da ein Buch nennen oder Seiten wo ich etwas darüber finde?

Viele Grüße und vielen Dank
Christopher

von Stefan M. (derwisch)


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Der Gewinn steigt nicht, denn Gewinn hat jede Einzelantenne für sich 
selbst.
Nur dass bei diversity Betrieb die Chance gross ist, dass immer eine 
Antenne genug Signal "sieht".

Bei diversity Betrieb wird ja zwischen den Einzelantennen hin und her 
geschaltet, d.h. der Empfänger "sieht" immer nur eine Antenne.

Der Gewinn von zwei oder mehr Antnennen steigt nur, wenn sie als 
gestockte Anordnung zusammengeschaltet werden. Dann Ändert sich aber 
auch das Abstrahldiagramm ( die Richtcharakteristik ).

von Christopher (Gast)


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Demnach was ich bisher gelesen habe stimmt das nicht ganz. Bei Phase 
Diversity werden wohl alle Antennen gleichzeitig verwendet. Da wird der 
Gewinn mit
angegeben, wobei N die Anzahl der Antennnen ist.

von Thomas K. (tomthegeek)


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Es sollte aber beachtet werden, dass der Abstand der Antennen größer als 
der Kohärenzabstand sein muss....

von Holler (Gast)


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Stimmt was Christoph sagt, bei Phase Diversity werden alle Antennen 
gleichzeitig genutzt: steigert den Gewinn, aber vor allem lassen sich 
Störungen durch Mehrwegeempfang stark mindern.

Diese Technik wird im Automotivebereich seit Jahren eingesetzt: alle 
besseren Autoradios nutzen das.
Vielleicht findest du Infos bei den einschlägigen Chiplieferanten für 
solche Empfänger, z.B. SiLabs oder NXP. Letztere haben seit Jahren einen 
Phasediv-Chip namens Dirana, aktuell ist die Version 3.

von Stefan M. (derwisch)


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Tja, hier müsste man also unterscheiden zwischen Antennengewinn und 
soetwas wie Systemgewinn. (?)

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Stefan,

> Tja, hier müsste man also unterscheiden zwischen Antennengewinn und
> soetwas wie Systemgewinn. (?)

Wenn mehrere Dipole zusammen geschaltet werden zu einer Gruppenantenne, 
dann steigt der Gewinn.
Das beginnt schon, wenn Du zwei Yagi stockst und die beiden Dipole mit 
jeweils einer angepassten symmetrischen Leitung zum Knotenpunkt führst.

Oder wenn Du deren Dipole über Symmetrierglieder auf 50 Ohm bringst und 
die Signale mit einem Power Splitter addierst.

Die Spitze sind dann Antennengruppen vom Wullenwever-Typ wie in 
Augsburg-Gablingen, größer als ein Fußballstadion, mit so um 36 
gleichzeitigen Antennenkeulen mit jeweils hohem Gewinn.
Die Herausforderung ist das Großsignalverhalten der Antennenverstärker 
und der Antennenmatrizen, denn in Gablingen befindet sich nicht nur ein 
Kurzwellempfänger, sondern vermutlich mehr als hundert, die zugleich an 
jede beliebige Antennenkeule geschaltet werden können. Nur dann lohnt 
sich der Aufwand einer Wullenwever-Antenne gegenüber einer drehbaren 
Richtantenne.

Von Systemgewinn würde ich bei Antennendiversity eher nicht sprechen. 
Wohl aber eine Zunahme der Verfügbarkeit des gewünschten Funkdienstes, 
wenn eine der Diversity-Antennen das Empfangsloch der anderen abdeckt.
Aber das ist Definitionsfrage.

Ciao
Wolfgang Horn

von Stefan M. (derwisch)


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>Von Systemgewinn würde ich bei Antennendiversity eher nicht sprechen.
>Wohl aber eine Zunahme der Verfügbarkeit des gewünschten Funkdienstes,
>wenn eine der Diversity-Antennen das Empfangsloch der anderen abdeckt.
>Aber das ist Definitionsfrage.

Hallo!

Ja, genau so. Das hatte ich weiter oben im Prinzip ja schon gesagt.

Daher kann man bei Diversity nach meiner Vorstellung nicht von Gewinn 
reden.
Selbst wenn ich 20 Antennen mit Diversity-Logik versehe ist der Gewinn 
immer nur so hoch wie der einer einzelnen Antenne.

von Funker (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Wenn mehrere Dipole zusammen geschaltet werden zu einer Gruppenantenne,
> dann steigt der Gewinn.

Klar, dass durch eine größere Antennenfläche mehr Energie aus dem Feld 
entnommen werden kann.

Das hat aber nichts mit Diversity zu tun, bei dem durch Aufstellung der 
Antennen in genügendem Abstand erreicht wird, dass Störungen z.B. durch 
Fading nicht korreliert sind und man entsprechend höhere Chancen auf ein 
sauberes Signal hat.

von HF-Werkler (Gast)


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Hallo,
die Frage, ob Diversity einen Gewinn bringt, lässt sich so pauschal 
garnicht beantworten. Wenn man "saubere" Ausbreitungsbedingungen hat 
(quasi Weltraum), kann man die Antennen auch gleich fix koppeln, wie 
oben beschrieben (festes Beamforming).

Diversity hat aber nur bei unklaren Ausbreitungsbedingungen (meist 
verbunden mit wechselnder Mehrwegeausbreitung) aufwandssinnvolle 
Vorteile. Daher erstmal die Fragen:

Wie sieht die Ausbreitungsumgebung aus?
Welche Antennen nutzt der Sender?
Welche Anordnung/geometrische Ausprägung hat der Empfänger?
Welche Art von Modulation wird genutzt?
Welcher Aufwand ist gerechtfertigt?
Welchse Diversity ist gemeint? (Antennenumschaltung, mehrere Empfänger, 
MIMO, ...)

Ohne diese Dinge ist die Frage nach dem Sinn/Gewinn eher nebensächlich. 
Jedes Verfahren hat für seinen Einsatzzweck Vorteile.

Gruss

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Jain, Funker,


> Klar, dass durch eine größere Antennenfläche mehr Energie aus dem Feld
> entnommen werden kann.
>
> Das hat aber nichts mit Diversity zu tun, bei dem durch Aufstellung der
> Antennen in genügendem Abstand erreicht wird

Der entscheidende Unterschied zwischen einer Gruppenantenne aus zwei 
Empfangsantennen und Diversity zwischen zwei Empfangsantennen ist der 
Unterschied zwischen Summierung der Antennenspannnungen und Umschaltung 
auf die Antenne mit dem höheren Signal/Rauschverhältnis.

Denn bei der Summierung kann es tragischerweise auch zur ungewollten 
Subtraktion infolge einer Phasendifferenz von Pi kommen.

Ciao
Wolfgang Horn

von Holler (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Denn bei der Summierung kann es tragischerweise auch zur ungewollten
> Subtraktion infolge einer Phasendifferenz von Pi kommen.

Bei Phase-Diversity addiert man nicht einfach blind die Signale zweier 
Antennen: man baut adaptiv einen Laufzeitausgleich ein. Letztendlich 
wirkt das wie eine flexible Richtantenne. Gelöst wird das in digitalen 
Signalprozessoren, wie z.B. dem NXP Dirana. Ist seit ca 10 Jahren Stand 
der Technik.

Im Mobilfunk (UMTS) geht man sogar noch einen Schritt weiter, da lassen 
sich die beim Mehrwegeempfang verzögert eintreffenden Signalanteile mit 
nur einer Antenne (mehr passt in ein Handy nicht rein) sogar noch 
auseinanderhalten, individuell verzögern und zu einem optimierten Signal 
addieren. Das geht z.B. mit einem Rake-Receiver.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Holler,

wenn Du schon widersprechen willst, dann bitte keine 
Verschlimmbesserung.

> Bei Phase-Diversity addiert man nicht einfach blind die Signale zweier
> Antennen: man baut adaptiv einen Laufzeitausgleich ein. Letztendlich
> wirkt das wie eine flexible Richtantenne. Gelöst wird das in digitalen
> Signalprozessoren, wie z.B. dem NXP Dirana. Ist seit ca 10 Jahren Stand
> der Technik.

Dann befrage Deine Quelle dazu noch mal:
1. http://de.wikipedia.org/wiki/Antennendiversit%C3%A4t
2. Im selben Artikel: "Einen Schritt weiter als Diversität geht das 
Prinzip der Smart Antennas. Hierbei wird ein Array von vier oder mehr 
Antennen eingesetzt. Die Signale der Einzelelemente werden über 
einstellbare Phasenschieber kombiniert. Hierdurch entsteht eine 
Richtwirkung, die elektrisch eingestellt werden kann."
3. http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppenantenne#Gruppenantennen
4. http://de.wikipedia.org/wiki/Phased_Array_Antenne

wikipedia ist in Antennenfragen keine besonders ansehnliche Koryphäe, 
aber leicht erreichbar. In Sachen Gruppenantennen ist der Rothammel 
besser, mein Klassiker ist J.D. Kraus.

> Im Mobilfunk (UMTS) geht man sogar noch einen Schritt weiter, da lassen
> sich die beim Mehrwegeempfang verzögert eintreffenden Signalanteile mit
> nur einer Antenne (mehr passt in ein Handy nicht rein) sogar noch
> auseinanderhalten, individuell verzögern und zu einem optimierten Signal
> addieren. Das geht z.B. mit einem Rake-Receiver.

Entscheidend dafür ist ein Modulationsverfahren wie OFDM, das den 
Funkkanal unterteilt in zahlreiche Unterkanäle mit einer eher lange 
Bitdauer.

Ciao
Wolfgang Horn

von Holler (Gast)


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@Wolfgang Horn:
ich glaube wir reden einander vorbei:
bei Phase Diversity von dem ich spreche, gibts es mehrere 
Einzelantennen. Im Auto sind das aus Kostengründen meist nur zwei, in 
den Scheiben, Kunststoffanbauten oder wo auch immer verbaute Drähte, die 
über direkt an der Antennenstruktur verbauten, aktiven Anpassungen 
separat zwei HF-Frontends (pro Band) zugeführt werden. Erst auf der 
digitalen ZF-Ebene erfolgt die Zusammenführung mit Laufzeitausgleich so, 
dass sich ein optimales Signal ergibt. Der Laufzeitausgleich wird vom 
DSP je nach Empfangssituation optimiert.


Wolfgang Horn schrieb:
> Entscheidend dafür ist ein Modulationsverfahren wie OFDM, das den
> Funkkanal unterteilt in zahlreiche Unterkanäle mit einer eher lange
> Bitdauer.

Nö, bei UMTS wird das so gemacht und das verwendet einen einzigen, 
breitbandigen Träger (W-CDMA).
Aber es ist richtig, mit einer einfachen analogen Modulation geht das 
nicht: entscheiden ist die Autokorrelationseigenschaft des Codes, damit 
kann der Searcher die Pfade unterscheiden und einer Einzelentzerrung 
zuführen.


Ist jetzt vielleicht schon etwas OT:
Im Mobilfunk werwendet man übrigens auch Transmit Diversity: auf der 
Sendeseite kann das Signal von mehreren, räumlich etwas voneinander 
entfernten Antennen gleichzeitig abgestrahlt werden, die im Empfänger 
entsprechend wieder voneinander unterschieden und geeignet kombiniert 
werden. Funktioniert auch wieder nur mit digitaler Modulation/Codierung, 
Beispiel UMTS.

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, Holler,

> ich glaube wir reden einander vorbei:
Tja, das ist oft die Strafe für schlampige Definitionen.

> bei Phase Diversity von dem ich spreche, gibts es mehrere
> Einzelantennen....zwei HF-Frontends... digitalen ZF-Ebene..

Von den Signalwegen her ist das Diversity bis zum Ausgang der durch 
Demodulation gewonnenen Signale aus dem Tuner.
Diese Signale sind bei unserem UKW-Radio die Frequenzmodulation, im 
US-Satellitenradio wären das Bitströme.

Ich habe gerade von Prof. Dr. Reiter und seinem Team (in diesem Team 
aktiv, aber gerade nicht dabei: Prof. Dr. Hopf aus der Schule Prof. 
Flachenecker, Lindenmayer senior, schwerstes Name-Dropping ;-)) deren 
Vorschlag gehört, wie sie die Aussetzer im US-Satellitenradio mindern 
durch eine Kombination von Antennengruppe (Phased Array) und 
Antennendiversity:
1. Zwei oder sogar drei Antennen.
2. Amplitudenvergleich (hier schaue ich noch mal genauer hin, warum 
Amplituden- und kein Phasenvergleich. Vielleicht ist das der Trick, der 
erst in der Offenbarungsschrift verraten wird.)
3. Ist eines der Antennensignale stark genug, wird allein das ausgewählt 
und an den einen, einzelnen Tuner geführt.
4. Ist es schwächer, wird das Signal der anderen Antenne in der Phase 
gedreht und dann addiert.

Prof. Reiter meinte, in den USA mit ihren zahlreichen, isolierten 
FM-Sendern sei der Wunsch nach einem gemeinsamen, satellitengestützten 
Verkehrsrundfunk sehr stark. Zumindest für die Trucker vorteilhaft.

> dass sich ein optimales Signal ergibt. Der Laufzeitausgleich wird vom
> DSP je nach Empfangssituation optimiert.
Da lockt wieder die Haarspalterei, was noch Antennengruppe sei und was 
Diverstity.

> Nö, bei UMTS wird das so gemacht und das verwendet einen einzigen,
> breitbandigen Träger (W-CDMA).
Ok., kann ich mir vorstellen bei einer Überlagerung zweier Signale, die 
unterschiedlich gedämpfte Ausbreitungswege genommen haben, wenn das 
schwächere, von einer Streuung verursachte Signal noch für sich 
korrelierbar ist.

> Ist jetzt vielleicht schon etwas OT:
> Im Mobilfunk werwendet man übrigens auch Transmit Diversity: auf der
> Sendeseite kann das Signal von mehreren, räumlich etwas voneinander
> entfernten Antennen gleichzeitig abgestrahlt werden.
"MIMO" ist das Stichwort zur Suche.

> Funktioniert auch wieder nur mit digitaler Modulation/Codierung,
> Beispiel UMTS.
Kein Einwand, dass dort funktioniert, was Netgear verkauft.
Aber was begründet das Wörtchen "nur" in Deiner Aussage? Denn DVB-T 
moduliert mit OFDM und nutzt so nicht nur die direkte Welle, sondern 
auch die gestreute.

Ciao
Wolfgang Horn

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