Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu passiven Tastköpfen


von oke (Gast)


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Hallo,

ein passiver Tastkopf für ein Oszi funktioniert ja so das ein 
kompensierter RC-Spannungsteiler entsteht. Dabei geht die 
Eingangskapazität wie die Kapazität der Koaxleitung mit ein. Wie hier zu 
lesen http://en.wikipedia.org/wiki/Test_probe#Passive_probes

Jetzt wirkt aber die Koaxleitung ja ab etwa 10kHz reel sprich der 
Imaginärteil fehlt weg. Wieso funktioniert das trotzdem?

mfg

von oke (Gast)


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oke schrieb:
> Imaginärteil fehlt weg

fällt natürlich ...

von Johannes E. (cpt_nemo)


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oke schrieb:
> Jetzt wirkt aber die Koaxleitung ja ab etwa 10kHz reel sprich der
> Imaginärteil fehlt weg.

Der Trick ist, dass der Tastkopf bei einer Frequenz oberhalb 10 kHz 
kalibriert wird; in diesem Frequenzbereich wirkt sich die Kapazität der 
Leitung nicht mehr groß auf das Signal aus bzw. hier steht das 
Verhältnis von L'/C' (Kapazitätsbelag und Induktivitätsbelag) im 
Vordergrund und dieses Verhältnis ist relativ unabhängig von der 
Frequenz.

Für kleine Frequenzen (< 10 kHz) stimmt die Kompensation nicht mehr, 
aber da stört das auch nicht, weil die Zeitkonstante, welche durch die 
fehlerhafte Kompensation entsteht, sehr viel kürzer ist als eine Periode 
des Signals.

von oke (Gast)


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Johannes E. schrieb:
> Der Trick ist, dass der Tastkopf bei einer Frequenz oberhalb 10 kHz
> kalibriert wird; in diesem Frequenzbereich wirkt sich die Kapazität der
> Leitung nicht mehr groß auf das Signal aus bzw. hier steht das
> Verhältnis von L'/C' (Kapazitätsbelag und Induktivitätsbelag) im
> Vordergrund und dieses Verhältnis ist relativ unabhängig von der
> Frequenz.
>
> Für kleine Frequenzen (< 10 kHz) stimmt die Kompensation nicht mehr,
> aber da stört das auch nicht, weil die Zeitkonstante, welche durch die
> fehlerhafte Kompensation entsteht, sehr viel kürzer ist als eine Periode
> des Signals.

Klingt einleuchtend. Aber dann stimmt der Artikel in der Wikipedia nicht 
und die Kapazität in Tastköpfen ist nach der Theorie zu groß.

Text von oben genannten Wikipedia Artikel.

To minimize loading, attenuator probes (e.g., 10× probes) are used. A 
typical probe uses a 9 megohm series resistor shunted by a low-value 
capacitor to make an RC compensated divider with the cable capacitance 
and scope input. The RC time constants are adjusted to match. For 
example, the 9 megohm series resistor is shunted by a 12.2 pF capacitor 
for a time constant of 110 microseconds. The cable capacitance of 90 pF 
in parallel with the scope input of 20 pF and 1 megohm (total 
capacitance 110 pF) also gives a time constant of 110 microseconds. In 
practice, there will be an adjustment so the operator can precisely 
match the low frequency time constant (called compensating the probe). 
Matching the time constants makes the attenuation independent of 
frequency. At low frequencies (where the resistance of R is much less 
than the reactance of C), the circuit looks like a resistive divider; at 
high frequencies (resistance much greater than reactance), the circuit 
looks like a capacitive divider.[1]

von Salewski (Gast)


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>Klingt einleuchtend. Aber dann stimmt der Artikel in der

Ganz entscheidend ist, dass die Leitung des Tastkopfes recht hochohmig 
ist, also nicht als einfaches Koaxialkabel betrachtet werden kann -- 
sonst hätte man ja auch Probleme mit Reflexionen am Kabelende. Zum Thema 
gab es ja auch hier schon reichlich Diskussionen, etwa

Beitrag "Osziloskop Tastkopf selbstbau"

von W.S. (Gast)


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Salewski schrieb:
> Ganz entscheidend ist, dass

Kann ich nur bestätigen: Das Kabel vom Tastkopf zum Oszi-Eingang ist 
alles andere als ein gewöhnliches Koaxialkabel. Die Seele besteht aus 
einem haarfeinen Widerstandsdraht, den man mit bloßem Auge fast nicht 
erkennen kann. Sowas läßt sich übrigens nicht löten, weswegen an beiden 
Enden des Kabels ne Art Klemm-Kontaktierung stattfindet: ne Nadel, die 
direkt neben der Seele ins kabel sticht und nur durch die Elastizität 
des Dielektrikums Kontakt bekommt.

Ergo: der Wellenwiderstand des Kabels ist recht hoch, die Kapazität 
gegen Schirm ist niedrig und das alles wird mit ausgebufften 
RLC-Kombinationen im Tastkopf und im Stecker kompensiert.

W.S.

von oke (Gast)


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Trotzdem mein ich das die Leitung ab einer gewissen Frequenz nicht mehr 
kapazitiv wirkt, sonst würden Z0-Probes nicht funktionieren.

von S.W. (Gast)


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W.S. schrieb:
> Die Seele besteht aus einem haarfeinen Widerstandsdraht, den man mit
bloßem Auge fast nicht erkennen kann.

geh mal schnell zum Optiker, wenn Du den noch ohne fremde Hilfe
(Blindenhund) findest!

W.S. schrieb:
> Sowas läßt sich übrigens nicht löten

Unfug hoch 27

Forum für Dummschwätzer?

von S.W. (Gast)


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W.S. schrieb:
> Die Seele besteht aus einem haarfeinen Widerstandsdraht, den man mit
bloßem Auge fast nicht erkennen kann.

geh mal schnell zum Optiker, wenn Du den noch ohne fremde Hilfe
(Blindenhund) findest!

W.S. schrieb:
> Sowas läßt sich übrigens nicht löten

Unfug hoch 27

Forum für Dummschwätzer?

von oke (Gast)


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von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Was wollt ihr denn da mit metrischen Gewinden? Selbstschneidende 
Schrauben für Kunststoff sind angesagt.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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oke schrieb:
> Klingt einleuchtend. Aber dann stimmt der Artikel in der Wikipedia nicht
> und die Kapazität in Tastköpfen ist nach der Theorie zu groß.

Ja, im Wikipedia-Artikel ist das etwas zu einfach beschrieben. Die 
sagen, dass das Kabel eine Kapazität von 90 pF hat, beschreiben aber 
nicht, wo die herkommt.

Mit "The cable capacitance of 90 pF..." könnte auch die Kapazität 
gemeint sein, die am BNC-Stecker eingebaut ist (also dort wo der 
Tastkopf ins Oszi gesteckt wird) und nicht die Kapazität zwischen 
Innenleiter und Schirm.

W.S. schrieb:
> Ergo: der Wellenwiderstand des Kabels ist recht hoch, die Kapazität
> gegen Schirm ist niedrig und das alles wird mit ausgebufften
> RLC-Kombinationen im Tastkopf und im Stecker kompensiert.

Ja, richtig. Der Wellenwiderstand ergibt sich bei hohen Frequenzen aus 
dem Verhältnis der Induktivität und der Kapazität. Durch den dünnen 
Draht ist L relativ groß und C klein, also ist der Wellenwiderstand 
groß.

oke schrieb:
> Trotzdem mein ich das die Leitung ab einer gewissen Frequenz nicht mehr
> kapazitiv wirkt, sonst würden Z0-Probes nicht funktionieren.

Sehe ich auch so. Der hohe ohmsche Widerstand des Innenleiters dämpft 
Reflexionen in der Tastkopf-Leitung; weil aber gleichzeitig L' und C' 
groß sind, kommt man trotzdem schon bei relativ niedrigen Frequenzen in 
den Bereich, in dem der Wellenwiderstand reel wird, so dass man nicht 
einfach die gesamte Leitung als konzentrierte Kapazität betrachten kann.

von oke (Gast)


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Hallo,

ich habe oben zwei links zum Thema gepostet. Bei den passiven Tastkopf 
kommt also keine normale 50Ohm Leitung zum Einsatz, sondern eine welche 
einen ohmschen Widerstand hat wie du schon erwähnt hast und dadurch auch 
bei höheren Frequenzen kapazitiv bleibt.

von Johannes E. (cpt_nemo)


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oke schrieb:
> Bei den passiven Tastkopf
> kommt also keine normale 50Ohm Leitung zum Einsatz, sondern eine welche
> einen ohmschen Widerstand hat wie du schon erwähnt hast und dadurch auch
> bei höheren Frequenzen kapazitiv bleibt.

Wie kommst du zu dieser Aussage? Bei jeder Leitung ist ab einer 
bestimmten Grenzfrequenz der Wellenwiderstand reell, auch bei einer 
Oszi-Leitung. Nicht die Leitung ist kapazitiv, sondern der Oszi-Eingang 
und der Trimm-Kondensator am Ende der Leitung, der in den BNC-Stecker 
eingebaut ist.

Das muss auch so sein, denn wenn die Leitungslänge nicht mehr klein im 
Verhältnis zur Wellenlänge ist, darf man die Leitungskapazität auch 
nicht mehr als konzentrierte Kazität betrachten und dann wäre die 
Kompensation nicht mehr Frequenzunabhängig.

von Horst (Gast)


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Hannes Jaeger schrieb: "Was wollt ihr denn da mit metrischen Gewinden? 
Selbstschneidende  Schrauben für Kunststoff sind angesagt."

Sehe hier keinen unmittelbaren Zusammenhang zum Thema des Postings. Aber 
im Suff kommt sowas schonmal vor.

von Kai K. (klaas)


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>Bei den passiven Tastkopf kommt also keine normale 50Ohm Leitung zum
>Einsatz, sondern eine welche einen ohmschen Widerstand hat wie du schon
>erwähnt hast und dadurch auch bei höheren Frequenzen kapazitiv bleibt.

Das Kabel des Tastkopfs ist eine möglichst hochwertige Koaxleitung. Nur 
dann sieht das Kabel für alle Frequenzen wie eine reine Kapazität aus.

Der Hintergrund ist folgender:
Wird eine Koaxleitung auf beiden Seiten mit einem reellen Widerstand, 
abgeschlossen, der viel kleiner ist als der Wellenwiderstand das Kabels, 
verhält sich eine Koaxkabel induktiv. Sind die rellen 
Abschlußwiderstände dagegen viel größer als der Wellenwiderstand, dann 
verhält es sich kapazitiv. Die Koaxleitung geht hier in das 
Ersatzschaltbild also wie ein Kondensator ein, dessen Wert proportional 
zur Länge des Koaxkabels ist.

Das ist hier schön durchgerechnet:

http://www.beispielrechnung.org/elektrotechnik/messtechnik/eingangsimpedanz-eines-oszilloskops-ohne-und-mit-tastkopf.html

von Helmut S. (helmuts)


Angehängte Dateien:

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Das von Kai verlinkte Beispiel zeigt nur den klassischen Abgleich des 
Tastkopfes damit das kapazitive Teilerverhältnis gleich dem ohmschen 
Verhältnis (9Meg/1Meg) wird. Diese Einstellung wird mit niedriger 
Frequenz gemacht (1kHz Rechteck). Da spielt also erst mal nur die 
Kabelkapazität eine Rolle. Das saubere Einschwingverhalten wird im 
wesentlichen durch den hohen ohmschen Widerstand (200 Ohm/m) der Leitung 
bestimmt. Ohne diesen hohen Widerstand pro Meter gäbe es extrem viel 
Überschwingen am Oszi. Siehe den Vergleich 10:1 Probe 50Ohm Koaxialkabel 
mit echtem 10:1 Probe Koaxialkabel.
Im Anhang ist die Datei für LTspice.

von oke (Gast)


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Echt immer eine spitzen Sache deine Spice Simulationen.
Eine Frage habe ich aber noch: warum wird zusätzlich zur 
Kompensationkapazität ein Widerstand in Reihe geschaltet, also Rser_c in 
dem Beispiel?

von Helmut S. (helmuts)


Angehängte Dateien:

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Mit Rser_c sieht die Sprungantwort besser aus (kein "Kriecher").

von oke (Gast)


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Ähnliches erreicht man auch wenn man C verkleinert. Aber wahrscheinlich 
erreicht man so bessere Ergebnisse. Umsonst wird es Agilent nicht so 
machen.

von Helmut S. (helmuts)


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In der Realität wird das Sprungverhalten noch leicht anders aussehen als 
in der Simulation da LTspice und Standard-SPICE keine frequenzabhängigen 
Kabelverluste in dem "Lossy Transmission Line"-Modell kennen.

von Helmut S. (helmuts)


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oke schrieb:
> Ähnliches erreicht man auch wenn man C verkleinert. Aber wahrscheinlich
> erreicht man so bessere Ergebnisse. Umsonst wird es Agilent nicht so
> machen.

Achtung, wenn du C klein(10p) machst, dann geht der Sprung auf 1,15V 
statt auf 1V, ist also unter unterkompensiert. Das sieht man besser, 
wenn man 1ms lang simuliert. Allerdings dauert die Simulation dann 
ziemlich lange.

von oke (Gast)


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Bei hohen Frequenzen, wo die Leitung nicht mehr kapazitiv wirkt wird so 
die Kapazität über den Widerstand entkoppelt, welche bei niedrigen 
Frequenzen noch notwendig ist. So erklär ich mir die Schaltung von 
Agilent.

von Kai K. (klaas)


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>Bei hohen Frequenzen, wo die Leitung nicht mehr kapazitiv wirkt wird so
>die Kapazität über den Widerstand entkoppelt, welche bei niedrigen
>Frequenzen noch notwendig ist. So erklär ich mir die Schaltung von
>Agilent.

Bei allem Respekt, Tektronix Tastköpfe haben acht zusätzliche Bauteile 
zur Kompensation in ihrer "Compensation Box". Die Zusammenhänge sind 
deutlich komplizierter als die bloße Annahme, daß "die Leitung nicht 
mehr kapazitiv wirkt".

Zusätzliche Widerstände sollen in der Regel Resonanzen bedämpfen. Caps 
in Serie zu ihnen sollen bewirken, daß diese Bedämpfung erst ab 
bestimmten Frequenzen wirksam wird.

von Johannes E. (cpt_nemo)


Angehängte Dateien:

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Ihr habt recht, man muss Unterscheiden zwischen dem Wellenwiderstand, 
der für die Ausbreitung der Signalflanke und der gesamten 
Leitungs-Kapazität.

Der Wellenwiderstand ist reell, aber trotzdem muss bei einem 
Spannungs-Sprung die gesamte Kapazität der Leitung aufgeladen werden und 
die Leitung verhält sich wie ein Kondensator. Allerdings erst dann, wenn 
die Welle komplett durchgelaufen ist, so dass überall in der Leitung die 
gleiche Spannung anliegt.

Ich hab jetzt auch mal eine Simulation gemacht mit einigen Messpunkten 
innerhalb der Leitung; dazu hab ich die Leitung in 4 Teilstücke 
aufgegeteil.

Man sieht sehr schön, wie am Eingang der Leitung (M1) die Kompensation 
nicht stimmt. Die Spannungsspitze ist gleich hoch wie die 
Eingangsspannung, weil hier noch gar keine Kapazität wirkt; nur der 
reelle Wellenwiderstand.

Es gibt also eine hohe Spitze, die innerhalb der Leitung durch die 
Leitungs-Kapazität immer weiter abgebaut wird. Erst am Ende der Leitung 
"stimmt" dann die Impulsform.

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