Moin,
ich weiß, dass es sehr amateurhaft klingt, aber ich stehe gerade voll
auf dem Schlauch. Ich habe eine Diode und die Spannung an der Kathode
und Anode bei einem Strom von 7A gemessen. Nun möchte ich die statischen
Verluste ausrechnen.
Intuitiv sage ich
Da ich einen Gleichstrom durchgejagt habe, habe ich auch eine
Gleichspannung gemessen.
Nun beruht aber auf dieser Formel ja die berühmte Gleichung der
Verlustberechnung einer Diode
bei der V_F die Vorwärtsspannung - gemessen an Kathode und Anode - ist.
I_AV und I_rms sind ja gleich, da Gleichstrom, auch bekannt da gemessen.
V_F und r_on befinden sich im Datenblatt bzw. lassen sich aus der
I_F-V_F Kennlinie ablesen.
Irgendwie drehe ich mich gerade im Kreis und weiß nicht so recht,
welcher Ansatz der richtige ist. Ich tendiere ja eher zum Ersten,
schlichtweg die Spannung mit dem Strom zu multiplizieren und gut ist. :/
Was meint ihr?
Danke und Gruß
Läuft auf das gleiche hinaus. Bei ersterem musst du die Spannung an der
Diode eben durch messen oder ablesen des Datenblattdiagrammes ermitteln,
bei zweiterer Formel wird die Spannung an der Diode aus dem Strom und
festen Kennzahlen berechnet.
Die erste Formel berechnet die Momentanleistung aus Momentanspannung und
Momentanstrom bzw. die konstante Leistung aus konstanter Spannung und
konstantem Strom.
Die zweite Formel berechnet die mittlere Leistung bei variablem Strom,
wenn man vom vereinfachten Diodenmodell U = Uf + R·I ausgeht.
Hallo gaast, hallo Yalu,
ich danke euch beiden für eure Anworten. Ich glaube meine
Verständnisschwierigkeiten eingrenzen zu können. Und zwar komme ich mit
den Bezeichnungen durcheinander.
Wie nennt man die Spannung, die ich über der Diode messe (gemessen an
Kathode und Anode).
Ich habe sie immer als Vorwärtsspannung/Flussspannung V_F definiert.
Ist dies soweit richtig?
Und jetzt komme ich ins Schwitzen. Wenn man die Tangente an die I-U
Kennlinie anlegt, bekommt man einerseits den differentiellen Widerstand
für den Strom, der durch die Diode fließt, aber auch eine Spannung. Ich
habe gelernt, dass sie ebenfalls mit Vorwärtsspannung (forward voltage)
V_F bezeichnet wird und in die u.g. Gleichung einfließt.
Hier kann doch etwas nicht stimmen, weil ich zwei mal den selben
Fachbegriff verwende.
Ja, der Bergiff Flussspannung oder Forward Voltage wird schlampigerweise
oft für verschiedene Dinge verwendet:
1. die stromabhängige Spannung zwischen Anode und Kathode, wenn der
Strom in Durchlassrichtung fließt
2. eine Kennzahl einer Diode: wie (1), aber für einen bestimmten, vom
Hersteller bzw. Datenblattschreiber ausgewählten Strom (meist eine
glatte Zehnerpotenz, also z.B. 10mA, 100mA oder 1A) angegeben, so
dass man mehrere Diodentypen besser miteinander vergleichen kann
3. die Spannung, an der die Kennlinie einen "Knick" nach oben macht, wie
auch immer dieser Knick definiert sein mag
In der Formel
Super, Yalu, so langsam komme ich näher ans Ziel.
Dann ist das V_F bzw. V_T (das, was du als Knickspannung bezeichnest) in
der Formel
nicht die Spannung, die ich über der Kathode/Anode messe, wenn sich
die Diode im Schaltbetrieb (z.B. im Hochsetzsteller) befindet.
Stimmst du dem zu?
Gruß
Bzw. anders herum gefragt:
Ich hatte in einer Hausarbeit die Verluste der Diode berechnet. Dazu
verwendete ich die Formel
Ich schreibe nun gezielt V_T, weil ich es damals in der Hausarbeit auch
so machte. V_T bezeichnete ich nämlich mit Threshold Voltage, also jene
Spannung, bei der die Diode anfängt zu leiten. Im übrigen habe ich V_T
aus der I-U Kennlinie (Schnittpunkt mit der x-Achse) ermittelt.
Der Begriff Threshold Voltage gefiel meinem Professor nicht und er
meinte, es sei die Vorwärtsspannung (forward voltage).
So wie ich das jetzt aber sehe, ist doch die Threshold Voltage ebenfalls
ein legitimer Begriff...
Ach herrje, ich sollte etwas anderes studieren. :D
> Der Begriff Threshold Voltage gefiel meinem Professor nicht und er> meinte, es sei die Vorwärtsspannung (forward voltage).> So wie ich das jetzt aber sehe, ist doch die Threshold Voltage> ebenfalls ein legitimer Begriff...
Wo soll denn die "threshold voltage" deiner Meinung nach sein?
Auch bei 0,3V fließt ein Strom durch die Silizium Diode.
Deshalb ist der Begriff "forward voltage" viel sinnvoller. Das ist
einfach die Spannung in Flussrichtung. Dein Professor liegt richtig. Du
bist mit deinem Begriff auf dem Holzweg.
Helmut S. schrieb:> Wo soll denn die "threshold voltage" deiner Meinung nach sein?> Auch bei 0,3V fließt ein Strom durch die Silizium Diode.
Die Threshold Voltage ist/war meinem Verständnis nach diejenige
Spannung, bei der der Strom anfängt anzusteigen - im vereinfachten I-U
Kennlinienverlauf eben der "Knick".
Aus Wikipedia:
"Semiconductor diodes do not begin conducting electricity until a
certain threshold voltage or cut-In voltage is present in the forward
direction"
> Deshalb ist der Begriff "forward voltage" viel sinnvoller. Das ist> einfach die Spannung in Flussrichtung.
Einfach die Spannung in Flussrichtung. Damit meinst du die Spannung, die
ich an der Kathode/Anode abgreifen kann, richtig?
Wo wir dann wieder bei meinem Ausgangsproblem wären...
Nein, das V_T bzw. V_F (der Knick im I-U Diagramm) kann nicht die
Spannung in Flussrichtung sein, das kann einfach nicht sein.
Das würde keinen Sinn ergeben mit dem Ersatzschaltbild der Diode
bestehend aus einer idealen Spannungsquelle, einem Widerstand und der
idealen Diode.
Es gilt einfach
P(t) = U(t)*I(t)
Die mittlere Leistung ist einfach der Mittelwert von P(t). U(t) ist die
Flussspannung und I(t) der Strom durch die Diode.
Helmut S. schrieb:> Wo soll denn die "threshold voltage" deiner Meinung nach sein?> Auch bei 0,3V fließt ein Strom durch die Silizium Diode.
Nicht nach diesem vereinfachten Diodenmodell:
http://en.wikipedia.org/wiki/Diode_modelling#Diode_with_voltage_source_and_current-limiting_resistor
Innerhalb dieses Modells halte ich die Bezeichnung "Threshold Voltage"
durchaus für passend.
Nimmt man ein realistischeres Modell, bspw. die Shockley-Gleichung, dann
stimmt die Formel zur Berechnung der mittleren Leistung aus Iav und Irms
um die es hier geht, sowieso nicht mehr, weswegen sich auch die Frage
nach einer geeigneten Bezeichnung für Vt nicht mehr stellt.
Allerdings ist die obige Leistungsformel ohnehin etwas zweifelhaft. Da
sie von dem linearisierten Diodenmodell ausgeht, stimmt sie nur dann,
wenn der Strom nur geringfügig um den Arbeitspunkt, in dem linearisiert
wird, schwankt. Ist dies aber der Fall, ist Irms praktisch gleich Iav
(dem Strom im Arbeitspunkt), so dass man die Leistung auch gleich als
Produkt der Spannung und dem Strom im Arbeitspunkt hinschreiben kann.
Nur weil in Wiki ein Modell mit Ron genommen wird heißt das noch lange
nicht, dass das unbedingt sinnvoll ist. Es besteht für Hans überhaupt
keine Notwendigkeit das Modell mit dem Ron zu nehmen.
Helmut S. schrieb:> Es besteht für Hans überhaupt keine Notwendigkeit das Modell mit dem> Ron zu nehmen.
Wahrscheinlich nicht (s. auch Nachtrag zu meinem letzten Beitrag). Dazu
müsste man allerdings die genaue Aufgabenstellung kennen.
Guten Morgen,
Yalu X. schrieb:> Wahrscheinlich nicht (s. auch Nachtrag zu meinem letzten Beitrag). Dazu> müsste man allerdings die genaue Aufgabenstellung kennen.
es gibt keine genaue Aufgabenstellung; für mich ist es eher eine
grundlegende Verständnisfrage.
Ferner haben wir in der Vorlesung nur das vereinfachte Modell aus
Yalus Beitrag vom 30.06. um 22:36Uhr verwendet, worauf sich all meine
Verständnisfragen beziehen.
Ich werde aber im Laufe des Tages ein Bild malen mit meinem
Verständnisproblem. Ich denke, dass es dann klarer wird und wir alle den
selben Nenner als Ausgangsbasis besitzen. Das werde ich hier posten und
euch bitten, dazu noch mal Stellung zu beziehen.
MfG
Hans
Hans schrieb:> Ich schreibe nun gezielt V_T, weil ich es damals in der Hausarbeit auch> so machte.
Für eine Spannung als Formelgröße sollte man nicht den Buchstaben
"V", sondern besser den Buchstaben "U" verwenden.
Gruss
Harald
PS: Schwieriger wird eine Berechnung der Verlustleistung erst
dann, wenn es um Gleichrichtung von Wechselspannungen geht.
Man kann dann weder von einer sinusförmigen Spannung über der
Diode ausgehen, noch gibt es einen konstanten Durchlasswider-
stand
Hallo,
im Anhang nun die versprochene Zeichnung. Ich habe eine Diode genommen
und einen konstanten Strom von 7A durchgejagt. Mit einem Multimeter
habe ich die Spannung U zwischen Anode und Kathode gemessen. Das
Multimeter zeigt 1.2V an.
Rechts daneben im Bild seht ihr das vereinfachte Modell der Diode. Ich
habe angenommen, dass die gemessene Spannung
sei, die zu dem Strom
gehört.
Entsprechend habe ich die vorhandene Verlustleistung der Diode zu
7A*1.2V=8.4W bestimmt.
Dann habe ich ins Datenblatt der Diode geschaut und eine Angabe zu
"Forward voltage" gefunden, die bei einem Strom "I_F=16A" 1.5V beträgt.
Und genau dann bin ich durcheinander geraten, weil ich den Begriff
Forward Voltage als die "Knickspannung"
gelernt habe. Siehe meinen gestrigen Beitrag von 23:20Uhr. Das
entsprechende Bild aus unserem Skript ist ebenfalls als "Modell.jpeg"
beigefügt.
Falls ihr euch das Datenblatt selber anschauen wollt, hier ist es:
http://www.infineon.com/dgdl/IDH16S60C+rev.2.0.pdf?folderId=db3a30431d8a6b3c011dbeca72db281a&fileId=db3a3043284aacd80128b08bbbbc5635
Scheinbar gehen die Definitionen zwischen Infineon und meinem Professor
auseinander, denn mein Professor verwendet Forward Voltage als die
Knickspannung während Infineon als Forward Voltage die Spannung zwischen
Anode und Kathode bezeichnet.
Daraus kann man konkludieren, dass in der Formel
U_F DEFINITIV nicht die Vorwärtsspannung sein kann im Sinne von
Spannung zwischen Anode und Kathode bei I_F.
Das geht deshalb nicht, weil U_F in obiger Gleichung die Knickspannung
ist, bei der die Tangente an der I-U Kennlinie die x-Achse schneidet.
Und wie man sieht, ist diese Knickspannung geringer als die tatsächlich
vorhandene Spannung bei I_F.
Genau das hat mich durcheinander gebracht.
Gruß
Moin,
Hans schrieb:
(schnipp)
> habe angenommen, dass die gemessene Spannung U_y sei, die> zu dem Strom I_F=7A gehört.>> Entsprechend habe ich die vorhandene Verlustleistung der Diode zu> 7A*1.2V=8.4W bestimmt.
Korrekt.
> Dann habe ich ins Datenblatt der Diode geschaut und eine Angabe zu> "Forward voltage" gefunden, die bei einem Strom "I_F=16A" 1.5V beträgt.>> Und genau dann bin ich durcheinander geraten, weil ich den _Begriff_> Forward Voltage als die "Knickspannung" U_x gelernt habe.
Typischer Fall von schlampiger Begriffsdefinition. Man kann die
Knickspannung im vereinfachten Diodenmodell natürlich Forward Voltage
nennen. Es ist allerdings allgemein üblich, die an der Diode meßbare
Spannung als Forward Voltage (aka Flußspannung) zu bezeichnen. Und
diese Spannung ist logischerweise um I_f * R_on höher als die
Knickspannung und somit vom fließenden Strom abhängig. [1]
Die Knickspannung selber wird man niemals an einer Diode messen (denn
bei I=0 gibts auch keine Spannung zu messen; außerdem definiert I=0
keinen Punkt auf der vereinfachten Kennlinie, sondern gehört zu allen
Spannungen <= U_x). Wenn man die Knickspannung messen will, dann geht
das nur indirekt. Z.B. kann man die Flußspannung bei zwei Strömen messen
und dann schauen wo die Gerade durch die beiden Punkte die X-Achse
schneidet.
Nichts desto Trotz sollte man sich vor Augen halten, daß dieses
Diodenmodell nur eine sehr grobe Annäherung an die Realität ist. Wenn
man (etwa in einer Prüfung) die Shockley-Gleichung erwähnt, dann ist
das sicher nur vorteilhaft ;)
[1] Wenn dein Professor darauf besteht, die Knickspannung als Forward
Voltage zu bezeichnen, dann frag ihn, wie er dann die über dem
Bauelement Diode in einem realen Betriebszustand (also I>0) abfallende
Spannung nennen will. Es kann halt nur eine von beiden Forward Voltage
heißen.
XL
Axel Schwenke schrieb:> [1] Wenn dein Professor darauf besteht, die Knickspannung als Forward> Voltage zu bezeichnen, dann...
...sollte man sich tunlichst auch daran halten. Schliesslich will man
die Prüfung bei ihm ja bestehen.
:-)
Gruss
Harald
PS: So etwas lernt man übrigens im Fach "Lebenserfahrung".
@ Axel Schwenke (a-za-z0-9)
>[1] Wenn dein Professor darauf besteht, die Knickspannung als Forward>Voltage zu bezeichnen, dann frag ihn, wie er dann die über dem
Bei MOSFETs spricht man von Threshold Voltage, das pass hier auch sehr
gut.
Harald Wilhelms schrieb:> Axel Schwenke schrieb:>>> [1] Wenn dein Professor darauf besteht, die Knickspannung als Forward>> Voltage zu bezeichnen, dann...>> ...sollte man sich tunlichst auch daran halten. Schliesslich will man> die Prüfung bei ihm ja bestehen.> :-)
Kommt auf den Professor an. Mein Professor hat mich dafür gelobt, wenn
ich Fehler in seinen Vorträgen gefunden und moniert habe.
Kleinkriege a'la oben habe ich an der Berufsschule erlebt. Das hat sich
schlagartig gelegt, nachdem ich dem einen Lehrer die
AB-Gegentaktendstufe an der Tafel durchgerechnet habe, bevor es im
Unterricht behandelt wurde und dem anderen erklärt habe, wie das mit dem
2-Transistor-Flipflop als Frequenzteiler (mit 2 Dioden und 2
Kondensatoren) funktioniert.
Professoren wird ja gern nachgesagt, im Elfenbeinturm zu leben. Aber
wenn man sauber argumentieren kann (etwa mit einem Datenblatt einer
Diode), dann wird nur ein Idiot von Professor stur bleiben. Dem sollte
man dann in jedem Fall aus dem Weg gehen. Schon weil man von ihm kaum
etwas lernen wird.
XL